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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

10.09.2013

Appell gegen militärische Intervention in Syrien 

Redner der Mahn- und Gedenkfeier auf dem Ehrenfriedhof in Schloß Holte-Stukenbrock beschwören Frieden und Versöhnung

Ein einhelliges Votum gegen eine militärische Intervention in Syrien gab es auf der Mahn- und Gedenkfeier auf dem sowjetischen Ehrenfriedhof anlässlich des Antikriegstags. "Es gibt keine Entschuldigung für einen Giftgaseinsatz, aber dieses Verbrechen kann man nicht vergelten, wenn man Bomben auf Syrien abwirft", sagte Ulli Sander unter dem Beifall der rund 250 Besucher.

Weiter heißt es am Montag, 09.09.2013 in der Neuen Westfälischen zu "Blumen für Stukenbrock" 2013:

Die Hauptredner zur Gedenkveranstaltung des Arbeitskreises Blumen für Stukenbrock am Samstag waren verhindert: Der stellvertretende Vorsitzende des Zentralrats deutscher Sinti und Roma, Dr. Silvio Peritore, als Hauptredner vorgesehen, hatte kurzfristig aus persönlichen Gründen abgesagt. Lühr Henken, Sprecher des Bundesausschusses Kasseler Friedensratschlag, steckte im Stau, seine Rede las Jochen Schwabedissen, langjähriger stellvertretender Vorsitzender des Arbeitskreises vor. Er machte deutlich, dass die Rüstungsindustrie in Deutschland boomt. "Exporte von Waffen "Made in Germany" fördern Kriege! Unser Land macht sich dadurch mitschuldig."

Hubert Kniesburges, Vorsitzender des Arbeitskreises, gedachte nach der Kranzniederlegung der 65.000 Rotarmisten, die in dem größten in Deutschland eingerichteten Lager für sowjetische Soldaten zu Tode gequält wurden. Er erinnerte an Georgi Kholny, einen ehemaligen Kriegsgefangenen in Stukenbrock, dem "die Versöhnung zwischen Deutschen und Russen eine Herzensangelegenheit" war und im Juli im Alter von 92 Jahren in Moskau starb. Schwabedissen dankte den Vertretern der "Völker der Sowjetunion", die zu der Feier gekommen waren. "Sie sind ein leuchtendes Zeichen dafür, dass sich Feindschaft in Freundschaft verwandeln kann."

Ulli Sander, Bundessprecher der Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes, forderte die Bestrafung aller noch lebenden Verbrecher aus SS und Wehrmacht. Eine Intervention in Syrien könne einen internationalen Flächenbrand auslösen, warnte er. Anna und Lena sprachen für das "Antifa- Workcamp, das am Wochenende neben dem Friedhof stattfand und auf dem sich junge Leute in Vorträgen, einem Zeitzeugengespräch und Arbeitsgruppen mit der Geschichte des ehemaligen Kriegsgefangenenlagers, den Verbrechen des Nationalsozialismus und dem heutigen Rechtsextremismus befasst haben. "Wir finden es toll, dass dieses Jahr so viele Menschen hier für Gerechtigkeit kämpfen", sagten die jungen Mädchen und wandten sich gegen Ausländerfeindlichkeit, Vorurteile und Auswüchse des Kapitalismus.

"Von dieser Mahn- und Gedenkveranstaltung wollen wir einen Appell an die Menschen in Deutschland senden, sich einzusetzen gegen einen neuen Krieg in Syrien", sagte Werner Höner, langjähriger erster Vorsitzender des Arbeitskreises. Stattdessen solle auf dem Verhandlungswege der Konflikt beigelegt werden. Großer Beifall brandete auf und mit der Friedensbotschaft von John Lennon "Give peace a chance" verließen die Besucher den Friedhof.

http://www.nw-news.de/owl/kreis_guetersloh/top_news_kreis_guetersloh/9174416_Appell_gegen_militaerische_Intervention_in_Syrien.html

Bericht von Ulrich Sander

Wir kamen verspätet an bei "Blumen für Stukenbrock". Unser Kleinbus mit 13 älteren Antifaschist/innen der VVN-BdA Dortmund und des Internationalen Rombergparkkomitees/Förderverein Steinwache brauchte am Samstag 75 Minuten allein in Dortmund vom Hauptbahnhof bis nach Eving und alles war verstopft. Wir mußten bei Dortmund-Mengede auf die Autobahn. Dann kamen wir aber doch noch um 14.40 Uhr an. Es gab dort etwa 200 Kundgebungsteilnehmer/innen. Es regnete. Und dann war weder der Redner vom Zentralrat der Sinti und Roma, noch der vom Friedensratschlag da. Pastor a.D. Schwabedissen verlaß eine Rede von Lüer Henken (Friedensratschlag), der nur bis Hannover gekommen war mit dem Auto. Dann war alles zu spät. Stukenbrock-Gedenken-Begründer Werner Höhner merkte man die Anspannungen an.  Das Gedenken an die 65.000 ist ihm offenbar eine sehr auf der Seele lastende Sache. Mir geht es auch so. Es gelang ihm jedoch trotz Anspannung eine gute freie Rede zum Schluß gegen den erweiterten Krieg, der in Syrien droht. Ich fragte Hubert Kniesburges (Höhner-Nachfolger), ob ich für die Dortmunder sprechen dürfe, wohl wissend, daß Redner von der VVN-BdA hier hinten rangieren, denn hier sind große Namen üblich, über die wir nicht verfügen. Diesmal nun gar keine Namen. Es waren ja sämtliche Auswärtsredner ausgefallen. So bekam ich das Wort.

