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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

25.02.2014

Referate und Berichte von der Landeskonferenz der VVN-BdA NRW

Hier die Reden von Jürgen Schuh, Jochen Vogler, Margret Rest, Christa Bröcher, Ulrich Sander, Inge Krämer und Klaus Stein, gahalten auf der Landesdelegiertenkonferenz der VVN-BdA NRW.

Einleitunsrede von Jürgen Schuh, scheidender ehrenamtlicher Landesgeschäftsführer der VVN-BdA NRW

Liebe Kameradinnen und Kameraden,
liebe Freundinnen und Freunde,
werte Gäste!

Wir eröffnen die Landesdelegiertenkonferenz der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten, Landesvereinigung Nordrhein-Westfalen.

Wir haben heute als Delegierte darüber zu entscheiden, wie die VVN-BdA als älteste und einzige aktive Organisation der WiderstandskämpferInnen gegen den Faschismus ihren Platz in den demokratischen Bewegungen unseres Landes auch morgen rechtfertigen kann. Wir brauchen eine Struktur, die jungen Menschen eine Mitarbeit in der VVN-BdA als sinnvoll erkennen lässt. Einer völlig neuen wider-ständigen, einer demokratischen, einer antifaschistische Generation, die jetzt mit den Repressionsorganen des Staates ihre Erfahrungen macht, die Ansprechpartner braucht.

Zu Beginn muss ich einer traurigen Aufgabe gerecht werden. Wir müssen uns von einer Reihe von Mitstreiterinnen verabschieden, die in jahrzehntelangem Einsatz das Gesicht unserer Organisation maßgeblich geprägt haben. Heute morgen findet die Trauerfeier für unsere Kameradin Rosemarie Stiffel statt, die mit ihrem Mann Karl die „Initiative zur Rehabilitierung der Opfer des Kalten Krieges“ betrieben hat.

Wir gedenken (stellvertretend für viele Ungenannte) der Kameradinnen und Kameraden ………………… . die uns im Berichtszeitraum verlassen haben. Wir verabschieden uns von ihnen mit den verpflichtenden Zeilen Erich Mühsams:

„Wollt ihr denen gutes tun,
die der Tod getroffen,
Menschen, lasst die Toten ruh’n
und erfüllt ihr Hoffen!“

Ich bitte darum, Euch zu ihren Ehren zu einem stillen Gedenken zu erheben.

Ich danke Euch.

Unser scheidender Landesgeschäftsführer Jürgen Schuh (Foto: Jochen Vogler, r-mediabase.eu)Liebe Kameradinnen und Kameraden,

dass ich heute mit Henny Dreifuß, die am 6. April ihren 90. Geburtstag feiert, eine Kämpferin der französischen Resistancé, und damit eine der ältesten unter uns begrüßen darf, ist mir eine besondere Freude.

Ich möchte aber mit ihrer Begrüßung auch eine existentielle Frage unserer Organisation ansprechen.

Vor 68 Jahren – am 26. Oktober 1946 – gründeten 500 Delegierte hier in Düsseldorf im „Neuen Theater“ die nordrhein-westfälische Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – die VVN.

Der Ministerpräsident des Landes NRW, Dr. Rudolf Amelunxen führte am Ende seiner Begrüßung aus:

“Unduldsamkeit; Verhetzung und Hass haben Völker und Staaten vernichtet. In der Ausübung der Toleranz darf und muss nur eine einzige Ausnahme gemacht werden, nämlich die, dass es keine Freiheit gibt für die Mörder der Freiheit. Wir kennen diese und werden alles tun, um sie nicht noch einmal zum Zuge kommen zu lassen.“

Bundespräsident Gauck behauptete in seiner Bundestagsrede vom 23.3.2012:

„Nachwirkungen nationalsozialistischer Gedanken wurden keine gestaltende Kraft“.

Die Realität der Nachkriegsentwicklung war leider eine ganz andere.  In unserer Ausstellung „Neofaschismus in der BRD“ mussten wir sagen:

„Viele ehemalige Nazis und Mitläufer haben nach 1945 in Westdeutschland die Möglichkeit gehabt, wichtige Positionen in Staat und Gesellschaft wieder zu besetzen. Ein konsequenter Bruch mit den Inhalten und Werten des NS-Regimes wurde trotz des demokratischen Gegenentwurfs ‚Grundgesetz’ versäumt“.

Diese bitteren Tatsachen beim Namen zu nennen, hatte für die VVN böse Folgen.

Die Veröffentlichung der Tatsachen, dass Hans Globke, NSDAP-Mitglied und Kommentator der Nürnberger Rassegesetze (unter Adenauer 1. Staatssekretär) und Theodor Oberländer, Wehrmachtsverbrecher und Obersturmbannführer der SA (Staatssekretär und Bundesminister in Adenauers Kabinett), führten zum zeitweiligen Verbot der VVN-Zeitung „Die Tat“ und zum Verbotsantrag gegen die VVN durch die Bundesregierung 1959. Der Prozess beim Bundesverwaltungsgericht platzte, als die VVN bei der Eröffnung die Nazivergangenheit des Vorsitzenden Richters öffentlich machte.

Wir stehen – was die aktuelle Politik angeht – vor großen Herausforderungen:

  • Die Verbreitung faschistischen Gedankengutes, Rassismus, Nationalismus, Militarismus hat längst in der Mitte unserer Gesellschaft Platz gefunden.
  • Rassistische, faschistische Parteien haben derweilen in allen Ländern der EU Sitz und Stimme.
  • In der Ukraine haben unter den „Freiheitskämpfern“ Neofaschisten ihren warmen Platz.
  • In Griechenland, in Polen, in Ungarn, Bulgarien, Rumänien usw. kochen offen faschistische Parteien auf dem Flämmchen der sozialen Verelendung ihrer Bevölkerung ihr Süppchen.
  • Unter den Augen (oder mit personeller und finanzielller Unterstützung) zahlreicher Geheimdienste konnte der „Nationalsozialistische Untergrund“ zehn Jahre lang ungestört sein mörderisches Unwesen treiben.
  • Der Versuch, die NPD zu verbieten, wurde durch das Wirken von Verfassungsschutz-Agenten verhindert.

Dem Kölner Kabarettisten Jürgen Becker ist nur beizupflichten, wenn er bei der Demonstration vor der Bundeszentrale des Verfassungsschutzes im November 2012 erklärte: „Der Verfassungsschutz sollte die Verfassung vor den Rechtsextremen schützen. Aber es ist genau umgekehrt: Der Verfassungsschutz schützt die Rechtsextremen vor der Verfassung. Und deshalb: Weg damit!“

Der unselige Beschluß der Unvereinbarkeit von Mitgliedschaft in SPD und VVN-BdA von 1958 ist endlich gekippt. Der „Extremismusbeschluß“ der Praktikantin im Ministersessel Kristina Schröder ist gefallen. Nach langjährigen Bemühungen findet die VVN-BdA im Verfassungsschutzbericht von NRW keine Erwähnung mehr.

