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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

08.09.2014

SLADO-Gedenken – Siekmann: „123 Jahre lang hat der Paragraph 175 Homosexuellen das Leben zur Hölle gemacht.“

Der 1. September steht nicht nur für den Ausbruch des 2. Weltkriegs 1939, sondern auch für die Verschärfung des Paragraphen 175 durch die Nationalsozialisten 1935, der Homosexualität unter Strafe stellt. „Gezielt wurde schwule Männer verfolgt und in Konzentrationslager gesteckt“, erinnerte Frank Siekmann von SLADO. Nur wenige hätten diesen Terror überlebt.

Der SLADo e.V. legt einen Kranz zum Gedenken an alle Homosexuellen Opfer der NS-Zeit nieder. Fotos: Alex Völkel

Der SLADo e.V. legt einen Kranz zum Gedenken an alle Homosexuellen Opfer der NS-Zeit nieder. Fotos: Alex Völkel

Gedenkveranstaltung im Hof der Gedenkstätte Steinwache

SLADO-Sprecher Frank Siekmann. Gedenkveranstaltung zum Antikriegstag in der SteinwacheSLADO e.V., der Dachverband der Schwulen, Lesben und Transidenten-Organisationen in Dortmund, hatte mit einer Vielzahl von Organisationen zu einer gemeinsamen Gedenkveranstaltung zum Antikriegstag im Hof der Mahn- und Gedenkstätte Steinwache eingeladen (wir berichteten bereits).

Doch dieser von den Nazis verschärfte und menschenverachtende § 175 wurde nicht etwa nach dem Ende der Schreckensherrschaft abgeschafft, sondern hatte auch in der neuen Bundesrepublik weiter Bestand.

Menschenverachtender Paragraph galt bis 1994 weiter

Weiter seien schwuler Männer nach diesem Paragraph verfolgt worden. „In der neuen Republik wurden viermal mehr schwule Männer verfolgt als in der Weimarer Republik. Zwischen 1949 und 1969 kam es in Westdeutschland zu 50.000 rechtskräftigen Verurteilungen nach dem Paragraphen 175“ erinnerte Siekmann.  „Im Namen des Gesetzes wurden nach 1945 ganze Biografien zerstört.“

Betroffen waren noch weit mehr Schwule: Schon der Verdacht reichte, um Arbeitsplatz, Wohnung und soziale Stellung zu verlieren. Es gab 100.000 Ermittlungsverfahren – „sie bedeuteten den sozialen Tod!“, so der SLADO-Redner.

Urteile gegen Schwule sind noch immer rechtskräftig

Der Bundestag habe sich nach der Abschaffung des Paragraphen dafür entschuldigt. Mehr aber auch nicht: „Das kann man mit Worten nicht wieder gutmachen.“ Besonders dramatisch: Die Verurteilungen sind weiter rechtskräftig. Es gibt keine Entschädigung für die Opfer. Keine Wiedergutmachung, erinnert Siekmann.

Bis 1994 hatte er in der Bundesrepublik Bestand: „123 Jahre lang hat der Paragraph 175 Homosexuellen das Leben zur Hölle gemacht.“Mit dieser Aufhebung sei die Angst der Homosexuellen längst nicht vorbei gewesen sei, da die Diskriminierung fortdauere: „Vorurteile und Homophobie sind weiterhin vorhanden.“

Die logische Konsequenz aus der Geschichte für Siekmann: „Endlich die volle Gleichstellung. Aufklärung an Schulen und Jugendfreizeitstätten. Homo- und Transphobie müssen gesellschaftlich geächtet sein.“

CSD-Teilnehmer und Antifaschisten protestierten gegen Neonazis.Breites Bündnis setzte Zeichen gegen Neonazis und Homophobie

Der SLADO-Vertreter erinnerte an die große Protestveranstaltung während des Christopher-Street-Days. Ein breites gesellschaftliches Bündnis hatte die CSD-Besucher unterstützt, weil die Neonazis der Partei „Die Rechte“ nur einen Steinwurf vom CSD entfernt eine Kundgebung angemeldet hatte.

„Ich habe mich gefragt, warum uns die Presse zum Teil ignoriert oder als ‘Gegendemo’ bezeichnet hat. Die Gegendemo war doch die Partei „Die Rechte“, die die Wiedereinführung des Paragraphen 175 forderte.“

Allerdings – und das ist der positive Aspekt – seien die vielen ermutigenden Rückmeldungen von Teilnehmern und Besuchern gewesen. „Die Demo hat mir Mut gemacht“, gesteht Frank Siekmann. Den brauchen die Schwulen weltweit allerdings auch heute noch.

Arbeit geht weiter: Weltweit werden Homosexuelle verfolgt

Der SLADo e.V. legt einen Kranz zum Gedenken an alle Homosexuellen Opfer der NS-Zeit nieder.Noch immer sind Diskriminierung und Verfolgung weltweit an der Tagesordnung, selbst die Inhaftierung und auch die Ermordung gebe es, erinnerte Siekmann – „nur weil sie anders lieben“.

Daher galt die Kranzniederlegung im Hof der Mahn- und Gedenkstätte nicht nur den homosexuellen Opfern des Faschismus in Deutschland, sondern auch den Menschen, die auch heute noch wegen ihrer sexuellen Orientierung das Leben zur Hölle gemacht haben.

Diese Geschichte ist mit der Abschaffung des § 175 nicht beendet….

Mit freundlicher Genehmigung: http://nordstadtblogger.de/15859