Logo VVN/BdA NRW

Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

06.10.2014

Bundesverband informiert über die Möglichkeiten der Entschädigung

Die nächste Mitgliederversammlung des Bundesverbandes Information und Beratung für NS-Verfolgte ist für den 07.11.2014 in Köln vorgesehen. Die folgende Ausarbeitung des Bundesverbandes veröffentlichen wir mit dem Hinweis, dass der Bundesverband gerne berät und  um Entschädigung nachsuchende Angehörige von NS-Verfolgten bei der Antragstellung begleitet. Zur Frage der Entschädigung von Angehörigen von NS-Verfolgten hier eine Ausarbeitung

Sowohl auf Bundes- als auch auf Länderebene bestehen Regelungen nach denen Angehörige von NS- Verfolgten Leistungen erhalten können.

I. Regelungen auf Bundesebene

Auf der Ebene des Bundes sind hier zunächst das Bundesentschädigungsgesetz BEG) und die Härterichtlinien zum Allgemeinen Kriegsfolgengesetz (AKG-HärteRL) zu nennen. Seit dem Ablauf der letzten Antragsfrist am 31.12.1969 können nach Art. VIII BEG-SchlG Erstanträge nach dem BEG nicht mehr gestellt werden. Eine Antragstellung nach den AKG-HärteRL ist dagegen nach wie vor möglich. § 7 Abs. 3 i.V.m. § 4 Abs. 1 der AKG-Härterichtlinie AKG-HärteRL bestimmt, dass Kinder, deren Elternteile aufgrund einer NS-Unrechtsmaßnahme (§ 1 AKG-HärteRL) durch staatliche Stellen oder unter Mitwirkung staatlicher Stellen getötet worden sind, eine einmalige Beihilfe i.H.v. 2.556,46 ? erhalten können, wenn sie zum Zeitpunkt der Tötung das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten.

Gleiches gilt für Kinder, die zum Zeitpunkt der Tötung infolge bereits begonnener oder später begonnener Berufsausbildung unterhaltsberechtigt waren und das 27.Lebensjahr noch nicht vollendet hatten.

Unter Unrechtsmaßnahmen nach §1 AKG-HärteRL sind Maßnahmen zu verstehen, nach denen Personen, wegen ihrer körperlichen oder geistigen Verfassung oder wegen ihres gesellschaftlichen oder persönlichen Verhaltens vom NS-Regime als Einzelne oder als Angehörige von Gruppen angefeindet wurden und denen deswegen Unrecht zugefügt wurde. Hierzu zählen u.a. Euthanasie-Geschädigte, Zwangssterilisierte und Homosexuelle. Als Unrecht gelten auch gesetzmäßig verhängte Strafen, wenn sie, auch unter Berücksichtigung der Zeit-, insbesondere der Kriegsumstände, als übermäßig bewertet werden müssen sowie verhängte Freiheitsstrafen, sofern diese auf strafrechtlichen Entscheidungen beruhen, die durch das Gesetz zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege (NS-AufhG) vom 25.August 1998 (BGBl. I S. 2501), geändert durch das Gesetz vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2714), aufgehoben wurden.

II. Besondere Regelungen für Bürger der ehemaligen DDR Eine Besonderheit gilt für die Angehörigen eines NS-Verfolgten, denen in der ehemaligen DDR eine Hinterbliebenenpension gewährt worden war.

Nach § 2 Entschädigungsrentengesetz (EntschRG) ist es möglich, diese Pensionen auf eine Entschädigungsrente umzustellen oder falls die Pension unter Verletzung rechtsstaatswidriger Grundsätze versagt wurde, nach § 3 EntschRG einen solchen Anspruch zu begründen.

III. Regelungen auf Landesebene

Neben dem, von Ihnen bereits angesprochenem Gesetz über die Anerkennung und Versorgung der politisch, rassisch oder religiös Verfolgten des Nationalsozialismus des Landes Berlin (PrVG) bestehen auch in den Bundesländern Bremen, Hessen, Hamburg Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein Bestimmungen, nach denen Angehörige von NS- Verfolgten nach dem Tod

des Verfolgten Ausgleichszahlungen erhalten können, wenn sie von den Verfolgungsmaßnahmen mitbetroffen waren, § 2 HF RL Bremen; § 6 I HS Hamburg; § 2 II HF RL Schlesw.-Holst.; § 1.1.3 HF RL Nds., § 2 II HF RL NRW; § 2.1 HF RL Rh.-Pf.; § 1 S. 2 HF RL Hes.. Zu den Bestimmungen der Länder ist Folgendes anzumerken:

> Die Leistungen aus den Härtefonds und der Stiftung erfolgen freiwillig. Einen Rechtsanspruch erkennen die Länder aber ausdrücklich nicht an. Neben der Höhe der maximal möglichen Zahlungen, unterscheiden sich die Härtefonds/Stiftung auch im Hinblick auf die zu erfüllenden Voraussetzungen. Beispielsweise werden die  leistungsberechtigten Opfergruppen von Land zu Land unterschiedlich eingegrenzt.

So wird in den Ländern Berlin, Bremen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz der berechtigte Personenkreis als alle durch die NS-Herrschaft „unmittelbar“ (Bremen; § 2 Bremer Härtefonds-Richtlinien (im Folgenden: HF RL))

„Betroffenen“, (§ 2 I Satzung der Stiftung Hilfe für Opfer der NS-Willkürherrschaft in Berlin und Brandenburg (im Folgenden: SBB)) „nachhaltig Betroffenen“ (Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, § 1 I HF RL NRW, § 1.1 HF RL Rh.-Pf.) oder „Verfolgten“ (§ 1.1. Abs. 1 Nds. HF RL) umschrieben.

In Hessen, Schleswig-Holstein und in Hamburg werden die leistungsberechtigten Opfergruppen in § 1 HF RL Hes.; § 2 HF RL Schlesw.-Holstein; § 2 II Satzung der Hamburger Stiftung Hilfe für NS-Verfolgte (im Folgenden: HS Hamburg) aufgezählt. Hierzu zählen: politisch Verfolgte, auch wenn sie die Voraussetzungen des § 1 BEG

nicht nachweisen können, wegen Ablehnung der NS-Ideologie, auf der Grundlage des Heimtückegesetzes und vergleichbaren Regelungen Inhaftierte, Opfer der NS-Militärjustiz, als „gemeinschaftsstörend“ Verfolgte (insbesondere sogenannte „Asoziale“), ZwangsarbeiterInnen, „Euthanasieopfer“, Homosexuelle. Die Hamburger Satzung berücksichtigt zusätzlich in § 2 II Nr. 8a), die Hessische HF RL in § 1b die

Volksgruppen der Sinti und Roma.

IV. Fazit

Grundsätzlich können Angehörige, die ihren Ehepartner oder einen Elternteil aufgrund von NS-Unrechtsmaßnahme (§ 1 AKG-HärteRL) durch staatliche Stellen oder unter Mitwirkung staatlicher Stellen verloren haben, einen Anspruch auf eine einmalige Beihilfe i.H.v. 2.556,46 Euro haben. Darüber hinaus besteht für Angehörige einzelner Bundesländer auch die Möglichkeit zusätzliche Leistungen zu erhalten.

Da die jeweiligen Leistungen untereinander angerechnet werden und auf Länderebene Einmalzahlungen von bis zu 3.600 € möglich sind, kann sich dieser Vorteil auf einen Betrag von bis zu 1043,54 € belaufen.

Jost Rebentisch

Bundesverband Information und Beratung für NS-Verfolgte e.V.