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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

08.04.2014

Das gemeinsame Handeln um Rechte zu blockieren

Das breite Bündnis "BlockaDo" soll Faschisten in Dortmund stoppen

In Dortmund verständigten sich antifaschistische Bündnisse, in denen auch die VVN-BdA mitwirkt, auf ein gemeinsames Vorgehen gegen Neonzais. Über die gemeinsame Aktion und die Gemeinsamkeit trotz unterschiedlicher sonstiger Standpunkte beriet man am 6.4. in Dortmund bei einer Konferenz. Ein Pressespiegel:

Neues Deutschland vom 07.04.2014

BlockaDo statt Selbstblockade

Nach Jahren der Zersplitterung vernetzen sich in Dortmund die dortigen Nazi-Gegner

Von Marcus Meier

In Dortmund ist die Nazi-Szene besonders aktiv, doch ihre Gegner zeigten sich oft zerstritten. Das soll sich nun ändern: Am Wochenende fand eine erste Aktionskonferenz nebst Blockade-Training statt.

Jahrelang war der Widerstand gegen Dortmunds besonders umtriebige, militante und unverschämte Nazi-Szene zersplittert. Zwei Bündnisse hatten zwar das Ziel, braune Aufmärsche zu verhindern. Doch saßen sie eher gegen- als nebeneinander auf der Straße. Das 2009 gegründete Bündnis »Dortmund stellt sich quer« umfasst Linkspartei, Antifagruppen und weitere Akteure links von SPD und Grünen. Die wiederum hatten sich 2012 zusammen mit Gewerkschaftern, Kirchenleuten und anderen zivilgesellschaftlichen Akteuren im Bündnis »Dortmund nazifrei« zusammen geschlossen.

Getrennt konnte man in den letzten Jahren Nazi-Demonstrationen zwar be-, aber nicht verhindern. Seit Kurzem jedoch existiert mit BlockaDo ein »bündnisübergreifendes Bündnis«, wie ein Redner gestern auf der ersten Aktionskonferenz des neuen aktionsorientierten Zusammenschlusses sagte. In letzter Zeit näherten sich die unterschiedlichen Akteure an, verabredeten sich zu kurzfristigen Aktionen, setzten sich schließlich »mal wieder an einen Tisch«. Das Ergebnis: BlockaDo, das nun vom sozialdemokratischen Gewerkschafter bis hin zum Autonomen viele Akteure vereint. »Mit BlockaDo sollte es uns gelingen, effektiver zu blockieren«, sagt Sprecher Stefan Michaelis gegenüber »nd«. Auch eine Webseite hat man schon: www.blockado.info.

Auf der recht gut besuchten Konferenz referierte eine Vertreterin des lokalen »Forums gegen Rassismus« den Weg der einflussreichen regionalen Autonomen Nationalisten vom 2012 verbotenen »Nationalen Widerstand Dortmund« zur Partei »Die Rechte«, die vom Parteiprivileg profitiert. Schnell hätten die Kameraden wieder handlungsfähige Strukturen aufgebaut, ein neues nationales Zentrum eröffnet und träten zur Kommunalwahl Ende Mai an. In den Stadtrat bringen wollen sie ausgerechnet den einstigen Nazi-Hooligan Siegfried »SS-Siggi« Borchardt. Andere Vorträge beschäftigten sich mit den Codes der Nazi-Szene und offenen Fragen im NSU-Prozess. Nach »nd«-Redaktionsschluss sollte ein Blockadetraining stattfinden.

Der BlockaDo-Aktionskonsens wurde inspiriert von erfolgreichen Anti-Nazi-Blockaden insbesondere in Dresden: »Wir sind entschlossen, Naziaufmärsche mit Blockaden zu verhindern.« Vielfalt begreife man als Stärke. Jeder könne bei den »Menschenblockaden« mitmachen. Das ist auch deshalb bemerkenswert, weil der einstige sozialdemokratische Polizeipräsident der sozialdemokratisch dominierten Stadt noch vor einigen Jahren Plakate kleben ließ, auf denen es hieß: »Blockaden stärken die Falschen!«.