Die berührende Verabschiedung unseres scheidenden Landesgeschäftsführers Jürgen Schuh (Foto: Jochen Vogler, r-mediabase.eu)Aber die ideologische Offensive läuft weiter. Zwei Beispiele:

  • Die Hetzbroschüre ANDI 3 – ein Produkt des Verfassungsschutzes – von der Landesregierung mit einem Vorwort von Innenminister Jäger versehen, wird  in Massenauflage an unseren Schulen vertrieben. Darin wird behauptet, dass mit dem Slogan: „Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen!“ die „Linksextremisten“ ihrem politischen Gegner alle demokratischen Rechte absprächen.
  • Ein besonders übles Machwerk stammt aus der Küche des Baden-Württembergischen Verfassungsschutzes. Die Lohnschreiberin Bettina Blanck schreibt:
    “Das ‚Erbe des antifaschistischen Widerstandes’ konkretisiert sich für die VVN-BdA im ‚Schwur von Buchenwald’, auf den sie sich ebenfalls in ihrer Satzung, aber auch bei vielen anderen Gelegenheiten – unter der Losung ‚Nie wieder Faschismus – nie wieder Krieg’ immer wieder beruft. Für die damals Beteiligten nicht unbedingt erkennbar, war der am 19. April 1945 auf dem Appellplatz des Konzentrationslagers Buchenwald abgelegte Schwur eine Inszenierung des kommunistisch dominierten ‚Internationalen Lagerkomitees’. Die VVN-BdA stellt sich damit in die Tradition des kommunistischen Widerstandes.“

Es ist peinlich für den Verfassungsschutz, dass seriöse Verlage wie K.G.Saur mit dem anerkannten Standardwerk „Widerstand als Hochverrrat“ vermerken: „Politisch motivierter Widerstand war…zu 75 Prozent kommunistischer, zu 10 Prozent sozialdemokratischer und nur zu 3 Prozent christlich-bürgerlicher Widerstand.“

1946 erreichten CDU und FDP mit 75 Prozent Faschisten in ihren Führungsetagen ähnliche Werte wie die KPD im Widerstand.

Kommen wir nun zur Konstituierung unserer Konferenz. Die Unterlagen sind Euch frühzeitig zugegangen. Als Tagungsleitung schlagen wir Euch vor:

Ulrike Düwel
Falk Mikosch
Jochen Vogler

Gibt es Einwände? Weitere Vorschläge?

Das ist nicht der Fall.

Ich übergebe jetzt an die Konferenzleitung.

Danke!

*

Mündlicher Bericht von Jochen Vogler, Landessprecher

Ich beginne mit einem Zitat:

Das Gedächtnis der Menschheit für erduldete Leiden ist erstaunlich kurz. Ihre Vorstellungsgabe für kommende Leiden ist fast noch geringer. (...)
Der Regen von gestern macht uns nicht naß, sagen viele.
Diese Abgestumpftheit ist es, die wir zu bekämpfen haben, ihr äußerster Grad ist der Tod.
Allzu viele kommen uns schon heute vor wie Tote, wie Leute, die schon hinter sich haben, was sie vor sich haben, so wenig tun  sie dagegen.
Und doch wird nichts mich davon überzeugen, daß es aussichtslos ist, der Vernunft gegen ihre Feinde beizustehen.
Laßt uns das tausendmal Gesagte immer wieder sagen, damit es nicht einmal zu wenig gesagt wurde!
Laßt uns die Warnungen erneuern, und wenn sie schon wie Asche in unserem Mund sind.
Denn der Menschheit drohen Kriege, gegen welche die vergangenen wie armselige Versuche sind, und sie werden kommen ohne jeden Zweifel, wenn denen, die sie in aller Öffentlichkeit vorbereiten, nicht die Hände zerschlagen werden.

Bertolt Brecht – Rede für den Frieden – 1952

Dieses Zitat kam mir in den Sinn, als ich über das Motto unserer Konferenz nachdachte.

Demokratie verwirklichen! Frieden schaffen! Für einen starken antifaschistischen Bund – Nazis, Militaristen und Rassisten stoppen.

Das Motto unserer Konferenz vor drei Jahren lautete: Schafft Demokratie und Frieden! Stoppt Rechtsentwicklung, Krieg und Krisenlasten!

Die 30. landesweite Konferenz antifaschistischer Initiativen und Organisationen NRW am 28. Januar 2012 zu deren Zustandekommen wir maßgeblich mitgewirkt hatten stand unter dem Motto:

Demokratie verwirklichen! Frieden schaffen!

Demokratie und Frieden bestimmte und bestimmt das Wirken unserer Landesvereinigung und der Kreisvereinigungen.

Diese Ziele sind im Schwur von Buchenwald verankert, der seit Bestehen unserer Vereinigung Leitmotiv unseres Wirkens ist.

Und fast 70 Jahre nach Kriegsende – nach der Befreiung von Krieg und Faschismus sind wir von der Einlösung dieses Schwurs nach wie vor weit entfernt.

Die vergangenen 3 Jahre boten zahlreiche Herausforderungen für uns.

Zum ende des Jahres 2011 wurde bekannt, daß ein sogenannter nationaler sozialistischer Untergrund  für eine furchtbare Mordserie in einem Zeitraum von 10 Jahren verantwortlich ist.

Unglaublich sind die fortwährenden Berichte über die Verwicklung der verschiedenen Ämter des Verfassungsschutzes in diese Verbrechen, deren Anstrengungen Beweismaterial zu vernichten und Aufklärung zu be- und zu verhindern.

Auch in unserem Bundesland sind Opfer dieser Mordserie zu beklagen.

Ein Untersuchungsausschuß des Landtags dazu wurde bisher aber nicht eingerichtet.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat seinen Sitz in unserem  Bundesland Sitz in Köln Chorweiler...

Der Leitantrag befaßt sich ausführlich mit dieser Thematik.

Egal wie sich die verschiedenen Gruppierungen dieser Nazi-Verbrecher jeweils benennen – Verbindungen zur NPD lassen sich immer wieder nachweisen.

Unsere Kampagne nonpd wurde nach Abschluß der Unterschriftenkampagne fortgesetzt mit der Sammlung von 5000 Argumenten für ein NPD-Verbot. Dazu veröffentlichte der Bundesverband ein Buch mit den gesammelten Argumenten.

Alle Fraktionen des Landtages erhielten von uns dieses Buch als Anregung, das NPD-Verbot endlich in die Wege zu leiten.

Wir können mit Befriedigung zur Kenntnis nehmen, daß endlich vom Bundesrat ein solcher Antrag beim Bundesverfassungsgericht gestellt wurde und unsere Kampagne war sicher ein bedeutender Beitrag zu dieser politischen Entscheidung.

Das mögliche Verbot der NPD ersetzt nicht die weitere Auseinandersetzung mit den Nachwuchs-Nazis. Aber Bedingungen der Auseinandersetzungen werden dadurch hoffentlich erleichtert.

