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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

04.09.2013

Naziaufmarsch vier Mal blockiert

Nazis konnten dank Polizeigewalt laufen, wurden aber massiv gestört

Am 31. August 2013 beteiligten sich ca. 350 Faschisten an einem Aufmarsch in Dortmund, zu dem die Neonazipartei „Die Rechte“ und sogenannte „freie Kräfte“ aufgerufen hatten. Mehr als tausend GegendemonstrantInnen waren an diesem Tag auf der Straße und stellten sich teilweise erfolgreich den Nazis in den Weg. Das Bündnis Dormund stellt sich quer (DSSQ) berichtet:

„In den letzten Jahren kamen zu den Aufmärschen am ´nationalen Antikriegstag' bis zu 1000 Nazis. Dieses Jahr nahmen mit 350 deutlich weniger teil. Dennoch ist jeder Nazi einer zu viel“, so Iris Bernert-Leushacke, eine der Sprecherinnen des Bündnisses „Dortmund stellt sich quer“ (DSSQ).

An der Auftaktkundgebung von „Dortmund stellt sich quer“ am Mahnmal für die von den Nationalsozialisten ermordeten Sinti und Roma nahmen ca. 250 Menschen teil. Manfred Sträter, Sekretär der Gewerkschaft NGG, betonte den Zusammenhang zwischen Rassismus und Sozialabbau und berichtete von dem Beispiel eines von Kündigung bedrohten Betriebsratsmitglieds bei Burger King. Ulla Jelpke, Bundestagsabgeordnete der Partei DIE LINKE, und ein Vertreter von YEK-KOM sprachen über die Frage von Krieg und Frieden und die drohende Militärintervention gegen Syrien.

Bernert-Leushacke weiter: „Seit jeher versuchen Faschisten, den gemeinsamen Widerstand von Beschäftigten, Erwerbslosen und Jugendlichen verschiedener Herkunft und Hautfarbe gegen Sozialabbau, Arbeitsplatzvernichtung und Krieg zu verhindern. Umso wichtiger, dass wir uns den braunen Umtrieben gemeinsam entgegenstellen.“

Ein Teil der Demonstrierenden wollte sich der Kundgebung des DGB und des „Arbeitskreises gegen Rechtsextremismus“ anschließen, der sich gegenüber der Auftaktkundgebung des Nazi-Aufmarsches positioniert hatte. Nachdem die DGB-Leitung diesem zugestimmt hatte, wurden die neuen Teilnehmenden mit den Rufen „A-A-Antikapitalista“ von schon in der Demo befindlichen Teilnehmenden begrüßt. Der DGB zog es dann vor, die Teilnehmenden doch nicht zu ihrer Demo zuzulassen. Die Dortmunder Polizei und die Dortmunder Presse hatte alle Demonstrierenden, die nicht dem DGB oder „Arbeitskreis“ zuzuordnen sind, schlicht als „Linksextremisten“ vorab markiert. Dortmunder Spezialitäten – ein gemeinsames, friedliches Protestieren gegen Nazis könnte so einfach sein….

Vier Blockaden fanden entlang der Route des Naziaufmarsches statt. Den Anfang machte das Bündnis „Dortmund nazifrei“ mit einer Blockade auf der Fläche der Nazi-Auftaktkundgebung. DSSQ blockierte den Defdahl-Tunnel und konnte somit die Nazis zum Stehenbleiben zwingen. Die Polizei löste diese friedliche Blockade gewaltsam auf und ermöglichte den Faschisten nach einer anderthalbstündigen Unterbrechung die Fortsetzung ihres Aufmarsches. Nahe des Tunnels gab es kurz danach noch eine Versammlung von „Dortmund stellt sich quer“, die ebenfalls das Fortkommen des Naziaufmarschs verzögerte.

Kurz vor Ende des Naziaufmarsches, an der Ecke Ernst-Mehlich-Str./Märkische Str. gab es eine weitere Demonstration von DSSQ mit ca. 200 Teilnehmenden. In direkter Hör- und Sichtweise des Aufmarsches gellte ein ohrenbetäubender Lärm den Nazis entgegen. Aus dem Nazi-Aufmarsch wurde ein selbstgebauter Sprengkörper in die friedliche Demonstration der Antifaschisten geworfen – 3 Teilnehmende erlitten dadurch Gesichtsverletzungen und Knalltraumata und mussten ärztlich versorgt werden.

