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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

10.10.2013

Ein Alternativjubiläum: Die Rolle der Düsseldorfer Wirtschaft in Krieg und Faschismus eindrucksvoll belegt

725 Jahre Düsseldorf sind auch 120 Jahre Kriegsproduktion, stellte Falk Mikosch, Landessprecher der VVN-BdA, auf einer Veranstaltung "Ein Alternativjubiläum" fest. Es wird die Geschichte der Thyssen-Krupps, der Henkel und Rheinmetalls dargelegt, die des aufkommenden und an der Macht befindlichen deutschen Faschismus, seiner Helfershelfer und seiner Wirkungen bis heute geschildert wie auch die des Düsseldorfer Widerstandes. 

Außer Falk Mikosch sprachen in den Arcaden/Bürgersaal am 13. September 2013 in Düsseldorf auch Inge Höger (Linke, MdB), Peter Bürger (Düsseldorfer Friedensbewegung) und es spielte die Gruppe Meerstein-Express. Falk Mikosch hat sein Referat jetzt in einer außergewöhnlich anschaulichen und eindringlichen Präsentation (69 Seiten) vorgelegt. 

Zur Präsentation "Ein Alternativjubiläum. 725 Jahre Düsseldorf sind auch 120 Jahre Kriegsproduktion. Die Geschichte von Thyssen-Krupp und Rheinmetall".

Hier das Referat von Inge Höger:

Inge Höger 13.09.2013

Rheinmetall und Thyssen-Krupp: Händler des Todes

Die unvorstellbare Summe von 1.752 Mrd. Dollar wurde 2012 weltweit für Rüstung und Militär ausgegeben. Das sind 2,5 % des globalen Bruttoinlandsprodukts oder ca. 250 $ pro Erdbewohner-in. Die Ausgaben wurden seit Beginn der Kriege gegen Afghanistan und den Irak verdoppelt und sind noch wesentlich größer, als zu Hochzeiten des Kalten Krieges.

2012 gab es zwar einen leichten Rückgang um 0,5 % gegenüber 2011, aber das ist immer noch viel zu viel. Deutschland liegt in der Liste der Ausgaben fürs Militär auf Platz 9. Und im Gegensatz zu den meisten EU-Ländern und den USA stiegen die deutschen Ausgaben weiter um 2,6 % - trotz aller Beteuerungen, dass auch die Bundeswehr sparen müsse. Und auch wenn in den USA und den meisten EU-Ländern die Finanzkrise zu leichten Reduzierungen der Militärausgaben zwang, ist die weltweite Aufrüstungsspirale ungebrochen.  

Dafür gibt es Steigerungsraten gerade in Nordafrika um 7,8 % und im Nahen Osten um 8,3 %. Saudi-Arabien hat inzwischen Deutschland bei den Ausgaben überholt und liegt auf Platz 8. Die USA liegen mit weitem Abstand an der Spitze, gefolgt von China und Russland. Nach wie vor geben die USA die Hälfte der weltweiten Rüstungsausgaben aus und die NATO-Länder zusammen eine Billion Dollar.

Deutschland ist seit einigen Jahren der drittgrößte Rüstungsexporteurs weltweit. Deutsche Waffenschmieden verdienen insbesondere an Exporten in Krisen- und Spannungsgebiete und befeuern so weltweit Kriege und Gewalt. Von den Versprechen nach dem Zweiten Weltkrieg von Frieden und Abrüstung ist nichts außer Worthülsen geblieben.

Wie das internationale Friedensforschungsinstitut SIPRI belegt, muss sich die deutsche Waffenindustrie keine Sorgen machen, von Platz drei der Liste der Rüstungsexportweltmeister vertrieben zu werden. Die Deutsche Rüstungsindustrie verdoppelte in den Jahren von 2005 bis 2010 ihre Rüstungsexporte.

