18.02.2013 KriegsGefahr wächst unmerklich schnell Unbemannte Systeme übernehmen wie in
der Entwicklung der Produktivkräfte in der Wirtschaft mehr und
mehr eine zentrale Rolle in der Entwicklung der
Destruktivkräfte in der Kriegsführungs-Planung. Das
ist intolerabel gefährlich, nicht nur wegen der auch bei
Drohnen vieldiskutierten sogenannten Kollateralschäden, wenn
man das falsche sog. „weiche Ziel“ tötet.
Bernhard Trautvetter vom Essener Friedensforum hat die wichtigsten
Fakten zur unheilvollen Entwicklung in der Waffenproduktion und
-anwendung zusammengefasst. Screenshot
einer Kombination von zwei Bild-Elementen, darunter ein eigenes Foto.
[Text und Fotos: Bernhard Trautvetter, Essener Friedensforum] KriegsGefahr wächst
unmerklich schnell Von Bernhard Trautvetter Die
US-Website “SPACE WAR – your world at
war” - textete: “Die U.S. Air Force
bereitet sich darauf vor, ein neues Kommando für die
Entwicklung von Cyberspace-Techniken aufzubauen, um damit
Kämpfe auszuführen...“
[spacewar.com/reports/US_Air_Force_Prepares_For_
Cyber_Warfare_999.html, Übersetzt. B.T. Zugriff 17.2.13 16
Uhr]) Die Zeit hat diesen Text
längst überholt. Der von den USA und Israel gegen
iranische Atomanlagen entwickelte Computerwurm
‚Styxnet’ lässt ahnen, was in der
unmittelbar vor uns liegenden Zeit real sein soll:
Großtechnische Anlagen und damit die gesamte Infrastruktur
mindestens einer Region können ausgeschaltet werden. Ein
solcher Angriff kann als Beginn eines Krieges interpretiert werden,
denn er kann z.B. für die Nato als eine Legitimation zum
Gegenschlag dienen. Air Force Chief General Mosley
führte bereits im Oktober 2006 aus, die
„Herausforderungen beginnen mit Kämpfen, enden dort
aber nicht.“ [af.mil/news/story.asp?id=123027010,
Übers.B.T.] Es geht ihm dabei darum, eine Verbindung eigener
Dominanz im erdnahen Raum (space), sowie in der Luft (air) und im
Internet (cyberspace) sicherzustellen, wie es im Text seiner Rede
heißt. Wie weit diese Entwicklung bereits die
Drohnen-Technik einbezieht, kann man angesichts der ersten Tests mit
Weltraumdrohnen ahnen: „ Das US-Militär testet
...ein geheimes unbemanntes Mini-Raumflugzeug – von dem
niemand in der Öffentlichkeit weiß, welchem Zweck es
dient -“; es werde als „neues Waffensystem im
Weltall“ kommuniziert [Die Welt,12.12.12]. Es ist geeignet,
schnell auf Krisen reagierend, vom All aus präzise
Kampfgebiete zu scannen und operative Steuerung von Lenkwaffen zu
übernehmen. Die bisherigen Entwicklungskosten werden - sicher
zutreffenderweise - auf mehrere hundert Millionen Dollar
geschätzt. Das investiert man in der Aussicht, beabsichtigte
Dominanz sicherzustellen. Unbemannte Systeme übernehmen wie in
der Entwicklung der Produktivkräfte in der Wirtschaft mehr und
mehr eine zentrale Rolle in der Entwicklung der
Destruktivkräfte in der Kriegsführungs-Planung. Das
ist intolerabel gefährlich, nicht nur wegen der auch bei
Drohnen vieldiskutierten sogenannten Kollateralschäden, wenn
man das falsche sog. „weiche Ziel“ tötet. Gewissensentscheidungen
verantwortlicher Militärs haben die Menschheit in den letzten
Jahrzehnten wiederholt vor der nuklearen Zerstörung bewahrt.