Dazu Sebastian Förster vom Bündnis DSSQ: „Dies zeigt einmal mehr die Gefahr, die von den Nazis für linke AktivistInnen und und MigrantInnen ausgeht. Unser Widerstand gegen faschistische Aktivitäten ist notwendig und gerechtfertigt. Unser Konzept, Naziaufmärsche gewaltfrei und entschlossen zu blockieren, ging auf. Die Nazis konnten letzten Endes nur deshalb laufen, weil die Polizei sich entschieden hatte, den Aufmarsch mit allen Mitteln durchzusetzen.“

DSSQ wird auch in Zukunft zu Blockaden von Naziaktivitäten aufrufen.

Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus!

Vorabdruck aus Antifa Sept./Okt. 13

Noch immer dürfen Nazis Dortmund als Aufmarschplatz nutzen

Gewalttaten der Rechten in aller Öffentlichkeit

Etwa 370 alte und junge Neonazis erhielten am 31. August in Dortmund für rund acht Stunden die Gelegenheit zu ihrer Hetze.  

„Rund 1000 Nazi-Gegner aus verschiedenen Lagern demonstrierten weitgehend friedlich gegen den Aufmarsch der Partei ‚Die Rechte’,“ meldeten hinterher die Medien.  Im Verlauf des Marsches kam es zu mehreren Sitzblockaden, die jedoch von der Polizei geräumt wurden. Andererseits hatte sich Dortmunds OB Ullrich Sierau (SPD) für Sitzblockaden ausgesprochen. Friedlicher Protest, Sitzblockaden und ziviler Ungehorsam müßten möglich sein, um die Vision von einem nazifreien Dortmund Wirklichkeit werden zu lassen.

Im Laufe der Aufmärsche eskalierte die Lage. Nazis warfen Sprengkörper auf Teilnehmer einer Demonstration von „Dortmund stellt sich quer“. Dabei wurden vier Antifaschisten und ein Polizist verletzt. Drei Nazis wurden festgenommen, bald aber wieder freigelassen. Gegen Angehörige der Anti-Nazi-Bündnisse "Dortmund nazifrei" und „Dortmund stellt sich quer“ setzte die Polizei Pfefferspray ein. Wer „A-A-Antikapitalista“ rief, wurde vom Marsch des etablierten „Arbeitskreises“ ausgeschlossen, der sich am Antiextremismus der Polizei beteiligte. Die Sprecherin der „Falken“ hatte zuvor den Extremismusbeschluss zur politischen Bildungsarbeit scharf verurteilt.

Der WDR hatte es sich nicht nehmen lassen, auf der Nazikundgebung zu filmen. Die Redner wie Thomas Wulf und Wolfram Narath repräsentierten ein breites Spektrum verbotener Organisationen. Die Nazi-Kundgebung hatte daher diesmal nicht Friedensgesäusel zum Antikriegstag zum Thema, sondern: „Gegen Organisationsverbote und Freiheit für politische Gefangene“.  Und: Freiheit für Holocaustleugnung. Einige Redner erwiesen sich als Werber für eine wiedererstehende NSDAP sowie für ein faschistisches Reich. Ein vermummter Redner mußte seine Rede auf Polizeiintervention hin abbrechen.

Die Polizei sah keine rechtliche Handhabe gegen die neue Neonazi-Partei „Die Rechte“ vorzugehen, welche sich als Fortsetzerin des verbotenen „Nationalen Widerstandes Dortmund“ betätigt. Norbert Wessler, mit viel Vorschußlob ausgestatteter und seit einem Jahr im Amt befindlicher Polizeichef, machte an diesem Wochenende einen hilflosen Eindruck. Er redete  Gefahren durch eintausend gewaltbereite Antinazis herbei und kündigte deren drohendes Erscheinen in der einzigen verbliebenen Lokalzeitung „Ruhrnachrichten“ (CDU-nahe) an. War die Welle von bundesweiten Aufmärschen der Nazis vor 13 Jahren noch gestartet worden als Antwort auf sensationelle Enthüllungen der „Westfälischen Rundschau“ - Motto der Rechten damals: Gegen antinationale Pressehetze -, so ist eine derartige  Thematik der Nazis heute nicht mehr nötig. Es gibt die „Westfälische Rundschau“ (einst SPD-nah) nicht mehr als Dortmunder Zeitung; ein Blatt mit diesem Titel wird jetzt mit Ruhrnachrichten-Text und ohne Anti-Nazi-Enthüllungen verbreitet.

