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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

21.11.2014

NATO-Konferenz in Kleve

Am Niederrhein trainieren die Selbstmordattentäter an der Menschheit

Kleve. »Arbeite zusammen oder verliere an Bedeutung«: Unter dieser Losung stand die NATO-Konferenz »Future Vector« in Kleve, die am heutigen Don­nerstag endet. Die vom Joint Air Power Competence Centre (JAPCC) mit Sitz in Kalkar durchgeführte Konferenz agierte unter dem Anspruch, »Entscheidungsmachern in Schlüsselpositionen« bei der »Sicherung der NATO sowie von NATO-Interessen« zu hel­fen. Dieses Jahr drehte sie sich um eine als »Nexus« bezeich­nete Verknüpfung militärischer Handlungsebenen. Gesponsert wurde die Konferenz von Rüstungskonzernen wie der Airbus Group oder United Technolo­gies. (jW)

Dieser verstümmelten Meldung in der "Jungen Welt" vom 20. 11. 2014 liegt u.a. dieses Interview zugrunde, das leider nicht veröffentlicht wurde:

Globale Kriegsführung von deutschem Boden - Am Niederrhein trainieren die Selbstmordattentäter an der Menschheit

Gespräch von Ulrich Sander mit Bernhard Trautvetter (Essener Friedensforum)

"Von der Luftbasis Ramstein, der Kommandostelle Africom in Stuttgart oder der Kaserne im nordrheinwestfälischen Kalkar werden amerikanische Drohnen bereits weltweit navigiert." So berichtete die „Zeit“ am 27.10.14. Dass auch Kalkar zum mörderischen Dreieck gehört, wurde  bisher in den Medien übersehen. Friedensbewegte halten seit zwei Jahren mit Aktionen dagegen.

BT Im Grunde genommen wird nun die Antiatombewegung seit den siebziger Jahren hier in Kalkar fortgesetzt. Die führte hier in am Niederrhein zum Baustopp des Schnellen Brüters, der immer auch die Schaffung von Material für die Bombe vorsah. Dass es nun wieder erforderlich ist, in Kalkar zu demonstrieren und zu protestieren, das hängt mit der aggressiven Nato-Strategie und der Bundeswehrreform zusammen. Sie führte in vielen Städten zur Verringerung der Mannschaftsstärken der Bundeswehr. Doch hier in Kalkar wird nun auf 1500 Experten des Tötens aufgestockt. Sie navigieren die NATO- und deutschen Luftoperationen weltweit nördlich der Alpen.

Die Menschen damals erkannten die Gefahr und gingen millionenfach auf die Straße. Die Gefahren sind weiter angewachsen. Jetzt wird in Kalkar die Kriegsführung des dritten Jahrtausends geplant und vorbereitet. Das stellten Sie fest. Worauf stützen sie sich damit?

BT Wie weit das geht, lassen hiesige NATO-Jahreskonferenzen ahnen. Vor zwei Jahren hatte man das Thema „Kriegsführung (Warfare) im 21. Jahrhundert“. Ein Soldat, mit dem ich darüber hier am Kasernenzaun sprach, verteidigte: ,Warfare‘ könnte auch ,Handwerk‘, nicht unbedingt ‚Führung‘ heißen. Ich blickte ihn nur zweifelnd an, und er gab mir sofort Recht, das sei in der Tat keine kluge Beschönigung gewesen. Mitte November findet hier in der Nähe wieder die Tagung des Kalkarer Joint Air Power Competence Center (Zentrum für Vereinte Luft-Streitkraft-Kompetenz) statt. Diesmal unter dem Titel „Future Vector“. Dieser Pfeil oder Vector steht nicht für einen schnellen Weg in die Zukunft. Er fliegt über Europa ins All. Er kann die Zukunft der Menschheit tödlich treffen: Man spricht im Tagungsmaterial von „Nexus“. Das ist das Wort für die Verbindung aller Elemente der Kriegsführung.

