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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

29.07.2014

Betrachtungen zur Friedensbewegung vor dem Hintergrund der Ukraine-Krise und der geplanten Kampfdrohnenrüstung sowie der Bemühungen der Rechten um Diskurspiraterie beim Friedensthema 

Ulrich Sander stimmt der Losung der SDAJ zu: Der Hauptfeind steht im eigenen Land, und das ist die deutsche Kriegspartei (Liebknecht), aber vor allem in sofern, als dass hier etwas zu machen ist, hier unsere Verantwortung und unsere Möglichkeiten liegen.  Ansonsten geht die Hauptgefahr für den Frieden von den USA und jeglichem Fundamentalismus aus. Darauf haben wir weniger Einfluss - jedoch auch hier gilt: Eine deutsche Politik erzwingen, die zum Frieden weltweit beiträgt. Und dies würde dann auch eine friedliche Politik der EU erzwingen, in der ja Deutschland die Vorherrschaft hat.

1.

Zeitbomben in der Luft – Gefahr geht von Deutschland aus

Von Ulrich Sander

Zwischen Rhein und Don finden sowohl Dauermanöver als auch Kriegshandlungen statt, die eine gefährliche Lage für den ganzen Kontinent heraufbeschwören. Zweimal verschwanden im Juni gleich mehrere Zivilflugzeuge vom Radar der Flugsicherung in Deutschland und den Nachbarländern. Jetzt kam heraus: NATO-Militärmanöver „Newfip“ in Ungarn und über Italien waren offenbar Ursache der gefährlichen Störung.

Die zunehmenden als Manöver getarnten Kriegseinsätze im Zusammenhang mit der Ukraine-Krise sorgen für gefährliche Beinahe-Abstürze – und für tatsächliche Abstürze. In der Ukraine brachte die Luftüberwachung am 17. Juli mittels BUK-Raketenwaffensystem fast 300 malaysischen, niederländischen und anderen Zivilfluggästen des Flugs MH17 den Tod. Abgeschossen über ukrainischem Territorium von nicht ganz unbekannter Hand.

Auch der Zusammenprall zweier Eurofighter-Kamfjets mit einem sog. Learjet der bundeseigenen Gesellschaft für Flugzieldarstellung (GFD)  über Olsberg im Sauerland, über den genauer als andere Medien am 23.6.14 der WDR (Aktuelle Stunde für NRW) berichtete, muß im Zusammenhang mit der gegenwärtigen Ukraine-Krise gesehen werden.

Unter den Email-Kommentaren zur Aktuellen Stunde des WDR über den mysteriösen Sauerland-Abschuß finden sich solche von Bundeswehrangehörigen, die auf dieselbe Praxis über den baltischen Staaten an der Grenze zu Rußland hinweisen. Der WDR berichtete, daß der Unfall mit zwei Todesopfern aus den Reihen der GFD im Zusammenhang mit dem NATO-Luftkommando in Kalkar steht. Von dort gingen die Anweisungen aus.

Dieses Luftkommando hat ständig in einem Radius bis nach St. Petersburg und Moskau die Luftüberwachung inne und dies im Fall der NATO-Staaten nördlich der Alpen mittels Eurofightern.

Die Süddeutsche Zeitung vom 2. April 2014 berichtete von ähnlichen Eurofightern-Manövern - gesteuert von Kalkar aus - über den baltischen Staaten und Polen. Allerdings läuft es hier bereits kriegsmäßiger ab. Nachdem die Ministerin Ursula von der Leyen (CDU) verlauten ließ: Es sei „für die Bündnispartner an den Außengrenzen wichtig, daß die NATO Präsenz zeigt“, da wurden deutsche AWACS-Flugzeuge und sechs Eurofighter der deutschen Luftwaffe nach Polen und in die baltischen Staaten verlegt, "um den dortigen Luftraum intensiver zu überwachen“. Die „Parlamentsarmee“ hat im Bundestag dafür keine Genehmigung eingeholt; jedenfalls stehen die baltischen Länder nicht in der Liste der genehmigten Einsatzgebiete.