Das hinderte die Demokraten der Stadt nicht, sich in wenn auch komplizierten, aber dennoch aktiven Bündnissen zusammenzufinden. „Viele Bündnisse, aber ein Wille: Dortmund nazifrei“, haben wir deshalb auf www.nrw.vvn-bda.de getitelt. Es gab von der VVN-BdA verbreitete Aufrufe des Bündnisses „Dortmund gegen Rechts“, in dem auch die VVN-BdA mitwirkt, ferner des bundesweiten Bündnisses „Dortmund stellt sich quer“ und des Bündnisses „Dortmund Nazifrei“. Zudem hat sich der offiziöse „Arbeitskreis gegen Rechtsextremismus“ zu Wort gemeldet und an die Spitze der Bewegung gestellt „Die vier Aufruftexte mögen irritieren, aber klar ist: Quer, Nazifrei und BDgR arbeiten zusammen.“ Man war sich einig: „Kommt am 31. August nach Dortmund - Kein Fußbreit den Faschisten! Weder in Dortmund noch anderswo!“

Eine Aktionswoche für Frieden, Demokratie und Menschlichkeit

Zum dritten Mal wurde in Dortmund das Konzept der Raumbesetzung gegen die Nazis angewendet. Das heißt: So viele Plätze wie möglich als Kundgebungsräume beanspruchen, so daß den Nazis möglichst nichts übrig bleibt. So fand dann an dem beliebten Aufmarschort der Faschisten gegenüber dem Südausgang des Hauptbahnhofs zum dritten Mal ein sechstägiges  gewerkschaftliches Friedensfest statt. Sowohl eine Bühne als auch ein Zelt der Friedensbewegung und der VVN-BdA standen zur Verfügung, wo allabendlich Programme abliefen. Hunderte Unterschriften unter den Appell für ein NPD-Verbot wurden gesammelt. Von der Bühne wurde der Aufruf zum Frieden im Nahen Osten und auch gegen eine Intervention in Syrien immer wieder ausgesprochen.

Viel Zustimmung erhielten Ulla Jelpke (MdB-Die Linke) und Ula Richter (Bündnis Dortmund gegen Rechts) für eine strikte Forderung nach Ende aller deutschen Kriegseinsätze. Jutta Reiter (DGB-Regionalvorsitzende) begrüßte den Anteil auch der älteren Antifaschisten, so aus der VVN-BdA, am Protest.

Bei einer Gedenkkundgebung zur Erinnerung an die fünf in den letzten Jahren in Dortmund verübten Morde der Nazis forderte Ulrich Sander (VVN-BdA), man möge endlich die Polizeiskandale der letzten 13 Jahre in Dortmund aufklären und dabei auch auf die 55jährige Vorgeschichte zurückblicken. Dortmund brachte es fertig, Anfang der 50er Jahre die Einhaltung von Verordnungen vom Februar 1933 (!) bei Aktionen der VVN zu verlangen und die Tätigkeit höchster Beamter aus dem Reichssicherheitshauptamt in der Dortmunder Polizei und von NS-Juristen in der Justiz zuzulassen. Ist diese Tradition die Erklärung dafür, dass  auch die Dortmunder Polizei und Justiz nichts unternahmen, um den NSU-Verbrechern auf die Spur zu kommen?

U. S. 

"Nichts ist vergessen und niemand!" Die Rede von Wolfgang Richter zum Auftakt der Kundgebung des Bündnisses Dortmund gegen Rechts

Am 28. März 2005 wurde der Punk Thomas Schulz, genannt "Schmuddel", hier von dem Neonazi Sven K. durch einen Messerstich ins Herz getötet. Jedes Jahr erinnern Freundinnen und Freunde von Thomas Schulz, Demokrat/innen und Antifaschist/innen am Tatort, an der U-Bahnhaltestelle Kampstraße, an dieses Verbrechen. Der damals 17jährige Täter, der zur rechtsextremen "Skinheadfront Dorstfeld" gehörte, wurde von Ermittlern und Gericht als Einzeltäter eingestuft, seine Tat wurde als Totschlag gewertet. Nach 5 Jahren verbüßter Jugendstrafe wurde er vorzeitig aus der Haft entlassen, wegen "guter Führung". Nicht lange "draußen", verprügelte der sich so gut geführt hatte, zusammen mit Gleichgesinnten grundlos jugendliche Migranten. Es war Weihnachtsmarkt in Dortmund. Nichts ist vergessen und niemand - unsere Trauer gilt Thomas Schulz, unser Zorn einer Polizei und Justiz, die gewalttätige Neonazis wie Sven K. mit solcher Fahrlässigkeit behandeln.