Die fast jedes Wochenende  stattfindenden unerträglichen Aufmärsche der Nazis, die fast regelmäßig mit robustem Polizeieinsatz durchgesetzt werden, können dann sicher nicht mehr als (leider) zu duldende Meinungsfreiheit legitimiert werden.

Das NPD-Verbot ist notwendig; die zahlreich publizierten Zweifel an der Sinnhaftigkeit des Verbotsantrags sollten uns nicht irritieren und vielleicht unsererseits die Debatte in den Medien mit unseren Argumenten noch mit beeinflussen.

Wie schon erwähnt: Protest und Blockadeaktionen gegen Naziaufmärsche forderten uns an vielen Wochenenden heraus.

Dabei sind schon im Vorfeld wochenlang in oftmals mühsamen Bündnisgesprächen Vorbereitungen erforderlich, um letztlich die Nazis nicht durchkommen zu lassen.

Dortmund – Duisburg – Stolberg – Wuppertal –  da gehören die Bündnisgespräche gegen Naziaufmärsche schon zum festen Jahresprogramm.

Keine Nazis in die Parlamente, das war und bleibt unsere Losung mit denen wir uns zu den Wahlen verhalten. In der Periode 2011 bis 2014 war bei 2 Landtagswahlen und der Bundestagswahl dazu Gelegenheit. Zudem auch noch zu den Kommunalwahlen.

Zum Bundestag und zum Landtag hatten die Nazis keine Chance. Allerdings war nicht zu verhindern, daß Nazis Mandate in Stadträten und Bezirksvertretungen erreichen konnten.

Parlamentsvertretung bedeutet auch den Anspruch auf finanzielle Aufwandentschädigung, also legale staatliche Finanzierung der diversen Nazi-Parteien. Das muß ein Ende haben. Das NPD-Verbot ist überfällig!

Frieden schaffen! Das bedeutet für uns, Aufklärung zu schaffen über bedrohliche Entwicklungen zu Aufrüstung und Kriegseinsätzen. Die Bundeswehr ist weltweit im Kriegseinsatz.  Dieses Land  ist weltweit drittstärkster Waffenexporteur. Die Bundeswehr soll sich beteiligen am Drohnenkrieg – das steht auf der Wunschliste des Ministeriums, das sich Verteidigungsministerium nennt. Ohne eigene personelle Verluste wird Kriegsführung dann ein Job in Heimarbeit am Computer.

Diese Entwicklung wird in der Gesellschaft bisher nur randständig zur Kenntnis genommen. Notwendig ist eine stärkere öffentliche Empörung dazu. Der Kampf gegen die Abgestumpftheit, wie Brecht formulierte.  Das schaffen wir nicht allein. Wir sind bedeutsam mit beteiligt in den verschiedenen Friedensbündnissen. Der Ostermarsch, die Aktionen in Kalkar sind Anlässe, öffentliche  Aufmerksamkeit zu schaffen. Aber: Die öffentliche Beachtung der Aktionen schafft es selten auch zu einer inhaltlichen Beachtung der Themen, auf die es uns ankommt.

Deshalb ist es unabdingbar, über eigene Medien die inhaltlichen Fragen zu stellen und Antworten und Forderungen in die Öffentlichkeit zu bringen. In vielen Kreisvereinigungen gibt es deshalb eigene antifa-info-Blätter, über die website der Bundesvereinigung ist es möglich, mit einfachen Mitteln auch für die Kreisvereinigungen eine website zu betreiben, die website unserer Landesvereinigung wird vom Jan Grosse Nobis seit 2002 immer ganz aktuell gepflegt. Es ist damit inzwischen ein sehr wertvolles online-Archiv über die Arbeit und zu zahlreichen Themen entstanden.

Noch ausbaufähig ist die Zusammenarbeit mit dem online-Fotoportal R-mediabase.

Dort sind schon zahlreiche Fotodokumentationen von Veranstaltungen und Aktionen der VVN/BdA erschienen, eine besondere Zusammenarbeit ergibt sich zu der Fotodokumentation zu Aktionen und Hinweisen zu den Verbrechen der Wirtschaft 1933 – 1945.

Ein erfreuliches Ergebnis der letzten Landesdelegiertenkonferenz 2011 waren die sehr konkreten Angebote verschiedener Organisationen zur Zusammenarbeit.

Wir können feststellen, daß diese Angebote auch konkrete Umsetzung zur Folge hatten.

Die Landeskonferenz antifaschistischer Initiativen und Organisationen in NRW im Jahre 2012 konnten wir gemeinsam mit 10 Organisationen vorbereiten und gestalten.

Es fanden in Zusammenarbeit mit der Marx-Engels-Stiftung 3 Konferenzen statt.

Die Landesschülervertretung fragte unsere Mitwirkung bei ihren Aktionen an.

In der offiziellen Gedenkkultur -vor allem bei der Neugestaltung von Gedenkstätten- ist eine Tendenz festzustellen, daß die Darstellung für die Verbrechen des Faschismus weitgehend reduziert wird auf den Holocaust und auf die alleinige Verantwortung von Hitler und seiner Clique.

Jürgen Schuh eröffnet die Konferenz (Foto: Jan Große Nobis, r-mediabase.eu)Der Widerstand ist zumeist nur eine Randerscheinung. Zudem wird im Sinne der Totalitarismustheorie die DDR dabei im gleichen Atemzug genannt.

Es bleibt unser Auftrag, immer wieder unsere Erfahrungen und unsere Kenntnisse – unsere lebendigen Erfahrungen und Kenntnisse deutlich einzubringen und eine Gleichsetzung von DDR und Faschismus nicht zu zu lassen.

Dies gilt selbstverständlich auch zur Abwehr der immer wieder vorgebrachten unsäglichen Gleichsetzung von links und rechts als zwei Enden des Extremismus.

Die extremistische Plattform unseres Handelns ist das Grundgesetz!

Drei wichtige Arbeitsgruppen hat unsere Landesvereinigung in diesem Sinne ins Leben rufen können. Sie schildern anschließend noch kurz ihre Aktivitäten:

  • die Archivarbeit
  • die Kinder des Widerstands
  • die Verbrechen der Wirtschaft von 1933 bis 1945.

Die Arbeit unserer Landesvereinigung besteht nicht für sich allein – sie lebt auch und vor allem durch die zahlreichen Aktivitäten der Kreisvereinigungen . Und das sind zum Teil sehr beachtliche Aktivitäten.

Nur einige Beispiele:

Die VVN-BdA Siegen schaffte es schließlich nach zahlreichen Aktivitäten und Auseinandersetzungen mit der Lokalpolitik, daß nach dem siegener kommunistischen Antifaschisten, dem Arzt von Buchenwald, Walter Krämer, ein Platz benannt wurde.

