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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

05.04.2013

Ungarische Verhältnisse in Dortmund

Offener Brief der VVN-BdA -  Ein schwerwiegender Vorfall der Nazi-Begünstigung

Dortmund hält sich seine Wachsamkeit gegen Nazis zugute, nachdem man lange geschlafen hatte. Kehren nun die alten Zeiten der Begünstigung der Nazis zurück? Am Karsamstag durften Nazis vor das Haus in Dortmund-Dorstfeld ziehen, in dem sie Roma und Sinti vermuteten. Sie wollten die "Überfremdung" belämpfen und vor "Ekelhäusern" warnen, behaupteten sie, den Antiziganismus der Dortmunder Medien seit 2011 und offenbar die Vorbilder aus Ungarn aufgereifend. Und die Polizei ließ es zu. Die VVN-BdA protestierte mit einem offenen Brief an den Innenminister und an den Polizeipräsidenten, die seit über einem halben beinahe täglich versicherten, sie wollten den Nazis auf den Füßen stehen. Eine weitere alarmierende Nachricht:

In Dortmund könnte es einen zweiten Anschlag im Zusammenhang mit der Mordserie des Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) gegeben haben, meldet die Westdeutche Allgemeine am 3.4.13.

VVN-BdA Kreisvereinigung Dortmund

OFFENER BRIEF

an den

Innenminister des Landes NRW
Polizeipräsidenten Dortmund

Sehr geehrter Herr Minister Jäger,
sehr geehrter Herr Polizeipräsident Wesseler,

mit Verwunderung, Unverständnis und Empörung reagieren wir auf die jüngsten Entwicklungen in Dortmund.

Am Oster-Samstag hat die sich als Partei ausgegebene „Die Rechte“ (tatsächlich eine Nachfolgeorganisation der von Ihnen verbotenen Organisationen) in verschiedenen Dortmunder Stadtteilen rassistische Kundgebungen abgehalten. Unsere massive Kritik richtet sich besonders daran, dass es eine erlaubte Kundgebung vor einem Wohnhaus gegeben hat, in dem eine Familie lebt, die der Ethnie Sinti oder Roma angehört.

Viele unserer Mitglieder fühlten sich zurückversetzt in die Zeit ihrer Kindheit bzw. in die Zeit der Kindheit ihrer Eltern. Vor ihren Elternhäusern sammelten sich Nazi-Schergen, brüllend, skandierend und brandmarkten die Häuser und Geschäfte, weil sie Mitbürger jüdischen Glaubens waren. Wir fragen: Ist es wieder soweit? Dürfen Neonazis, eindeutig von Ihnen, Herr Minister, von Ihnen, Herr Polizeipräsident, der verbotenen Kameradschaft „Nationaler Widerstand Dortmund“ zugeordnet, jetzt gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit unter dem Parteienprivileg propagieren?

Wir sagen öffentlich und mit aller Entschiedenheit NEIN zu derartigen Manifestationen und Provokationen!

In Dortmund und anderswo entsteht 80 Jahre nach geplanten Boykotten, 20 Jahre nach den Brandanschlägen von Solingen und Mölln und dem NSU-Terror der letzten Jahre in vielen Städten – auch in Dortmund – wieder eine durch Neonazis geschürte Pogromstimmung.

Daher unser Appell:

  • Verbieten Sie den Aufmarsch der Neonazis am 1.Mai in Dortmund und anderswo – der Sturm auf die Gewerkschaftshäuser ist historische Mahnung genug, den Überfall auf die DGB-Kundgebung 2009 haben wir alle noch vor Augen!
  • Verbieten Sie Demonstrationen im öffentlichen Raum vor privaten Wohnungen von Mitbürgern! Nicht ohne Grund schützt unser Grundgesetz die Unantastbarkeit der Wohnung! Im Dezember 2012 durften Neonazis bei prominenten Dortmunder Politikern nur mit Abstand und umfangreichem Auflagenkatalog protestieren, am Ostersamstag gab es diesen Abstand nicht mehr. So ist die Schlussfolgerung: je geringer der Abstand zur Wohnung, desto geringer der Status des Bürger-Seins? Einer solchen Abstufung des Bürger-Seins können, werden und wollen wir nicht folgen. Ob OB, Minister oder neu zugezogener Bürger aus irgendeinem Land – keine Unterschiede im Schutz vor Neonazis, Rassismus, Antisemitismus, Homophobie oder irgendeiner gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit.

Mit freundlichen Grüßen

Vorstand der VVN-BdA Dortmund

Zur Situation in Dortmund siehe auch:

http://www.derwesten.de/staedte/dortmund/gab-es-zweiten-nsu-anschlag-in-dortmund-id7791558.html