18.12.2013 Nur ein MdB der SPD sagt noch offen etwas
gegen die Große Koalition Erklärung von
Marco Bülow, Dortmund Ich
war einer der wenigen Mandatsträger, der sich auch
öffentlich kritisch der Großen Koalition
geäußert und für ein Nein in der
Parteidiskussion geworben hat (siehe Link unten).
Nachdem nun das Ergebnis des Mitgliederentscheides vorliegt,
möchte ich dazu folgende Erklärung abgeben: Als erstes möchte ich betonen,
dass ich das Ergebnis des Mitgliederentscheides natürlich
akzeptiere. Ich wollte, dass die Partei befragt wird und sehe deshalb
auch dieses Ergebnis als einen Auftrag für meine Arbeit an.
Für mich bleibt aber klar, dass auch die vielen
Parteimitglieder, die keine Große Koalition wollen oder nur
mit großen Bauchschmerzen zugestimmt haben,
repräsentiert und mitgenommen werden müssen. Logischerweise
bleibt meine Skepsis bestehen und weiterhin bin ich als Abgeordneter in
erster Linie meinem Gewissen verantwortlich. Zudem bleibt zu
berücksichtigen, dass an meiner Basis eine Menge Unmut
gegenüber der Großen Koalition herrscht und ich sehr
viel Zuspruch bezüglich meiner kritischen Position erhalten
habe. Ich werde mich bemühen, die Große Koalition
konstruktiv kritisch zu begleiten. Auch das Viertel der Partei, das
Nein gesagt hat, muss durch Mandatsträger
repräsentiert werden. Ich werde weiterhin nachhaken, Themen
setzen, die ich für wichtig halte, die meine Heimatstadt
Dortmund betreffen, und ich werde mir das Recht vorbehalten, auch die
eigene Regierung zu befragen und gegebenenfalls zu kritisieren. Die
Akzeptanz des Mitgliedervotums ist kein Blankoscheck für meine
Zustimmung zu allen Vorhaben. Instrument der
Mitgliederbefragung Ich halte die aufgeflammte
Diskussion zum Mitgliederentscheid, dass man damit angeblich ein
"Zweiklassenwahlrecht" einführe, für völlig
absurd! Statt eines Kanzlerinnenwahlvereins, wo im Hinterzimmer einige
wenige Politiker darüber entscheiden, welche Koalition kommen
wird (und dies dann von Parteigremien abgenickt wird), ist in der SPD
diesmal auch die Basis zu Wort gekommen. Dies ist zunächst
einmal als positiv zu bewerten. Dennoch bleibe ich
ein souveräner Abgeordneter. Ich habe es immer auch in meiner
eigenen Partei kritisiert, wenn einige wenige Köpfe die
wichtigen Entscheidungen alleine treffen und werde dies auch weiterhin
tun. Verständnis habe ich eher für die Kritik, dass
der gute Eindruck dieser demokratischen Mitbestimmung durch teure
Anzeigen und eine zu einseitige und unkritische Ansprache bei den
Unterlagen etwas getrübt wird. Auch dass der vorhandenen
Kritik am Koalitionsvertrag kein öffentlicher Raum durch die
Parteispitze zugestanden wurde, kann man sicher bemängeln. Ich
werde mich, egal in welchem Zusammenhang, immer für mehr
Transparenz und Beteiligung der Basis, mehr Bürgerbeteiligung
und Machtbegrenzung von Lobbyisten aussprechen. Es wird Zeit, dass die
kritisiert werden, die Demokratie vorspielen, aber in Wirklichkeit
durch Druck, Intransparenz und Entscheidungen im ganz kleinen Kreis,
Mitbestimmung und demokratische Prozesse konterkarieren. Die
Postdemokratie ist weit fortgeschritten, wenn statt der Anerkennung
solcher Instrumente wie der Mitgliederbefragung, wo Spitzenpolitiker
freiwillig ihre Macht teilen, diese in der Öffentlichkeit
gebrandmarkt wird. Parlament
stärken, statt schwächen Ich
spreche mich zudem dafür aus, dass die Opposition mehr Rechte
und Möglichkeiten erhält. Damit meine ich nicht nur
die Möglichkeit, Untersuchungsausschüsse
einzurichten, sondern auch angemessenere Redezeiten und andere
