06.07.2013 Otto Köhler: Wir wurden reingelegt "Ossietzky"
entschuldigt sich für die Veröffentlichung eines Beitrages
der Querfront-Publizisten der "arbeiterfotografie" Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann, Betreiber der
"arbeiterfotographie"-Seite und gelegentlich auf dem Querfront-Trip,
haben in die Nachfolgezeitschrift der Weltbühnen "Ossietzky" einen
Medienkommentar lanciert, der sich auf der Linie der NSU-Verteidigung
bewegt. Diese hatte das Verfahren gegen Beate Zschäpe und andere in
Frage gestellt, weil in der Öffentlichkeit die Unschuldsvermutung nicht
beachtet wurde. Verteidiger der Nebenklage, also der Hinterbliebenen
der von dem NSU Ermordeten, hatten diese Auffassung empört
zurückgewiesen. Die Unschuldsvermutung müsse das Gericht
berücksichtigen, nicht aber die Öffentlichkeit. Otto Köhler,
Mitherausgeber von "Ossietzky" entschuldigt sich nun in Nr. 14 vom 29.
Juni 2013 der Zweiwochenzeitschrift, und erinnert an die
Rechtfertigungstexte von Fikentscher/Neumann zugunster der Haiders und
Möllemanns sowie Ahmadinedschads. Das Eintreten für die "Querfront" der
Fikentscher/Neumann werde sich in "Ossietzky" nicht wiederholen. Deren
Positionen waren in rechten Publikationen auf großes Behagen gestoßen.
Nach diesen Positionen "darf man auch Hitler keinen Massenmörder nennen
- er wurde deswegen nie rechtskräftig verurteilt", schreibt Otto
Köhler. Hier der Wortlaut seiner Replik. Otto Köhler: Reingelegt Ich
bin Mitherausgeber von Ossietzky, ich schäme mich. Im letzten Heft
stand ein Satz: »Es soll der ›Nationalsozialistische
Untergrund‹
gewesen sein, der die sogenannten Döner-Morde, das sogenannte
Nagelbomben-Attentat und weitere Verbrechen begangen hat.« Ich
habe diesen Satz bei Google eingegeben - mit einem erschreckenden
Ergebnis, davon gleich. Ossietzky kann und darf nicht Organ einer
national-sozialistischen Querfront gegen einen
amerikanisch-israelischen Imperialismus werden. Vor sechs Jahren haben
es Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann, die Autoren des oben
zitierten Satzes, schon einmal versucht. Sie haben Jürgen
Möllemann zum Mordopfer Israels gemacht. Der hatte mit der
»Aktion 18« (die Zahl steht für alle Neonazis für
den ersten (A) und den achten (H) Buchstaben des Alphabets und wird von
ihnen als Bekenntnis zu Adolf Hitler getragen) seinen Wahlkampf gegen
Israel geführt auf eine Weise, die alle antisemitischen Instinkte
ansprach. Möllemann hatte sich wegen seiner finanziellen Probleme
selbst in den Tod gestürzt. Dann stellten sie 2009 - diesmal
erfreulicherweise nicht in Ossietzky, sondern in ihrem eigenen Laden,
der einst so angesehenen Arbeiterfotografie - den österreichischen
Halbfaschisten Jörg Haider, der betrunken mit einem VW-Phaeton in
den Tod gerast war, als Zielscheibe eines Anschlags dar. Zu
Fikentscher/Neumanns Beweismitteln für einen Mord gehört
auch, daß der Satiriker Wiglaf Droste mal in der taz geschrieben
hatte: Der einzige Tisch, an dem er mit Haider Zusammenkommen
möchte, sei der Obduktionstisch. Ja, und Israel habe sich Haider
auch zum Feind gemacht, weil er sagte, der israelische Botschafter
»hat in Österreich nichts verloren und gehört
ausgewiesen«. Das waren klare Wort für alle, die noch
