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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

04.02.2014

Regierung auf Interventionskurs: Noch mehr Kriege mit Schwarz-Rot

Friedensratschlag zur Regierungserklärung der Bundeskanzlerin: „Sprechblasen ohne Substanz“!

Pressemitteilung des Bundesausschusses Friedensratschlag

Kassel/Berlin, 29. Januar 2014 - Zur Regierungserklärung der Bundeskanzlerin nahmen die Sprecher des Bundesausschusses Friedensratschlag wie folgt Stellung:

Bundeskanzlerin Merkel hat in ihrer Regierungserklärung, die vor allem innenpolitischen Fragen gewidmet war, außenpolitische Themen nur gestreift. Die Große Koalition möchte die Auslandseinsätze der Bundeswehr nicht nur fortsetzen, sondern entsprechend des Koalitionsvertrags erweitern. Die Ausbildung der malischen Armee soll ausgebaut und der Einsatz in der Zentralafrikanischen Politik soll „gegebenenfalls“ durch Verwundetenbehandlung neu aufgenommen werden. Wir warnen davor, dass damit ein weiterer Schritt in ein militärisches Abenteuer in der afrikanischen Wüste mit nicht absehbaren Folgen getan wird. Obwohl der Einsatz in Afghanistan von vornherein falsch war und durch seine Fortsetzung nicht richtig wird, will die Große Koalition auch hier nach dem Teilabzug 2014 weiter dabei sein – mit einer „Ausbildungsmission“, wie die Kanzlerin sagte. Aber auch eine Ausbildungsmission muss militärisch „geschützt“ werden. Der Krieg geht also auf unbestimmte Zeit weiter. Wir fordern dagegen, dass die Bundeswehr komplett aus Afghanistan abzieht.  

Interessant ist auch, worüber die Kanzlerin schwieg: über die exorbitanten deutschen Rüstungsexporte zum Beispiel. Es stehen Exportbegehren zur Entscheidung an, die einen Wert von 30 Milliarden Euro annehmen können. Die Abnehmer sind überwiegend Staaten mit problematischen Menschenrechtsverhältnissen. Ein ethisches Problem? Nicht für die neue Bundesregierung. Darüber hinaus verlor Angela Merkel kein Wort zur Beschaffung von Kampfdrohnen und kein Wort zur inhumanen Abschottung Europas vor Flüchtlingen aus der Dritten Welt. In wichtigen Fragen der Außen- und Verteidigungspolitik verhält sich die Regierung wie eine Black Box.

Wie verträgt sich das mit dem in der Erklärung wie ein Mantra beschworenen Grundsatz, bei ihrer Politik stehe der Mensch im Mittelpunkt?

Merkel hat einen Schulaufsatz abgeliefert, der mit Sprechblasen ohne Substanz gespickt war. Und selbst dort, wo es etwas konkreter zu werden drohte, zog  die Kanzlerin rechtzeitig die Handbremse: Als sie sich über den gigantischen Abhör-Skandal der US-Geheimdienste beschwerte, sah sie lediglich die „Verhältnismäßigkeit der Mittel“ in Gefahr. Der dadurch verursachte Vertrauensverlust werde sich aber „unter Freunden“ bestimmt wieder beheben lassen. Auf keinen Fall dürfe das weltweite Wirken der Geheimdienste in Zweifel gezogen werden: Nach 9/11 müsse man den „asymmetrischen Bedrohungen“ weiterhin mit nachrichtendienstlichen und militärischen Mitteln entgegen treten.

Merkel begann und endete ihre Regierungserklärung mit der Erinnerung an den Beginn des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren. Von deutscher Verantwortung für die Auslösung des Krieges war nichts zu hören. Stattdessen das Märchen vom friedlichen (EU-)Europa heute, in dem es keine „Geheimdiplomatie“ mehr gäbe und alle 28 EU-Mitgliedstaaten „gleichberechtigt“ seien. Sie vergaß zu sagen, dass manche Staaten gleichberechtigter sind als andere und dass einige Staaten - wie Griechenland, Portugal, Spanien oder Zypern - an der kurzen Leine der Troika ihre Selbstständigkeit real verloren haben.  

Merkels Regierungserklärung lieferte einen Vorgeschmack auf so manche selbstgefällige Gedenkrede, die in diesem Jahr noch folgen wird. Und sie deckte verschämt den Mantel über den in der Koalitionsvereinbarung festgeschriebenen Aufbruch der Bundeswehr zu neuen Ufern. Dazu passt, dass kurze Zeit später zwei Auslandseinsätze der Bundeswehr (Patriots in der Türkei, Antiterroreinsatz Active Endeavor im Mittelmeer) im Bundestag durchgewinkt wurden.

Auf die Friedensbewegung wird viel Arbeit zukommen.

Für den Bundesausschuss Friedensratschlag:

Lühr Henken (Berlin)
Peter Strutynski (Kassel)
Bundesausschuss Friedensratschlag

http://www.ag-friedensforschung.de/