An mehreren Orten, schließlich auch in Düsseldorf, konnte die Kreisvereinigung Düsseldorf eine Ausstellung mit Bildern des Künstlerehepaares Hanns und Lya Kralik zeigen. Hanns Kralik war einer der Moorsoldaten im KZ Börgermoor.

Zahlreiche Kreisvereinigungen zeigten unsere Neofa-Ausstellung in Verbindung mit verschiedenen Veranstaltungen.

Es sind die vielen beharrlichen Aktivitäten der Kreisvereinigungen zu Gedenktagen, die Zusammenarbeit in Bündnissen, in Auseinandersetzungen mit der Lokalpolitik, die gegen das Vergessen wirken.

Wir freuen uns, daß es uns gelungen ist, die Verbindung zwischen Landevereinigung und Kreisvereinigungen in der letzten Zeit zu stärken. Wichtig ist ein regelmäßiger Austausch – auch zwischen den Kreisvereinigungen. Gegenseitige Anregungen für die Arbeit vor Ort bewahren vor Ermüdung und damit vor Erlahmung der Aktivitäten.

Dies ist nötig aus zwei Gründen:

  • unsere antifaschistische Organisation, die älteste in Deutschland, wird weiter gebraucht und muß stärker werden. Bei uns ist die lebendige Erfahrung mit dem Faschismus an der Macht und faschistischen Tendenzen in diesem Land nach 1945 versammelt und
  • solange der Schwur von Buchenwald unerfüllt bleibt, ist unser antifaschistisches Engagement dringend notwendig.

Das sind wir den gemordeten Kameraden, ihren Angehörigen schuldig.

*

Revisionsbericht - Berichterstatterin Margret Rest

Unsere Kommission hat zweimal im Berichtszeitraum vom Februar 2011 bis Januar 2014 die komplette Buchhaltung des Landesausschuss geprüft. Wir möchten die Ausführungen unserer Landeskassiererin bestätigen.

Wir stellten fest: Die Kasse und die Konten wurden in übersichtlicher Form geführt, so dass die Revisoren keinerlei Mühe hatten, die Buchungsschritte nachzuvollziehen. Alle Ein- und Ausgaben sind belegbar und sind von den Gremien der VVN-BdA NRW beschlossen. Alle Ausgaben entsprachen unserem Vereinszweck.

Wir verweisen auf die Erklärung der Landessprecher an die Revisoren, die Euren Konferenzunterlagen als Anhang an den Geschäftsbericht zu finden ist.

Daraus und aus der Buchführung ging hervor, dass die Ein- und Ausgaben aus den Beitragserlösen übereinstimmten.

Die Einnahmen konnten sogar infolge besonderer Anstrengungen der Landesgeschäftsführung und der Landeskassiererin um die Gewinnung von Spenden und Nachzahlungen für ANTIFA-Abos erheblich erhöht werden.

Somit haben wir einen Überschuss von rund 12.000 Euro erzielt.

Wir möchten darauf hinweisen, dass eine stabile Finanzentwicklung vor allem durch neue Mitglieder und regelmäßige Beitragszahlungen  zu erzielen ist.  Zusätzlich sind dann immer Spenden willkommen, die aber nicht fest einplanbar sind. Verstärken wir also unsere Bemühungen um mehr Mitglieder für unsere solidarische und kämpferische Gemeinschaft.

Wir bitten, unserer Landeskassiererin Traute Sander und dem gesamten geschäftsführenden Landesausschuss Entlastung zu erteilen. Wir bedanken uns für ihre nicht immer leichte Arbeit.

*

Redebeitrag von Christa Bröcher für die Gruppe "Kinder des Widerstands"

Die Gruppe „Kinder des Widerstandes – Antifaschismus als Aufgabe“ entstand in NRW nach breiter Diskussion eines Appells von vier Töchtern von Widerstandskämpfern, unterstützt von der VVN/BdA.

Alle vier nehmen auch als Delegierte an dieser Konferenz teil.

Seitdem ist die Gruppe aktiv beteiligt an vielfältigen Veranstaltungen, an Vorträgen und Diskussionen in Schulen, bei Konferenzen und Kundgebungen.

Im Jahr 2013 erreichten wir mit unseren Aktivitäten etwa 1500 Menschen, davon etwa 1000 Jugendliche.

In dieser Gruppe arbeite ich auch mit als Tochter und Enkelin von Menschen im Widerstand gegen den Faschismus.

Es gibt nur noch wenige Überlebende des Faschismus, „echte“ Zeitzeugen, die weiter in die Schulen oder zu Jugendgruppen gehen können um dort ihre Erlebnisse, ihre Erfahrungen im Widerstand gegen den Faschismus eindrucksvoll weiterzugeben und mit den Jugendlichen zu diskutieren - so wie es viele Naziverfolgte jahrzehntelang getan haben.

Und die auch mit ihnen über die Entwicklungen in der BRD nach 1945 sprechen, über die bruchlose Übernahme von Nazikadern in Justiz, Verwaltung und Regierungsstellen, über den Kampf gegen die Remilitarisierung, über die politische Verfolgung in der Zeit des „Kalten Krieges“ und die Berufsverbote.

Wir als „Kinder des Widerstandes“ versuchen quasi in ihre Fußstapfen zu treten, über ihren Kampf zu berichten, ihr Andenken vor Verunglimpfung zu bewahren und ihre Erfahrungen für den heutigen Kampf gegen den Faschismus weiterzugeben.

Bei den Veranstaltungen interessierten die jugendlichen oder erwachsenen Teilnehmer

immer wieder drei Fragenkomplexe:

  • Warum, seit wann und wie leisteten ihre Eltern/Großeltern Widerstand gegen den Faschismus?
  • Wie hat sich der Widerstand der Eltern auf ihr eigenes Leben ausgewirkt, besonders in der Kindheit? Hat sich ihr Alltag von dem ihrer Freunde unterschieden, wenn ihre Eltern auch nach 1945 politisch aktiv waren?
  • Denken sie, dass sich der Nationalsozialismus in Deutschland wiederholen kann bzw. Was sagen sie zu den NSU Verbrechen?

Bisher wurden wir bei allen Veranstaltungen dazu ermutigt, weiter in Schulen, Jugendeinrichtungen und Vereinen über das Leben unserer Eltern und Großeltern zu berichten und über Rechtsradikalismus und Neofaschismus heute zu diskutieren.

Daher wollen wir uns in diesem Jahr an die Schulen gegen Rassismus in NRW wenden,  beim Pressefest der UZ im Juni mit einem Stand und einem Beitrag auf uns aufmerksam machen, mit der Veröffentlichung von Verfolgungsgeschichten beginnen und unsere Öffentlichkeitsarbeit u. a. auch durch Nutzung des Internets verbessern.

Vor allem fordern wir die Kreise der VVN auf, die Existenz unsrer Gruppe wahrzunehmen, unsere Möglichkeiten, viele Menschen zu erreichen, in Anspruch zu nehmen und auch für sich zu nutzen.