Thomas Schulz ist einer von fünf Dortmundern, die dem Hass und der Gewalt der Neonazis zum Opfer gefallen sind:

  • 2000 erschoss der Neonazi und vermutliche V-Mann Michael Berger drei Polizist/innen, bevor er sich selbst tötete,
  • 2005 wurde Thomas Schulz erstochen,
  • 2006 ermordete die terroristische Gruppe "Nationalsozialistischer Untergrund" den türkischen Familienvater aus der Nordstadt Mehmet Kubasik.

Fünf Ermordete, die zu den über 200 Opfern von neonazistischen Anschlägen seit 1990 gehören. Eine Blutspur führt quer durch unser Land. Sie sagt es deutlich:

"Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen!"

Deshalb erwarten wir von Polizei und Justiz konsequentes Vorgehen gegen die Naziumtriebe in der Bundesrepublik und in unserer Stadt und entschiedenes Verfolgen und Bestrafen neonazistischer Ideologie, Gesetzesübertretungen und Gewalttaten. Von der Politik fordern wir, dass sie sich vorbehaltlos auf die Seite aller Opfer stellt, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus bekämpft und Diskriminierung von Migrant/innen, gesellschaftlichen Minderheiten und sozial Ausgegrenzten nicht zulässt.

Eine selbstgefällige große Koalition aus der "Mitte der Gesellschaft" sieht sich heute wieder erfolgreich in der Auseinandersetzung mit den alten und neuen Nazis. Aber die marschieren auch heute wieder wenig behelligt - in Begleitung von Polizei-Hundertschaften - durch die Straßen der Stadt und skandieren ihre verfassungsfeindlichen Parolen. Und die tauchen jetzt wie selbstverständlich offen mit Fahnen und Parolen im Stadtbild auf und reklamieren, dass auch braun eine Farbe "in der bunten Stadt" ist. Und die gibt es auch weiterhin im Untergrund - in Bundeswehrkasernen verschwundene Waffen, Reizgase und Munition und Hunderte abgetauchte Nazis sind nicht einfach weg. Die Terrorgruppe "NSU" ist aufgeflogen -andere nicht.

Es gibt keinen Anlass zu Selbstgefälligkeit. In ihr steckt bereits wieder das Verharmlosen, das lange Jahre geherrscht hatte.

Die zugesagte Gedenktafel für Thomas Schulz ist lange überfällig - wir fordern sie heute erneut!

Nichts ist vergessen und niemand!

Die Rede von Josephin Tischner, Bundesvorsitzende der SJD Die Falken

Liebe Aktivist*innen, liebe Antifaschist*innen,

die Sozialistische Jugend Deutschlands - die Falken steht mit euch heute hier, um mit euch gemeinsam Widerstand gegen braunes Gedankengut, rassistische Gewalt und Nazis zu leisten.

Wir wissen, welche Probleme es mit Nazis speziell hier in Dortmund gibt. Wir wissen aber auch, dass dies ein allgemeines Problem unserer Gesellschaft ist.

Und wir wissen, wie viele Menschen sich hier in Dortmund einsetzen für eine Welt ohne Stumpfsinn, für eine Welt ohne Gewalt, für eine Welt ohne Geschichtsvergessenheit, für eine Welt ohne Nazis -  und dafür danken wir euch sehr, dafür sind wir hier sehr gerne bei euch!

Auch nach dem Verbot vom Nationalen Widerstand Dortmund, der Kameradschaft Hamm und der Kameradschaft Aachener Land gibt es weiterhin rechte Gewalt und eine aktive Nazi-Szene in NRW und bundesweit.

Der Überfall auf die Hirsch-Q, ständige rassistische Pöbeleien und Überfälle zeigen, dass Staat und Gesellschaft noch nicht ausreichend reagieren.

Durch den NSU-Schrecken haben wir gelernt, dass Behörden wie der Verfassungsschutz rechten Terror nicht wirksam bekämpfen können.

Es ist außerdem klar, dass Rechtsextremismus auch im Fußball nicht zu unterschätzen ist. Nazi-Angriffe in und besonders außerhalb der Stadien auf alle Fans, die Nazis nicht passen, sind Alltag. Linke Ultragruppen werden aus den Stadien gedrängt und lösen sich manchmal sogar ganz auf, weil sie von Faschisten bedrängt und drangsaliert werden.