Die größte Luftkriegsübung der Bundeswehr fand vom 12. bis 23. Mai 2014 über deutschem Gebiet statt. Die Übung hieß JAWREX 2014, was soviel wie Vereinte taktische Luftkriegsübung (Joint Air Warfare Tactical Exercise) bedeutet. Entsprechend einer vor zwei Jahren bei einer Militärtagung in Kalkar begründeten NATO-Regel war es eine Luftkriegsübung, denn die Kriege der Zukunft seien solche in der Luft, ob mit oder ohne Piloten an Bord. Über 4000 Soldaten und Offiziere mit 100 Flugzeugen nahmen teil. Ihr Einsatzgebiet: Mecklenburg-Vorpommern, nur wenige hundert km von der Ukraine entfernt. Hinzu kamen noch die rund 800 Experten, die von Kalkar/Uedem am Niederrhein aus die Übung kommandierten. Sorglos wurde über Atomanlagen geübt. Mitte April erst hatten Bombenfehlabwürfe Anwohner und Anti-AKW-Initiativen in Lingen auf den Plan gerufen: 15 km von der Brennelementefabrik Lingen hatte ein Flieger eine Bombe verloren – 10 km vom angepeilten Ziel, 150 Meter vom nächsten Wohnhaus entfernt.

Bisher gelang es immer, die Machenschaften von Kalkar zu verbergen.

Dürfte es damit nun vorbei sein? Die Ostermarschbewegung informierte am 13. Juni darüber und ergänzte mit Hinweisen zum Aufbau des sogenannten Raketenabwehrschirms: „Der Schirm entsteht in Ramstein – von wo aus die USA ihren Kampfdrohnenkrieg führen – und in Kalkar/Uedem, wo die Nato und die BRD den Drohnenkrieg vorbereiten.“ Die Kriegsvorbereitungen dort, müssen auch im Zusammenhang mit der gefährlichen Entwicklung in der Ukraine gesehen werden. Eine andere skandalöse wie mysteriöse Meldungen: Der Absturz eines Tornadoflugzeugs vom 16. Januar 2014 ganz nahe beim Atomwaffenstützpunkt Büchel (Rheinzeitung, Koblenz, 17. und 23. Januar 2014, 29. März 2014).

Die Ostermarschbewegung Rhein-Ruhr macht seit zwei Jahren die  Kriegsvorbereitungen, ja Kriegsführung durch das exorbitante Luftwaffenkommando von Kalkar und – ganz in der Nähe am Niederrhein – Uedem öffentlich. Nur Provinzblätter haben bisher mit Überschriften wie „Wenn die NATO Krieg spielt“ und „Der Luftwaffenstandort wächst“  berichtet. Die Rheinische Post aus Kleve  am 6. März 2014 über Kalkar: „’Der Zuständigkeitsbereich reicht vom Baltikum bis nach Großbritannien und von den Alpen bis nach Island’, sagte Brigadegeneral Nolte. Rund 350 zusätzliche Soldaten sind in den vergangenen Monaten nach Kalkar und Uedem versetzt worden. In den kommenden Monaten und Jahren sollen noch 50 mehr kommen, so dass im Jahr 2017 voraussichtlich rund 1600 Soldaten in Kalkar beziehungsweise Uedem dienen werden.“

Diese Mannschaften dirigieren tickende Luftzeitbomben – die leicht außer Kontrolle geraten können, wie die Übung zur Verdrängung von angeblichen Terroristenflugzeugen über dem Sauerland zeigte. Diese  Mannschaften sollen künftig Kampfdrohnen einsetzen. Die Regierung will den Eindruck erwecken, eine Diskussion über den Kauf von Kampfdrohnen zu führen. Aber in Kalkar/Uedem steht die Infrastruktur bereit.