wußten, wie toll der Jude den Heldenplatz mit seiner
Zahnbürste zu säubern vermochte, wenn man ihn nur dazu
anhielt. Und da mußte man auch nicht mehr lange fragen, wer den
Haider umgebracht hat. Wohl aber bleibt für
Fikentscher/Neumann die Frage: »Wie war es möglich, das
Feindbild Haider in dem Maße zu schaffen, wie das geschehen ist -
auch unter den ›Linken‹, die des kritischen Denkens
fähig sein müßten?« Der Mord an
Möllemann, der Mord an Haider. Und jetzt werden, so erfahren die
Ossietzky-Leser von Fikentscher/Neumann, Beate Tschäpe sowie
»zwei Menschen, die dem Neo-Nazispektrum zugerechnet
werden« und »auf ungeklärte Weise zu Tode,
gekommen« sind, - unschuldig? - von den Medien vorverurteilt. Darf
man da, wie Fikentscher/Neumann hier in diesem Blatt der taz vorwerfen,
von einer »NSU-Mordserie« sprechen, von
»NSU-Ermordeten«, von einem »NSU-Trio«? Ist es
noch genehmigt zu sagen, »daß der
›Nationalsozialistische Untergrund‹ (NSU) zehn Morde
begangen hat«? Natürlich nicht. Denn das Gericht hat sein
Urteil noch nicht gefällt. Und so darf man auch Hitler keinen
Massenmörder nennen - er wurde deswegen nie rechtskräftig
verurteilt. Fikentscher/Neumann haben die »Verurteilung«
des NSU (den man ja wohl überhaupt nicht NSU nennen darf)
»durch große Teile der Medien« vor den Presserat
gebracht. Da Ossietzky aber zu Recht immer gern zu haben ist,
wenn es um den Presserat geht, ist es passiert. Allerdings nur, weil
Fikentscher/Neumann die Redaktion reingelegt haben. Ossietzky
veröffentlicht grundsätzlich - Ausnahmen müssen gut
begründet sein - nur Artikel, die noch nicht anderswo erschienen
sind. Auf Rückfrage der Redaktion versicherten Fikentscher/Neumann
am 14. Mai, ihr Beitrag sei noch nirgends veröffentlicht. Mit
Ausnahme des ersten Absatzes aber war der bereits am 24. April in der
Neuen Rheinischen Zeitung erschienen mit der Ankündigung eines
Nachdrucks im Juniheft von Fikentscher/Neumanns Kindermagazin Krokodil. Der
erste Absatz aber des Artikels, den die beiden als Erstdruck Ossietzky
untergejubelt haben, stand schon am 31.10.2012 unter »Die
Redaktion« in der Neuen Rheinischen Zeitung und tauchte dann
verkürzt am 3. April unter der Autorenzeile Fikentscher/Neumann in
der Arbeiterfotografie auf. Google weist den Satz über die
»zwei Menschen, die dem Neo-Nazi-Spektrum zugerechnet
werden«, für die Zeit bevor er Ossietzky angetan wurde,
über dreißig Mal nach. Der ganze Absatz hat im Netz sehr
viel Beifall gefunden. Zum Beispiel bei den Neonazis von
politikforen-net. Dort stimmt »Laurin« dem, eingangs
zitierten, Satz von Fikentscher/Neumann zu und erläutert:
»Für mich steht das fest, was die Soko Bosporus bis 2006
herausgefunden hat, die Morde sind Auftragsmorde, eine Mischung aus
Türken/Kurden-Clanstreitigkeiten, Schutzgelderpressung, Rauschgift
usw. Bis plötzlich 2011 das NSU-Gespenst aus der Taufe gehoben
wurde, bis dato hatten die Türken selbst nicht geglaubt, daß
die Morde von Deutschen begangen wurden, sonst wäre hier ja schon
bei neun verblichenen Türken bzw. einem Griechen bis 2006 der
Teufel los gewesen.« Das ist die national-sozialistische
Querfront, die mit Fikentscher/Neumanns Eintreten für
Möllemann und Haider eröffnet wurde. Aber bitte nie wieder
mit Ossietzky. Ossietzky Nr. 14 vom 29. Juni 2013 |