05.06.2013 Weder abgelehnt, noch zugestimmt Mahntafel an der
ehemaligen Springorum-Villa in Dortmund Die
Bezirksvertretung Dortmund Innenstadt Ost hat am 4. Juni im Rathaus
getagt und über den Antrag der VVN-BdA Dortmund nicht
abschließend befunden, eine Mahntafel an der Stelle
anzubringen, wo Anfang Januar 1933 Industrielle und der rechte
Zentrumspolitiker Franz von Papen über eine
Machtübertragung an Hitler berieten. Der Antrag, der vom
VVN-BdA-Vertreter Ulrich Sander begründet wurde, wurde nach
einer Information durch Dr. Stefan Mülhofer
(Gedenkstätte Steinwache) und nach kurzer Diskussion nicht
abgelehnt, ihm wurde aber auch nicht zugestimmt – man sah
weiteren Beratungsbedarf. Hier der Wortlaut und die
Begründung zum Antrag. Bezirksvertretung Stadtbezirk
Innenstadt-Ost Bezirksbürgermeister Udo Dammer
und Herrn Thomas Renzel (Bezirksverwaltung) Südwall
2-4 44122 Dortmund Dortmund,
24.01.2013 Sehr geehrter Herr
Bezirksbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren
Bezerksvertreter, sehr geehrter Herr Renzel, die
Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten,
Kreisvereinigung Dortmund, stellt hiermit den Antrag, an der Ecke
Hainallee/ Eintrachtstraße (Grundstück der ehem.
Villa Springorum) in Dortmund Innenstadt-Ost eine Mahntafel zur
Erinnerung an die Tagung der Ruhrlade vom 7. Januar 1933 anzubringen.
Dies sollte im Rahmen der Erinnerung an den 80. Jahrestag der
Machtübertragung an Hitler und die NSDAP geschehen. Dies
ist der von uns bei einer öffentlichen Mahnwache am 7.1.2013
vorgeschlagene Text: „Hier an
der Ecke Eintrachtstraße/Hainallee stand die Villa
Springorum. Es trafen sich darin am 7. Januar 1933 Franz v. Papen und
führende Ruhrindustrielle der ‚Ruhrlade’,
um über die Machtübertragung an Hitler weiter zu
beraten. Sie erfolgte am 30. Januar 1933, und viele Ruhrindustrielle
unterstützten sie. Sie profitierten von Krieg, Zwangsarbeit
und Antisemitismus.“ Zur Vorgeschichte: Im
Katalog zur Ausstellung „Widerstand und Verfolgung in
Dortmund 1933-1945“ heißt es unter der
Überschrift „Die Schwerindustrie setzte auf
Hitler“: „Mitentscheidend für den Aufstieg
der Nationalsozialisten war es, dass sie sich zu einem bestimmten
Zeitpunkt die Unterstützung führender deutscher
Industrielle sichern konnten. Die Mehrheit der deutschen Industrie war
an der Lösung der Krise auf der Basis einer parlamentarischen
Demokratie kaum interessiert. Insbesondere versprach sich die
einflussreiche Schwer-industrie von einer Aufrüstung
Deutschlands Gewinne.“ (S. 67) Die Ruhrladenmitglieder und
führenden Industriellen aus Dortmund und Oberhausen Paul
Reusch (1868-1956), Friedrich Springorum (1858-1939) und Albert
Vögler (1877-1945) stimmten gegenüber
Reichspräsident Paul von Hindenburg im November 1932 einer
Eingabe zu, in der die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler gefordert
wurde. (siehe Seite 69 und die Ausstellung in der Steinwache). Im
Dezember 1932 ist dann in einem vertraulichen Bericht aus dem
„Verein zur Wahrung der gemeinsamen wirtschaftlichen
Interessen in Rheinland und Westfalen“ (Langnam-verein)
konstatiert worden, „dass fast die gesamte Industrie die
Berufung Hitlers, gleichgültig unter welchen
Umständen, wünscht“. In
der Villa Springorum in Dortmund an der Hainallee – ehemals
Rathenauallee, dann Hitlerallee - tagte am 7. Januar 1933 die
industrielle Ruhrlade gemeinsam mit dem rechten Zentrumspolitiker von
Papen, um weitere Schritte hin zur Machtübertragung an Hitler
und andere rechtsextrem-konservative Politiker zu beraten. Drei Tage
vorher hatten Hitler, von Papen, weitere Naziführer
und Wirtschaftsführer in Köln (Villa
Schröder am Stadtwaldgürtel) eine
grundsätzliche Einigung erzielt. Nun musste noch u.a. das Geld
für den NSDAP- und DNVP-Wahlkampf beschafft werden. (DNVP =
Deutsch-Nationale Volkspartei). Deshalb kam es zu den Nachfolgetreffen
am 5. und 7.1.33 in Mülheim (Hitler, Kirdorf u.a.) und
Dortmund (von Papen, Vögler, Reusch, Springorum u.a.) So
nahm das Verhängnis seinen Lauf. Eine Gedenktafel der Stadt
Köln befindet sich seit 1996 vor dem Hause
Stadtwaldgürtel 35, wo sich Hitler, Himmler, Hess, von Papen
und der Bankier von Schröder am 4. Januar 1933 getroffen
haben. Sie trägt die Inschrift: „ … In
einem Gespräch wurden (hier) die Weichen für Hitlers
Ernennung zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 gestellt und die
Voraussetzungen für die menschenverachtende Diktatur der
Nationalsozialisten geschaffen. Kurt von Schröder
unterstützte bereits vor 1933 die Ziele des
Nationalsozialismus und organisierte nach 1933 finanzielle Leistungen
der deutschen Wirtschaft an die SS“. Wir
halten es für erforderlich, dass auch in Dortmund, wie in
Köln, an das Treffen von Anfang Januar 1933 erinnert wird. Wir
bitten unserem Antrag zuzustimmen. Zum Beratungstermin bitten wir Sie,
uns einzuladen. Auch in die Sitzung der
Bezirksvertretung Dortmund-Eving, die voriges Jahr auf unseren Antrag
hin beschloss, eine ähnliche Tafel, diesmal an der
Kirdorf-Siedlung, anzubringen, wurden wir eingeladen und wir waren
bereit, unseren Antrag zu erläutern. Mit
freundlichen Grüßen Ullrich Sander (Bundessprecher
VVN/BdA) Iris Bernert-Leushacke (Kreisvorsitzende
VVN/BdA Dortmund) |