Einer Zusammenarbeit nicht mehr wirklich im Weg steht der Konflikt um das Thema Nahost, also der nicht immer hundertprozentig rational nachvollziehbare Streit innerhalb der deutschen Linken zwischen »Antideutschen« und »Antiimperialisten« als Extrempole. Vielleicht auch deshalb, weil Dortmunds (einstige) Antideutsche sich diesbezüglich ideologisch abgeschliffen haben.

Noch wettern die einschlägigen Zentralorgane »bahamas« respektive »junge Welt«, weil ihr jeweiliges Spektrum jetzt mit dem verfeindeten Lager gemeinsame Sache mache. Papier ist geduldig - im realen Leben jedoch steht am 1. Mai die erste Bewährungsprobe für BlockaDo an: Am Internationalen Kampftag der Arbeiterklasse wollen die Braunen wieder demonstrieren. »Nazi-Aufmarsch in Dortmund blockieren! Zusammen. Solidarisch. Entschlossen.«, ist auf den Mobilisierungsplakaten von BlockaDo zu lesen.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/929299.blockado-statt-selbstblockade.html

Siehe auch:

Über 100 Teilnehmer bei BlockaDo-Konferenz
http://www.ruhrbarone.de/ueber-100-teilnehmer-bei-blockado-konferenz/76697

junge Welt vom 05.04.2014

Rechte blockieren

»BlockaDo« soll Faschisten stoppen: In Dortmund verständigen sich Antifaschisten auf ein gemeinsames Vorgehen gegen Neonazis

Von Florian Osuch

Die antifaschistischen Kräfte in Dortmund rücken zusammen. Mehrere bisher vielfach allein agierende Zusammenschlüsse haben sich auf ein gemeinsames Ziel verständigt. Das neue Bündnis nennt sich »BlockaDo«, und der Name ist Programm. Man will mit »Blockaden gegen Naziaufmärsche« vorgehen, heißt es in einem ersten Kommuniqué. Das Bündnis bilden die Zusammenschlüssen »Dortmund nazifrei«, »Dortmund stellt sich quer« und Antifagruppen aus dem autonomen Spektrum. Darüber hinaus sind Einzelpersonen und Aktive von Parteien und Gewerkschaften beteiligt.

Thomas Oppermann, Sprecher von »Dortmund nazifrei«, sagte junge Welt: »Indem wir in dem neuen Bündnis unsere Kräfte vereinen, erwarten wir, daß es möglich wird, effektiver und erfolgreicher die anstehenden Naziaufmärsche zu blockieren.« Ähnlich überzeugt zeigt sich auch Sebastian Förster von »Dortmund stellt sich quer«. Er äußerte gegenüber jW: »Mit der Gründung von ›BlockaDo‹ gibt es nun ein Dach, unter dem Aktivitäten der einzelnen Strukturen zusammengefaßt werden können.«

Unterstützt wird die Initiative ebenso von Ulla Jelpke, Dortmunder Linke-Abgeordnete im Bundestag. »Ich begrüße es sehr, daß sich jetzt auch hier ein breites Bündnis zur Blockade und Verhinderung von Naziaufmärschen gegründet hat. Entschlossenheit und Einigkeit vieler Menschen sind für den Erfolg von Blockaden entscheidend«, teilte sie auf jW-Anfrage mit. Zuspruch kommt auch aus dem autonomen Spektrum. Im jW-Gespräch äußerte ein Aktivist der »Antifa 170« die Hoffnung, »mit dem Bündnis die bisherige Spaltung der Antifaschisten in Dortmund zu überwinden und endlich eine Perspektive zur Verhinderung von Naziaufmärschen zu schaffen«.

Die erste Aktion von »BlockaDo« findet diesen Sonntag in Dortmund statt. Auf einer Konferenz soll ein Austausch zwischen den Akteuren hergestellt werden. Es gibt Workshops, Vorträge und ein Blockadetraining (siehe Spalte).

