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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

30.07.2013

Stop Watching Us: Schluss mit der massenhaften Bespitzelung

Tausende demonstrieren gegen NSA-Überwachung

In mehr als 30 deutschen Städten gingen am 27.7.13 Menschen unter dem Motto "Stop Watching Us" gegen eine ausufernde Überwachung ihrer Kommunikation durch Geheimdienste auf die Straßen. Die Aktivisten betonten neben ihrer Ablehnung exzessiver Überwachung auch ihre Solidarität mit Whistleblowern wie Edward Snowden und Bradley Manning. Auf Demonstrationen unter anderem in Berlin, Frankfurt am Main, Hamburg, Aachen und Bochum, ferner Köln, Bielefeld und Münster forderten die Protestierenden ein Recht auf Privatsphäre und Unterstützung für Whistleblower und Presse-Informanten wie den ehemaligen US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden, der die Existenz des US-Spähprogramms "Prism" enthüllt hatte.

Neben dem Aktionsbündnis "Stop Watching Us", das die Aktionen ins Leben rief, riefen unter anderem auch die Piratenpartei, die Linken, die Grünen, der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung sowie der Chaos Computer Club zur Teilnahme an den Protestaktionen auf. In Köln gingen etwa 400 Menschen auf die Straße. Die Grünen schätzten die Zahl der Teilnehmer der bundesweiten Kundgebungen auf insgesamt mehr als 10.000. Die Menschen hätten die Vertuschungen und Beschwichtigungsversuche von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihrer Bundesregierung satt, erklärte das Grünen-Bundesvorstandsmitglied Malte Spitz: "Wenn Millionen Deutsche permanent überwacht werden, schränkt das die Freiheit ein und entbehrt jedweder Verhältnismäßigkeit."

In Bochum sprach Wolfgang Dominik als VVN-BdA-Vertreter. Hier der Wortlaut seiner Rede:

Liebe Verfassungsschützer_innen und Verfassungsschützer,

liebe grundsätzlich des Terrorismus, des illegalen Drogen-, Waffen-, Mädchen- und sonstigen kriminellen Handels Verdächtige!

Mein Name ist Wolfgang Dominik. Ich bin Mitglied der ältesten und größten antifaschistischen Vereinigung Deutschlands: Der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschist_innen, kurz: VVN-BdA.

Ja, ich meine das mit den Verfassungschützer_innen ernst! Die Verfassung, oder sagen wir korrekterweise das Grundgesetz, wurde noch nie durch Geheimdienste geschützt, die nachweislich von ehemaligen, Gestapo-, SD-, SS-Agenten geführt und geprägt waren und meist genau im Sinne der alten faschistischen Auftraggeber weiter agierten. Diese Traditionen leben weiter.

Der Inlandgeheimdienst, der sich Verfassungsschutz nennt, hat und hatte die VVN oft im Visier. Die Geheimdienstler haben nämlich herausgefunden, dass wir antifaschistisch sind!! Das reicht, um verdächtig zu sein – wahrscheinlich auch ohne Nachhilfe durch den NSA. Deswegen sollten wir StopWatchingUs demnächst auch übersetzen, weil ja nicht alle z.B in der Bundesregierung Englisch verstehen. Außerdem soll nicht der Eindruck entstehen, dass wir uns nur gegen us-amerikanische Geheimdienste wenden!

Die US-Geheimdienste sind durch einen paranoiden, also wahnhaften, Antikommunismus eines McCarthy geprägt worden und befanden sich immer in bester Komplizenschaft mit den Geheimdiensten der BRD. Überwacht wurden und werden alle, die zu viel Demokratie wagen.

Selbstverständlich überwachen die US-Geheimdienste auch seit langem die Bürger_innen anderer Länder. Zudem wirft man gerne schon mal einen Blick z.B. hinter die Kulissen der deutschen Wirtschaft und holt sich da Informationen aus 1. Hand. Die USA stehen auch mit ihren imperialistischen Vasallen in einem heißen Wirtschaftskrieg. Vielleicht war ja Friedrich nur als Beauftragter deutscher Großkonzerne zu seiner sinnlosen USA-Reise aufgebrochen, um die USA zu bitten, doch nicht so viel Industriespionage zu treiben.

Bei jeder Gelegenheit beschwören die Herrschenden rein rhetorisch, Zivilcourage zu zeigen, Missstände anzuprangern, Verbrechen nicht zu decken. Wird dabei aber die Verlogenheit bis hin zur Kriminalität der politischen Prominenz oder bestimmter staatlicher Organisationen aufgedeckt, schlagen diese Eliten unbarmherzig zu und sprechen von der angeblichen Sicherheit und dem Schutz der Bürger_innen und der Demokratie statt vom Schutz vor der Aufdeckung eigener Untaten. Den Überbringer schlechter Nachrichten hat man immer schon lieber totgeschlagen als sich mit der schlechten Nachricht auseinanderzusetzen.

Was wir brauchen, sind viel mehr Snowdens, Mannings und Assanges. Die Monstrosität der Zusammenarbeit von US- und sonstigen Geheimdiensten mit denen in Deutschland ist ja wahrscheinlich nur die Spitze eines Eisbergs.

Whistleblower, die bekannt machen, wenn die Menschenrechte der Bürger_innen staatlicherseits mit Füßen getreten werden, dürfen nicht verfolgt werden. Sie sollten, wie das mit Snowden etwa in den letzten Tagen z.B. durch die Humanistische Union geschehen ist, gelobt werden. Der Friedensnobelpreis wäre bei Snowden und Mannings in den richtigen Händen und nicht bei dem Drohnen-Befehlshaber Obama.

Dietrich Kittner, die Älteren unter euch kennen vielleicht noch diesen grandiosen Kabarettisten, hat einmal gefordert, dass wir uns so verhalten müssen, dass Geheimdienste auf uns alle aufmerksam werden. Das würde für heute bedeuten: Verschlüsselt eure Mails bloß nicht! Nichts mit 1337 und Leetspeak! Beginnt eure Mails etwa mit den Worten: „Ich bin gegen die marktkonforme Demokratie, sondern für Demokratie gleich Volksherrschaft“.

Oder beginnt Mails und Telefonate statt mit „Guten Tag“ einfach mit „Empört euch!“. Alle Verschlüsselungen haben zum Ergebnis; 1. den Geheimdiensten wird noch mehr Personal und Steuergeld zum Knacken der Verschlüsselung zugeschustert und 2. alle Verschlüsselungen werden sowieso geknackt!

Alle Demokrat_innen gehören in die Dateien der Geheimdienste!

Aber wir von der VVN-BdA fordern mit anderen: Weg mit den Geheimdiensten! Spätestens die recht seltsamen Verquickungen der Geheimdienste in die NSU-Verbrechen sollten da alle Zweifel beseitigen.

Viele Wissenschaftler_innen und Journalist_innen reden heute schon von einem sanften oder auch kalten Faschismus, der sich allmählich unmerklich über die Nationen ausbreitet, die sich bei jeder Gelegenheit „Freie Welt“ nennen.

Die VVN-BdA mahnte immer: Wehret den Anfängen!

Den Anfängen zu wehren, ist längst zu spät, also „Wehret den immer weiter gehenden entdemokratisierenden und entmenschlichenden Wirkungen des Überwachungsstaats!“

Ich danke euch!