12.08.2015
Stoppt die Killerroboter!
Wissenschaftler und IT-Unternehmer appelieren an die Weltöffentlichkeit.
Für die Verkündung dieser
Botschaft gab es kein besseres Forum: Bei der IJCAI (International
Joint Conference on Artificial Intelligence), die sich Ende Juli in
Buenos Aires zum 24. Mal versammelte, trafen sich die weltweit
führenden Forscher zu künstlicher Intelligenz. Wenn hier am
Eröffnungstag eine öffentliche Erklärung zum
Entwicklungsstand künstlicher Intelligenz (KI) abgegeben wurde und
über tausend der versammelten Experten sie unterzeichneten, muss
man sie ernstnehmen. Die Sorge der Wissenschaftler betrifft
intelligente autonome Waffensysteme. Ihre Realisierung stünde
unmittelbar bevor, warnen sie. Jetzt sei die letzte Gelegenheit, einen
Rüstungswettlauf zu verhindern.
„Wenn irgendeine größere Militarmacht
die Entwicklung von KI-Waffen vorantreibt”, schreiben sie,
„ist ein weltweites Wettrüsten unvermeidlich. Der Endpunkt
dieses technologischen Entwicklungspfades ist offensichtlich: Autonome
Waffen wären die Kalaschnikows von morgen.” Nach der
Einführung des Schießpulvers und der nuklearen Waffen
zeichne sich mit intelligenten Waffen die „dritte Revolution der
Kriegführung” ab. Aber anders als bei Atombomben seien zur
Herstellung keine teuren oder schwer zu beschaffenden Materialien
erforderlich. Es drohe die massenhafte Verbreitung dieser
Waffensysteme, die besonders geeignet seien für „Attentate,
die Destabilisierung von Nationen, Unterdrückung von
Bevölkerungen und das gezielte Töten bestimmter ethnischer
Gruppen”. Ein militärisches KI-Wettrüsten würde
das Wohlergehen der Menschheit nicht befördern. „Es gibt
viele Wege, Schlachtfelder durch KI sicherer zu machen, insbesondere
für Zivilisten, ohne neue Tötungswerkzeuge zu
schaffen”, betonen die Wissenschaftler.
Toby Walsh von der australischen Forschungsorganisation
NICTA, einer der Initiatoren und Erstunterzeichner der Erklärung,
schreibt in einem persönlichen Kommentar: „Künstliche
Intelligenz ist eine Technologie, die helfen kann, viele der
drängenden gesellschaftlichen Probleme zu lösen ... Aber sie
kann auch genutzt werden, um unnötiges Leiden zu erzeugen.”
Walsh betont: „Wir müssen uns entscheiden, welchem Pfad wir
folgen wollen.”
Mittlerweile haben nicht nur über 2500 ausgewiesene
Kl-Forscher die Erklärung unterschrieben, sondern auch mehr als 15
000 weitere Personen, darunter Prominente wie der Physiker Stephen
Hawking, Apple-Mitgründer Steve Wozniak, PayPal-Erfinder Elon Musk
oder Jaan Tallinn, der den Internet-Telefondienst Skype entwickelt hat.
Bereits existierende Waffensysteme wie bewaffnete Drohnen klammern sie
aus ihrer Betrachtung aus, doch das darf nicht als Freibrief verstanden
werden. Denn auch diese in ihrer Autonomie noch begrenzten Systeme
befeuern bereits die befürchtete Rüstungsspirale. Wenn sie
nicht weiter in Schwung kommen soll, müssen sie gestoppt werden.
Ob die Erklärung von Buenos Aires die-rettende
Weichenstellung in letzter Sekunde oder ein wirkungsloses
Aufbäumen markiert, muss die Zukunft zeigen.
Autor: Hans-Arthur Marsiske, aus: Neues Deutschland vom 8. August 2015
Der Aufruf: http://futureoflife.org/AI/open_letter_autonomous_weapons
Die Übersetzung: http://www.wissenbloggt.de/?p=28890
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