Wie ernst es die Mitglieder des neuen Bündnisses meinen, wird sich am 1. Mai zeigen. An diesem Tag plant die Partei »Die Rechte« erneut einen Aufmarsch in Dortmund. Dabei werden Erinnerungen an 2009 wach. Damals attackierten in der Stadt bis zu 400 Neonazis eine Mai-Demonstration des DGB. Zwar wehrten engagierte Kollegen den Angriff ab, mehrere Personen wurden jedoch verletzt.

Auf der Konferenz am Sonntag soll auch darüber debattiert werden, was in diesem Jahr am 1. Mai gegen Neonazis getan werden muß. Die grundsätzliche Ausrichtung ist jedoch bereits von den Beteiligten in einem Aktionskonsens festgehalten worden. Darin heißt es: »Wir sind entschlossen, Naziaufmärsche mit Blockaden zu verhindern. Unsere Blockaden sind Menschenblockaden, bei denen alle mitmachen können.« Die Formulierungen orientieren sich an Konzepten, die zum Beispiel gegen Neonazis in Dresden erfolgreich erprobt worden sind.

Die Ruhrgebietsmetropole gilt als Hochburg der extremen Rechten in Nordrhein-Westfalen. Insbesondere die Kameradschaften sind bundesweit bekannt. Zwar war im Jahr 2012 der »Nationale Widerstand Dortmund« vom Innenminister verboten worden, die Nazis in der Ruhemetropole haben sich jedoch weitgehend in der Partei »Die Rechte« wiedergefunden.

Bei früheren Unstimmigkeiten zwischen den antifaschistischen Kräften in Dortmund ging es um Aktionsformen und um politische Fragen. Für einige Gruppen aus dem autonomen Spektrum waren Sitzblockaden zu passiv, während bürgerliche Antifaschististen diese Form des zivilen Ungehorsams für zu offensiv hielten. In dieser Frage ist der ausgehandelte Aktionskonsens eindeutig.

Inhaltlich war die Thematik Krieg und Frieden wiederholt Ausgangspunkt für Streitigkeiten. Einige Antifagruppen in Dortmund orientierten sich an »antideutschen« Positionen und lehnten eine Zusammenarbeit mit der Friedensbewegung ab. Mehrfach war »Dortmund stellt sich quer« wegen konsequenter Antikriegspositionen angefeindet worden und auch, weil sich das Bündnis mit der Friedensbewegung in Palästina und in Israel solidarisiert. In solchen Fragen werde es »sicherlich weiterhin Unterschiede geben«, wie Bündnissprecher Förster gegenüber junge Welt erklärte (siehe Interview).

http://www.jungewelt.de/2014/04-05/021.php

junge Welt vom 05.04.2014

»Unterschiede bleiben«

Zusammenarbeit bei Protesten gegen Neonazis in Dortmund. Beim Thema Sozialabbau und der Friedensfrage geht man weiter getrennte Wege. Ein Gespräch mit Sebastian Förster

Interview: Florian Osuch

Sebastian Förster ist aktiv im Bündnis »Dortmund stellt sich quer«

In Dortmund wurde mit »BlockaDo« ein Bündnis aus »Dortmund nazifrei«, »Dortmund stellt sich quer« und autonome Antifaschisten gegründet. Unterstützung kommt von Gewerkschaftern und Parteien. Gibt es bei solch einem breiten Zusammenschluß keine Schwierigkeiten?

Es gibt weiterhin deutliche politische Unterschiede zwischen Autonomen, Linken und SPD-Mitgliedern. Die Grundlage für die gemeinsame Arbeit bei »BlockaDO« wurde in einem Aktionskonsens fixiert. Darin spricht sich das Bündnis für Blockaden und gemeinsamen zivilen Ungehorsam aus. Auf anderem Gebiet arbeitetet jeder weiter wie bisher auch.

In der Vergangenheit gab es unter Nazigegnern in Dortmund Streit bezüglich der Legitimität von Blockaden. Wurde dieser beigelegt?

