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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

10.04.2015

„Nazis und ihre Lügen vom Frieden“

Ernst Söders Rede auf dem Ostermarsch

Ernst Söder, ehem. Gewerkschaftssekretär und jetzt Vorsitzender des Fördervereins Steinwache/Internationales Rombergparkkomitee, hat am Ostermontag 6.4.15 in Dortmund-Dorstfeld auf einer Ostermarschkundgebung zum Thema „Nazis und ihre Lügen vom Frieden“ gesprochen.

Ostermarsch 2015

Ansprache Ernst Söder

Vorsitzender des Fördervereins Gedenkstätte Steinwache-Internationales Rombergpark-Komitee e.V.

Was vor mehr als fünfzig Jahren mit den ersten Ostermärschen in Deutschland begann, hat heute nicht nur Tradition, sondern auch ungebrochene Aktualität. Denn das Beharren auf militärische Waffenbesitzstände – so auch in Deutschland – verschärft die Gefahren eines Krieges.

Seit etwa 55Jahren marschieren wir  an Ostern gegen Atomwaffen, Rüstung und gegen Krieg, für Frieden, für Verständigung und internationale Zusammenarbeit. Die Ostermärsche haben in ihrer Vergangenheit Zeichen zur Beendigung des Krieges in Vietnam gesetzt  und einen wesentlichen Beitrag gegen die atomare Bewaffnung der Bundeswehr geleistet.

Aus allen Bevölkerungsschichten gingen  in dieser Zeit alte und junge Menschen auf die Strasse und beteiligten sich an den Demonstrationen, um gegen Rassismus, Faschismus und Militarismus zu protestieren.

Und auch im 55ten Jahr des Bestehens der Ostermärsche fordern wir, was in diesen Tagen der internationalen Auseinandersetzungen eigentlich selbstverständlich sein sollte:

Frieden, Abrüstung und eine offene, demokratische Gesellschaft. Vernunft muss her, statt Militär, meine Damen und Herren. Die Bundeswehr ist kein Entwicklungshelfer in Uniform, sie hat und nimmt an kriegerischen Auseinandersetzungen teil  – auch gegen die Zivilbevölkerung, wie wir aus Afghanistan wissen.

Mit der andauernden Wirtschaftskrise und der zunehmenden Angst um Arbeitsplätze bieten sich Bundeswehr und Rüstungsfirmen verstärkt als Arbeitgeber an. Militär, Aufrüstung und weltweite Bundeswehreinsätze werden jedoch mit unseren Steuergeldern finanziert. Dieses Geld fehlt zunehmend für dringende Sozialausgaben und sinnvolle Arbeitsplätze.

Die Bundeswehr darf kein Entwicklungshelfer in Uniform sein und

unsere deutsche Außenpolitik muss von den Zielen Abrüstung, zivile Hilfen und fairem Handel geprägt sein, nicht von militärischen Interventionen.

Im Vordergrund muss das Bemühen stehen, allen  Menschen ein Leben ohne Not zu sichern und ihnen Sicherheit vor Armut, Krankheit, Ausgrenzung, Verletzung von Menschenrechten, zu geben. Dies erfordert eine grundlegend veränderte Sicherheitspolitik, in der die Verwirklichung der im Jahre 2000 von der UNO beschlossenen Entwicklungsziele im Vordergrund stehen müssen. Der Ausbau der Bundeswehr zu einer international operierenden Interventionsarmee und die skandalöse  Rüstungspolitik sind Schritte in die falsche Richtung.

Konsequente Abrüstung, zivile Hilfen und die Umstellung der Rüstungsproduktion auf zivile Produkte sind unsere Antworten. Dazu gehört auch die Kündigung des Kooperationsabkommens Schule-Bundeswehr und das Verbot von Rüstungsforschung an den Hochschulen.

Hundert Jahre nach dem Beginn des Ersten Weltkrieges und mehr als 75 Jahre nach dem Beginn des Zweiten Weltkrieges erinnern die Ostermärsche in diesem Jahr an die verheerenden Opfer von Krieg und Gewalt.

Der Rückblick auf die beiden Weltkriege und ihre Folgen sollten Anlass genug sein, endlich die Bedrohungen von Ost und West aufzugeben:

  • Schluss mit Krieg und Militär
  • Schluss mit Rüstungsproduktion und Rüstungsexport.
  • Ächtung und Beseitigung aller Atom- und anderer Massenvernichtungswaffen
  • Umfassende Abrüstung
  • Frieden statt Krieg

Durch Politik und Medien werden Terrorismushysterie und Islamophobie geschürt. Damit werden der Abbau demokratischer Grundrechte, Aufrüstung und völkerrechtswidrige Kriege zur Durchsetzung von strategischen Interessen vorangetrieben. Die wahren Probleme der Menschheit sind jedoch andere: Armut, Hunger und drohende Klimakatastrophen erfordern gemeinsame Anstrengungen der Menschheit. Ohne eine konsequente Friedenspolitik ist keines dieser Probleme lösbar.

Meine Damen und Herren, auch eine andere Erscheinung in Europa dürfen wir nicht ohne Widerspruch hinnehmen. Karfreitag haben wir in der Dortmunder Bittermark an die Opfer der Karfreitagsmorde von 1945 erinnert. In den Ansprachen aller Redner ist aber auch deutlich geworden, dass es mehr denn je gilt, den Rechtsradikalismus in Europa  zu bekämpfen.

