28.11.2013 Darbendes Kriegsgeschäft Keine Rüstungsaufträge, keine
Jobs: Führung des EADS-Konzerns plant offenbar empfindliche
Arbeitsplatzvernichtung. Gewerkschaft antwortet mit Aktionstag
für die Rüstungsproduktion. Friedensbewegte antworten
mit einer Stellungnahme von Willi Hoffmeister. Hier ein jW-Bericht vom 26. 11.
13 Beim Rüstungskonzern EADS wird gespart.
Was moderne Unternehmen darunter verstehen, ist hinlänglich
bekannt: Kürzungen und Jobabbau, mindestens. Bei der European
Aeronautic Defence and Space Company B.V. betrifft das derzeit im
besonderen Maße die Rüstungssparte Cassidian
(benannt nach dem lateinischen cassida/Helm und meridian/nach Norden
und Süden weisend). Deren Zentrale ist im bayerischen
Unterschleißheim angesiedelt, einem Standort, der offenbar
zur Disposition steht. Medienberichten zufolge soll die Cassidian-
Verwaltung an den deutschen EADS-Hauptsitz nach Ottobrunn bei
München verlegt werden. Unterschleißheim werde
aufgegeben, Teile der Produktion sollten an andere Standorte in Bayern
verlagert werden, schrieb die Süddeutsche Zeitung am Montag
unter Berufung auf unternehmensnahe Kreise. Ein Konzernsprecher wollte
sich zu den Angaben nicht äußern. In
Unterschleißheim arbeiten für EADS derzeit rund 1
500 Mitarbeiter, in Ottobrunn rund 2 000. Doch das ist offenbar nur ein
Teil des »großen Planes« von Konzernchef
Thomas Enders. Der Luftfahrt- und Rüstungsmulti steht Insidern
zufolge vor dem Abbau Tausender Stellen. Im Zuge der Zusammenlegung der
zuvor getrennt agierenden Konzernsparten Cassidian, Airbus Military und
Astrium (Raumfahrt) plant Enders einen tiefen Schnitt. Zahlen will der
Spitzenmanager zwar erst am 9. Dezember nennen, wenn Gespräche
mit den Gewerkschaften anstehen. Aber die Grundrichtung hatte er zuvor
bereits in die Welt posaunt und bekräftigte das aktuell: Es
habe Konsequenzen für Arbeitsplätze, wenn
Rüstungsaufträge ausbleiben oder gekürzt
werden, sagte der Bundeswehr-Reservemajor dem Magazin der Vereinigung
der Bayerischen Wirtschaft vbw-Unternehmermagazin. Soviel
Getöse hat auch Gewerkschaften und Betriebsräte
geweckt. Die IG Metall plant für Donnerstag (28. November)
einen bundesweiten Aktionstag. Im Norden der Republik sind an den
Konzernstandorten Hamburg, Bremen, Stade und bei Premium Aerotec im
niedersächsischen Varel und Nordenham Kundgebungen geplant.
»Wir brauchen weitere Investitionen und vor allem
Innovationen, damit die 25 000 Arbeitsplätze von EADS in
Norddeutschland langfristig gesichert sind«,
begründete der Bezirksleiter der IG Metall Küste,
Meinhard Geiken, am vergangenen Freitag in Hamburg die
Maßnahme. Auch die
Beschäftigtenvertreter des Werks in Bremen sehen die
angekündigten »Sparmaßnehmen«
mit Besorgnis. »So eine riesige Umorganisation trifft alle
Sparten«, fürchtet Klaus Ahlborn,
Betriebsratsvorsitzender bei Airbus in der Hansestadt. Hier am Standort
seien alle Sparten vertreten. »Es könnten wieder
Jobs verloren gehen«, meinte Astrium-Betriebsrat Jan Jensen.