Weitere ausführlichere Informationen findet Ihr auf unserem hier aus liegenden Flyer und auf der Internetseite der VVN.

Wir wünschen uns mehr aktive Mitstreiter, dann könnten wir noch mehr bewirken!

*

Redebeitrag von Ulrich Sander für Geschichtskommission und das Projekt "Verbrechen der Wirtschaft 1933-1945"

Ulrich Sander bei einer der Abstimmungen (Foto: Jochen Vogler, r-mediabase.eu)Unsere Organisation ist eine antifaschistische und antimilitaristische Gemeinschaft kämpferischer und solidarischer Menschen. Sie versuchen, das Erbe der antifaschistischen Widerstandskämpferinnen und -kämpfer zu bewahren. Immer wieder müssen wir leider Lücken in unseren Reihen füllen. Wir füllen aber auch Wissenslücken in unserer Gesellschaft – und dazu zählt das, was Ignaz Bubis mal das Fehlen der Aufarbeitung der NS-Täterschaft der Unternehmer im Lande nannte. Bubis war selbst Kapitalist, und er deutete seine Initiative sicher nicht als Antikapitalismus. Auch ich betone in Lesungen aus unserem Buch „Von Arisierung bis Zwangsarbeit – Verbrechen der Wirtschaft“ immer wieder: Der Kapitalismus muß nicht zum Faschismus führen, aber bei uns ist es geschehen, und es kann wieder geschehen, daher seien wir wachsam.

Die von dem damaligen Vorsitzenden des Zentralrats der Juden entdeckte Lücke in der Geschichtsarbeit versuchen wir zu füllen. Leider sind wir derzeit die einzigen, die dies unternehmen. Dazu haben wir unser Buch herausgebracht und wir arbeiten daran, aus dem Buch eine Ausstellung zu machen. So entsteht eine Anklageschrift gegen einen Personenkreis, aus dem damals die mächtigsten Förderer und Nutznießer von Faschismus und Krieg hervorgingen.

In vielen Städten, unser Geschäftsbericht weist sie aus, haben wir Mahntafeln an Stätten erwirkt, an denen Täter aus den ökonomischen Eliten ihre Handlungen begingen. Die roten Punkte auf unserer Karte werden immer zahlreicher. Aber es gibt noch viel zu tun.

Wir haben uns mit unserer Aktion nicht viele Freunde gemacht, schrieb eine Tageszeitung über unsere Rallye.

Ja, auch manche Stadtobere sind unzufrieden mit unseren Attacken gegen Unternehmer, deren Erben ja noch da sind und die man nicht vergraulen will als Arbeitgeber und Investoren.

Einen solchen Opportunismus mißbilligen wir. Hier wird Politik mittels wirtschaftlicher Macht gemacht. Das führt zwar nicht immer in den Faschismus, aber doch weit weg von der Demokratie. Bewegungen gegen Bankenmacht und Industriellendiktat haben die Losung ausgegeben: Ihr wollt Kapitalismus ohne Demokratie, wir wollen Demokratie ohne Kapitalismus. Darüber mag man streiten, aber eins ist klar: Ohne Demokratisierung aller gesellschaftlichen Bereiche, ohne Wirtschaftsdemokratie wird es auf die Dauer keine Demokratie mehr geben.

Und ohne die Einschränkung von Rüstungskonzernen und Rüstungsexporten wird es keinen Frieden geben.

Wir haben diese Position in Aktionen bei Rheinmetall und auf dem Kampfdrohnenstandort Kalkar/Uedem deutlich gemacht. Die Expansion der Kriegswirtschaft weist gegenwärtig in die Richtung der Entwicklung und Schaffung von Kampfdrohnen auch in Deutschland. Dieser industriellen Kriegsführung unvorstellbaren Ausmaßes stellen wir uns entgegen. So wie es die KZler in dem Stollen getan haben, wo V1-Waffen der Nazis gebaut wurden. Dies waren die unbemannten Flugobjekte jener Zeit, wie die Kampfdrohnen auch heute genannt werden.

In unserem Geschäftsbericht zeigen wir auf, was im Rahmen unserer Kampagne schon alles geschehen ist. Wir bitten Euch: Macht mit! Startet in jedem Ort eine Aktion zum Thema! Bekämpft die bösen Straßennamen! Fordert Aufklärungstafeln. Fotografiert die Tatorte. Macht antifaschistische Stadtrundgänge.

So wie die Namen von Zigtausenden Opfern durch Stolpersteine bekannt gemacht sind, so sollten die Täter durch unsere Zeichen der Mahnung und Erinnerung angeklagt und öffentlich gemacht werden.

Schließlich dient unsere Aktion auch der Lösung der nie enden wollenden sozialen Aufgabe der VVN-BdA, der Entschädigung der Opfer, heute vor allem der Überlebenden der Zwangsarbeit. Es gibt noch immer viele Firmen, die sich an der Entschädigung nicht beteiligt haben und noch immer vom damaligen Sklavensystem profitieren. Auch sie klagen wir an. Wir sagen weiterhin: Entschädigt die Opfer, bestraft die Täter.

*

Erfahrungen aus unserer Arbeit, Diskussionsbeitrag von Inge Krämer aus Solingen

2013 jährte sich zum 20. Mal der Brandanschlag von jungen Nazis auf das Haus der türkischen Familie Genc in Solingen, bei dem fünf junge Frauen und Mädchen ermordet wurden.

Ein Jahr zuvor lud der Oberbürgermeister gemeinsam mit der Initiative für Toleranz und Zivilcourage, auch im Rathaus angesiedelt, Initiativen, Vereine, Kirchengemeinden, Leiter der Museen, Vertreter der Schulen und des Jugendstadtrates, Theater- und Tanztheater zu einer Besprechung ein, wie der Tag des Gedenkens gestaltet werden sollte. Wir, die VVN-BdA, waren nicht eingeladen. Das hielt uns nicht davon ab, trotzdem hinzugehen. Unserer Meinung nach sollte es nicht nur einen Tag des Gedenkens werden. Die Gegenwart in unserem Lande mit ihren rechtsextremistischen Entwicklungen erforderte eine breite Diskussion. Unser Vorschlag, möglichst viele, größere und kleinere Veranstaltungen in den einzelnen Stadtteilen, in den Gemeinden, in den Vereinen und Initiativen zu organisieren, damit möglichst ein großer Teil der Bevölkerung sich in ihrem gewohnten Umfeld mit den Themen Rassismus, Faschismus, mit den Neonazis und der NSU beschäftigen konnte, stieß sofort auf großen Widerhall und es entwickelten sich viele gute Ideen.

Unsere Kreisorganisation wurde vor große Herausforderungen gestellt. Aber wir hatten ja einige Erfahrungen. Denn durch das Konzert mit Esther Bejarano und der Microphon-Mafia wagten wir 2011 erstmals wieder mit einer großen Veranstaltung den Schritt in die Öffentlichkeit. Es gab eine starke Presseresonanz. Von den Besuchern erhielten wir viel Zuspruch. Nicht nur das Konzert war für uns ein Erfolg, unser Bekanntheitsgrad stieg. Es kamen Menschen auf uns zu, die vorher unsere Organisation noch gar nicht kannten.