Bei einer Konferenz im Jahr 2011 hatten Vertreter von »Dortmund Nazifrei« Bedenken wegen Aktionen des zivilen Ungehorsams. Teilweise bestehen diese fort. Einige bürgerliche Antifaschisten meinen, das Unterhaken bei einer Sitzblockade gehe zu weit. Hier bleibt die weitere Entwicklung abzuwarten. Einerseits wollen wir niemandem eine Aktionsform aufdrängen, andererseits bleibt es das Ziel, Naziaufmärsche zu blockieren. Das gelingt nicht, wenn man spurt, nur weil die Polizei mal meckert.

Was ist mit den politischen Differenzen? Sind die Dinge dort in Bewegung gekommen?

Unser Bündnis hat sich seit der Gründung 2009 nicht nur auf Aktionen gegen Nazis beschränkt. Uns ist die Verbindung mit linken, insbesondere antimilitaristischen Positionen wichtig. In Dortmund sind Nazis immer wieder an linken Feier- oder Gedenktagen aufmarschiert, so am 1. September – dem Weltfriedenstag – und auch am 1. Mai. Die Nazis versuchen, an den Ängsten vieler von Sozialabbau betroffener Menschen anzusetzen, die Leute mit pseudosozialen Inhalten zu ködern und sie so für ihre rassistische Hetze zu gewinnen.

Für uns sind die Themen Krieg und Frieden und auch die soziale Frage eng verknüpft mit unserem antifaschistischen Verständnis. Bei bürgerlichen Antifaschisten von SPD und Grünen stieß dies teilweise auf Ablehnung. Unter dem Dach von »BlockaDo« wird es dazu auch erst einmal nicht zu einer Einigung kommen. Das ist ein Grund, weshalb »Dortmund stellt sich quer« auch weiter eigenständig aktiv bleibt.

Ihr Bündnis wurde angefeindet, weil Sie sich mit der Friedensbewegung in Israel und Palästina solidarisieren. Was ist daraus geworden?

In Dortmund gab es in den letzten Jahren teils heftigen Streit mit dem teilweise »antideutsch« geprägten autonomen Spektrum. Hier ist nun eine eine Öffnung hin zu gemeinsamen Blockadeaktionen wahrzunehmen. Die Frage der Friedensbewegungen im Nahen Osten spielte eine Rolle – hier wird es sicherlich weiterhin Unterschiede geben.

Das heißt, Sie schließen sich mit Antideutschen zusammen, die noch vor wenigen Jahren die Friedensbewegung als »nationalpazifistisch« verunglimpft haben?

Wir streben ein Bündnis an, bei dem der entschlossene Protest gegen Naziaufmärsche im Zentrum steht. Wir teilen bei weitem nicht alle Positionen unserer Partner, das müssen wir aber auch gar nicht. Soll eine Blockade erfolgreich sein, ist es im Zweifelsfall nicht entscheidend, ob die Person neben dir bei der SPD, den Grünen, der Antifa oder gar nicht organisiert ist. Es gibt keinen Gesinnungscheck. Willkommen sind alle Antifaschisten.

Mit dem Bündnis »BlockaDo« wollen wir uns weder an der Hartz-IV-Politik oder dem Menschrechtsimperialismus von SPD und Grünen abarbeiten noch an »antideutschen« Positionen, die in Dortmund obendrein an Bedeutung verloren haben.

Wir machen statt dessen lieber eigene Aktionen und fahren zum Beispiel zu den Blockupy-Protesten nach Frankfurt am Main oder kritisieren die rassistische Abschiebepraxis von SPD und Grünen in Nordrhein-Westfalen. Im Bereich Internationalismus stehen wir auf der Seite der Menschen, die in Israel, Palästina, in Kurdistan oder anderswo gegen Diskriminierung, Besatzung, Imperialismus und Krieg kämpfen. Daran ändert auch das neue Bündnis nichts.

http://www.jungewelt.de/2014/04-05/023.php