07.05.2015
„Die besten
Vertreter des deutschen Geisteslebens wurden vertrieben“
Die
VVN-BdA Hamm erinnert an die Bücherverbrennung durch die
deutschen Faschisten im Mai 1933
Am und um den 10. Mai 1933
herum inszenierten die deutschen Faschisten in 93 Städten als
öffentliches Schauspiel die Verbrennung der Werke vieler
tausend Bücher von Autoren, die sie seit Jahren wegen ihrer
humanistischen, demokratischen oder sozialistischen Gesinnung bzw.
wegen ihrer jüdischen Herkunft bekämpften: Karl Marx,
Karl Kautsky, Heinrich Mann, Ernst Glaeser, Erich Kästner,
Friedrich Wilhelm Förster, Sigmund Freud, Emil Ludwig, Werner
Hegemann, Theodor Wolff, Georg Bernhard, Erich Maria Remarque, Alfred
Kerr, Kurt Tucholsky und Carl von Ossietzky. Darüber hinaus
wurden in verschiedenen Städten u. a. die Werke von Heinrich
Heine, Klabund, Frank Wedekind, Albert Ehrenstein, Carl Zuckmayer,
Friedrich Hollaender und Thomas Mann verbrannt.
Auch in Hamm verbrannte die Hitlerjugend am 20.
Mai 1933 auf dem Exerzierplatz Bücher der ihnen verhassten
Autoren.
In Berlin hielt Propagandaminister Goebbels die
„Festrede“. Nach den Bücherverbrennungen
teilweise sogar in vorauseilendem Gehorsam - beeilten sich die
einschlägigen Fachverbände, durch entsprechende
Anordnungen bzw. Empfehlungen die "Ausmerzung undeutscher Literatur"
systematisch durchzusetzen. Auf der Liste "des schädlichen und
unerwünschten Schrifttums", die seit 1935
regelmäßig herausgegeben wurde, fanden sich
schließlich 12.400 Titel und das Gesamtwerk von 149 Autoren.
Die besten Vertreter des deutschen Geisteslebens wurden vertrieben und
"ausgebürgert". Viele von ihnen schlossen sich im Exil den
antifaschistischen Kräften an. In ihren in den
Exil-Ländern, oft in deutscher Sprache, geschriebenen Werken
verarbeiteten sie ihre Erfahrungen mit faschistischer Verfolgung und
Ausgrenzung. Diese Werke wurden damit zu Zeugnissen gegen die
Nazi-Diktatur, in ihnen spiegelte sich das "andere", das demokratische
Deutschland, wider.
Die VVN-BdA Hamm erinnert daran, dass die
geistigen und politischen Erben der Bücherverbrenner von
damals seit Anfang der 90er Jahre in der Bundesrepublik unter den Augen
staatlicher Behörden über 140 Menschen umgebracht
haben: Rostock-Lichtenhagen, Hoyerswerda, Mölln und Solingen
waren das Fanal; auch der kürzlich verübte
Brandanschlag auf das Asylbewerberheim in Tröglitz und die
Mordserie des „NSU“ sprechen für ihre
Entschlossenheit. Ob sie als „Kameradschaften“ oder
unter dem Mäntelchen einer Partei auftreten - dahinter steckt
immer dasselbe: die Fratze des Faschismus.
Zur Erinnerung gehört auch,
„dass die Bücherverbrennung und die damit
einhergehende Vertreibung aller kritischen Geister deutscher Kultur
nicht allein das Werk der Stiefelfaschisten der SA war. Die
ideologische ‚Reinigung des deutschen Geistes’
übernahmen akademische Fürsprecher der faschistischen
Herrschaft – eine Arbeitsteilung, die bis heute im Nazimilieu
anzutreffen ist. Während die einen mit Geschichtsrevisionismus
die Abwicklung der Erinnerung betreiben, greifen die anderen zu
Brandstiftungen und Schändungen von Mahnmalen. Beiden
gemeinsam ist, dass sie das Wissen um die Verbrechen des deutschen
Faschismus verdrängen wollen. Wir setzen dagegen die Bewahrung
der Erinnerungen an diese Unrechtstaten. Sie zeigen immer wieder
deutlich: Faschismus ist keine Meinung, sondern ein
Verbrechen!“ (Dr. Ulrich Schneider, Bundessprecher der
VVN-BdA)
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