Logo VVN/BdA NRW

Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

04.03.2015

Bittermark: 70 Jahre danach

Aufruf zum Gedenken an die Opfer der Kriegsendphase von 1945

Das Reichssicherheitshauptamt von Gestapo und SS telegrafierte am 24. Januar 1945: An die Leiter der Staatspolizei(leit)stellen - Geheime Reichssache - persönlich.

"Die gegenwärtige Gesamtlage wird Elemente unter den ausländischen Arbeitern und auch ehemalige deutsche Kommunisten veranlassen, sich umstürzlerisch zu betätigen. Größte Aufmerksamkeit ist daher geboten. Dass der Feind Vorbereitungen getroffen hat, geht aus einer Meldung des O.B.-West (Oberbefehlshaber der Wehrmacht-West) hervor. Es ist in allen sich zeigenden Fällen sofort und brutal zuzuschlagen. Die Betreffenden sind zu vernichten, ohne im formellen Weg vorher beim RSHA Sonderbehandlung zu beantragen. Die Leiter der Kriminalpolizeistellen sind persönlich von Ihnen entsprechend zu informieren."

Mordbefehle wie dieser erreichten die Gestapostellen im gesamten Deutschen Reich im Januar 1945. Solche Befehle führten zum Massenmord an unzähligen Gefangenen, an Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern und an wiederum inhaftierten politischen Widerständlern.

Der Dortmunder Polizeihistoriker Alexander Primavesi schrieb später über diese Befehle und ihre Wirkungen (in den "Ruhrnachrichten" vom 31. März 1994): "Hochmotiviert durch das Schreiben brachten die Gestapo-Beamten in den Wochen vor Ostern immer mehr Menschen in die Zellen der Steinwache und des Gestapo-Kellers in der Benninghofer Straße. Zwangsarbeiter aus dem gesamten Bereich des Regierungsbezirkes Arnsberg, Holländer, Belgier, Franzosen, Polen, Jugoslawen und Russen, verschleppten die Gestapo-Beamten in ein Lager im Bereich der Hütten-Union in Dortmund-Hörde. Von jeder Verantwortung gegenüber einer höheren Stelle entbunden, folterten die Beamten hemmungslos, um weitere 'umstürzlerische Elemente' aufzuspüren." Primavesi: "Es war der wahnwitzige Vorsatz, niemanden aus den Reihen der politischen Gegner am Leben zu lassen, damit sie nach dem Zusammenbruch nicht führende Positionen besetzen konnten, der die Gestapo zu dieser letzten Abrechnung bewegte."

So wie im Ruhrkessel kam es zu unzähligen Verbrechen der Kriegsendphase in ganz Deutschland und Österreich. Oftmals waren es nicht nur von der Gestapo ausgeführte Massaker, sondern auch

Mordaktionen, an denen sich einfache NSDAP-Pgs, Hitlerjungen und Volkssturmmänner beteiligten.

Eine weitere abschließende Phase der Massenverbrechen begann, die sich bis zur Befreiung am 8. Mai 1945 hinzog. Die Opferzahlen dieser Massenhinrichtungen, Menschenjagden, Todesmärsche und Deserteurserschießungen gehen in die Hunderttausende; bis zu 700.000 werden geschätzt. Diese letzten vier Monate des Kriegs sind wenig erforscht.

Allerdings haben sich in vielen Orten Geschichtsinitiativen gebildet, um die Verbrechen aufzuklären, deren Urheber zumeist nicht bestraft wurden.

Treffen am 2. und 3. April im Dortmunder Rathaus und in der Gedenkstätte Steinwache

In Dortmund findet alljährlich – diesmal am 3. April - in der Bittermark/Rombergpark eine Gedenkkundgebung am Mahnmal, Nähe Tatort des Karfreitagmassakers der Gestapo von 1945, statt.

Eine ähnliche Gedenkveranstaltung für die Opfer der Morde in der Wenzelnbergschlucht bei Solingen vom Frühjahr 1945 wird dort am 19. April sein.

Der Förderverein Steinwache / Internationales Rombergparkkomitee trifft sich jedes Jahr zum Gründonnerstag / Karfreitag, um Erinnerungsarbeit zu leisten, dies auch gemeinsam mit den Hinterbliebenen aus jenen Ländern, aus denen die 300 Opfer kamen.

In diesem Jahr, zum 70. Jahrestag der Dortmunder Karfreitagsmorde rufen wir wieder dazu auf, sich aus allen Orten mit Kriegsendphasenverbrechen nach Dortmund ins Rathaus zu einem Erinnerungstreffen zu begeben. Mit diesem Anliegen wenden wir uns daher an die Erinnerungsarbeiter/innen all überall.

Es wird daran erinnert, was die Opfer bewegte, die eine Zeit des Friedens und der Freiheit nicht mehr erleben durften. Es ist daran zu erinnern, was sie uns für das Heute zu sagen haben, da rechte Kräfte in Europa immer stärker werden und sogar ein Krieg auf europäischem Boden droht.

Kommen Sie am 2. und 3. April nach Dortmund.

U.a. wird Prof. Walter Manoschek, Wien, in der Gedenkstätte Steinwache einen Vortrag halten.

Wer sich für unser Treffen interessiert, wende sich an den Vorsitzenden des Fördervereins Gedenkstätte Steinwache, Ernst Söder, ernstsoeder[at]aol[dot]com.

Ulrich Sander

Der Aufruf "70 Jahre danach - Aufruf zum Gedenken an die Opfer der Kriegsendphase: Treffen am 2.und 3. April im Dortmunder Rathaus, in der Gedenkstätte Steinwache und in der Bittermark" als PDF.

Der "Appell von Bürgern der Russischen Föderation, ehemaligen Nazi-Opfern, an die deutsche Jugend" als PDF.