So wurden wir - neben den Vorträgen und Führungen, die wir seit Jahren absolvieren - z.B. eingeladen zu einem Seminar bei Jugendlichen, die ein freiwilliges soziales Jahr ableisten, zu einem Vortrag in die offene Zeltstadt bei der kath. Jugend, zu einem Interview für einen Film, bei dem wir unsere Organisation und unsere Aktivitäten darstellen konnten und der anschließend in Solinger Schulen gezeigt wurde. Wir gaben ein Interview für die Bezirksschülerzeitung zum Thema Brandanschlag, für eine studentische Hausarbeit zum Thema Rechtsextremismus, NSU und die Verwicklung von Verfassungsschutz und Staat. Wir übernahmen Führungen bei der Ausstellung Jugend im Widerstand.

Im Rahmen der zahlreichen Vorträge, Veranstaltungen und Ausstellungen von Januar bis in den Spätherbst 2013, konnten wir an 25 Veranstaltungen und Aktionen mitwirken, die wir entweder selbst organisiert, oder Mitglieder von uns mit organisiert haben.

Herausragend war unser Konzert gegen Rechts mit der Gruppe „Quijote“ aus Dresden und die Vermittlung von Sally Perel für Lesungen an zwei Solinger Ganztagsschulen und zwei Gymnasien. Bei diesen Begegnungen mit einem außergewöhnlichen Zeitzeugen wurden mehr als 1000 Schülerinnen und Schüler erreicht. Die Organisation allein dieser beiden Veranstaltungen hat uns viel Mühe abverlangt.

Alexander Häusler, Forschungsschwerpunkt Rechtsextremismus/Neonazismus (FORENA) der Fachhochschule Düsseldorf. Thema seiner Präsentation: "Die rechtspopulistische Lücke in Deutschland". Seine Frage: "Die 'Alternative für Deutschland' - eine neue rechtspopulistische Partei?" (Foto: Jochen Vogler, r-mediabase.eu)Im Mai 2013 kam auch die Stadtspitze nicht mehr an unserer Organisation vorbei. Die Bürgermeisterin kündigte sich zu unserem Konzert an und richtete ein Grußwort an unsere Besucher. Das war ein Novum. Niemand von uns konnte sich erinnern, dass jemals ein Bürgermeister eine unserer Veranstaltungen besucht hätte. Unvergesslich bleibt auch die Ansprache des 88jährigen Sally Perel. Auch die Integrationsbeauftragte unserer Stadt besuchte unser Konzert und zeigte sich sehr beeindruckt.

Zum Jahrestag des Brandanschlages wurden wir dann als Redner zu drei Kundgebungen eingeladen. Unsere Bundesvorsitzende, Cornelia Kerth, sprach auf der Auftaktkundgebung anlässlich der Demonstration des Bündnisses und wir bei der Demonstration vom Solinger Appell. Ein besonderes Erlebnis war es, neben dem OB und Sylvia Lörmann auf der Kundgebung bei dem einmaligen Sternmarsch von 1000 Solinger Schülerinnen und Schülern für die VVN-BdA sprechen zu dürfen.

Mit diesen Auftritten konnten wir ein paar Tausend Menschen erreichen und dadurch unsere Organisation wieder mehr ins Bewusstsein der Bevölkerung bringen. Wie wichtig das ist, zeigt der Anruf eines städtischen Angestellten, der mit der Organisation der Veranstaltungen im Theater- und Konzerthaus beauftragt worden war, aber nicht wusste, was VVN-BdA überhaupt bedeutet. Ähnliche Erfahrungen machen wir auch bei Lehrern und Schülern. Deshalb ist es sehr wichtig, wo immer sich die Gelegenheit ergibt, ein paar Worte zum Entstehen und zur Bedeutung unserer Organisation zu sagen.

Diese Erfolge von 2013 sind für uns auch gleichzeitig Verpflichtung, neue Angebote zu machen, Kontakte zu pflegen und zu versuchen durch neue Mitglieder unsere Organisation zu stärken und zu verjüngen.

Ich möchte noch ein paar Worte zur Finanzierung unserer Arbeit sagen. Als wir 2011 das Konzert mit Esther Bejarano und der Microphon-Mafia vorbereiteten und unsere Vorkalkulation ganz schnell bei 3500,-- € angelangt war, bekamen wir zunächst mal kalte Füße. Dann haben wir Sponsoren gesucht. Die Gewerkschaften, den Öko-Fonds, die Stadtsparkasse, die Organisationen aus dem Bündnisbereich, aber auch Unternehmen aus Solingen. Von Unternehmer-Seite kamen, das wunderte uns nicht, die meisten Absagen. Ein bundesweit bekannter Unternehmer allerdings spendete privat 500,--€. Die Stadtsparkasse finanzierte die Werbung, Plakate und Flyer, die für uns auch kostenlos, an langen Bauzäunen, in Unterführungen und an sonstigen Stellen, die dafür freigegeben sind, geklebt worden. Die Designerin, die fast drei Tage an den Plakaten, Flyern und Eintrittskarten gearbeitet hat machte das unentgeltlich. Ein Autohaus stellte kostenlos einen Mietwagen für die Künstler für zwei Tage zur Verfügung und die Hotelübernachtung bekamen wir zum Frühstückspreis. Mit diesen Erfahrungen konnten wir beruhigt das nächste Konzert angehen. Dafür erhielten wir diesmal von der Stadt aus dem Fonds für die Veranstaltungen anlässlich des 20. Jahrestages 1000,-- €, außerdem aus Dankbarkeit für die Verlegung eines Stolpersteines von einem Verwandten des Opfers 500,--€. Der Leiter des Sicherheitsdienstes war so beeindruckt, dass er angeboten hat, bei finanziellen Problemen solche Veranstaltungen auch kostenlos zu begleiten. Diese Spendenbereitschaft hat uns gezeigt, dass man versuchen sollte auch jenseits ausgetretener Wege finanzielle Quellen zu erschließen. Dazu möchten wir auch andere Kreisorganisationen ermutigen.

Wir haben auch für dieses Jahr viel vor. Trotzdem möchten wir die Kasse der Landesorganisation mit 300,--€ stärken, die unser Kassierer bei der nächsten Abrechnung mit überweisen wird.