Sie sprachen auf der Protestkundgebung am 3. Oktober davon, daß es sich nicht beschönigen lasse: „Bundeswehr und NATO lassen hier in Kalkar das Friedensgebot des Völkerrechts weit hinter sich.“

BT Ja, sie sprechen aktuell von ihrer derzeitigen Tätigkeit, der Anwendung tödlicher und nicht-tödlicher Militärkraft (force). Wörtlich wird in den Dokumenten, die uns vorliegen, von „Luft-, All- und Cybergewalt, - also netzbasierte Gewalt - als unabhängige, offensive (!) und möglicherweise entscheidende Instrumente für Schläge“ gesprochen. Das ist eine unverhohlen offensive Strategie. Mit unser aller Leben wird ein tödliches Spiel getrieben. Im Tagungsmaterial für 2014 lesen wir weiter: „Die zwei Jahrzehnte überdauernde Annahme, dass es in Europa einen Ausgangspunkt für einen bedeutenden Krieg (englisch: major war) nicht gibt, ist anzuzweifeln (englisch: is in some doubt)“. Das heißt doch: der Krieg ist möglich, und wir werden die Sieger sein. Die NATO droht, nun auch über Kalkar zum Selbstmordattentäter an der Menschheit zu werden. Europa ist ein Kontinent, teils dicht übersät mit giftigen Chemie- und Industrie- sowie Atomanlagen. Werden die getroffen, so stehen Super-GAUs auf der Tagesordnung.

Man könnte sagen: Das sind böse Phantastereien der Militärs, aber „die Politik“ mache da nicht mit. Oder gibt es Anzeichen dafür, daß von Kalkar und vom nahegelegenen Uedem aktuelle gefährliche Initiativen und Handlungen ausgehen?

BT Die NATO gießt derzeit Öl ins Feuer dadurch, dass sie eine Regierung, in der Partner der NPD sitzen, in NATO-Manöver einbezieht, also in der Ukraine und an der russischen Grenze. Der Funke kann überspringen auch durch die von Kalkar/Uedem aus dauernd navigierten Eurofighters über dem osteuropäischen Luftraum. Und in Wales hat sie eine eigene NATO-Eingreiftruppe mit einer Luftraumüberwachung über dem Baltikum und direkt Nahe der Ukraine mit Bundeswehr-Eurofightern beschlossen. Der Luftraum fällt in die Zuständigkeit des Zentrums für Luftoperationen in Kalkar. Der de-fakto-Regierungs-Chef der Ukraine warf Russland vor, den dritten Weltkrieg beginnen zu wollen. Wer dieses Wort in den Mund nimmt, spricht von der Apokalypse.

Kalkar ist in der NATO auch für den Luftraum der Ukraine zuständig. Dort mahnen z. B. 15 Atomkraftwerke und die Tschernobyl-Ruine zum Frieden. Aber diese Anlagen können doch getroffen werden?

BT Ja, mit den heutigen Mitteln und den künftigen. In Kalkar wird die Infrastruktur für den ferngesteuerten Drohnenkrieg, für die komplette Automatisierung und Autonomisierung des Krieges in Windeseile ausgebaut. Über Krieg und Frieden entscheiden bald Computerprogramme, nicht Menschen, wenn real wird, was die Herren über Leben und Tode jetzt schon planen. Wir haben die Verantwortung, das teuflische Spiel zu durchkreuzen, bevor es uns abschafft!

Statt den Frieden in den Vordergrund zu stellen, setzt die NATO auf Offensive, zu der neben Drohnen, Attacken auf Atomkraftwerke auch Atombomben selbst gehören?

BT Ja, von denen warten immer noch ca. 20 in Büchel bei Koblenz auf ihren Einsatz. Die Nato hat ihre Modernisierung statt ihre Abschaffung beschlossen. Auch die Atombombenjets werden von Kalkar aus gesteuert. Mit der Fernsteuerung, Automatisierung, Roboterisierung und Autonomisierung des Krieges sollten wir uns nie abfinden. Wir nähern uns dem Punkt, da auch die Militärstrategen die technologischen Möglichkeiten nicht mehr kontrolliert beherrschen können, die sie in die Hände bekommen.

Worum geht es Ihnen ganz aktuell?

BT Wir erklärten am 3. Oktober auf der Protestkundgebung vor der Seydlitz-Kaserne in Kalkar: „Wir fordern die ersatzlose Schließung der Einrichtungen für den Krieg im 21. Jahrhundert hier in Kalkar und das Verbot von Konferenzen zur Kriegsvorbereitung. Die Friedensbewegung muss deshalb mit der Umwelt- und Gewerkschaftsbewegung sowie weiteren sozialen Bewegungen gezielter zusammenarbeiten, im Interesse des Lebens auf der Erde".