Instrumente, ihre Positionen in die Öffentlichkeit zu
bekommen. Aber mir geht es nicht nur um die Opposition, sondern um das
gesamte Parlament. In meiner vorherigen Erklärung hatte ich
bereits deutlich gemacht, dass ich befürchte, dass der
Einfluss der Regierung in einer Großen Koalition mit solch
einer riesigen Mehrheit weiter zu Ungunsten des Parlamentes steigen
wird. Egal, wie viele Fachpolitiker aus den Regierungsfraktionen eine
Gesetzesvorlage der Regierung auch verändern wollen, egal ob
Dutzende Abgeordnete einer Region Vorbehalte gegen Entscheidungen
haben, die Mehrheit der Regierungsfraktionen im Parlament ist so breit,
dass sie wohl alle Gesetze ohne große Änderungen
durchbekommen wird. Dies hat die letzte Große Koalition
leider eindrücklich unter Beweis gestellt. Es wird deshalb
wichtig sein, genau auf dieses Ungleichgewicht immer wieder hinzuweisen
und mit dafür zu sorgen, dass die Partei auch nach der
Mitgliederentscheidung weiterhin beteiligt wird. Dafür
möchte ich mich einsetzen. Eigenes Profil
schärfen und bewahren Der SPD ist es in der
Opposition zwar nicht gelungen, das verlorene Vertrauen
zurückzugewinnen, aber sie besinnt sich seitdem zumindest
wieder deutlicher auf ihre Hauptkompetenz: Die soziale Gerechtigkeit.
Unser Wahlprogramm war gut und hat viele Themen richtig und ausgewogen
besetzt. Jetzt muss es darum gehen, dies auch in dem schwierigen
Bündnis mit der Union zu bewahren. Dazu müssen die
vereinbarten guten Projekte des Koalitionsvertrages auch umgesetzt
werden. Es darf sich nicht alles nur auf den wichtigen Mindestlohn
verengen. Aber auch die nicht durchgesetzten Projekte, wie die
Beendigung der Zweiklassenmedizin und der Umverteilung von unten nach
oben dürfen jetzt nicht für vier Jahre in der
Schublade verschwinden. Für mich steht z.B. immer noch ein
großes Fragezeichen hinter der Finanzierung der beschlossenen
Projekte. Hier muss die SPD nachbessern und ein Konzept vorlegen,
welches ausgewogen eher die belastet, die viel besitzen, und nicht
durch Gebühren etc. vor allem wieder die Mitte der
Gesellschaft oder durch Kürzungen diejenigen belastet, die zu
wenig zum Auskommen haben. Zudem bleibe ich dabei, dass vereinbarte
Vorhaben wie die Vorratsdatenspeicherung oder das internationale
Handelsabkommen nicht beschlossen werden dürfen. Die
SPD muss sich weiterentwickeln, Eigenständigkeit beweisen,
nicht erneut in den allgemeinen Große-Koalitions-Jubel
verfallen. Dass wir jetzt in der Regierung mit der Union Kompromisse
schließen müssen, ist klar, aber deswegen sollten
wir noch lange nicht alle Entscheidungen und Kompromisse als toll und
großartig verkaufen (wie in der letzten Großen
Koalition)! Auch bei vielen internationalen Themen, wie beispielsweise
bei der sogenannten Euro-Krise, müssen die Unterschiede zur
Union nicht nur in Sonntagsreden, sondern vor allem im Handeln und den
Beschlüssen deutlich werden. Partei zusammenhalten Vielen
ist wohl immer noch nicht bewusst, dass wir sehr entscheidende Jahre
für die SPD und damit auch für die soziale Situation
im Lande vor uns haben. Die Analyse der unglaublich schlechten
Ergebnisse der SPD bei den letzten beiden Bundestagswahlen droht nun im
Jubel über den Koalitionsvertrag und den erfolgreichen
Mitgliederentscheid unterzugehen. In vielen Landesteilen haben wir als
Partei aber die Mehrheitsfähigkeit verloren. Direkte
Wahlkreise gewinnen wir nur noch wenige. In den nächsten
Jahren entscheidet sich ob wir wieder den Kontakt, die Bindung zur
Bevölkerung herstellen können, um eine Volkspartei zu
bleiben und nicht nur Anhängsel der Union zu sein.
