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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

04.09.2014

Ministerpräsidentin Hannelore Kraft lässt der Friedensbewegung eine Absage erteilen

Die VVN-BdA hatte am 11. Juli an die Ministerpräsidentin Hannelore Kraft in Düsseldorf einen Brief geschrieben, der am 11. August beantwortet wurde.

Der Brief aus der Friedensbewegung, zu der die VVN-BdA gehört, lautet:

Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin!

Vom 12. bis 23. Mai dieses Jahres übte die Bundeswehr im seit langer Zeit größten Maßstab. Die Übung hieß JAWREX 2014, was soviel wie Vereinte taktische Luftkriegsübung (Joint Air Warfare Tactical Exercise) bedeutet. Entsprechend heutiger, vor zwei Jahren bei einer Militärtagung in Kalkar begründeten NATO-Regel war es eine Luftkriegsübung, denn die Kriege der Zukunft sind solche in der Luft, ob mit oder ohne Piloten an Bord. Über 4000 Soldaten und Offiziere mit 100 Flugzeugen nahmen teil. Ihr Einsatzgebiet: Mecklenburg-Vorpommern, nur wenige hundert KM von der Ukraine entfernt. Hinzu kamen noch die rund 800 Experten, die von Kalkar/Uedem am Niederrhein aus die Übung kommandierten. Also aus unserem Bundesland, das somit in die aktuelle bedrohliche Lage eingebunden war und noch ist.

Von hier werden schon jetzt Eurofighter und AWACS-Flugzeuge ganz nah an die russische Grenze herangeführt, und von Kalkar/Uedem soll ein Kampfdrohnenkrieg auch in aller Welt ermöglicht werden. 1600 Fachleute des Tötens werden dort stationiert. Sie dirigieren Eurofighter auch überm deutschen Luftraum, und bei einem permanenten Manöver starben am 23. Juni dieses Jahres im Sauerland/NRW zwei Piloten. Gleichartige Manöver werden von Kalkar aus in den baltischen Ländern ab April 2014 ständig durchgeführt.

In den Medien erfuhr man so gut wie nichts über die Kriegsspiele der Bundeswehr und NATO auf deutschem Boden. Was ist mit Kalkar? Im Herbst 2011 konnte man in Provinzzeitungen vom Niederrhein lesen: Von Kalkar aus wird durch die NATO künftig der gesamte Luftraum nördlich der Alpen observiert und „gesichert“. In ihm wird bewaffnet operiert – mit bemannten und unbemannten Flugobjekten. Dieser Luftraum umfaßt fast das gesamte Russland. Im - vorläufig virtuellen - Einsatz können Flugzeuge abgeschossen oder  „Terroristen“ in weiter Ferne unschädlich gemacht werden. “Wenn die NATO Krieg spielt“, stand über dem Artikel.

Inzwischen erfuhren wir mehr – wieder durch ein Provinzblatt: „Der Luftwaffenstandort Kalkar wächst“ (Rheinische Post, Niederrhein-Ausgabe Kleve, 6. März 2014). Zur Vorgeschichte des exorbitanten Luftwaffenkommandos  in Kalkar/Uedem gehört, dass die Luftwaffe die Zahl der Drohnenpiloten und antirussischen Raketenschirmbesatzungen auf 1000 Experten des Tötens verdoppelt hat und noch weitere 400 Arbeitsplätze für Mordkommandos und den antirussischen Raketenschirm plant, dessen Arm bis weit hinter Kiew und Moskau reicht. In kleinen afp-Meldungen wie in der Westfälischen Rundschau, 3. Februar 2012, war zu lesen: Die Bundesregierung habe dem Aufbau des Nato-Raketenschildes im rheinland-pfälzischen Ramstein zugestimmt und wolle Patriot-Raketen bereitstellen.

Ramstein und Kalkar stehen unter amerikanischem Oberbefehl, wie aus einer Mitteilung der Stadt Stuttgart vom 24.04.2014 hervorgeht. Dort wurde von Oberbürgermeister Fritz Kühn (Grüne) der US-Luftwaffengeneral Philip M. Breedlove empfangen, der „zuvor Kommandeur der US-Luftstreitkräfte in Europa und Afrika, der Nato-Luftstreitkräfte Ramstein und Direktor des Kompetenzzentrums der Nato-Luftstreitkräfte mit Sitz im nordrhein-westfälischen Kalkar“ war. Nunmehr sei er „Kommandeur des amerikanischen Europakommandos mit Sitz in Stuttgart (Eucom) und Oberbefehlshaber für Nato-Operationen (Saceur).“

Der Raketenschirm muß Russland beunruhigen. In Erinnerung rufen wir die alte Erkenntnis der Friedensbewegung: Raketen sind Magneten. Der Schirm entsteht in Ramstein – von wo aus die USA ihren Kampfdrohnenkrieg führen – und in Kalkar/Uedem, wo die Nato und die BRD den Drohnenkrieg vorbereiten. In Ramstein wie Kalkar kommandiert als oberster Kommandeur ein US-General.

