16.09.2013 Mit der Polizei gegen das »Romahaus« Behördenversagen in Duisburg Ein
von Roma bewohntes Haus in Duisburg macht bundesweit Schlagzeilen.
Während die Bewohner von umherreisenden Nazis und lokalen
Rassisten bedroht werden, macht die Polizei Jagd auf die Einwanderer
und deren Unterstützer. Eigentlich könnte die Polizei
in Duisburg dem skrupellosen »Problemhauses«-Vermieter,
einer Rocker- und Rotlicht-Größe, die Hölle heiß
machen. Im nahen Dortmund funktionierte das auch. Sie könnten den
kleinen Roma-Kindern helfen, die »zwischen Ratten und
Rassisten« spielen müssen. Doch die Behörden in der
Ruhrgebietsstadt haben ein anderes Feindbild: die Roma, die in dem
meist ohne Anführungsstriche »Problemhaus« genannten
Gebäudekomplex im Stadtteil Rheinhausen »wohnen«, und
deren Unterstützer. Seit Montag macht die Polizei mit einem
Fahndungsfoto Jagd auf zwei Männer. Laut Regionalzeitung
»WAZ«, die offenbar keine Unschuldsvermutung mehr kennt,
sind sie »Angreifer vom Duisburger Problemhaus«. Es
geht um eine Prügelei nach einer aus dem Ruder gelaufenen
Informationsveranstaltung zum »Romahaus« am 23. August.
Laut Polizei habe es einen »Überfall« linker
Vermummter jugendlichen Alters auf harmlose Nachbarn gegeben. Die
Tatverdächtigen sehen aber eher aus wie ältere türkische
Gemüsehändler. Angriff und Gegenwehr Nach
»nd«-Recherchen sind so ziemlich alle Darstellungen der
Duisburger Polizei schlicht Nonsens. Die Gewalt ging seinerzeit
höchstwahrscheinlich von mehreren Anwohnern aus, die auf der
Veranstaltung zuvor aggressiv und offen rassistisch aufgetreten waren.
Danach lauerten sie wohl an einer Trinkhalle Antifas auf und
attackierten sie mit Reizgas und Schlagwaffen. Diese wehrten sich,
möglicherweise zu massiv. Eine Frau - in Duisburg »die
Tätowierte« genannt - habe trotz Platzwunde am Kopf Hilfe
abgelehnt und stattdessen »Ich muss die töten«
gebrüllt. »Sie meinte die Antifas«, so eine
Augenzeugin. War die Gegenwehr zu massiv und provozierte sie gar
eine Notwehr-Situation, wie selbst mancher Linke vermutet? Die
Augenzeugin hält das für Quatsch: »Wenn jemand mit
einem Eisenhammer und offensichtlich geplant auf mich los geht, dann
wehre ich mich. Jeder wehrt sich dann!« An jenem Abend im
August stürmte die Polizei das »Romahaus«. Das tat sie
am 5. September wieder - erneut mit Großaufgebot, während es
offenbar zu viel verlangt ist, vor dem Haus einen Streifenwagen zu
postieren. Ergebnis der jüngsten Razzia: Zwei Personen, darunter
ein 11-Jähriger, wurden einkassiert. Man zählte 411 Personen.
Bisher ging man davon aus, dass bis zu 1400 Roma in den für 300
Personen ausgelegten Wohnungen hausen. Die meisten Roma sind
gezwungen, sich für wenig Geld auf dem
»Arbeiterstrich« (Volksmund) zu verdingen, oder sind zur
Kleinkriminalität verdammt. 200 Euro pro Monat kostet die
»Miete« für eine Matratze in den völlig
überfüllten Wohnungen. In mancher Wohnung liegen 25 Matratzen. In
Duisburg wohnt eine »Roma-Mittelschicht«, glaubt mancher.
Die ungeliebten Zugezogenen sind oft Opfer der Euro-Krise, verloren als
erste ihre Niedriglohnjobs etwa in der Gastronomie. Auf der
Straße stehen alte, klapprige Pkw aus Rumänien und
Bulgarien, aber auch mit spanischen, britischen und französischen
Kennzeichen. Marcus Meier Mit freundlicher Genehmigung des Neuen Deutschland vom 10.09.2010. |