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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

02.11.2013

Der Mord von Oradour, der Präsident und die Rheinische Post

Im Rundbrief der VVN-BdA in Düsseldorf ist u.a. ein nichtveröffentlichter Leserbrief des Sprechers der VVN-BdA Düsseldorf Jürgen Schuh über die Berichterstattung der Medien zum Besuch von Bundespräsident Joachim Gauck in Oradour erschienen, den wir weiterverbreiten möchten:

Über den Besuch des Bundespräsidenten in Oradour in Frankreich schrieb die Rheinische Post am 4. September des Jahres. Dazu mein Leserbrief an die RP:

„Begrüßenswert, der Besuch des Bundespräsidenten in Oradour-sur-Glane.

Der ‚Mörder von Oradour’, der SS-Zugführer Heinz Barth wurde 1983 in der DDR zu lebenslanger Haft verurteilt und nach der Wiedervereinigung in der BRD 1997 freigelassen. Der General der Waffen-SS und Kommandeur Heinz Lammerding, der den Einsatz befehligte, wurde 1944 von einem Gericht in Bordeaux zum Tode verurteilt. Der Massenmörder Lammerding, enger Vertrauter von Himmler, war für zahllose Massenmorde in der damaligen Sowjetunion verantwortlich und ließ auch im Nachbarort von Oradour, der Stadt Tulle 120 Zivilisten an ihren Balkonen aufhängen.

Dem französischen Auslieferungsverfahren kam die Bundesrepublik nie nach. Lammerding wurde in Deutschland nie zur Verantwortung gezogen. Er starb als angesehener Düsseldorfer Bauunternehmer 1971 an Krebs. Ob Herr Gauck dazu auch was sagt?“

Herr Gauck hat dazu nichts gesagt und die RP veröffentlichte meinen Leserbrief auch nicht. Aber sie veröffentlichte den Brief eines offensichtlichen Altfaschisten, der  meinte, dieses und andere Verbrechen der Nazis rechtfertigen zu müssen. Dazu schrieb Dr. Florence Hervé ebenfalls an die RP:

“Überrascht und empört stelle ich fest, dass die RP einen Leserbrief zulässt, der das Massaker von Oradour durch eine angebliche ‚Vorgeschichte’ rechtfertigt, und ein Buch über Oradour empfiehlt, das von einem Verantwortlichen am Massaker, dem SS-Offizier – später Obersturmbannführer der SS-Panzerdivision ‚Das Reich’, Otto Weidinger geschrieben wurde und in einem NPD-Verlag erschien.

Historisch ist längst erwiesen, dass 642 Zivilisten von der SS-Division erschossen oder verbrannt wurden – darunter 340 Frauen und 205 Kinder.“

Der Leserbrief wurde von der RP auch nicht veröffentlicht.

Als Kommentar schrieb ich an die RP:

“Die Fußnote ‚Leserzuschriften’ sollte der Realität angepasst werden. Statt: ‚Leserzuschriften veröffentlicht die Redaktion ohne Rücksicht darauf, ob die darin zum Ausdruck gebrachten Ansichten mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen’ sollte es richtig heißen: ‚Leserzuschriften veröffentlicht die Redaktion nur dann, wenn die darin zum Ausdruck gebrachten Ansichten mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen’.“

Von journalistischer Sorgfaltspflicht kann bei der RP keine Rede sein.

Jürgen Schuh