Die Friedensbewegung, sowohl Ostermarsch Rhein-Ruhr und VVN-BdA NRW als auch „Kooperation für den Frieden“ und „Friedensratschlag Kassel“ kündigten neue Aktionen gegen das Luftkommando Kalkar an. So am 3. Oktober 2014 – näheres siehe www.nrw.vvn-bda.de

2.

Antifaschismus gegen Kriegshetze der Nazis - am Beispiel Dortmunds  

Die Auseinandersetzung zwischen Antifaschismus und Antimilitarismus einerseits und Nazismus/Neonazismus und Kriegstreiberei andererseits vollzog sich in Dortmund bis zur Zäsur von 1989/90 ähnlich wie in der ganzen Republik. Es galt der Schwur von Buchenwald in seiner Kurzform „Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg“.

Das Ringen um Frieden und Freiheit und gegen Nazismus waren eins. Nazismus, das waren vor allem die alten Kräfte des Krieges und des Faschismus, die in der Bundesrepublik wieder aufsteigen durften. Diese waren vielfach im Staatsapparat und im Militär verankert oder bekamen Pensionen, von denen Antifaschisten nicht mal träumen durften. Sie wurden vielfach politisch verfolgt und wegen des Widerstandes gegen die Wiederbewaffnung – man nannte es wieder Landesverrat – eingesperrt. Die 68er stellten dann ihre Väter- und Großvätergeneration zur Rede. Bis Ende der 80er Jahre schieden die letzten alten Nazis aus dem Staatsapparat aus – aus biologischen Gründen. In Dortmund war die Besetzung der Polizei mit alten Nazis besonders gravierend. Die Arbeiterbewegung stellte sich in besonderem Maße den Nazis entgegen, - einhellig war der Widerstand gegen die NPD-Auftritte in der Stadt, die jedoch von der Polizei begünstigt wurden, ebenso wie die Auftritte der neuen faschistischen Kühnen-Richtung (Borussen-Front, FAP)

Ab 1990 bot sich auch den Dortmunder Neonazis in der untergegangenen DDR ein großes Betätigungsfeld. Die rechten Kader kehrten dann 2000 zurück und machten sich bemerkbar: drei Morde an Polizisten, die nie geahndet wurden, weil der Haupttäter sich das Leben nahm. Im Herbst 2000 dann der erste große Aufmarsch der bundesweiten Naziszene. Die Antifaschisten und die bürgerlichen Demokraten waren sich einig, diesen Bestrebungen entgegenzutreten. Uneinig waren sie, was den Legalismus der Nazis anbetraf: Jene, die nur die „politische Auseinandersetzung“ bei Gewährenlassen der Nazis mit Hilfe der Polizei wollten, kamen in großer Zahl auf dem Hansaplatz zusammen; die VVN-BdA unterstützte dies, veranstaltete aber zuvor mit dem neuentstandenen Bündnis „Dortmund gegen Rechts“ eine Kundgebung auf dem Platz von Leeds, autonome Kräfte demonstrierten danach auf den Wällen und reihten sich nicht auf dem Hansaplatz ein. Letztere wurden dann von der Polizei eingekesselt und brutal stundenlang eingepfercht.

Es folgten ungefähr fünf Jahre mit nachlassender bürgerlich-demokratischer oder zivilgesellschaftlicher Aktivität gegen die immer stärker werdende militante Naziszene: Es sei besser, die rechte Szene nicht durch zuviel Aufmerksamkeit aufzuwerten. So wurden die terroristischen Qualitäten der Nazis verkannt; es geschah in dieser Zeit ein Mord eines „unpolitischen“ Nazis an einem autonomen Jugendlichen und an einem türkischen Kioskbesitzer, später als NSU-Opfer erkannt. Der etablierte und der linke Antifaschismus waren gespalten. Die unterschiedliche Bewertung der Polizeipolitik war dafür der offen erkennbare Grund. Der DGB wanderte ins bürgerliche Lager, denn man dürfe doch die Kollegen von der Polizeigewerkschaft nicht in ihrem schweren Amt allein lassen. Zudem haben sich autonome Antifaschisten nie ganz mit der Bezugnahme auf das Grundgesetz anfreunden können, wie sie der traditionelle, noch mit dem Widerstand und den Erfahrungen und Errungenschaften von 1945-1949 verbundene Antifaschismus praktizierte. Dazu sagten wir: Das Grundgesetz und seine antifaschistisch-antimilitaristische Aussagen, so in Artikel 14/15, 26 und 139 galt und gilt es zu befolgen, Faschisten sind zu verbieten, das waren und sind die Positionen von Bündnis Dortmund gegen Rechts und VVN-BdA wie auch DKP, Partei DieLinke.

