21.10.2014 Aktionsbericht aus Deutschland zum Globaler
Aktionstag gegen Drohnen Vielfältig, bunt
und an sehr vielen Orten, so lässt sich vielleicht am besten
der Globale Aktionstag gegen Drohnen beschreiben. Die Idee dieses
Aktionstages entstand bei einer Sitzung in Berlin im Dezember 2013
durch Drohnen-Aktivist_innen aus acht europäischen
Ländern, aus Pakistan und den USA. Ausgewählt wurde
der 4. Oktober – ein Terminwahl, über die im
Nachhinein sicherlich trefflich diskutiert werden kann, da zeitgleich
Bayram, Jom Kippur und zusätzlich noch für die
Aktionen in Deutschland eher hinderlich das verlängerte
Wochenende zum Tag der deutschen Einheit lagen. In
dem Artikel von Thomas Mickan von der Informationsstelle
Militärinformation heißt es weiter: Nichtsdestotrotz
fanden in Deutschland mindestens 37 Veranstaltungen statt plus
mindestens noch einmal ebenso viele international. In seiner Anlage als
dezentraler Tag geplant, spielte so die Idee ihre besondere
Stärke aus, nämlich an vielen Orten präsent
zu sein und durch vielfältige Aktionen medial wirksam zu
werden. Vorab kann schon einmal gesagt werden, dass eine gute mediale
Öffentlichkeit erreicht werden konnte. Alle dem Autor
bekannten Aktionen sollen daher nicht nur der Vollständigkeit
halber, sondern weil sie auch das große regionale Potenzial
für weiteren Widerstand darstellen, deshalb
aufgezählt werden. Auf einige, über die bereits
Berichte vorliegen, will ich danach eingehen. Aktionen fanden demnach
mit einer Beteiligung von drei bis fast eintausend Menschen in: Bad
Breisig, Bad Kissingen, Bautzen, Beckingen, mehrere Male in Berlin,
Braunschweig, Bremen, Delmenhorst, Dresden, Esslingen, mehrere Male in
Frankfurt/M., Goslar, Ludwigsburg, Hamburg, mehrere Male in Hannover,
Heidelberg, Herford, Kalkar, Karlsruhe, Kassel, Lippstadt, Marbach,
Moosburg, Oldenburg, Ravensburg, Stade, Stuttgart, Soest,
Tübingen, Schleswig, Ulm und Würselen statt. Das
Spektrum der Aktionen erstreckte sich dabei von einer
Friedensradrundfahrt, über zahlreiche Kundgebungen,
Mahnwachen, Demonstrationszüge, Infoständen,
Vorträgen, Flashmobs, einer Konferenz, einem
Pressegespräch, Unterschriftensammlungen bis hin zu der wohl
am weitesten verbreiteten Aktionsform des Aktionstages: Drachensteigen. Für
die Popularität des Drachensteigens war nicht zuletzt ein
Beitrag der Linkspartei ausschlaggebend, die 1000 Drachen bedrucken
ließen und an ihre Gliederungen verschickte. Zahlreiche
Ortsgruppen nahmen diesen Impuls auf und veranstalteten Drachenfeste
bei strahlendem Sonnenschein, getreu dem Motto: Drachen fliegen statt
Drohnen. Auch wenn dadurch mitunter medial der Eindruck entstand, der
Aktionstag sei eine alleinige Aktion der Linkspartei gewesen, trug
diese auch zum Gelingen eines breiten Aktionstages bei. Die
meisten Menschen konnten bereits am 3. Oktober bei der Demonstration in
Kalkar begrüßt werden. Hier sollte der 3. Oktober
sehr bewusst anders begangen werden, als ihn die offiziellen Eliten
gerne darstellen. Angela Merkel sang beispielsweise bei ihrer
Festtagsrede ein Loblied auf das „Meisterwerk der
Diplomatie“, während sie mit ihrem Kabinett bereits
neue Kriegseinsätze in der Ukraine plant und dort von
Diplomatie keine Rede mehr ist. In Kalkar versammelten sich Dank eines
breit getragenen Bündnisses 750 Menschen beim
NATO-Luftwaffen-Führungszentrums in Kalkar. Ulrich Sander
fasste in seiner online verfügbaren Rede die Bedeutung von
Kalkar zusammen: „Hier gibt es die modernsten und teuersten
Ausrüstungen. Von hier werden schon jetzt Eurofighter und
AWACS-Flugzeuge ganz nah an die russische Grenze herangeführt,
und von hier soll der Kampfdrohnenkrieg ermöglicht werden.