Im Jahr 2011 konnten die zwei der in der Liste der 50 größten Waffen- und Munitionshersteller vertretenen deutschen Unternehmen erneut ihre Verkäufe vergrößern: Und das sind die beiden Unternehmen, die Ihren Hauptsitz hier in Düsseldorf hatten bzw. haben. Die Firma Rheinmetall setzte 2011 mit 2.980 Mio. $ 280 Mio. $ mehr um als im Jahr davor, Thyssen-Krupp erzielte bei 2.080 Mio. $ Umsatz ein Plus von 740 Mio. $. Und der Konzern  Krauss-Maffei Wegmann, mit dem Rheinmetall häufig und viel zusammen arbeitet, machte ein Plus von 150 Mio. $.

Die Händler des Todes kommen also hier aus Düsseldorf. Rheinmetall und Thyssen-Krupp weisen zurzeit einen so hohen Auftragsbestand im Militärbereich auf wie nie zuvor seit dem zweiten Weltkrieg. Und Rheinmetall und Thyssen gehören neben dem europäischen Konzern EADS zu den maßgeblichen Ausrüstern der Bundeswehr für ihre Auslandseinsätze. Da die Entwicklung neuer High-Tech-Waffensysteme für die Bundeswehr in Auslandseinsätzen teuer und aufwendig ist, gibt es von der Bundesregierung immer häufiger die Zustimmung zu Rüstungsexporten, damit die Waffen in größeren Stückzahlen kostengünstiger produziert werden können. Rüstungsbeschaffungen und die Genehmigung von Rüstungsexporten sind immer auch Industriepolitik.  

Rheinmetall rüstet die Infanterie mit Schützenpanzern aus und stellt den Infanteriepanzer Boxer für den Straßenkampf her, ist Generalunternehmer für die High-Tech-Ausrüstung des Infanteristen der Zukunft und entwickelt zurzeit nach dem Exportschlager Leopard den neuen Schützenpanzer PUMA. Und Rheinmetall baut auch die Übungskulissen für seine Waffen und neue Kriege. Im Gefechtsübungszentrum (GÜZ) in der Colbitz-Letzlinger Heide entsteht eine sechs Quadratkilometer große moderne Stadt mit U-Bahnhof und Autobahnauffahrten und mehr als 500 Gebäuden. Hier wird von Firma Rheinmetall eine Übungskulisse für neue urbane Kriege, für das Üben des  Häuserkampfes in modernen Großstädten gebaut. Hier können die neuen Waffen getestet und sicher auch interessierten Käufern vorgeführt werden.

Zwei Drittel seines Umsatzes macht Rheinmetall inzwischen im Ausland. Der Kampfpanzer Leopard 2 ist ein Exportschlager. In den vergangen Jahren wurden Panzer nach Chile, Singapur und Brasilien exportiert. Nun sollen 104 dieser Panzer an Indonesien exportiert werden. 270 spezielle Leopard-2-Kampfpanzer möchte Saudi Arabien gerne haben, die zur Niederschlagung von Aufständen geeignet sind. Des Weiteren stehen 800 Kampfpanzer Leo 2 und die Transportpanzer Boxer auf der Wunschliste der Saudis. Auch das Emirat Katar hat bereits 62 Leos genehmigt bekommen, möchte aber insgesamt 200 haben. Fuchs-Spürpanzer gingen bereits in die Vereinigten Arabischen Emirate. Die Panzer werden zusammen mit Krauss-Maffei Wegmann produziert. Rhein-Metall steuert Kanonen, Feuerleitanlage und Munition bei.   

Panzer, Panzerbewaffnung, Panzermunition und Panzerschutz bilden eine Produktlinie bei Rheinmetall. Eine andere umfasst die Munition zur Panzerzerstörung. Rheinmetall entwickelte panzerbrechende Geschosse. Diese Munition durchdringt dank Wolfram-Legierung Panzerstahl und harte Ziele. So profitieren Rheinmetall und die Aktionäre vom Panzerverkauf als auch von der Panzerzerstörung. Als führendes Kompetenzzentrum im Bereich der Entwicklung und Fertigung gepanzerter Rad- und Kettenfahrzeuge sowie von Turmsystemen und Waffenstationen hat Rheinmetall Defence bereits über 14.000 Fahrzeuge und Teilsysteme an Kunden in 36 Nationen ausgeliefert, heißt es in der Eigenwerbung. Und immer mehr geht inzwischen in den Nahen und Mittleren Osten.