Doch auch ein weiterer inhaltlicher Grund für die Nichtübereinstimmung aller antinazistischen Kräfte in der Stadt lag vor. Die sich zivilgesellschaftlich nennenden Kräfte blieben nicht so zivil, wie sie sollten. SPD und Grüne wurden 1999 Kriegsparteien, die CDU und FDP folgten gerne, der DGB und die Kirchen widersprachen nicht.

Doch mit der Aufnahme einer verlogenen Friedensrhetorik in die Thematik der Aufmärsche der Nazis begann sich das Blatt langsam zu wandeln. Hatten SPD- und Grüne Minister 1999 die Parole ausgegeben: „Nie wieder Auschwitz“ bedeute nicht mehr gleichzeitig Nie wieder Krieg, im Gegenteil, so kehrte mit den „nationalen Antikriegstagen“ der Rechten nach und nach auch das „Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus“ bei Gewerkschaftern und vielen Sozialdemokraten zurück – wenn auch die Hauptlosung „Unsere Stadt sei bunt statt braun“ blieb – und nicht etwa konsequent in „Bunt statt Braun und Olivgrün“ umbenannt wurde. Das lag aber auch daran, daß die Nazis ihre Kriegsbefürwortung tarnten. Sie marschierten am Antikriegstag 1. September –

… aber nicht weil das der Tag des Überfalls auf Polen 1939 war, sondern weil am 2. September 1939 Großbritannien als Polens Verbündeter offiziell in den Krieg eintrat. Ab 2007 hielt der Dortmunder DGB wieder mit eigenen Antikriegstagskundgebungen dagegen.

Die Nazis und die anderen Rechtsextremen sind – und da unterscheiden sie sich nicht von den Vertretern der offiziellen deutschen Militärpolitik, – für eine starke Bundeswehr, gegen Abrüstung, für den „Kampf um deutsche Interessen“. Sie drängen in die Bundeswehr, allein schon um das „Waffenhandwerk“ zu erlernen. Sie sind zahlreich in den Reservistenverbänden vertreten. Sie stehen in der Tradition der Hitler-Wehrmacht. Sie wollen die Grenzen in Europa ändern und Land im Osten zurückholen.

„Gegen eine von der extremen Rechten imaginierte Funktion der Einkreisung als Mittel der Schwächung und Niederhaltung Deutschlands fordert sie Deutschlands ‚Lebensrecht’ und Mission,“ schreibt Prof. Fabian Virchow (Universität Düsseldorf) in seiner Studie über „Internationale Beziehungen und Militär in den politischen Konzeptionen der extremen Rechten“, die er  unter dem Titel „Gegen den Zivilismus“ herausbrachte (Wiesbaden 2006). Die mit der „kleinstdeutschen Einheit vom Rhein zur Oder“ verbundenen Gebietsverluste werden beklagt: „Was ist schon ein Deutschland ohne Schlesien, Ostpreußen, Österreich oder Südtirol?“ (S. 112 bei Virchow) Die extreme Rechte, so Virchow, strebt mit ihrer Friedensrhetorik die Durchsetzung eines völkisch-arrondierten und mit umfassenden Gewaltmitteln ausgestatteten Groß-Deutschland an. „Dieses soll nach weitreichender Militarisierung von Militär und Gesellschaft als imperiale europäische Ordnungsmacht und weltpolitisch als Gegenpol gegenüber den USA auftreten.“

