05.06.2014 „Die Waffen nieder! Für
Frieden in der Ukraine!“ In
Frankfurt/M hielt am 31.5.14 Matthias Jochheim, IPPNW, die folgende
aufrüttelnde Rede für den Frieden: Liebe
Kriegsgegnerinnen, liebe Friedensfreunde, wenige
hundert Kilometer östlich von unserer Demonstration hier sind
in einem großen europäischen Land
bürgerkriegsartige Kämpfe entbrannt. Viele in
Deutschland sind sich der enormen Gefahren sehr bewußt, die
aus der Konfrontation in der Ukraine für den Frieden in ganz
Europa und auch global drohen. Gerade deswegen stehen wir heute hier,
um einen Beitrag zu leisten für eine Rückkehr zur
Vernunft, zu den Mitteln gewaltloser Diplomatie, zum
Bewußtsein der gemeinsamen Interessen der Menschen in Europa
an friedlichem Zusammenleben und gemeinsamer Bewältigung der
großen Probleme, denen wir grenzüberschreitend
konfrontiert sind: - der
ökonomischen Krise in den meisten Ländern des
Kontinents mit ihren schweren Folgen für die Mehrheit der
Bevölkerung nicht nur in Griechenland und Spanien,
- den
immer häufigeren Umweltkatastrophen auf Grund der
ungebremsten, durch Abgase provozierten Klimaveränderungen,
- dem
Massenelend in vielen Ländern Afrikas und Asiens und einer
unmenschlichen Abschottungspolitik gegenüber den
Flüchtlingen. Man schätzt, dass in den letzten 30
Jahren etwa 20.000 Menschen allein durch Fluchtversuche über
das Mittelmeer ihr Leben verloren haben- nicht zuletzt durch die
rigiden, militärischen Abschottungsmaßnahmen der
Europäischen Union, Stichwort Frontex.
Es
gibt eine Fülle von Aufgaben, denen sich die
europäischen Regierungen widmen sollten und müssen,
gerade auf dem eigenen Terrain. Destabiliserung von
Nachbarländern, massive Einmischung in deren innere
Angelegenheiten gehört nicht
zu der humanen und demokratischen Politik, die wir verlangen. Was
können wir tun? Der damalige
Bundespräsident Gustav Heinemann hat ein sehr
sinnvolles Bild geprägt, als er sagte: „Wer mit dem
Finger auf andere zeigt, zeigt mit drei Fingern auf sich selbst
zurück.“ Russland wird Einmischung in die
ukrainische Politik und der Anschluss der Krim an die russische
Föderation vorgeworfen – aber welche Mächte
haben am putschartigen Sturz des legal gewählten
Präsidenten Janukowitsch tatkräftig mitgewirkt, in
Kooperation mit einer explizit faschistischen Partei, genannt
„Swoboda“, die übrigens an die Traditionen
von ukrainischen Verbündeten Nazi-Deutschlands
anknüpft. Der Bundestagsabgeordnete Wolfgang Gehrcke
machte darauf aufmerksam, daß die
»Denkfabrik« von Swoboda den Namen
»Joseph-Goebbels-Forschungszentrum für
Politik« trage - das also ist einer der
Bündnispartner für die Förderung westlicher
Werte in der Ukraine! Diese Partei pflegt kollegiale Beziehungen zur
deutschen NPD, und gehört zu der geistigen Verwandtschaft des
„Rechten Sektors“, den gut trainierten
Gewalttätern, denen unter anderem die Brandschatzung des
Gewerkschaftshauses in Odessa mit mindestens 47 Todesopfern zur Last
gelegt wird. Von solchen Verbrechen und ihren
Hintergründen erfährt das Publikum des deutschen
Fernsehens wenig. Dort war nur von einer
„Katastrophe“ die Rede - über die
Täter ist nur abseits des Mainstreams Genaueres zu erfahren.
Und hier liegt eine wesentliche friedenspolitische Aufgabe für
die Aktiven gegen den Krieg: sich die Mühe zu machen, dem
verfälschten Bild, das uns die hiesigen Massenmedien
unterjubeln wollen, authentische Informationen entgegenzustellen. Da
werden dann aus den angeblichen OSZE-Beobachtern, die in Slawjansk
festgesetzt wurden, real westliche, mehrheitlich deutsche Offiziere,
die auf Einladung des Kiewer Putschregimes in Zivil die Situation im
Aufstandsgebiet erforschten – die OSZE wußte
garnichts von dieser Mission. Wir haben in
den Medien immerhin einige versierte und an der Wahrheitsfindung
ernsthaft interessierten Verbündete, die die Kanäle
zwar keineswegs beherrschen, aber doch in Nischen aufzufinden
sind: Zu ihnen gehört die früheren
ARD-Korrespondentin in Moskau, Gabriele Krone-Schmalz, die in
hervorragender Weise die mediale Desinformation beschreibt.
