18.03.2014 Wer das Völkerrecht bricht, darf sich nicht wundern, wenn andere dasselbe tun: Was beim Kosovo Recht war, soll bei der Krim Unrecht sein? Friedensbewegung gegen Sanktionen In einer Pressemitteilung vom 17. März 2014
weist der Bundesausschuss Friedensratschlag die Empörung des
Westens über das "illegale" Referendum auf der Krim zurück.
Die Empörung ist nicht glaubhaft und fällt auf die
Empörten zurück, erklärte ein Sprecher der
Friedensbewegung. "Eine Beruhigung der Lage am Schwarzen Meer wird es
nur geben, wenn der Westen die Sicherheitsinteressen Russlands
anerkennt, auf die militärische Eingliederung der Ukraine in NATO
und EU verzichtet und von der Übergangsregierung in Kiew eine
klare Distanzierung von den rechtsradikalen und faschistischen
Elementen verlangt." So der Bundesausschuss Friedensratschlag, dem auch
Vertreter der VVN-BdA angehören, am Montag nach bekannt werden der
Abstimmungsergebnisse auf der Krim und der Ankündigung der EU, die
Ukraine in dem Westen zuzuschlagen. In ähnlich
lautenden Erklärungen weisen Bundesregierung, EU und NATO das
gestrige Referendum auf der ukrainischen Halbinsel Krim zurück. Es
hatte das erwartete Abstimmungsergebnis gebracht: Die überwiegende
Mehrheit der Bewohner der Krim wollen nicht mehr der Ukraine
angehören und wünschen eine Aufnahme in die Russische
Föderation. Das Referendum verstoße sowohl gegen die
geltende ukrainische Verfassung und gegen das Völkerrecht, betont
die Bundesregierung. Genauso ist es. Das gibt der Bundesregierung aber
noch längst nicht das Recht, moralisch entrüstet zu sein und
mit verschärften Sanktionen gegen Russland zu drohen. Für
völkerrechtswidrige Interventionen sind seit Jahr und Tag NATO und
die Bundesregierung zuständig. Der NATO-Krieg gegen Jugoslawien
1999, der sich in diesen Tagen zum 15. Mal jährt, war eine vom
Völkerrecht untersagte Aggression. Diese endlich auch als solche
benannt zu haben, ist das leider sehr späte Verdienst von
Altkanzler Schröder. Völkerrechtswidrig war auch die
einseitige Unabhängigkeitserklärung der serbischen Provinz
Kosovo im Frühjahr 2008: Sie widersprach der zweifelsfreien
Zugehörigkeit des Kosovo zu Serbien (was nach dem NATO-Krieg in
der Resolution 1244 [1999] des UN-Sicherheitsrats ausdrücklich
bestätigt worden war) und setzte sich über die Verfassung des
serbischen Staates hinweg. Dennoch hatte die Bundesregierung nichts
Eiligeres zu tun, als den illegal entstandenen "Staat" Kosovo
diplomatisch anzuerkennen. In einer Erklärung der Bundesregierung zur Abspaltung des Kosovo vom 20. Februar 2008 hieß es freudig: "Das
Bundeskabinett hat heute der völkerrechtlichen Anerkennung der
Republik Kosovo sowie der Aufnahme diplomatischer Beziehungen
zugestimmt. Die förmliche Anerkennung sowie die Erklärung der
Bereitschaft zur Aufnahme diplomatischer Beziehungen erfolgen durch ein
Schreiben des Bundespräsidenten an den kosovarischen
Präsidenten." (...) "Die Bundesregierung ist zusammen mit einer
Vielzahl von Partnern in der EU, aber auch darüber hinaus der
Überzeugung, dass eine rasche Anerkennung der Republik Kosovo
durch eine möglichst große Anzahl von Staaten geeignet ist,
dauerhafte Stabilität für die gesamte Region zu fördern." Die
Unabhängigkeitserklärung der Krim heute ist verfassungs- und
völkerrechtlich nicht anders einzustufen als die Abspaltung des
Kosovo. Die Reaktion in Berlin fällt allerdings ganz anders aus: "'Dieses
Referendum widerspricht der Verfassung der Ukraine, und es widerspricht
internationalem Recht', sagte Seibert. 'Es ist aus unserer Sicht
illegal.' Deutschland verurteile die Abhaltung dieser
unrechtmäßigen Abstimmung. 'Wir und unsere europäischen
Partner bestreiten nicht nur die Rechtmäßigkeit dieser
Abstimmung; wir werden auch ihr Ergebnis nicht anerkennen', fuhr
Seibert fort." Die alten Lateiner würden dazu sagen: Quod licet Jovi non licet bovo - Was der Westen darf, darf Russland noch lange nicht. Die Friedensbewegung
tut gut daran, im Konflikt um die Ukraine nach den Ursachen und den
Nutznießern zu fragen. Die Ukraine war schon lange im Visier von
NATO und EU. Das EU-Assoziierungsabkommen sollte das Land dem
russischen Einflussbereich entziehen und vollständig den
neoliberalen Marktbedingungen des Westens unterwerfen - mit all den
(un)sozialen Folgen, die wir heute in Ländern wir Bulgarien,
Rumänien oder Griechenland beobachten. Der Westen fragt da auch
nicht, welche Kräfte in Kiew politisch das Sagen haben, über
welchen Einfluss rechtsextreme und faschistische Organisationen auf die
Regierung und den Staatsapparat sowie auf Polizei und Armee
verfügen. Der Friedensratschlag
bleibt dabei: Die russlandfeindlichen Provokationen in der Ukraine
wurden vom Westen aktiv unterstützt und mitgetragen. Der Westen
wollte die Ukraine ganz - und regt sich nun darüber auf, dass die
Krim nicht mitspielt. Sanktionen gegen Russland sind fehl am Platz.
(Hat man je gehört, dass Russland auf die Abspaltung des Kosovo
mit Sanktionen gegen den Westen gedroht hätte?) Eine Beruhigung
der Lage am Schwarzen Meer wird es nur geben, wenn der Westen die
Sicherheitsinteressen Russlands anerkennt, auf die militärische
Eingliederung der Ukraine in NATO und EU verzichtet und von der
Übergangsregierung in Kiew eine klare Distanzierung von den
rechtsradikalen und faschistischen Elementen verlangt. +++ Obige
Pressemitteilung zur Anregung. Verbunden damit noch einmal der
Hinweis auf die umfangreiche Stellungnahme von letzter Woche, die immer
noch aktuell bleibt ("Verhandeln ist besser als Schießen"): http://www.ag-friedensforschung.de/regionen/Ukraine1/baf.pdf |