21.05.2013 Erinnerung an die historische
Weizsäcker-Rede von 1985 Auf
Vorschlag von Karl-Heinz Berger Frerich aus Gevelsberg, Mitglied des
Geschäftsführenden Landesausschusses der VVN-BdA NRW,
und als Leseempfehlung an junge Menschen veröffentlichen wir
Auszüge aus der bekannten Rede des damaligen
Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker zum 8. Mai
1985. Anlässlich der
Befreiung Deutschlands und Europas vom Hitler-Faschismus vor 68 Jahren
erklärte Berger-Frerich: "Es ist
beschämend für die verantwortlichen Politiker/innen,
Bürgermeister/innen und die Parteien SPD, CDU, FDP und die
Grünen, wie wenig von Rede und Ansprache des
Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker am 8. Mai
1985 im Plenarsaal des Deutschen Bundestages zum 40. Jahrestag der
Beendigung des Zweiten Weltkrieges, in den Köpfen dieser
Verantwortlichen übrig geblieben ist." Daher
erinnern wir an Auszüge aus der Rede von Richard von
Weizsäcker: "Viele Völker gedenken heute
des Tages, an dem der Zweite Weltkrieg in Europa zu Ende ging. Seinem
Schicksal gemäß hat jedes Volk dabei seine eigenen
Gefühle. Sieg oder Niederlage, Befreiung von Unrecht und
Fremdherrschaft oder Übertragung zu neuer
Abhängigkeit, Teilung, neue Bündnisse, gewaltige
Machtverschiebungen - der 8. Mai 1945 ist ein Datum von entscheidender
historischer Bedeutung in Europa. ... Der Blick ging zurück in
einen dunklen Abgrund der Vergangenheit und nach vorn in eine ungewisse
dunkle Zukunft. Und dennoch wurde von Tag zu Tag
klarer, was es heute für uns alle gemeinsam zu sagen gilt: Der
8. Mai war ein Tag der Befreiung. Er hat uns alle befreit von dem
menschenverachtenden System der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft. Niemand wird um dieser Befreiung
willen vergessen, welche schweren Leiden für viele Menschen
mit dem 8. Mai erst begannen und danach folgten. Aber wir
dürfen nicht im Ende des Krieges die Ursache für
Flucht, Vertreibung und Unfreiheit sehen. Sie liegt vielmehr in seinem
Anfang und im Beginn jener Gewaltherrschaft, die zum Krieg
führte. Wir dürfen den 8. Mai 1945
nicht vom 30. Januar 1933 trennen. ... Wir gedenken heute in Trauer
aller Toten des Krieges und der Gewaltherrschaft. Wir
gedenken insbesondere der sechs Millionen Juden, die in deutschen
Konzentrationslagern ermordet wurden. Wir gedenken
aller Völker, die im Krieg gelitten haben, vor allem der
unsäglich vielen Bürger der Sowjetunion und der
Polen, die ihr Leben verloren haben. Als Deutsche
gedenken wir in Trauer der eigenen Landsleute, die als Soldaten, bei
den Fliegerangriffen in der Heimat, in Gefangenschaft und bei der
Vertreibung ums Leben gekommen sind. Wir gedenken der
ermordeten Sinti und Roma, der getöteten Homosexuellen, der
umgebrachten Geisteskranken, der Menschen, die um ihrer
religiösen oder politischen Überzeugung willen
sterben mußten. Wir gedenken der
erschossenen Geiseln. Wir denken an die Opfer des
Widerstandes in allen von uns besetzten Staaten. Als
Deutsche ehren wir das Andenken der Opfer des deutschen Widerstandes,
des bürgerlichen, des militärischen und
glaubensbegründeten, des Widerstandes in der Arbeiterschaft
und bei Gewerkschaften, des Widerstandes der Kommunisten. Wir
gedenken derer, die nicht aktiv Widerstand leisteten, aber eher den Tod
hinnahmen, als ihr Gewissen zu beugen. ... Der
8. Mai ist ein tiefer historischer Einschnitt, nicht nur in der
deutschen, sondern auch in der europäischen Geschichte. Der
europäische Bürgerkrieg war an sein Ende gelangt, die
alte europäische Welt zu Bruch gegangen. "Europa hatte sich
ausgekämpft" (M. Stürmer). Die Begegnung
amerikanischer und sowjetrussischer Soldaten an der Elbe wurde zu einem
Symbol für das vorläufige Ende einer
europäischen Ära. ... Wir lernen aus unserer eigenen
Geschichte, wozu der Mensch fähig ist. Deshalb dürfen
wir uns nicht einbilden, wir seien nun als Menschen anders und besser
geworden. Es gibt keine endgültig errungene
moralische Vollkommenheit - für niemanden und kein Land! Wir
haben als Menschen gelernt, wir bleiben als Menschen
gefährdet. Aber wir haben die Kraft, Gefährdungen
immer von neuem zu überwinden. Hitler hat
stets damit gearbeitet, Vorurteile, Feindschaften und Haß zu
schüren. Die Bitte an die jungen Menschen
lautet: Lassen Sie sich nicht hineintreiben in
Feindschaft und Haß gegen andere Menschen, gegen
Russen oder Amerikaner, gegen Juden oder
Türken, gegen Alternative oder Konservative, gegen
Schwarz oder Weiß. Lernen Sie miteinander
zu leben, nicht gegeneinander. Lassen Sie auch uns
als demokratisch gewählte Politiker dies immer wieder
beherzigen und ein Beispiel geben. Ehren wir die
Freiheit. Arbeiten wir für den Frieden. Halten
wir uns an das Recht. Dienen wir unseren inneren
Maßstäben der Gerechtigkeit" Quellennachweis: http://webarchiv.bundestag.de/archive/2007/0525/geschichte/parlhist/dokumente/dok08.html |