Vor allem bei Astrium, Cassidian und Airbus Military. Und
kämpferisch fügte er hinzu: »Wenn es
Kündigungen gibt, gibt es Krieg.« Die
Konzernführung wird das nicht ganz so ernst nehmen. Dennoch
stehen Enders und Co. vor dem Problem, ihre Version des EADS-Modells
durchzusetzen. Dabei hat es in der jüngeren
Vergangenheit diverse Rückschläge gegeben. So konnte
das nach Ansicht von Experten überteuerte Kampfflugzeug
Eurofighter »Typhoon« bisher in nur recht
bescheidenem Umfang Käufer finden: Die Schweizer orderten
lieber bei Saab, Indiens Regierung machte einen Rückzieher,
selbst europäische Nato-Partner bestellen ältere
US-Modelle, statt des EADS-Produktes. Zuletzt gaben
die Südkoreaner dem offiziell in Amsterdam,
ansässigen Unternehmen einen Korb. Und dann
war auch noch eine von Enders im vergangenen Jahr geplante Blitzfusion
mit dem britischen Rüstungsgiganten BAE von Berlin und Paris
verhindert worden. Seltsamerweise gelang es dem
Konzernchef unmittelbar darauf, den Einfluß Frankreichs,
Deutschlands und Spaniens etwas zurückzudrängen. Nun
bemüht sich EADS eifrig, als privatwirtschaftliches
Unternehmen zu gelten. Dafür braucht es ein paar Zutaten mehr,
als scheinbare Unabhängigkeit von den Gründerstaaten.
Nach Informationen der IG Metall und der
Betriebsräte will der Konzern deshalb 2015 eine
»Rendite « von zehn Prozent erreichen. Das mit dem
schwindenden Staatseinfluß scheint zu stimmen: Die
Bundesregierung jedenfalls stellt sich hinsichtlich der
Kahlschlagpläne ahnungslos: »Darüber ist
mir auch nichts bekannt, kann ich nichts zu sagen«,
erläuterte der stellvertretende Regierungssprecher Georg
Streiter am Freitag in Berlin seinen Kenntnisstand. (Quellen:
dpa,Reuters) Leserzuschrift
von Willi Hoffemeister (VVN-BdA und DFG/VK) zu JW 26.11.: "Darbendes
Kriegsgeschäft"? Eine Studie der IG Metall belegt seit
längerem, dass Arbeitsplätze in der
Rüstungsindustrie mangels Aufträgen aus dem Inland
wie auch aus anderen Staaten verloren gehen. Auf dem
Wunschzettel friedlicher Menschen steht seit langem, dass Forschung und
Produktion von Kriegsmaterial den "Bach" runter gehen möge.
Natürlich bleibt die berechtigte Forderung der betroffenen
Belegschaften nach Ersatzarbeitsplätzen. Frage ist, ob diese
weiterhin im Rüstungsbereich sein müssen? Sollte
nicht endlich einmal die militärische durch zivile, dem Leben
dienende Produktion ersetzt werden - und nicht erst dann, wenn die
Händler mit dem Tod nicht mehr können?! Kolleginnen
und Kollegen im Friedensratschlags-Arbeitskreis
Rüstungskonversion versuchen diesen Gedanken mit Leben zu
erfüllen. Es ist und bleibt jedoch eine generelle Aufgabe der
Gewerkschaften, besonders der IG Metall, endlich dieses Feld auch
entsprechend ihrer eigenen Beschlüsse mal wieder zu beackern
und an wichtige Erkenntnisse aus der Konversions-Arbeit der 1980er und
1990er Jahre anzuknüpfen. Dafür sollten Aktionstage
durchgeführt werden. Da Eigentum nach dem Gesetz ja
verpflichtet und der Allgemeinheit zu dienen hat, sind die
Riesengewinne der Rüstungskonzerne für einen Umbau
der Produktion zu verwenden. Eine entsprechende Gesetzeslage
dafür zu schaffen - damit könnte eine neue
bundesdeutsche Regierung endlich einmal eine wirklich
nützliche Tat vollbringen. Die Losungen dazu "Frieden schaffen
ohne Waffen" und "Schwerter zu Pflugscharen" sollten selbigen ja wohl
noch in guter Erinnerung sein. Arbeitskreis
Rüstungskonversion c/o Willi Hoffmeister 44145
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