Natürlich hängt dies von den Themen ab, die wir am
Ende in der Großen Koalition durchsetzen können,
aber auch davon, ob wir uns in den Ländern, den Kommunen
wieder behaupten und ob wir in der Lage sind, andere Bündnisse
zu schmieden. Dies alles wird nur möglich
sein, wenn die Gegner der Großen Koalition nun nicht
ausgegrenzt, sondern eingebunden werden. Wenn ihre Skepsis
ernstgenommen wird, wenn sie eine Stimme bekommen und auf ihre Kritik
eingegangen wird. Meine
Aufgabe Ich gebe zu, mir ist nicht Wohl bei dem
Gedanken an die nächsten Jahre. Ich kann trotz allem
Zweckoptimismus die jubelnden Parteimitglieder nicht verstehen, die
glauben mit den 25% der Bundestagswahl und dem erfolgreichen
Mitgliederentscheid würden nun goldene Zeiten anbrechen. Ich
bin aber sicher nicht der Typ, der sich nun schmollend in die Ecke
verzieht. So schnell ist mir nicht bange, ich werde weiter für
die Grundsätze der SPD streiten: Engagiert, kritisch,
konstruktiv und transparent - so wie ich das bisher auch getan habe.
Ich möchte dem, was ich in den vorherigen Abschnitten
geschrieben habe, gerecht werden und ich möchte mithelfen, die
Partei zusammenzuhalten und den Skeptikern in der SPD eine Stimme
geben, die nicht destruktiv, sondern die Regierung konstruktiv kritisch
begleitet. Mein Hauptziel bleibt aber: Andere Mehrheiten als eine
Große Koalition möglich zu machen! An der
Stelle muss ich aber auch deutlich sagen, dass es trotz aller anders
lautenden Beteuerungen, einflussreiche konservative Kreise in der SPD
gibt, die sich sehr gerne dauerhaft eher an der Union orientieren, die
keine Umverteilung wollen und die froh sind, dass wir unsere
Pläne im Bereich der Gesundheits- und Sozialpolitik nun nicht
umsetzen können. Um den von mir formulierten
Anspruch zu genügen, muss ich einige Konsequenzen ziehen und
meine Schwerpunkte verlagern. Ich werde mich teilweise auf andere
Bereiche als bisher und noch mehr auf Themenfelder, die wichtig
für meinen Wahlkreis sind, konzentrieren. Zudem strebe ich
keine Sprecherrolle (auch nicht stellvertretend) oder andere Funktionen
in der Fraktion an, um (bei aller Disziplin) zumindest nicht zu sehr in
eine Rechtfertigungssituation gegenüber der Regierung zu
geraten. Meine Dortmunder SPD-Basis hat mich
ebenfalls in einem Mitgliederentscheid gegenüber einem
Mitkonkurrenten mit 83% für den Bundestag aufgestellt. Die
Bürgerinnen und Bürger haben mich dann im September
2013 mit 45,4% (und mit mehr als 7% Differenz von Erstimmen zu
Zweitstimmen) direkt in den Bundestag gewählt. Das ist
ebenfalls ein klarer Auftrag. Ich werde also alles versuchen, meiner
Verantwortung gegenüber meiner Basis, meinen
Wählerinnen und Wählern und allen, die nicht nur
Ja-Sager im Parlament sehen wollen, gerade in dieser Wahlperiode
besonders gerecht zu werden! http://www.marco-buelow.de/neuigkeiten/meldung/artikel/2013/november/erklaerung-marco-buelow-warum-ich-gegen-die-grosse-koalition-bin.htmlhttp://www.lokalkompass.de/dortmund-city/politik/spd-mitgliedervotum-bundestagsabgeordneter-marco-buelow-begruendet-warum-ich-gegen-die-grosse-koalition-bin-wahlunterlagen-liegen-nur-befuerworter-we-d375960.html
, http://www.derwesten.de/staedte/dortmund/ueberwiegend-erleichterung-ueber-spd-ja-zur-grossen-koalition-id8773593.html |