Für uns als Friedens-Engagierte besonders wichtig: sie benennt
zum Beispiel den § 7 des geplanten Assoziierungsabkommens
EU-Ukraine, der eine intensivierte militärische Zusammenarbeit
zwischen den Vertragspartnern vorsieht- im Mainstream schlicht nicht
erwähnt. Ihre Beispiele für die völlig
parteiische, propagandistisch-antirussische Sprechweise der
ARD-Kommentatoren, und deren Verzicht auf saubere, beide Seiten des
Konflikts beleuchtende Recherche sind überzeugend. Es ist
wohltuend eine so unbestechliche Beobachterin wie Frau Krone-Schmalz zu
hören, die sich auch mit dem Schreckgespenst des
„Anti-Amerikanismus“ auseinandersetzt, und
feststellt, dass es nichts mit Ressentiments gegen die USA zu tun hat,
wenn nach den Kriegen der letzten Jahrzehnte, und nach Abu Ghraib und
Guantanamo die Werteführerschaft der US-Regierung nicht mehr
sehr glaubwürdig ist. Mit Recht sorgt sich
Frau Krone-Schmalz um die Zukunft der Demokratie, wenn die Medien sich
weiter in Richtung von Propaganda-Instrumenten der jeweiligen
Machtelite entwickeln. Es ist schwieriger, aber
noch nicht unmöglich, wirklich unabhängige
Informationen und Meinungen zu erfahren. Über das
Internet können wir die kritischen Kommentare des
früheren Kanzleramtsministers Albrecht Müller
verfolgen, der sich als Sozialdemokrat aktuell besonders betroffen mit
dem Handeln und den Positionen von Außenminister Steinmeier
befasst. Er fragt: „Kann man Steinmeier trauen?“
und kommt mit guten Argumenten zu dem Schluss, dass der
Außenminister keine ehrliche Strategie für Frieden
in der Ukraine betreibt, sondern zu den Vorbereitern des Putsches
gehört hat, und keinerlei Anstrengungen für eine
Aussöhnung der Konfliktparteien erkennen
läßt. Es verwundert dann nicht, dass Steinmeier
gemeinsam mit Gauck und von der Leyen bei der Münchener
sogenannten Sicherheitskonferenz für die stärkere
Bereitschaft Deutschlands sprach, weltweit militärisch zu
intervenieren. Gemeinsame Militär-Manöver mit
ukrainischen Truppen und Flottenverbänden unweit der
russischen Grenzen sind ja schließlich auch Teil des
geplanten Abkommens zwischen EU und Ukraine. Als Kriegsgegner sagen wir hier
und heute laut und deutlich: Kriegsvorbereitungen an den russischen
Grenzen sind das Letzte, was wir in Deutschland und in Europa brauchen!
Es gilt immer noch das Wort von Thomas Mann: Kriege
werden aus der Unfähigkeit begonnen, die wirklichen Probleme
der Staaten und der Gesellschaften sinnvoll anzugehen. Aber:
Es gibt heute neben den riesigen Gefahren auch Hoffnungszeichen:
Großbritanien und die USA haben ihren schon geplanten
direkten Krieg gegen Syrien vorläufig abgesagt, wegen der
gewachsenen Ablehnung eines weiteren Krieges in der
Bevölkerung und auch in den Parlamenten dort. Die Menschen
auch in den USA sind der Kriege müde. Die Umfragen zeigen:
auch in Deutschland will die klare Mehrheit keinen neuen kalten - und
erst recht keinen heißen -Krieg. „Wir
weigern uns, Feinde zu sein“ – das ist unsere
Parole. Wir stehen hier bei der Vertretung der Ukraine in Frankfurt,
die auch für die Betreuung zahlreicher Ukrainer bei uns und in
anderen deutschen Städten zuständig ist. Wir
wünschen Ihnen und uns, dass die an Ressourcen reiche Ukraine
ihre schwere ökonomische Krise überwinden kann; dass
die verschiedenen Bevölkerungsgruppen einen Weg des
gewaltlosen, demokratischen Dialogs finden, und die
ökonomische Entwicklung nicht nur nach den Interessen der
sogenannten „Oligarchen“ - im westlichen
Raum auch „Investoren“ genannt - vorangetrieben
wird. Denn eine Unterwerfung unter die neoliberalen Regeln der
EU-Kommission verspricht der Mehrheit der Bevölkerung wenig
Gutes, siehe Spanien und Griechenland. Wirtschaftliche
Zusammenarbeit der Ukraine mit EU und
Russland – so sollte die Perspektive aussehen; Militärische
Blockfreiheit für die Ukraine – und für uns
Schluss mit Expansion und Kriegspolitik der NATO!
|