*

Über neue Erscheinungen der Entwicklung der Rechten. Diskussionsbeitrag von Klaus Stein (DKP)

Liebe Kameradinnen und Kameraden,

Sänger und Kabarettist Fred Ape aus Dortmund (Foto: Jochen Vogler, r-mediabase.eu)am vergangenen Dienstag haben sich 60 Personen in der Kölner Keupstraße versammelt. Die Betroffenen berichteten, dass ihnen nach dem Anschlag vom 9. Juni 2004 sieben Jahre lang Mafia-, Schwarzgeld- und Rauschgiftgeschäfte unterstellt wurden. Im Protokoll heißt es, dass diese Berichte den Anwesenden den Atem mehr nahmen als die stickige Luft in dem überfüllten Raum. Sie planen aber einige Veranstaltungen und vor allem eine gemeinsame Fahrt nach München am 31. März, wenn Zeugen im Prozess zur Keupstraße aussagen sollen.

Während der Pfingsttage, namentlich am Pfingstmontag, den 9. Juni, wird es anlässlich des 10. Jahrestages einige Veranstaltungen in Mülheim geben. Unter anderem ist von Arsch huh ein großes Konzert geplant. Der Veranstalter rechnet mit 100 000 Menschen. Das scheint nicht zu hoch gegriffen, wenn man bedenkt, dass am 9. November 2012 achtzigtausend  Menschen an der Deutzer Werft zusammenkamen. Veranstalter war Random House Audio. Diese Firma gehört zum Verlag Random House von Bertelsmann. Es mutete merkwürdig an, daß es derselbe Verlag ist, in dem Sarrazin sein Buch „Deutschland schafft sich ab“ veröffentlichte und eine Auflage von 1,5 Millionen (Stand Januar 2012) ereichte?

Am kommenden 9. Juni soll Sigmar Gabriel reden und außer Wolfgang Niedecken von BAP Udo Lindenberg und Peter Maffay singen.

Liebe Kameradinnen und Kameraden,

am 30. Juni 2005, kurz vor der damaligen Bundestagswahl, erschien in der WELT eine Anzeige. Mit einem „Hamburger Appell“ postulierten 253 neoliberale Ökonomie-Professoren: „dass eine Verbesserung der Arbeitsmarktlage nur durch niedrigere Entlohnung der ohnehin schon Geringverdienenden, also durch eine verstärkte Lohnspreizung, möglich sein wird. Eine Abfederung dieser Entwicklung ist durch verlängerte Arbeitszeiten, verminderten Urlaubsanspruch oder höhere Leistungsbereitschaft möglich.“

Initiiert hatten diese Anzeige Prof. Dr. Bernd Lucke, heute Sprecher der Alternative für Deutschland. Die Kosten trug die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft. Zu den damaligen Unterzeichnern gehören die heutigen AfD-Funktionäre Alexander Dilger (Landessprecher NRW), Jörn Kruse (Landessprecher Hamburg), Joachim Starbatty, Roland Vaubel, Dirk Meyer. Sie bilden zusammen mit Helga Luckenbach den wissenschaftlichen Beirat der Partei.

Offenkundig verknüpfen zahlreiche Fäden Funktionäre dieser Partei mit der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft. Die meisten werden sie kennen durch die Kampagne von 2006 „Du bist Deutschland“. Es handelt sich um eine Lobby-Organisation der Metall- und Elektroindustrie. Alleingesellschafter der INSM GmbH ist das Institut der deutschen Wirtschaft.

Konrad Adam, weiterer Sprecher der AfD, sagt: „Nicht ‚Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit’ hieß die Parole in den Verfassungstexten, die während der französischen Revolution in kurzem Abstand aufeinander folgten, sondern ‚Freiheit, Gleichheit, Eigentum und Sicherheit’. Der Grund ist klar: Nur der Besitz schien eine Garantie dafür zu bieten, dass man vom Wahlrecht verantwortlich Gebrauch machte.“

Der eben erwähnte Roland Vaubel sagt: „[man kann] die Leistungseliten aber auch dadurch schützen, dass man ein Zwei-Kammer-System einführt und diejenigen, die die Hauptlast der (direkten) Besteuerung tragen, eine der beiden Kammern wählen lässt. Bei allen Finanzierungs- und Ausgabenentscheidungen müssen dann beide Kammern zustimmen, wird ein Konsens von Arm und Reich erforderlich.“

Von Alexander Gauland, einer der drei stellvertretenden Sprecher der AfD, hören wir: „Die Deutschen haben ein gestörtes Verhältnis zur militärischen Gewalt. Sie betrachten sie nicht als die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln im Sinne von Clausewitz, sondern als das schlechthin Böse und Falsche, als ein Mittel, aus dem nie und unter keinen Umständen Brauchbares entstehen könne.“ Und etwas weiter: „...das syrische Dilemma des Westens führt wieder eindrücklich vor Augen, wie gering das Verständnis für Gewaltanwendung in diesem Lande ist.“

Ich komme wieder auf die Gewaltanwendung in diesem Lande zu sprechen. Wir erinnern uns: Am 9. Juni 2004 um 15.56 Uhr explodiert in der Keupstraße die Bombe mit 5,5 Kilo Schwarzpulver und 800 zehn Zentimeter langen Nägeln. 22 Menschen werden verletzt, vier davon schwer. Etwa zwei Stunden später berichtet dpa. Es gebe „derzeit keine Anzeichen für einen terroristischen Hintergrund“. Aber noch um 17.09 Uhr hat das LKA an das Düsseldorfer Innenministerium gemeldet: Der Anschlag sei als „terroristische Gewaltkriminalität“ einzustufen. Um 17.25 Uhr erreicht das Lagezentrum NRW-Innenminister Fritz Behrens. Nur 11 Minuten später, um 17.36 Uhr, weist das Innenministerium das LKA an, aus dem Schriftverkehr den Begriff „terroristischer Anschlag“ zu streichen. Am Folgetag verkündet der damalige Bundesinnenminister Otto Schily: „Die Erkenntnisse, die unsere Sicherheitsbehörden bisher gewonnen haben, deuten nicht auf einen terroristischen Hintergrund, sondern auf ein kriminelles Milieu.“ (WDR 29.11.12)

Solche Sätze haben die Qualität von Anweisungen.

Erst am Donnerstag, den 25. April 2013, kann der NSU-Untersuchungsausschuss einen der beiden Polizisten befragen, die sich in unmittelbarer zeitlicher und örtlicher Nähe des Anschlags in der Keupstraße aufgehalten hatten. „Hundeführer“, unterwegs als „motorisierte Funkstreife“, waren es nach Auskunft des NRW-Innenministeriums vom 8. März 2013. Es sind ein Kommissar und ein Hauptkommissar. In Zivil. Offenkundig keine Beamten, die Streifendienst machten. Sie waren noch vor den Einsatzkräften am Tatort. Videoaufzeichnungen belegen, dass sich die beiden Polizisten zur gleichen Zeit in derselben Straße aufgehalten hatten wie die Täter (WDR 8.4.13). Dennoch sind die Beamten erst im März 2013 vernommen worden. Vernehmung? Klar, mit ihnen ist gesprochen worden.