Die VVN-BdA erklärte angesichts „friedenspolitischer Aktivitäten der neuen Rechten nach Beginn des Konfliktes in der Ukraine, der vom Westen, insbesondere von den USA, angeheizt wird: "Mit der sogenannten ‚Friedensbewegung 14’ und ihren Montagsmahnwachen ist der Versuch verbunden, eine rechtspopulistische bzw. neurechte Bewegung auch zur Desavouierung der klassischen Friedensbewegung zu installieren."

Das Jahre währende „Gedenken“ der rechten Szene in Dresden - „Gedenken an die deutschen Opfer“, wofür sie Revanche wollen – und die seit Jahren in Dortmund zelebrierten „Antikriegstage“ dieser Szene, aber auch die „Montagsmahnwachen“ ab März 2014, das sind dreisteste „Diskurspiraterien“ (nach der Übernahme linker Diskurse und Themen wie Antikapitalismus, Sozialpolitik und Interessenvertretung). Denn die Rechten sind wie eh und je für den Krieg, nur nicht für die gegenwärtig von Deutschland mit geführten US- und Israelfreundlichen Kriege. Voraussetzung des Friedens sei der Sieg des „nationalen Sozialismus“, und im „gelobten Land Israel“ seien dann „ja alle im Himmel“ (Siegfried Borchardt, alter Neonazikader aus Dortmund in einer „Friedensrede“). Auf die feinere Art betätigen sich die neurechten „Friedensfreunde“ in der Diskurspiraterie. Hinter allen Kriegen stehe das Finanzkapital, angeführt von der Fed-Bank der USA mit ihren jüdischen Bankern.

Erstmals haben sich ältere Antifaschisten in den Jahren 2008 und 2009 diesem Treiben mit sowohl antifaschistischen als auch antimilitaristischen Äußerungen entgegengestellt. Eine „Aktion 65 plus“ führte am 6. September 2008 in Dortmund einen 700köpfigen spontanen Demonstrationszug an. Am 5. September 2009 war eine erneute derartige Aktion erforderlich. Der Blockadegedanke war enttabuisiert. Nunmehr rufen auch Politiker zu Blockaden auf. Es bildete sich „blockaDo“, die breiteste, zumeist jugendgeführte Aktion, – die allerdings den Nachteil hat, daß sie sich inhaltlich nicht auf einen Aufruf für den Frieden einigte und vom Mitführen von Fahnen und Transparenten absah. Dies ist nicht im Sinne von „65 plus“ Denn die 65plus- Erklärung lautete u.a.:

„Aktion 65 plus – Wir haben es erlebt. Nie wieder. Bombennächte. Ständige Angst. Hausdurchsuchungen. Die Eltern im KZ. Verwandte sterben im Krieg. Nachbarn mit dem gelben Stern werden abgeholt. Nachts träumen wir davon. Die Nachfolger der Nazibande, die das verschuldete, erheben wieder ihr Haupt. Jahr für Jahr kommen sie nach Dortmund. Sie rufen „Nie wieder Krieg“ und fügen hinzu: „ ... nach unserem Sieg, dem Sieg des ‚nationalen Sozialismus’“. Das Maß ist voll. Sie reden von Frieden, Antikapitalismus, ja Sozialismus. Das taten Hitler und Goebbels auch. Es kam zum furchtbarsten aller Kriege. Zur schlimmsten Form des Kapitalismus: Nicht nur Ausbeutung durch Arbeit, sondern Vernichtung durch Arbeit. Es kam zur Versklavung und zum Holocaust.

