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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

02.04.2013

Bunt statt olivgrün

Die Junge Welt hat in Ihrer Ausgabe von heute Auszüge aus Reden, die bei den diesjährigen Ostermärschen in verschiedenen bundesdeutschen Städten gehalten wurden, dokumentiert. Mit freundlicher Genehmigung der jW geben wir hier die Dokumentation wieder. Die Bilder hat Jochen Vogler von r-mediabase.eu zur Verfügung gestellt.

»Kein Schmusekurs mit Kriegsministern«

Ostermarsch 2013Hollywood und auch die hiesige Filmindustrie – nicht zuletzt Til Schweiger – leisten ihren Beitrag zur Einstimmung auf kriegerisches Heldentum, Militär und Gewalt als Mittel der Konfliktlösung. Dennoch steht das Töten als Berufswunsch nicht hoch auf der Wunschliste der Schulabgänger. Auch das Kriegsspiel am heimischen Computer hat sich bisher als wenig durchschlagkräftig erwiesen, was die Rekrutierung von Soldaten anbelangt. Deshalb investiert die sogenannte Bundeswehr viel Geld in Werbemaßnahmen und tritt dabei in Schulen und Jobbörsen als ›Arbeitgeber‹ auf – der natürlich gut finanziell unterfüttert wird. Verkleidet als Fun und Abenteuer – wie bei der Werbekampagne in der Jugendzeitschrift Bravo im letzten Jahr – kommt das Buhlen ums Kanonenfutter daher. (…) Auch das Bundeswehrorchester mit seinem multikulturellen Anstrich in Gestalt einer schwarzen Sängerin gehört zur allgemeinen Imagepflege unserer Armee. Gleichzeitig stellt das Orchester auch eine Rekrutierungsmaßnahme dar – etwa, wenn es bei seinen Auftritten von dem Truck ›Karriere Bundeswehr‹ begleitet wird. Unter diesem Label, das berufliche Perspektiven verspricht, findet man inzwischen das, was man aus anderen Ländern schon länger kennt: Versprechen für eine gute Ausbildung. In Zeiten von Wirtschaftskrise und Jobs im Niedriglohnsektor vielleicht ein attraktives Angebot. Diese Ausbildung erhält man dann, wenn man bereit ist, sich an den sogenannten Auslandseinsätzen zu beteiligten. Hinter dem seriös klingenden Wort stecken jedoch Krieg und Tod. Es bedeutet militärisches Eingreifen überall auf der Welt jenseits von grundgesetzlicher Landesverteidigung und dem Völkerrecht. (…) Zu allem Übel bröckelt der gewerkschaftliche Widerstand gegen die Kriegswirtschaft. DGB-Chef Michael Sommer (…) scheint die Sicherung von Arbeitsplätzen in einer militärisch ausgerichteten Wirtschaft offensichtlich ›krisensicherer‹ zu sein. Wenn aber die Vertreter der Arbeiterschaft nicht mehr deren langfristiges Wohl im Auge haben, wer dann? Wenn die Lobby der Lohnarbeiter ins gleiche Horn stößt wie die Lobbyisten der Kriegswirtschaft, wer vertritt dann noch unsere Interessen? Die Interessen der Bevölkerungsmehrheit, die sich dem Fazit aus Krieg und Tod verpflichtet fühlt und für eine Umwandlung lebensverachtender Waffen und Jobs in lebensfreundliche Tätigkeitsfelder einsetzt? Wir sagen: Nein zum Schmusekurs mit Kriegsministern! (...)«

Sabine Schiffer, Leiterin des Institutes für Medienverantwortung, Ostermarsch Berlin

»Nie wieder 1933 – und nie wieder Krieg«

Ostermarsch 2013»(…) Wir brauchen eine Gewerkschaftsbewegung als Teil der Friedensbewegung und keinen Kriegspakt des DGB mit der Bundeswehr. Wenn die Gewerkschaften nicht aufpassen, dann werden sie schon bald an ihren sozia­len Kämpfen durch Streikbruch und bewaffnete Bundeswehreinsätze im Innern gehindert, die von rechten Reservisten besorgt werden. Wir sagen: Diesem Kriegssystem darf sich kein Kollege und keine Kollegin beugen. (…) Zu den wirkungsvollen Bewegungen im Lande gehört Gott sei Dank die antifaschistische. Überall treten die Menschen den Nazis und Rassisten entgegen. Die Untätigkeit der Behörden im Umgang mit den gewalttätigen Faschisten, wenn nicht Mithilfe der Behörden bei den Naziaktivitäten wie die NSU-Verbrechen, empört uns alle sehr – und es entwickelt sich der Protest, oft unter dem Motto »Bunt statt braun«. Wir sind jedoch nicht nur Nazigegner, sondern auch Kriegsgegner. Wir fordern: Bunt statt braun und olivgrün! Tragen wir dieses Motto auch am 1. Mai und am 1. September wieder auf die Straße, und wehren wir uns gegen die Nazis und die Kriegstreiber. Nie wieder Krieg und nie wieder Faschismus!«

Ulrich Sander, Bundessprecher der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten, Ostermarsch Dortmund