Liebe Kameradinnen und Kameraden,

nach der Bezirksdelegiertenkonferenz am 8. Dezember 2012 hatte unser BV Anlass zu folgendem Beschluss (20.1.2013):

„[....] Angesichts der gegenwärtigen Krise scheinen Täuschung und Betrug zur Herrschaftssicherung nicht auszureichen. Zunehmend gewinnt faschistischer Terror an Gewicht. Er wird offen oder verborgen von staatlichen Stellen gefördert. Dagegen helfen nur breiteste Bündnisse aller Menschen, die sich gegen den Faschismus wenden. Die Mitglieder der DKP sind aktiv in antifaschistischen Organisationen und Bündnissen.

Wir respektieren bei unseren antifaschistischen Aktivitäten andere Auffassungen von Bündnispartnern, selbstverständlich auch solche, die die Wurzeln des Faschismus noch nicht in den kapitalistischen Eigentumsverhältnissen zu erkennen vermögen. In diesem Sinne wirken wir in der VVN/BdA und anderen Bündnisorganisationen.

Wir suchen die Gemeinsamkeit mit all jenen Kräften - vor allem jungen Menschen - die sich gegen Faschismus, Rassismus und Krieg, für die Rechte der Migrantinnen und Migranten, der Asylsuchenden und gegen weitere Einschränkung demokratischer Grundrechte einsetzen. Die DKP tritt ein für die Verteidigung des antifaschistischen Erbes - des antifaschistischen Widerstandes 1933 bis 1945, des Kampfes von Antifaschisten nach 1945 in der BRD, der antifaschistischen Positionen der DDR. Sie verteidigt die antifaschistischen Intentionen des Grundgesetzes. Wir fordern gemeinsam mit anderen Antifaschistinnen und Antifaschisten das Verbot sowie die Auflösung aller neofaschistischen Parteien und Organisationen.“

Im übrigen wünschen wir einen erfolgreichen Verlauf dieser Konferenz.

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"Nazis, Militaristen und Rassisten stoppen!"

Landesdelegiertenkonferenz der VVN-BdA - Initiative gegen den Rechtspopulismus

Drei Schwerpunkte prägten auf der Landesdelegiertenkonferenz der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der AntifaschistInnen in Nordrhein-Westfalen (VVN-BdA) die Bilanz und zugleich die Herausforderungen für die kommenden Jahre: Antifaschismus, Antimilitarismus und das Engagement gegen den stärker aufkommenden Rechtspopulismus.

Falk Mikosch, bestätigter Landessprecher: "Im Berichtszeitraum haben der Antifaschismus und der Antimilitarismus sich deutlich als zwei Komponenten erwiesen, die theoretisch, historisch und heute handlungsbezogen eine enge Verbindung eingegangen sind. Durch die erfolgreiche Zusammenarbeit mit den entsprechenden Organisationen konnten wir Synergieeffekte erzielen, die die gemeinsamen Interessen befördert haben und die VVN-BdA in NRW zukunftsorientierter platzieren." Der intensiv diskutierte Leitantrag "Demokratie verwirklichen! Frieden schaffen! Nazis, Militaristen und Rassisten stoppen!" formulierte konkret die Herausforderungen für die kommenden Jahre. Das Dokument wurde nach verschiedenen Veränderungen einmütig verabschiedet.

Die neuen Aufgaben: Kritik an der Militarisierung der Gesellschaft, ausgelöst etwa durch das Eindringen der Bundeswehr in Schulen, Hochschulen und "Arbeitsämter". Forderungen: Kündigung des Kooperationsvertrages mit der Bundeswehr, Auflösung des Verfassungsschutzes, Verbot der NPD und anderer neonazistischer Organisationen. Eine überaus spannende Analyse bot Alexander Häusler, Forschungsschwerpunkt Rechtsextremismus/Neonazismus (FORENA) der Fachhochschule Düsseldorf. Thema seiner Präsentation: "Die rechtspopulistische Lücke in Deutschland". Seine Frage: "Die 'Alternative für Deutschland' - eine neue rechtspopulistische Partei?" Vor dem Hintergrund der Europawahl und zahlreicher Kommunalwahlen am 25. Mai bekamen seine differenzierten Ausführungen präventiven Charakter.

"Spuren rechtsextremen und rassistischen Denkens bis in die vermeintliche Mitte hinein verfolgen“, Guntram Schneider (SPD), Arbeitsminister NRW

Auch NRW-Arbeitsminister Guntram Schneider betonte in seinem Grußwort: „Wir dürfen nicht nur den neofaschistischen Rand in den Blick nehmen. Wichtig ist zudem, die Spuren rechtsextremen und rassistischen Denkens bis in die vermeintliche Mitte hinein zu verfolgen.“ Grußworte hielten oder schickten DGB-Landesvorsitzender Andreas Meyer-Lauber, Ortwin Bickhove-Swiderski, Betriebsratsvorsitzender ver.di-NRW, Roman Franz (Landesverband Sinti und Roma), die Bundestagsabgeordneten der Partei „DieLinke“ Ulla Jelpke und Andrej Hunko, die Landtagsfraktionen von SPD und Grünen, Gunhild Böth („Die Linke“), Manfred Redkowski, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, der NRW-Landesflüchtlingsrat, Özlem Alev Demirel (DIDF), Felix Oekentorp, Landessprecher der DFG-VK, die Landesschülerinnenvertretung NRW, die Bezirksvorsitzenden Marion Köster (Essen) und Klaus Stein (Köln) für die DKP und für die UZ Nina Hager. Mikosch: "Wir sind heute leider in der Situation, dass wir mit immer weniger Zeitzeugen aus der Phase des Faschismus arbeiten können. Durch die Initiative 'Kinder des Widerstandes' greifen wir aber den Faden der Generation der Opfer und des Widerstandes erfolgreich auf und verlängern ihn in die gegenwärtige und zukünftige anschauliche Arbeit."

Die Vielfalt der praktischen Arbeit in den einzelnen Kreisverbänden wurde auf zahlreichen Schautafeln dokumentiert. Bilanz: ein hervorragendes Engagement in den lokalen Facetten. Ebenfalls von übergeordnetem Interesse: die Rallye zu den Verbrechen der Wirtschaft.

Jürgen Schuh, acht Jahre ehrenamtlich engagierter Geschäftsführer der Landesorganisation, musste seine Funktion nach schwerer Erkrankung aufgeben. Er wurde mit anhaltendem Beifall von den Delegierten verabschiedet. Sein Nachfolger ist Gerd Steingötter, Dortmund. Als Landessprecherinnen wurden Falk Mikosch (Düsseldorf), Iris Bernert-Leushacke (Dortmund) und Jochen Vogler (Wuppertal) gewählt. Der Sänger und Kabarettist Fred Ape aus Dortmund bot den Delegierten ein zugleich kurzweiliges wie tiefgründiges Intermezzo, wobei er die musikalischen Fähigkeiten des Publikums aktivierte. Mit dem gemeinsam a capella vorgetragenen Moorsoldatenlied endete die Konferenz im traditionellen Rahmen.

Uwe Koopmann, Unsere Zeit vom 14.02.2014