Die NPD und andere Nazigruppen betreiben umfassende „Ostkontakte“ zu faschistischen Gruppen in Polen, der Ukraine, Russland und anderswo, wobei sich der Schwerpunkt mal von den Gruppen in Kiew hin zu jenen in Moskau verlagert. Indem die ukrainischen Faschisten mit Hilfe des Westens in die Regierung in Kiew gelangten, ist erstmals ein Pakt der EU- und NATO-Behörden mit Faschisten geschmiedet worden, ein Pakt, der innerhalb Deutschlands noch nicht möglich erscheint. Der Vorgang erinnert an die Zeit ab 1949, da die westlichen Alliierten, vornehmlich die USA, mit NSDAP-Kadern paktierte, um ein Bollwerk gegen die Sowjetunion aufzubauen. Nun wird wieder ein aggressives Bollwerk gegen Moskau errichtet. Und Faschisten erhalten darin ihren Platz.“

Gleichzeitig liegt dem Bundesverfassungsgericht ein Antrag des Bundesrates vor, die NPD als verfassungsfeindlich zu verbieten. Ein solches Verbot ist unbedingt erforderlich, allein um Standards des höchsten Gerichts zu schaffen, die auf Naziparteien anzuwenden sind. Und in Dortmund? Dort haben sich vor einem Jahr die damals verbotenen Nazigruppen sofort wieder in einer Partei „Die Rechte“ eingefunden, um das Parteienprivileg zu nutzen. Nationale und internationale Standards gegen Rechts sind erforderlich.

Die „Verschwörung“ des 11. September 2001

Im Zusammenhang mit der neurechten „Friedensbewegung 14“ wird auf die „Verschwörungstheoretiker“ in deren Reihen hingewiesen. Die Neonazis näherten sich mit derartigen Theorien den Querfrontleuten um Elsässer etc. an. Da der Verfassungsschutz mich wegen meiner Kritik an der Rolle der ökonomischen Eliten im Krieg und im NS-System bereits durch seine Mitarbeiter ebenfalls als „Verschwörungstheoretiker“ bezeichnet hat, bin ich vorsichtig mit diesem Begriff. Zudem: Es gibt Verschwörungen! Und die Vorgänge um den 11. 9. in USA sind sicher nicht so abgelaufen, wie uns die US-amerikanische Propaganda weismachen will. Diese Propaganda brauchte NineEleven so wie dargestellt, um den Krieg gegen den Terror zu begründet.

Die These, die USA hätten den 11. 9. 01 selbst inszeniert, wird seit langem von den Neonazis verbreitet. Ich erinnere mich jedoch, daß die Neonazis nach dem 11. 9. lange Zeit die Lesart der US-Behörden übernommen haben.

Ich schrieb im September 2001 in ein Arbeitsjournal:

Für die deutschen Neonazis markiert der 11. September 2001 einen Freudentag. Ein antisemitischer „Befreiungskrieg“ fand statt. „Schöne Bilder, wirklich sehr schöne Bilder,“ wird in rechtsgerichteten Internet-Chats angesichts des brennenden World Trade Centers gejubelt. Und die DVU thematisiert bereits vieldeutig Anschläge gegen Juden auch in Deutschland, rät jedoch davon, weil dies eine antideutsche Hetze auslösen könnte.

Auf der Homepage des Nationalen Widerstandes Ruhr wurden laut „Blick nach rechts“ schon seit Jahresanfang Terroraufrufe des „Weißen Arischen Widerstandes“ verbreitet. Unter Bezugnahme auf William Pierce, Führer der Neonazis in USA, wurden Gesinnungskameraden zum Krieg gegen das ZOG-System aufgerufen, wobei ZOG für „zionist occupied government“ stand. In „Turner Diaries“, ein Kultbuch der internationalen Naziszene, wurde sogar ein Selbstmordattentat mittels einem mit Atomwaffen beladenen Flugzeug, das auf das Pentagon stürzt, vorweggenommen.

