23.11.2014 "Tödlich für die ganze Menschheit" In den Medien weitgehend unterschlagen: Die Spitzentagung der NATO-Militärs Im ND hat Bernhard Trautvetter dies thematisiert: "In Kalkar werden Luft und Cyberkrieg konkret".
Und in Ossietzky schrieb Ulrich Sander über die
Nato-Spitzentagung vom 18. bis 20. November 2014 in Kalkar/Kleve den
folgenden Beitrag. Frage: Was wäre, wenn ähnliches wie aus
Kalkar/Kleve aus Russland zu berichten wäre? Der
Weltsicherheitsrat würde damit befasst - mindestens. (Wenn die
Maßstäbe ähnlich denen zum Iran angewendet würden). Hier der Beitrag von Ulrich Sander unter der Überschrift "Tödlich für die ganze Menschheit": Der
Koalitionsvertrag der Union-SPD-Bundesregierung besagt: »Mit
ihrer Neuausrichtung wird sie [die Bundeswehr] auf die veränderten
sicherheitspolitischen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts
ausgerichtet. Wir werden diese Neuausrichtung konsequent fortsetzen und
zum Erfolg führen.« Die Ausrichtung reicht bis zur
Atomwaffe. Der Koalitionsvertrag bekennt sich zur Umsetzung der
Beschlüsse der NATO-Tagung im Mai 2012 in Chicago. Was das
heißt? Nun: In Chicago vereinbarte man unter anderem: Die
»NATO wird [...] sicherstellen, daß alle Elemente der
nuklearen Abschreckung der NATO solange zuverlässig, sicher und
effektiv bleiben, wie die NATO ein nukleares Bündnis bleibt [...
Dabei] ist es erforderlich, daß [...] die Planungsrichtlinien den
Anforderungen des 21. Jahrhunderts entsprechend angepaßt
werden.« Damit fällt selbst die Regierungspartei SPD
hinter ihren einstigen Bundespräsidenten Heinemann zurück,
der früh schon – am 25. März 1958 – im Bundestag
als Abgeordneter sagte: »Was heißt Verteidigung der
Freiheit mit Atomwaffen, wenn nach der Verteidigung keiner mehr da ist,
der diese Freiheit wahrnehmen kann?« Und die jetzige Koalition
fällt sogar hinter die FDP Westerwelles zurück, die in ihrem
Koalitionsvertrag dereinst noch die Forderung nach Abzug aller
Atomwaffen aus Deutschland verankerte. Heute aber wird geplant, die in
Deutschland lagernden A-Waffen zu modernisieren. Diese Modernisierung
erfolgt in Büchel (Eifel), dem deutschen Atomwaffenstützpunkt
von NATO und USA. Über den Absturz eines Tornadoflugzeugs
vom 16. Januar 2014 in der Nähe Büchels wird bis heute
Stillschweigen geübt. Warum wohl? Bei anderen Meldungen verlassen
sich die offiziellen Stellen darauf: Tote reden nicht – und sie
können sich nicht verteidigen gegen das, was über sie im
Zusammenhang mit dem Aufprallen eines Eurofighters auf einen Learjet 35
berichtet wird. Der Vorfall trug sich am 23. Juni 2014 über dem
Sauerland zu. Die Eurofighter sind ständig in der Luft; sie wurden
und werden vom NATO-Luftkommando Kalkar/Uedem gelenkt und haben die
Aufgabe, »verdächtige« Flugzeuge abzuschrecken oder
zum Absturz zu bringen. Der Standort Kalkar/Uedem ist das
Gegenstück zu Ramstein, worüber hier und dort im Zusammenhang
mit dem Drohnenkrieg der USA von deutschem Boden aus berichtet wird.
Alles, was Ramstein jetzt kann, wird künftig Kalkar/Uedem auch
können. Ramstein ist für den Raum südlich der Alpen
zuständig, Kalkar/Uedem für den Raum nördlich der Alpen.
Schon jetzt brüstet man sich dort damit, einen Radius bis zum
Baltikum abzudecken, große Teile Rußlands eingeschlossen
(s. Ossietzky 7/12). Vom 18. bis 20. November fand eine
NATO-Spitzentagung des Kalkarer Joint Air Power Competence Centre
(JAPCC; Gemeinsames Luftmacht-Kompetenzzentrum) statt. Diesmal unter
dem Titel »Future Vector«. Der Pfeil oder Vektor steht
nicht für einen schnellen Weg in eine gute Zukunft. Er fliegt
über Europa bis ins All. Er kann die Zukunft der Menschheit
tödlich treffen: Man spricht im Tagungsmaterial von
»Nexus« und meint damit die Verbindung aller Elemente der
Kriegsführung. Auch der atomaren. Zur derzeitigen Tätigkeit
des Luftkommandos gehört die Ermöglichung jeder Art von
»tödlicher wie nichttödlicher militärischer
Gewaltanwendung«. In den Dokumenten wird von Luft-, Weltraum- und
Cybermacht als eigenständiges, offensives (!) und
möglicherweise entscheidendes Instrument gesprochen. Das ist eine
unverhohlen offensive Strategie. Im NATO-Tagungsmaterial des JAPCC
für 2014 ist zu lesen: »Die zwei Jahrzehnte
überdauernde Annahme, daß es in Europa keinen Ausgangspunkt
für einen größeren Krieg gebe, ist einigermaßen
zweifelhaft.« Das heißt doch: Der Krieg ist möglich,
schon bald, und die NATO sieht sich als Sieger. Ulrich Sander (aus Ossietzky Nr. 23 vom 22. 11. 2014) |