Die massive Gewalt der Anhänger*innen der Skinhead-Front hier in Dortmund beschädigt das Leben vieler Menschen in der Region. Wir können nicht verstehen, warum die Skinhead-Front noch nicht verboten ist! Wir können auch nicht verstehen, warum Gerichte oftmals den politischen Hintergrund rechter Straftaten ignorieren!

Rechte Gruppen und Einzeltäter verlangen also auch von uns, aktiven Antifaschist*innen, mehr Aufmerksamkeit, mehr Gegenwehr, mehr Widerstand.

Doch Rassismus, antimuslimischer Rassismus, Antiziganismus und menschenverachtende Ideologien sind nicht nur ein Problem von ein paar Faschos.

Ob Berlin-Hellersdorf, Dortmund oder Duisburg - aktuelle Ereignisse zeigen auf erschreckende Weise: Rassismus und Nationalismus sind so tief in der Gesellschaft verankert, dass von einem isolierten Problem am "rechten Rand" keine Rede sein kann. Noch immer schlägt vielen Menschen in Deutschland offener Hass entgegen, noch immer werden soziale Ängste und Vorurteile bewusst geschürt und die Debatten um Asyl- und Flüchtlingspolitik für populistische Zwecke instrumentalisiert.

Gerade deswegen ist es wichtig, sich links zu organisieren, antifaschistische Arbeit zu fördern und Widerstand überall zu unterstützen. Die Extremismusdebatte behindert uns nur in unserem Engagement! Wir stellen uns gegen die Doktrin von der guten, bürgerlichen Mitte und dem gefährlichen linken und rechten Rand.

Wir wissen, dass Gewalt von rechts ausgeht und Rassismus in der Mitte der Gesellschaft sitzt!

Wir treten ein für eine Gesellschaft der Toleranz. Wir treten ein für eine Gesellschaft der Vielfalt. Eine Gesellschaft, in der alle ohne Angst verschieden sein können.

Wir fordern das Ende der Kriminalisierung antifaschistischer Arbeit!

Wir fordern ein Ende der Diskussion um Linksextremismus!

Wir fordern das Recht auf Widerstand gegen Nazis ein!

Rassismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen!

Wir sagen: Antifaschismus ist kein Verbrechen, sondern eine Pflicht!

Gegen Nazis - in Dortmund und überall!

Die Rede von Ula Richter, Bündnis Dortmund gegen Rechts, zum Friedensfestival 2013

Schön, dass wir - das Bündnis Dortmund gegen Rechts und das Dortmunder Friedensforum - wieder beim Friedensfestival des DGB dabei sein und einen Tag gestalten können.

Dass der DGB und seine Einzelgewerkschaften, aber auch die Initiativen gegen Neonazis und Krieg hier am Eingangsportal unserer Stadt eine ganze Woche gegen Faschismus und Krieg stehen und mit einem vielfältigen Programm die demokratische und antifaschistische Tradition dieser Stadt hochhalten, ist ein starkes Zeichen gegen den Rassismus und Revanchismus der kriminellen Nazi-Szene.

Dass der Nazi-Aufmarsch dennoch nicht verhindert werden kann, ist für uns hier und die große Mehrheit der Dortmunder/innen eine bittere, ja unerträgliche Tatsache. Es heißt: Die Latte für ein Verbot der rechten Aufmärsche läge sehr hoch. Es heißt: Das Versammlungs- und Demonstrationsrecht sei ein hohes Gut, das unsere Demokratie auszeichne. Das ist sicher richtig.

Ich glaube aber nicht, dass die, die das Grundgesetz konzipiert haben, wirklich wollten, dass es von den unversöhnlichen Feinden der Demokratie missbraucht wird. Deshalb wurde im Artikel 139 festgeschrieben, dass die "zur Befreiung des deutschen Volkes von Nationalsozialismus und Militarismus" erlassenen Rechtsvorschriften weiter Bestand haben und deshalb alle Organisationen, die diese unheilvolle Ideologie weiter tragen, unter Strafandrohung gestellt und verboten werden. Dieser Artikel war bei der Aufnahme der Bundesrepublik in die UNO von großer Bedeutung, zerstreute er doch die Sorgen vor einem Wiedererstarken faschistischen Gedankenguts in der Bundesrepublik.

