Logo VVN/BdA NRW

Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

12.05.2013

Abschied von Gerd Deumlich

Traueranzeige mit zahlreichen Unterschriften und Rede von Cornelia Kerth

„Wir werden Gerd als klugen und liebenswerten Kameraden und entschiedenen Streiter für die neue Welt des Friedens und der Freiheit in Erinnerung behalten. In diesem Sinne wird er uns weiter begleiten.“ Dies waren einige der Abschiedsworte von Cornelia Kerth, Bundesvorsitzende der VVN-BdA, auf der Trauerfeier für Gerd Deumlich in der überfüllten Halle des Essener Friedhof Süd-West. Wir veröffentlichen die Traueranzeige zahlreicher seiner Freund/innen sowie die Trauerrede im Wortlaut.

Gerd Deumlich.Für Gerd Deumlich
Wir sind viele Wege miteinander gegangen.
Kurze und lange. Wir möchten keinen Meter und keine Minute davon missen.
Und wir werden sie weiter gehen.
Und an Dich denken.

Deine Freunde, Genossinnen und Genossen.

Wilhelm Schwettmann, Cornelia Kehrt, Heinrich Fink, Traute & Ulrich Sander, Lothar Geisler sowie Erika & Ulrich Abczynski, Udo Achten, Gustl Ballin, Friedrich-Martin Balzer, Gretchen Binus, Gisela Blomberg, Hartmut Büchsel, Olaf Cless, Alice & Klaus Czyborra, Kai Degenhardt, Diether Dehm, Frank Deppe, Gisela Dette, Günther Dicks, Peter Dürrbeck, Ludwig Elm, Raimund Ernst, Gerhard Feldbauer, Jutta von Freyberg, Bruni & Fritz Freyeisen, Heide Ferber & Peter Wilke, Georg Fülberth & Urte Sperling,  Wolfgang Gehrcke, Annegret & Willi Gerns, Vera Glitscher, Wolfgang Günther, Wolf Dieter Gudopp, Hendrijk Guzzoni, Angelika Haas, Thomas Hagenhofer & Petra Jahn, Toni & Erich Hahn, Jürgen Harrer, Christl Hausladen-Sambale & Heinz Sambale, Heidrun Hegewald, Wiljo Heinen, Klaus Höpcke, Willi Hoffmeister, Erwin Jarmus, Günter Judick, Volker Jung, Bettina Jürgensen, Dieter Keller, Lorenz Knorr, Christian Koberg, Walter Kurowski, Beate Landefeld, André Leisewitz, Walter Listl & Sonja Schmid, Helmut Loeven, Michael & Ulrike Maercks, Gisa Marschefski & Günter Bennhardt, Erika & Otto Marx, Klaus Mausner, Leo Mayer, Karl-Heinz Medler, Lore & Bernd Meimberg, Emmi & Helmut Menzel, Thomas Metscher, Gert Meyer, Maria & Peter Michel, Falk Mikosch, Gerda & Herbert Mies, Ursel Möllenberg, Frank Münschke, Arno Neuber, Georg Neubauer, Helmut Peters, Georg Polikeit, Christel Priemer, Rolf Priemer, Ria & Hubert Reichel, Ula & Wolfgang Richter, Renate Richter & Manfred Wekwerth, Anne Rieger, Margret Rest, Werner Rügemer, Dieter Süverkrüp, Leander Sukov & Simone Barrientos, Erich Schaffner, Gudrun Scharf, Marianna Schauzu & Andreas Wehr, Gisela & Gregor Schirmer, Fred Schmid, Anette Schneider, Ulrich Schneider, Erasmus Schöfer, Luise Scholz, Erich Schreier, Walborg Schröder, Dietrich Schulze, Lydia & Eckart Spoo, Annemarie & Robert Steigerwald, Rosi Stiffel, Peter Strutynski, Hannes Stütz, Inge Trambowsky & Jürgen Schuh, Bernd Trautvetter, Peter Trinogga, Manfred Tripp, Hannes Wader, Peter C. Walther, Ellen & Eberhard Weber, Manfred Weißbecker, Petra Wegener & Friedhelm Spatz, Marianne & Günther Wilke, Esther Winkelmann & Jürgen Repschläger, Guido Zingerl.

Im Sinne unseres 83jährig verstorbenen Gerd Deumlich, Chefredakteur der "Marxistischen Blätter", Mitglied des VVN-BdA-Bundesausschusses und der Initiativgruppe für die Rehabilitierung der Opfer des Kalten Krieges, wurde anläßlich der Trauerfeier am 10. Mai 2013 in der Trauerhalle des Essener Süd-West-Friedhofes, um eine Spende für die "Marxistischen Blätter" gebeten   (Neue Impulse Verlag, Postbank Essen 360 100 43, Konto-Nummer 33 709 432., Stichwort Deumlich).