Die Kriegsvorbereitungen dort, müssen auch im Zusammenhang mit der gefährlichen Entwicklung in der Ukraine gesehen werden.

Im Zwei-plus-Vier-Vertrag von 1990 steht die Verpflichtung, daß das „vereinte Deutschland keine seiner Waffen jemals einsetzen wird, es sei denn in Übereinstimmung mit seiner Verfassung und der Charta der Vereinten Nationen.“ (Art. 2 Satz 3). Es sind unzählige Handlungen der Regierung bekannt,  die dem widersprechen. Die Einrichtung des Luftkommandos in Kalkar gehört dazu.

Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin!

In den gegenwärtigen zugespitzten Zeiten ist es unserer Meinung nach erforderlich, daß sich auch die Landespolitik mit dem Ringen um Frieden und der Verhütung von Kriegen befaßt – noch dazu wenn die Entwicklung – wie geschildert – eine besondere Gefährdung für unser Nordrhein-Westfalen bedeutet. Wir bitten Sie dringend, sich dieser Vorgänge anzunehmen und hoffen sehr, daß sie wie wir zu dem Schluß kommen, daß in Kalkar/Uedem ein Rückbau der Militäranlagen entsprechend dem Friedensauftrag des Grundgesetzes wie auch der Landesverfassung erfolgen muß. In Kalkar/Uedem muß abgerüstet werden; Das Luftkommando am Niederrhein muß aufgelöst werden.

Mit freundlichen Grüßen

VVN-BdA NRW

Hier nun die Antwort aus der Staatskanzlei in Düsseldorf:

Sehr geehrte Damen und Herren,

Frau Ministerpräsidentin Kraft dankt Ihnen für Ihren Brief vom 11. Juli 2014, in dem Sie sich entschieden gegen die Aktivitäten der Bundeswehr und der NATO Streitkräfte in Kalkar/Uedem aussprechen. Frau Ministerpräsidentin hat mich gebeten, Ihnen zu antworten.

Gern nehme ich zu Ihren Ausführungen Stellung, sind sie doch Ausdruck der pluralistischen Gesellschaft, in der wir in Deutschland leben. Ich denke allerdings, dass Sie selbst kaum davon ausgehen werden, dass Ihr Appell hier in Düsseldorf auf offene Ohren treffen wird, da Sie Positionen vertreten, die von der weit überwiegenden Mehrheit in der Bundes- und Landespolitik und der großen Mehrheit in der Bevölkerung nicht geteilt werden.

Die Bundeswehr ist Teil unseres freiheitlichen und demokratischen Rechtsstaates und sie hat ihren Platz in der Mitte der Gesellschaft. Es kann keine Rede davon sein, dass - wie Sie es in Ihrem Brief formulieren - das Grundgesetz Einsätze der Bundeswehr, zumal im Kontext der internationalen Staatengemeinschaft, kategorisch verbietet. Das Grundgesetz legt allerdings hohe Hürden an, wenn es um die Legitimation solcher Einsätze geht und verlangt nach dem Primat der Politik eine Entscheidung des Deutschen Bundestages vor jedem relevanten Einsatz. So ist sichergestellt, dass die Bundeswehr stets im Einklang mit der Mehrheit des Parlaments agiert.

Was nun die Aktivitäten in Kalkar/Uedem angeht, so haben die verantwortlichen Stellen der Bundeswehr bestätigt und nachvollziehbar dargestellt, dass Auftrag, Aufgaben und tägliche Arbeit der Angehörigen der Bundeswehr und der ausländischen Streitkräfte in den NATO-Dienststellen in vollem Umfang auf den Vorgaben unseres Grundgesetzes zur Landes- und Bündnisverteidigung basieren. Dazu gehört selbstverständlich auch die Durchführung von Übungen, wie Sie sie in Ihrem Schreiben kritisieren.

Vor diesem Hintergrund bitte ich um Verständnis, dass Ihrem Schreiben kein Erfolg beschieden sein kann.

Mit freundlichen Grüßen

Im Auftrag

Johann Wilhelm Müller