Etwa ein Viertel der deutschen Rüstungsexporte sind Kampf- und Schützenpanzer und daran verdienen Rheinmetall und Krauss-Maffei Wegmann, eine weitere Hälfte des Werts bestehen aus U-Booten und Kriegsschiffen. Und hier ist Thyssen-Krupp mit der Firma ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS) gut im Geschäft.

Für die Bundesmarine fertigte ThyssenKrupp die neuen Hochseefregatten F125. Diese Fregatten sind durch mögliche längere Einsatzdauer sowie stärkere Bewaffnung mit größeren Geschützen für die neuen Auslandseinsätze der Bundesmarine konzipiert. Allerdings wurde die Inbetriebnahme noch mal um zwei Jahre verschoben. Ebenso wie bei der Entwicklung des neuen Schützenpanzers PUMA dauert die Entwicklung dieser neuen Wunderwaffen länger als geplant und die Kosten laufen aus dem Ruder. Die Fregatten kosten rund 650 Mio. € pro Stück. Die Bundeswehr will vier Stück davon erwerben. Vorhandene Überkapazitäten im Schiffbau sollen durch Auslandsaufträge bei Kriegsschiffen ausgelastet werden.

ThyssenKrupp sieht da riesige Wachstumsmärkte im Nahen und Mittleren Osten. Auch Nordafrika ist ein neuer Absatzmarkt. So erwarb Algerien zwei Fregatten für rund 400 Mio. €. Und die Howaldtswerke-Deutsche Werft GmbH, eine hundertprozentige Tochter von Thyssen-Krupp, zählt zu den weltweit erfolgreichsten Herstellern von U-Booten. U-Boote wurden sowohl an Indien als auch an Südkorea geliefert, beides Staaten in Krisengebieten,  aber auch an verfeindete Staaten wie Griechenland und die Türkei.

Die neue U-Boot Klasse 214 wurde eigens für den Export entwickelt. Es handelt sich dabei um brennstoffbetriebene Jagdschiffe, die unabhängig von der Außenluft auf lange Tauchfahrten gehen können.

Im Geschäftsjahr 2011/2011 konnte der Auftragseingang gegenüber dem Vorjahr von 531 Mio. € auf knapp 3 Mrd. gesteigert werden. Allerdings laufen die Geschäfte unregelmäßig und sind starken Schwankungen unterworfen. Zu den Empfängern von U-Booten aus dem Hause ThyssenKrupp gehört auch Israel. Israel bekam bereits drei moderne U-Boote der sog. Dolphin-Klasse, zwei weitere sind fast fertiggestellt. 2012 wurde ein Vertrag über die Lieferung eines sechsten U-Bootes unterzeichnet. Experten sind sich einig, dass diese U-Boote auch mit Atomsprengköpfen bestückt werden können. Und das im Pulverfass Nah-Ost.

Waffenlieferungen befeuern die Kriegsgefahr weltweit. Und insbesondere die Lieferungen nach Nordafrika und in den Nahen Osten sind Lieferungen in Krisenregionen und widersprechen den deutschen Richtlinien für Rüstungsexporte. Aber das schein alle Regierungen der letzten Jahre nicht von der Genehmigung von Rüstungsexporten abzuhalten.

Nachdem unter Rot-Grün Waffenexporte wieder zum normalen Geschäft wurden, haben sie unter der Merkel-Regierung neue Ausmaße angenommen. Merkel hat das so begründet: „Wir müssen in Staaten, die bereit sind, sich zu engagieren, auch dazu befähigen. Ich sage ausdrücklich: Das schließt auch den Export von Waffen mit ein.“

Mit der Genehmigung von Waffenlieferungen an die sog. Gestaltungsmächte versucht die Bundesregierung ohne den Einsatz von eigenen Waffen und Soldaten, die Region nach eigenen geostrategischen Vorstellungen zu formen. Die Golfmonarchien sollen gestärkt werden, um Einfluss auf regionale Konflikte zu nehmen und auch gegen innere Unruhen im eigenen Land vorzugehen.