1600 Fachleute des Tötens werden hier stationiert. Sie
dirigieren Eurofighter auch überm deutschen Luftraum, und bei
einem permanenten Manöver – z.B. überm
Sauerland - starben am 23. Juni zwei Piloten. Gleichartige
Manöver werden von Kalkar aus in den baltischen
Ländern ab April 2014 ständig
durchgeführt.“ Es zeigt sich dabei sehr treffend,
wie über das Thema Drohnen ein sehr breites und vernetztes
Gefüge aus Standorten, Kriegsstrategien,
Militäreinsätzen bis hin zur Konversion, die nicht
nur am Standort Kalkar sondern etwa auch von Tobias Pflüger in
Stuttgart für das dortige AFRICOM gefordert wurde, dargestellt
werden kann. Vor dem AFRICOM, dem Kommando der
US-Streitkräfte für Afrika, dass u.a. auch
Drohneneinsätze mit koordiniert, in Stuttgart versammelten
sich rund 200 Menschen. Bereits einige Stunden vorher fand in
Tübingen eine Aktion vor dem Max-Planck-Institut für
biologische Kybernetik statt, die sowohl an Affen als auch zu Drohnen
forschen. Hier gelang sowohl ein spektrenübergreifender
Auftakt als auch die gelungene Verknüpfung von zwei
Protestterminen, indem anschließend eine gemeinsame Anfahrt
zur AFRICOM Demonstration in Stuttgart organisiert wurde. Sowohl die
Tübinger als auch die Stuttgarter Aktionen wurden durch die
lokalen Medien wie Schwäbisches Tagblatt oder dem SWR gut
begleitet. In Stuttgart wurde eine zweistündige Kundgebung mit
vielen Redebeiträgen abgehalten und es gelang dabei, ganz
ungeplant, auch für diese Zeit eine Kurzzeitblockade vor dem
Eingang des AFRICOMs herzustellen. Auch hier konnte beispielsweise mit
den Stuttgart21 Bewegten als auch mit Fluglärmgegner_innen des
Stuttgarter US-Army Airfield ein spektrenübergreifende
Bewegung hergestellt werden. Am Schluss der Kundgebung sei noch
angemerkt, dass die Polizei ein Ordnungsgeld in Höhe von 80
Euro gegen den Lautsprecherwagen aussprach, weil dieser die falsche
Umweltplakete am Stuttgarter Stadtrand trug – es ist zu
hoffen, dass die Polizei ihrer Aufgabe auch ähnlich
gründlich nachgeht, wenn es darum geht, mögliche
Rechtsbrüche im Zusammenhang mit den rechtswidrigen
Drohnenkriegen nachzugehen. In Hannover wurde ein
ganzes Bündel an Aktionen geschnürt. Angefangen mit
einer großen Plakatfläche am Raschplatzpavillion mit
dem Text „Keine Macht den Drohnen“ bis hin zu einer
kleinen Gegendemonstration am Tag der deutschen Einheit. Bereits im
Vorfeld zum 4. Oktober fand ein Gespräch mit einer
(Mit)betreiberin des GI-Cafés in Kaiserslautern statt, das
einen vielfältigen Brückenschlag zum
Militärapparat und vielleicht ein Fenster zum Ausstieg aus
diesen darstellt. Am 4. Oktober flogen in der Nähe vom Bahnhof
Drachen, Flugblätter wurden verteilt und über das
Thema Drohnen informiert. In Kassel versammelten sich
Aktivist_innen an der Markthalle und ließen in kluger
Voraussicht einer drohenden Flaute Luftballons steigen, sammelten
Unterschriften und sprachen mit Passant_innen. Die Lokale Zeitung
Hessisch-Niedersächsische Allgemeine schrieb dazu
„Im Rahmen des globalen Aktionstages gegen Drohnen steht das
Kasseler Friedensforum noch bis 12 Uhr vor der Markthalle im Graben mit
einem Informationsstand bereit. […] Aber nicht nur vor Ort
wird unterschrieben, auch Luftballons mit Unterschriftskarten werden an
Besucher verteilt und fliegen gelassen, jeder der eine solche Karte
findet, kann sie unterschrieben an das Friedensforum
zurücksenden. Ganz nach dem Motto: 'Lieber Luftballons statt
Kampfdrohnen in die Lüfte schicken'." In
Herford kamen 58 Menschen auf einem Acker in der Nähe des
Biohofes Meyer-Arend zusammen, um ihre Drachen steigen zu lassen. Auch
spielten Mitglieder der Lebenslaute auf und untermalten die Aktion bei
Sonnenschein und kräftigen Herbstwind. In Karlsruhe wurden
ebenso Luftballons fliegen gelassen, Flugblätter verteilt und
das Gespräch mit Personen gesucht. Ebenso flogen in Bautzen
die Cometas, spanische Winddrachen, ein kolumbianisches Symbol
für Frieden. Es ließen sich noch viele weitere
große und kleine Geschichten eines solchen Aktionstages
finden, und alle, die an solchen Aktionen beteiligt sind, sind
aufgerufen ihre Bilder und Berichte an die Drohnenkampagne zu senden,
dass wir diese dokumentieren können und sich Menschen
für zukünftige Aktionen und Widerstand inspirieren
lassen können. Auch wenn angesichts des
neuen Drohnenkrieges in Syrien, der bevorstehenden Drohnenentsendung
der Bundeswehr in die Ukraine, die versuchte Wiederverwendung des
EuroHawks und der nach wie vor bestehende Wille der Bundesregierung
bewaffnungsfähige Drohnen anzuschaffen, ungebrochen sind,
konnten die Forderungen des Globalen Aktionstages durch die zahlreichen
Aktionen trotz so mancher Schwierigkeiten und einem zum Teil vielleicht
enttäuschenden Mobilisierungsgrad insbesondere medial gelungen
hervorgebracht werden: Wir fordern, dass unsere
Regierungen den Einsatz von Kampf- und Überwachungsdrohnen
verbieten. Auch die Nutzung von Satelliten, Bodenstationen und
Militärbasen, die die Überwachung und Tötung
mit Drohnen ermöglicht, muss verboten werden. Wir
fordern, dass die Regierungen die Produktion, die Anschaffung und den
Einsatz von Kampfdrohnen — ebenso wie die Forschungs- und
Entwicklungsarbeit hierzu — einstellen und sich für
eine weltweite Ächtung dieser Waffen einsetzen. Autor: Thomas Mickan von IMI Informationsstelle
Militär Information, Tübingen |