Wir fragen: Warum wenden unsere Gerichte diesen Paragrafen heute nicht mehr an?

Die NPD und alle Nazi-Organisationen wären verboten, die "Partei die Rechte" gar nicht erst zugelassen. Der Polizeipräsident könnte mit großer Aussicht auf Erfolg den für Samstag geplanten Aufmarsch verbieten.

Gründe für ein Verbot gäbe es allerdings. Ich nenne nur drei:

1. Auch wenn die Neonazis die verfolgten Unschuldslämmer spielen und über staatliche Repression jammern, es sind Wölfe im Schafspelz. Getarnt als "Partei, die Rechte" wollen sie direkt vor dem Antikriegstag ihren mörderischen Rassismus und Revanchismus auf unsere Straßen tragen und damit die Botschaft dieses Tages verunglimpfen und die Opfer verhöhnen. Sie wollen insbesondere Hass gegen migrantische Mitbürger schüren und sie bedrohen.

Sowas auf unseren Straßen? Unerträglich!

2. Mitorganisator ist der berüchtigte Neonazi und verurteilte Holocaust-Leugner Christian Worch für die "Rechte", ein Auffangbecken der Gewalttäter des "Nationalen Widerstand Dortmund". Mit Giemsch, Brück und Borchardt sind die Hauptakteure der kriminellen Dortmunder Naziszene Spitzenfunktionäre dieser sogenannten Partei.

Sowas auf unseren Straßen? Unerträglich!

Sven K. von der Skinhead-Front Dorstfeld, der den Punk Tomas Schulz erstochen hat, der, vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen, türkische Jugendliche zusammenschlug, er und seine Gesinnungsgenossen, die eine Mai-Kundgebung des DGB angriffen und immer wieder das Szene-Lokal "HirschQ" überfielen,  

auf unseren Straßen? Unerträglich!

3. Auch in Dortmund beklagen wir ein Opfer des "NSU", den türkischen Familienvater Mehmet Kubasik. Ohne detaillierte Angaben zu Person, Lebensumständen und Ort hätten die Mörder ihr Opfer schwerlich ausmachen können. Zahlreiche Indizien weisen darauf hin, dass die Dortmunder Nazis enge Kontakte zur militanten Terrorszene wie dem "NSU" und "Blood and honour" haben. Hier sitzen Helfer der Mörder!

Sollen sie auf unseren Straßen marschieren dürfen? Unerträglich!

Deshalb sagen wir: Wo Nazis marschieren ist Widerstand Pflicht!

"Dort, wo man Bücher verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen."

Wir blicken 80 Jahre zurück: die Nazis an der Macht. Nachdem sie die organisierte Arbeiterschaft, ihre Gewerkschaften und Parteien ausgeschaltet hatten, holten sie zum Schlag gegen die geistige und künstlerische Elite in Deutschland und Europa aus. Die Warner vor Krieg und Faschismus mussten ausgeschaltet werden. Bücher sind eine scharfe Waffe gegen Inhumanität und Barbarei. Deshalb mussten sie brennen.

Davon zeugen unser "Banner der verbrannten Denker/innen und Dichter/innen" und Texte dieser Dichter, die heute hier von den "Querköpfen" vorgetragen werden.

Erst einmal wird uns aber Fred Ape mit seinen schönen und nachdenklichen Liedern einstimmen. Er wird auch überleiten zum Gespräch, zu dem das Friedensforum einlädt. Befragt werden Bundestagskandidat/innen und Politiker aus Dortmund zum Thema: Frieden und Abrüstung.

Mit größter Sorge blicken wir nach Syrien, dem Militärschläge der westlichen Staatengemeinschaft angedroht sind. Offizielle Begründung dafür sind Giftgasangriffe, die, noch bevor sie überhaupt untersucht wurden, der Assad-Regierung zugeschrieben werden. Soll der erwünschte "Regime change" jetzt herbeigebombt werden? Nicht auszudenken, was das für die leidende Zivilbevölkerung bedeutet, nicht auszudenken, welcher Flächenbrand im nahen Osten dadurch ausgelöst wird.

Der Sonderbeauftragte der Vereinten Nationen Brahimi sagte: "Es gibt nur zwei Möglichkeiten für Syrien: Die Hölle oder eine politische Lösung."

Es sieht zurzeit nach Hölle aus.

Wir sagen: Nein zum Krieg! Hände weg von Syrien! Verhandeln statt bomben!