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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

26.10.2014

Über die deutschen Unrechtsstaaten

Die Unrechts- oder Rechtsstaatsdiskussion in Deutschland kommentierte Ulrich Sander in einer persönlichen Betrachtung:

Die Nazis haben die KPD 1933 verboten, 150.000 ihrer 300.000 Mitglieder eingekerkert und 30.000 von ihnen ermordet. Mein Schwiegervater Artur Burmester wurde 1933 zum ersten Mal - 17jährig - inhaftiert. Als er in den 60er Jahren um Haftentschädigung nachsuchte, bescheinigte ihm der auch in der Nazizeit führende Psychiater Prof. Bürger-Prinz: Man könne die Entschädigung nicht befürworten, denn »der Kläger nahm die Risiken einer Verfolgung im Sinne einer mehr oder weniger bewußt gewählten Selbstbewährung im Einsatz für die Idee auf sich, unterscheidet sich darin also gegenüber der unausweichlich Situationen eines rassisch Verfolgten«. Das Opfer habe selbst schuld…

1956 wurde die KPD erneut verboten, und es wurden mindestens 250.000 Verfahren gegen des Kommunismus verdächtige Bürger durchgeführt, 10.000 wurden oft langjährig eingesperrt. Tausende erhielten Berufsverbot.

Wir haben als Verwandte der Betroffenen jetzt die Gruppe "Kinder des Widerstandes" gegründet, um an das Unrecht, das man unserer Eltern und Großeltern antat, zu erinnern und sie wenigstens in der Erinnerungsarbeit zu würdigen. Vielen unserer Eltern und Großeltern hielt man in Prozessen der Adenauerzeit vor, sie seien uneinsichtig, denn sie wären doch schon nach 1933 vorbestraft und hätten nichts dazu gelernt.

Die solches sagten, waren oft schon Richter und Staatsanwälte in der Zeit 1933-1945.

Eine weitere Überlegung zur Frage „Staat der Gerechtigkeit oder Unrechtsstaat“:

Hilmar Thate, Schauspieler, hat Lebenserfahrung in der DDR (bis 1980), in der westdeutschen Bundesrepublik und inzwischen in der um Ostdeutschland vergrößerten BRD gesammelt und so zusammengefaßt: „Früher durfte man zu seinem Chef sagen ‚Du bist ein Arschloch’, aber nicht ‚Honecker ist ein Arschloch’. Heute darf man über den Kanzler sagen, was man will, aber nicht zum Chef, sonst ist man seinen Job los.“ Das Landesarbeitsgericht Mainz und andere Gerichte haben diese Darstellung bestätigt. Wer seinen Vorgesetzten „Arschloch“ nennt, kann wegen nachhaltiger Störung des Betriebsklimas fristlos entlassen werden, auch wenn er sich für die Entgleisung sofort entschuldigt (Aktenzeichen: 9 Sa 967/00). Die Kündigungsschutzklage einer entlassenen Frau, nach deren Angaben der Vorgesetzte ihr nachgestellt hatte, wurde abgewiesen.

In der DDR gab es ein einklagbares Recht auf Arbeit und Vollbeschäftigung. In der BRD steht das Recht auf Arbeit in manchen Landesverfassungen, zum Beispiel in der von NRW. 750.000 erwachsene Bürger von NRW sind arbeitslos.

(Der Autor ist VVN-BdA-Bundessprecher)