All diese faschistischen Kriegsszenarien durften in Deutschland und in USA ungehindert verbreitet werden. Und dabei soll es bleiben. Denn es meldet die „Frankfurter Rundschau“ am 22. September 2001 „NPD-Anwalt Mahler wird nicht strafrechtlich belangt“. Mahler hatte das Wirken der „opferbereiten Krieger“, der Selbstmordattentäter per Flugzeugabsturz, gewürdigt.

Zu einem anderen US-amerikanischen Rechtsterroristen, Timothy McVeigh, unterhielten die Duisburger „Jungen Nationaldemokraten“ Kontakt. Mc Veigh wurde 2001 in den USA hingerichtet. Er hatte 1995 das Attentat von Oklahoma begangen, dem 168 Menschen zum Opfer fielen. Die NPD-Jugend: Tim McVeigh reihe sich ein „in die ewigen Kriegerreihen der Helden unserer Bewegung“. Antijüdische und antikommunistische Attentate propagiert auch der in Lübeck einsitzende Polizistenmörders und Neonazi Kay Diesner. Auch er preist die „Turner Diaries“ an, und seine Terroraufrufe passieren die Knastkontrollen der deutschen Gefängnisse.

Neonazi-Provinzchef Michael Krick bemüht aus seinem niederländischen Exil sogar den Germanen-Kult. Krick an seine Bande: „Zeigt kein Erbarmen und keine Reue. Sieg oder Walhalla.“ Dem Mörder und Selbstmörder wird auch hier der Einzug ins Paradies verheißen. (Nach „Westfälische Rundschau“, 2000)

Rechte Selbstmordattentate hat es auch bereits in Deutschland gegeben. Als vor einem Jahr in und um Dortmund drei Polizisten ermordet wurden und der Täter sich hinterher selbst richtete, da verbreiteten die Neonazis anonyme Flugzettel: „1:3 – er war einer von uns“. Doch die Behörden für „Innere Sicherheit“ wollten keinen politischen Hintergrund erkennen – wie auch jetzt die Nähe der Neonazis zu den Terroristen des 11. September weithin unbeachtet blieb.

Von einem „kriegerischen Befreiungsschlag der freien Welt gegen die imperialistische Politik der USA und ihrer Verbündeten“ spricht die NPD in einer in Lübeck verbreiteten Erklärung. Daß es zivile Opfer gab, wird als „Kollateralschaden“ bezeichnet. Nicht nur diese „längst überfällige Befreiungsaktion gegen die USA“ und die „zionistische Oligarchie“, so das „Bündnis Rechts“ der norddeutsche „Freien Kameradschaften“, löst bei Neonazis Zufriedenheit aus. Auch die Streichung von 40 Millionen DM Haushaltsmitteln für den Kampf gegen den Rechtsextremismus (siehe Frankfurter Rundschau 24. 09. 01) und das Anheizen der staatlichen Fremdenfeindlichkeit mittels regierungsamtlichen Maßnahmen der „inneren Sicherheit“ erfreut die Neonazis. Sie nehmen diese Maßnahmen zum Anlaß, noch manche Forderung und abenteuerliche Formulierung drauf zu satteln:

Die NPD Schleswig-Holstein sieht nunmehr in der „islamischen Welt einen natürlichen Bündnispartner“, dem allerdings nur „außenpolitisch unsere volle Unterstützung“ gehöre. Das deutsche Volk werde seinen „Freiheitskampf selbst nur dann effektiv führen können, wenn es zu seiner nationalen Identität und völkisch geprägten Kultur in einer ethnisch homogenen Gemeinschaft zurückfindet.“ Also Ausländer raus und rein in die Kamikazeflugzeuge oder wenigstens in den Abschiebeknast. Und so wird in einem Aktionsprogramm die „konsequente Rückführung aller auf deutschem Boden lebenden Bürger außereuropäischer Herkunft in ihre Heimatländer innerhalb der nächsten 100 Tage“ gefordert. Die Politiker und Beamten, die an der „Massenzuwanderung“ und an der „Islamisierung auf deutschem Boden“ Verantwortung tragen, seien zu entlassen und notfalls in Haft zu nehmen.