Ich mußte frei improvisierend sprechen, und ich sagte, ich sei von der VVN-BdA, vergaß in der Aufregung, daß ich ja auch für das Internationale Rombergparkkomitee/Förderverein Steinwache spräche. Dann aber sagte ich schnell: Hier spreche ich für die Dortmunder, die endlich mal wieder hier wären, nachdem sie Jahre lang durch die Nazis in Dortmund, die gleichzeitig mit „Blumen für Stukenbrock“  in Dortmund aufmarschierten, daran gehindert wurden, hierher zu kommen. Nun also hätten sie, die Nazis, sich vor einer Woche schon nach Dortmund begeben und wir standen ihnen ganz gut entgegen. Sie seien aber auch an diesem 7. September wieder in Dortmund aktiv – erst spät abends erfuhr ich, daß sie nur 48 Nasen aufgeboten haben. Sie würden ihren „1. Rechten Antikriegstag“ laut Naziführer Christian Worch begehen. Sie seien aber kriegshetzerisch (Nie wieder Krieg … nach unserem Sieg, riefen sie.). Sie umgehen als „Partei Die Rechte“ das Vereinsverbot der Rechten vom vorigen Jahr – ja sie bekämen das Parteienprivileg zugesprochen. Aber seit 1945 wissen wir: Für Nazi gibt es keine Privilegien, sie seien völkerrechtlich illegal. Artikel 139 GG rangiert vor Artikel 21. Wir sollten wachsam sein gegen die Nazis – aber heute sei unser Platz in Stukenbrock, denn heute gehe es um den Frieden, sagte ich.

Ich kam auf Oradour zu sprechen und daß erstmals der Bundespräsident dort war. Wir von der VVN hätten immer um Oradour gewußt und erhofften nun die Aufarbeitung dieses furchtbaren Kapitels. Nur ein Schuldiger für Oradour sei in der DDR verurteilt und von der BRD dann wieder freigelassen worden. Der SS-Kommandeur von Oradour, Lammerding, sei nach 1945 reich geworden und unbehelligt geblieben, er habe eine Generalspension bekommen, während Widerstandskämpfern, die an der kommunistische Idee festhielten, die Rente entzogen wurde. Sie seien eingesperrt worden aus politischen Gründen, 10.000 linke politische Gefangene habe es in der BRD gegeben, aber die Naziverbrecher seien nur in 6000 Fällen verurteilt worden. Sie und viele unbestrafte Nazis hätten Blut an den Händen gehabt, die bestraften Linken nicht.

Ich ging auf die Ludwigsburg-Pressekonferenz vom 3.9. in Stuttgart ein. Es sei zu begrüßen, daß weitere Naziverbrecher verurteilt werden sollen, auch im hohen Alter. Es müsse für alle Zeiten mittels solcher Prozesse gewarnt werden: Nie wieder! Leider würden aber jene nicht zu Verantwortung gezogen, die für die Strafbefreiung der Naziverbrecher über 60 Jahre lang gesorgt hätten. Diese hätten in hohen Ämtern gesessen und für die Ihren gesorgt. So konnte nicht das Prinzip  verwirklicht werden: Bestrafung der Täter, Entschädigung der Opfer. Doch dies bliebe die Aufgabe. Entschädigung auch für die Opfer von Stukenbrock, für die Opfer der Sklavenarbeit in den Rüstungsbetrieben und Konzernunternehmen des Ruhrgebiets.

Ich schloß mit der Mahnung zum Frieden, die von diesem Ort ausgehe. Heute sei es noch wichtiger, hier für den Frieden einzutreten als den Worchs in Dortmund zu begegnen. Es drohe ein ungeheures Menschheitsverbrechen, wenn der schreckliche Bürgerkrieg in Syrien und der Giftgaseinsatz durch eine noch schrecklichere Massenschlächterei mittels US- und Nato-Bomben fortgesetzt, ja gesteigert und zu einem Flächenbrand erweitert würde. Schluß damit. Verhandeln statt Schießen. Nie wieder Krieg.

Soweit meine Rede, die ich schnell aufschreiben wollte. Unsere Dortmunder Gruppe ist dann noch zu einer Alten Mühle am Furlbach zum Forellenessen gefahren. Trotz der Bedrückungen des Tages, waren wir hier wie auf der Fahrt eine gute frohe optimistische Gemeinschaft. Das Zusammengehen der linken Antifaschisten aus IRPK, VVN und Steinwachenförderverein wird immer enger und vertrauensvoller.

Die verlesene Rede von Lühr Henken, Sprecher des Bundesausschusses Kasseler Friedensratschlag.