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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

15.09.2013

Aachener Staatsanwaltschaft geht gegen die Gegner verbotener Nazigruppen vor

Aus Aachen und Umgebung erreicht uns dieser Appell:

Hallo liebe Gruppen, Strukturen, Netzwerke und Einzelpersonen,

etliche AntifaschistInnen  sind derzeit von einer Kriminalisierung durch die Aachener Staatsanwaltschaft betroffen. Die AntifaschistInnen blockierten im Jahr 2012 gewaltfrei einen Gleisabschnitt in Stolberg (bei Aachen), um die Anfahrt von Neonazis zu einem jährlichen Aufmarsch der inzwischen verbotenen, neonazistischen "Kameradschaft Aachener Land" zu verhindern. Die Sitzblockade war ein Mittel von antifaschistischem Widerstand gegen Rassismus und ein Zeichen der Solidrität mit Betroffenen rechter Gewalt und staatlicher Diskriminierung. Aufgrund dieser Blockade erhielten zahlreiche AktivistInnen in den vergangenen Wochen Anklageschriften und Strafbefehle der Aachener Justiz. Möglicherweise finden in den nächsten Monaten und Jahren bis zu 100 Prozesse gegen AntifaschistInnen statt.

Wir, als UnterstützerInnen der Aachener AntifachistInnen, möchten durch Öffentlichkeitsarbeit Aufmerksamkeit für die Kriminalisierung von AktivistInnen schaffen, die mit gewaltfreiem Widerstand auf einen Naziaufmarsch einer heute verbotenen Organisation reagiert haben. Wir halten die Sitzblockade für eine notwendige Reaktion auf rassistische, menschenverachtende Propaganda.

Derzeit sind wir auf der Suche nach weiteren UnterstützerInnen, die sich mit den AntifaschistInnen solidarisieren, unsere Pressemitteilung (siehe Anhang) unterzeichnen und veröffentlichen. Da die ersten Prozesstermine nahen, stehen wir ein wenig unter Zeitdruck, was die Pressearbeit anbelangt. Wir bitten daher um eine Rückmeldung bis zum 10.09.2013 von allen UnterstützerInnen, ob ihr die Pressemitteilung unterschreibt.

Nach dieser Rückmeldung erhalten alle unterstützenden Strukturen eine finale Version der Pressemitteilung inklusive UnterstützerInnen(-Gruppen), die der Veröffentlichung dient.

Solidarische Grüße,

Pressegruppe Aachen

Es folgt der Text der Pressemitteilung "Friedliche Blockierer/innen des Stolberger Naziaufmarsches angeklagt und kriminsalisiert" 

Pressemitteilung – Friedliche BlockiererInnen des Stolberger Naziaufmarschs angeklagt und kriminalisiert

Nach dem Naziaufmarsch in Stolberg 2012 erhielten zahlreiche AntifaschistInnen in den vergangenen Wochen Anklageschriften und Strafbefehle der Aachener Staatsanwaltschaft – Neben Nötigung und Widerstand wird ihnen die Behinderung eines Aufmarschs von der inzwischen verbotenen neonazistischen Kameradschaft Aachener Land vorgeworfen. Möglicherweise finden in den nächsten Monaten bis zu 100 Prozesse gegen AntifaschistInnen statt.

Am 07.04.2012 blockierten bis zu 100 AntifaschistInnen in Stolberg (Rhld.) einen Gleisabschnitt zwischen dem Stolberger Hauptbahnhof und dem Haltepunkt Schneidmühle mit dem Ziel, die Anreise der Neonazis zur jährlichen Großdemonstration der mittlerweile verbotenen Kameradschaft Aachener Land (KAL) zu verhindern. Den AnitfaschistInnen soll nun nach über einem Jahr der Prozess gemacht werden.

Seit 2008 nutzt die KAL den Tod eines Jugendlichen, um ihre menschenverachtende Propaganda zu verbreiten und stilisieren den jungen Mann als Märtyrer für die eigene „völkische“ Sache. Seit diesem Zeitpunkt marschierten bis ins Jahr 2012 jährlich bis zu 900 Neonazis aus ganz Deutschland und dem europäischen Grenzland auf. Stolberg wurde so zu einem ideologischen Anlaufpunkt für Neonazis aus ganz Europa. Diese Aufmärsche führten zu einer Erstarkung der Neonaziszene in Aachen.

Um diesen Aufmarsch zu verhindern, blockierten die AntifaschistInnen 2012 friedlich die Anreiseroute der Neonazis. Entgegen der Beschuldigung der Polizei und Staatsanwaltschaft, war die Blockade gewaltfrei. Die BlockerInnen wurden trotz Gewaltfreiheit und politischer Notwendigkeit ihrer Handlung inhaftiert, auch hier leisteten sie keinen Widerstand. Trotzdem schikanierten PolizeibeamtInnen in der Aachener Gefangenensammelstelle die AntifaschistInnen menschenverachtend. DemonstrantInnen mussten sich vor PolzeibeamtInnen entblößen, wobei auf erniedrigende Weise die Intimbereiche einzelner Menschen abgetastet wurden.

Obwohl die AktivitInnen trotz der widrigen Verhältnisse friedlich blieben, klagt die Staatsanwaltschaft Aachen diese über ein Jahr später an und sieht auch ein öffentliches Interesse in ihrer Verurteilung.

Wir wehren uns entschieden gegen die Kriminalisierung der antifaschistischen DemonstrantInnen in Stolberg durch die Staatsanwaltschaft Aachen. Die AntifaschistInnen erkannten ein Jahr vor dem Verbot des Naziaufmarschs in Stolberg im Jahr 2013, dass es viel mehr im öffentlichen Interesse liegt, Naziaufmärsche dauerhaft zu verhindern, so auch Anna Stern, Sprecherin der Antifa Aachen: „Spätestens heute sollte man wissen, dass diese Demonstration durch eine Organisation geplant wurde, die fünf Monate später verboten wurde. Das Problem war nicht das antifaschistische Engagement in Form einer friedlichen Sitzblockade, sondern das späte Verbot der KAL und der Naziaufmärsche in Stolberg durch die Behörden. Viel mehr als die DemonstrantInnen zu kriminalisieren, sollte man denen, die eine schnellere Auffassungsgabe hatten, danken.“

Genau diese Kriminalisierung scheint Ziel der Aachener Staatsanwaltschaft zu sein. Denn wo anderenorts Blockaden gegen Naziaufmärsche als Ausdruck von Zivilcourage anerkannt und nicht kriminalisiert werden, wo vom Bundesverfassungsgericht unlängst festgehalten wurde, dass auch Teilnehmende von Sitzblockaden Demonstrationsrechte haben, beweist die Aachener Justiz ein weiteres Mal den Verfolgungswillen gegenüber AntifaschistInnen.

Sollte die Staatsanwaltschaft Aachen die Anklagen gegenüber den AntifaschistInnen aufrecht erhalten, dann werden in den kommenden Jahren bis zu 100 Prozesse stattfinden. Ob das Gericht zu einer von den Angeklagten erstrebten Zusammenlegung der Prozesse zustimmen wird, ist noch unklar. Wir als UnterstützerInnen erklären uns solidarisch mit den Betroffenen und fordern eine sofortige Einstellung aller Verfahren.