Es folgt die Ansprache von Cornelia Kerth bei der Trauerfeier für Gerd Deumlich:

Liebe Kameradin Gritta, liebe Söhne Mathias und Michael,

liebe Familie Deumlich,

liebe Kameradinnen und Kameraden,

liebe Genoss_innen und Freund_innen von Gerd,

Die Trauerfeier (Foto: Jochen Vogler/r-mediabase.eu).Gerd wurde mitten aus einem aktiven und engagierten Leben gerissen. Das kann man nicht oft sagen, wenn wir uns wie heute von einem Kameraden, Genossen und Freund verabschieden, der kurz vor seinem 84. Geburtstag stand. Das macht es aber auch so schwer, sich vorzustellen, dass er nicht mehr unter uns ist.

Er war auf dem Heimweg von einer Veranstaltung der „Kinder des Widerstands“, als ihn der Tod ereilte. Die „Kinder des Widerstands“ waren wohl das letzte politische Projekt, das er mit aus der Taufe gehoben hat; es war ihm sicher ein Herzensanliegen, denn er selbst war als Sohn eines „Moorsoldaten“  schon früh politisiert worden und trat im jugendlichen Alter von 17 Jahren  in die KPD und FDJ ein.

Das war 1946 und man war noch guter Hoffnung, dass die „neue Welt des Friedens und der Freiheit“ kein allzu fernes Ziel sei. Ein Jahr danach  wurde die VVN als parteiübergreifende Organisation aller Verfolgten des Naziregimes gegründet und Vertreter aller Parteien waren in ihren Leitungsgremien vertreten. Dass nur zwei Jahre später die SPD ihre Mitglieder bei Androhung des Ausschlusses zum Austritt auffordern würde, und dass schon kurz nach der Gründung der Bundesrepublik Adenauer die Generäle der Wehrmacht mit dem Aufbau einer neuen Armee beauftragt werden würden, schien kaum vorstellbar. Dass diejenigen, die sich der neuen Militarisierung in den Weg stellen würden, noch nicht einmal 10 Jahre nach der Zerschlagung des Faschismus  in denselben Gefängnissen eingesperrt würden, wie die Nazi-Gegner, erst recht nicht.

1951 wurde die FDJ verboten, kurz danach mehrere Landesverbände der VVN, weil sie nicht davon abließen, eine Volksbefragung gegen die Remilitarisierung vorzubereiten. Gerd ließ auch nach dem Verbot nicht davon ab, für die „neue Welt des Friedens und der Freiheit“ einzutreten, u. a. als Chefredakteur des FDJ-Zentralorgans „Junges Deutschland“. Nachdem er im November 1954 zusammen mit seiner Frau Gritta verhaftet worden war, folgte nach Monaten zeitweise strenger Einzelhaft die Verurteilung zu 2 Jahren und 3 Monaten Gefängnis, die er bis Juni 1956 absitzen musste.

Auf dem Friedhof (Foto: Jochen Vogler/r-mediabase.eu).Damit war Gerd einer von 6.758 Personen, meist Kommunist_innen, die zwischen 1951 und 1968 zu teilweise langjährigen Haftstrafen verurteilt wurden. Das sind 7 Mal so viele Verurteilungen wie im gleichen Zeitraum gegen Nazi-Verbrecher ausgesprochen wurden. Einer weiteren Verhaftung und Verurteilung konnte Gerd nach dem KPD-Verbot nur entgehen, indem er und seine Familie bis 1968 in die DDR übersiedelten. Kaum wieder im Westen, wurde er Mitglied in der VVN – damals noch ohne BdA.

Gerd blieb immer Friedenskämpfer, ob als Ostermarschierer oder Journalist und in unserer kleinen feinen Bundeskommission „Frieden“. Da wird er fehlen. Er gehörte 1988 zu den Gründern  der Initiativgruppe für die Rehabilitierung der Opfer des Kalten Krieges. Gerade jetzt, wo es um die längst überfällige Einrichtung eines Erinnerungsortes in Wolfenbüttel geht – wo u. a. unser Kamerad August Baumgarte vor und nach 1945 in der gleichen Zelle saß – hinterlässt er eine große Lücke.

Seit 2002 vertrat Gerd die Arbeitsgruppe Emslandlager/Moorlager im Bundesausschuss der VVN-BdA, dem der schon seit 1995 als Vertreter der LV NRW angehört hatte. Auch dort wird er uns fehlen.

Gerd fiel nie durch laute Worte auf, sondern durch sehr dosierte kluge Beiträge, die besonders in schwierigen Situationen und im Konflikt oft Grundsätzliches in Erinnerung riefen und mit Aktuellem verbanden. Sein breites und profundes Wissen konnte er mit lebenslanger politischer Erfahrung verbinden. Nie war er „Oberlehrer“, immer freundlich und kameradschaftlich. Gerd strahlte menschliche Wärme und Lebensfreude aus. Er gehörte auch - wie ich meine gern - dem „Stammtisch“ an, der an den BA-Wochenenden samstags abends bei einem oder mehreren Gläschen Wein über „Gott und die Welt“ debattiert, mal hitzig, mal amüsiert, immer interessant. Auch dort werden wir ihn vermissen.

Wir werden Gerd als klugen und liebenswerten Kameraden und entschiedenen Streiter für die neue Welt des Friedens und der Freiheit in Erinnerung behalten. In diesem Sinne wird er uns weiter begleiten.