Es war eine bewegende Veranstaltung, die, so glaube ich, Impulse gesetzt hat für demokratisches Handeln und für internationale Verständigung.

Wir erleben es ja tagtäglich in unserer Stadt, zuletzt am 28. März 2015.

Woche für Woche zündet der braune Mob eine neue Eskalations-Stufe seiner Naziprovokationen. Was sich zum Beispiel in Dortmund in den vergangenen Monaten abgespielt hat, ist eine unerträgliche Kampagne einer Clique von einigen Dutzend Nazis, denen es gelingt, Dortmund Woche für Woche in den braunen Dreck zu ziehen. Und der Staat sieht hilflos zu. Jedenfalls ist das der Eindruck, der unter den Antifaschisten entstanden ist. Das muss sich ändern und zwar bald.

Die Antworten auf diese rechtsradikalen Erscheinungen  sind relativ klar: Verbot aller neofaschistischen Kameradschaften, Verbot der NPD, Verbot der Partei „Die Rechte“ und ein staatliches Vorgehen gegen den rechten Terror und nicht sein Decken durch Verfassungsschutzorgane. Ich weiß sehr wohl, dass damit die Ausbreitung des neonazistischen und antisemitischen Gedankenguts nicht allein aufhören wird.  Allerdings würde den Rechtsradikalen der finanzielle Boden entzogen und sie können nicht mehr den Staat bekämpfen, der sie bisher finanziell unterstützt hat.

In der Bittermark habe ich in meiner Ansprache  am Karfreitag darauf hingewiesen, dass es auch an der Zeit ist, dass endlich einmal die Justiz beginnt, ihr Verhältnis zu Freiheit und Demokratie nach dem Grundgesetz auch geistig  zu ordnen. Es ist ein Unding, unter dem Recht der Meinungs- und Versammlungsfreiheit zu sagen, jede rechte Truppe könne sich zusammenrotten und menschenverachtende Handlungen vollziehen. Und es ist ein Unding, dass man schlicht und ergreifend so tut, als ob jede Meinung gleichwertig wäre und ob man nicht in einer Demokratie, die ja auch die Lehren aus dem Faschismus ziehen wollte, sagen muss, es gibt Anfänge faschistischer Verbreitung von Gedankenwelten, die man schlicht und einfach unter Strafe stellen und verhindern muss; auf gar keinen Fall allerdings immer wieder die Polizei dazu bringen darf, dass sie auch das noch zu beschützen hat.

Und ein letztes:

Wir müssen Solidarität zeigen mit den Flüchtlingen. Das, was sie in ihrem Heimatland erlebten und auf sich genommen haben, um in einem demokratischen Staat leben zu können, können wir uns nicht vorstellen.

Flucht bedeutet, aus Angst vor Diskriminierung, Krieg, Mord, Verfolgung und Hunger,  sein zu Hause zu verlassen. Und bei uns werden sie von vielen ausgegrenzt und sind das Ziel von rassistischer Hetze.

Wir müssen uns dafür einsetzen, dass Menschen die aus Angst um ihr Leben ihre Heimat verlassen mussten, sich bei uns in Deutschland wohl fühlen.

Das bedeutet, sie vor den Angriffen von Rechten und Rassisten zu schützen. Aber auch, uns dafür zu engagieren, dass ihnen eine menschenwürdige Unterbringung und Versorgung garantiert ist.

Leider sind rechte Gesinnungen noch lange nicht Geschichte, Die Wahlerfolge rechtsradikaler Parteien und die Demonstrationen von PEGIDA und anderer nationalistisch gesonnener Gruppierungen  zeigen, dass Feindseligkeit und Ausgrenzung immer noch tief in der Mitte unserer Gesellschaft verankert sind. Dem müssen wir mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln entgegentreten; denn wir stehen für eine demokratische und tolerante Welt, in der Rassismus und Vorurteile keinen Platz haben.

Nie wieder wollen wir Faschismus in Deutschland und Europa, meine Damen und Herren.

Und da gibt es auch kein Pardon. Faschismus ist keine Gesinnung und auch kein Glaubensbekenntnis, Faschismus ist eine als Ideologie heruntergebrochene Form des Verbrechens und wer immer so tut, als ob man das verbniedlichen könnte, dem sage ich: Hört auf damit!

Schon einmal hat man dem deutschen Volk vorgeworfen, geschwiegen zu haben, wo mutige Taten und Worte notwendig gewesen wären. Es folgte Auschwitz und Buchenwald. So etwas darf sich niemals wiederholen.

In dem Ostermarschaufruf für dieses Jahr steht geschrieben: 70 Jahre nach Ende des Krieges und der Befreiung vom Faschismus durch die weltweite Anti - Hitler-Koalition erinnern wir an die deutsche Verantwortung für den Frieden und an das Vermächtnis der Nachkriegsgeneration: Nie wieder Krieg – nie wieder Faschismus. Das muss unser aller Wille sein.

Vor uns liegt ein langer Weg. Ich hoffe und wünsche mir, ein Weg ohne Krieg ein Weg des Friedens, der Toleranz und der freundschaftlichen Verständigung unter den Menschen.

Danke, dass sie mir zugehört haben.