»Friedensinitiativen statt Kriegspolitik«

Ostermarsch 2013»(…) Es gibt keine guten Kriege. Es gibt keine guten Waffen. Denn es gibt auch keine guten Toten! Wer die Welt und die Menschen in gut und böse einteilt oder sonstwie spaltet, der verursacht genau das, was er erst beklagt und womit er dann bewaffnete Einsätze rechtfertigt: Der verursacht und schürt den Haß, der zu Kriegen führt. Liebe Freundinnen und Freunde, heute lehnen breite Mehrheiten in der Bevölkerung den Einsatz der Bundeswehr im Ausland ab. Trotzdem findet sich seit über 20 Jahren genau dafür immer wieder eine Mehrheit in Regierung und Parlament. Als in den 1960er Jahren die große Koalition die Notstandsgesetze gegen eine breite Bewegung durchsetzte, ging es noch um den Einsatz der Bundeswehr im Innern: Gegen streikende Stahlarbeiter, gegen protestierende Studenten. Die Notstandsgesetze wurden beschlossen. Damals war die Bundeswehr noch – wie es das Grundgesetz verlangte – eine Wehrpflichtigenarmee, die allein der Landesverteidigung diente. Sie sollte nach den Erfahrungen der Diktatur und der ersten deutschen Demokratie kein ›Staat im Staat‹ mehr sein. Was ist daraus geworden? Mit der Umwandlung in eine Freiwilligenarmee ist die Funktion der Bundeswehr eine völlig andere geworden. Die Bundeswehr wird – im Widerspruch zum Grundgesetz – zu einer international einsetzbaren Interventionsarmee umgerüstet. Und der Krieg hält zunehmend Einzug in unser Land. Unsere Gesellschaft wird immer stärker militarisiert. Je mehr Hartz-IV-Empfänger wir haben, desto stärker wird die Militärpropaganda im Innern – sowohl zur Nachwuchsgewinnung, als auch um die Bevölkerung an den ›Normalzustand‹ zu gewöhnen und auf neue Kriege einzustimmen. (…) Denn ein Bruchteil der 1,7 Billionen Dollar, die weltweit für Rüstung ausgegeben werden, würde ausreichen, die wichtigsten Millenniumsziele der Vereinten Nationen zu erreichen: Die Halbierung der Armut, die Versorgung aller Menschen mit sauberem Wasser, mit Gesundheitsdiensten und mit Bildung. Aber die Perversion der Aufrüster hat System. Es ist das System der Umverteilung von unten nach oben, von Arm zu Reich. (…) Rüstung tötet, auch im Frieden. Dieses Motto der Friedensbewegung gilt nach wie vor. (...)«

Helga Schwitzer, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall, Ostermarsch Frankfurt am Main

»Keine Kampfdrohnen«

Ostermarsch 2013»(…) Als besonders empörend empfinden wir Äußerungen von Verteidigungsminister de Maizière, wonach die Kampfdrohnen – wie jede andere Waffe auch – ethisch als wertfrei einzustufen seien. Nein, Drohnen stellen eine völlig neue Waffenqualität dar, die unabsehbare Folgen für Kriege überhaupt zeitigt. (…) Der Einsatz von Kampfdrohnen senkt die Schwelle zum Kriegseintritt, weil keine eigenen Gefallenen befürchtet werden. Bewaffnete Drohnen schaffen neue Kriegsmöglichkeiten. Sie können unbemerkt tief in fremde Territorien eindringen und heimtückisch und überraschend angreifen. Der Einsatz von Kampfdrohnen soll angeblich sogenanntes gezieltes Töten ermöglichen. Das bedeutet eine Aushebelung aller rechtstaatlichen Grundsätze. Politiker, die solche Einsätze anordnen, sind sozusagen Ermittler, Ankläger, Richter und Henker in einer Person! (…) Wegen des weltumspannenden ›Krieges gegen den Terror‹ gibt es grundsätzlich kein Land, keine Region mehr, das oder die nicht in das Visier der ›Anti-Terror-Krieger‹ geraten könnte. Kampfdrohnen, deren Raketen und Bomben bisher noch von Menschen per Knopfdruck ausgelöst werden, gehören bald der Vergangenheit an. Technische Entwicklungen führen zur Automatisierung, so daß die Entscheidung über den Feuerbefehl von der Drohne selbst gefällt wird. Anders als Menschen sind Killerroboter nicht leidensfähig und schrecken somit vor nichts zurück. Eine derart entfesselte Kriegsmaschinerie führt zu noch schrecklicheren Kriegen; die Opfer dieser Roboterkriege sind nach wie vor Menschen. Drohnen als völlig neue Waffenkategorie, zudem in der Anschaffung preiswerter als Kampfflugzeuge, Bomber und Hubschrauber, lösen ein neues Wettrüsten aus. Autonom operierende Drohnengeschwader sind kein Science Fiction mehr, sondern können Realität werden. (...)«

Lühr Henken, Sprecher des Bundesausschusses Friedensratschlag, Ostermarsch Berlin

»Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!«

»(...) In der Bevölkerung gibt es eine klare Mehrheit gegen Waffenhandel. 73 Prozent der Befragten sprachen sich gegen den Export der 200 Leopard-Panzer nach Saudi-Arabien aus. Mit der Aktion Aufschrei wollen wir dieser Mehrheit eine Stimme geben. An dieser Kampagne nehmen über 100 Organisationen der Friedensbewegung, der Entwicklungshilfe, der kirchlichen Friedensarbeit und der Gewerkschaften teil – und es werden täglich mehr. Bis zur Bundestagswahl wollen wir 262000 Unterschriften sammeln für eine Ergänzung des Artikels 26 (2) des Grundgesetzes. (…) Unterbinden wir endlich das Massenmorden mit deutschen Waffen. (...)«

Thomas Schwoerer, Bundessprecher der DFG-VK, Ostermarsch Mainz

Informationen: 

http://www.aufschrei-waffenhandel.de

und

http://www.drohnen-kampagne.de