Dazu zählt der sowjetische Vizeadmiral Wassili Archipow, der
sich in der Kuba-Krise weigerte, die Vorschrift zu befolgen und in
einer Torpedo-Angriffs-Situation auf den roten Knopf zu
drücken. 1983 stufte der sowjetische Oberstleutnant Petrow
einen Raketenalarm glücklicherweise und zutreffend als
Fehlalarm ein und folgte nicht der militärisch an sich
zwingenden Vorschrift zum vorbeugenden Gegenschlag. "Du
kannst Dinge nicht innerhalb weniger Minuten
überprüfen. Alles, was man tun kann, ist, sich auf
seine Intuition zu verlassen. Ich hatte zwei Argumente. Erstens
beginnen Angriffe in einem Krieg nicht nur von einer einzigen
Raketenbasis aus. Zweitens hat ein Computer kein Gehirn. Es gibt
vieles, was er irrtümlich für einen Raketenangriff
halten könnte." [dradio.de/
dlf/sendungen/kalenderblatt/851721/, Zugriff 16.2.13 21 Uhr]
JAPCC
/ Kalkar Destruktivkraftentwicklung Das
wird es nicht mehr geben, wenn die Automatisierung im
„Kriegshandwerk“ genauso um sich greift, wie in der
Produktivkraftentwicklung. Der Drohnenkrieg ist eine
Wegmarke auf diesem Weg, der von einer Zeitbombe an einer immer
kürzeren Lunte bedroht wird: Peter W. Singer, Leiter der
Arbeitsgruppe ‚21st Century Defense Initiative‘ an
der Brookings Institution in Washington dazu in einem
Spiegel-Interview: „Krieg war früher mal eine sehr
ernste Entscheidung für eine Gesellschaft. Jetzt
erklären wir ihn nicht mal mehr offiziell... Auch
ändert der Drohnenkrieg, wie die Politiker über den
Krieg denken. Die Hemmschwellen des Krieges, die so schon niedrig
waren, liegen nun ganz am Boden." [spiegel.de/
politik/ausland/drohneneinsaetze-sie-nennen-es-kriegsporno-a-681007.html,
Zugriff 16.2.13, 22 Uhr]. Überschrift und Einleitung des
Berichts zeigen die bedenklich abgestumpfte verharmlosende
Haltung gegenüber der Gefahr:
„Drohneneinsätze: ‚Sie nennen es
Kriegs-porno’... Die gesamte Erlebniswelt des Krieges werde
durch die neuen ... Waffen verändert.“ Als
Resultat ergibt sich, dass wir an einem qualitativen Sprung dessen
stehen, was sie Kriegshandwerk (Warfare) nennen. Die
Gefährlichkeit für das Überleben der
Menschheit stößt in neue Intensitätsgrade
vor. In den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts
stand in West-Europa eine millionenfache Friedensbewegung auf, weil die
Nato damals die Kriegsgefahr für viele leicht erkennbar
steigerte: Sie installierte mit der Pershing II eine Erstschlagswaffe
für den Enthauptungsschlag gegen die Sowjetunion. Die
Mittelstreckenrakete benötigte nicht mehr als fünf
Minuten bis zum technisch möglich gemachten Einschlag in einem
gegnerischen Raketensilo. Die Sowjetunion hätte im Falle eines
Angriffsalarms die Silos sofort durch den vorbeugenden Gegenschlag
leeren müssen, oder sie hätte diese Waffen verloren.
In Fünf Minuten kann man nicht überprüfen,
ob der Alarm ein Alarm oder ein Fehlalarm ist. Die Nato riskierte das
Auslöschen der Menschheit aus Versehen. Das brachte die
damalige Friedensbewegung so massenhaft auf die Straße, dass
diese Atomraketen schließlich aus Europa verschwanden. Genau
das, was die friedliebende Menschheit damals erreichte, ist heute
unsere durch die Destruktivkraftentwicklung verschärfte
Aufgabe auf einer globalen Stufe der Steigerung der Gefahr. Die Nato
baut Zentren für die Fusion von Cyber-/Air-/und Space-War auf,
greift auf Drohnen zurück und integriert die Atomwaffe in ihre
Strategie: Ich habe eine Datei eines Vortrages von Chief of Staff
General Norty Schwartz vom 1.8.2008, in der er unter dem Motto
„Fliege-Kämpfe-Gewinne“ fordert, dass die
Atomwaffe erneut zu stärken sei [„Reinvigorate the
Air Force Nuclear Enterprise”,
afa.org/grl/pdfs/SLOC-CSAFsPerspective_1-Aug-08_v5.pdf]. Er bezieht
sich dabei auf größere Studien, die dazu sehr
konkrete und ausführliche strategische und taktische
Ausführungen treffen. [siehe z.B.:
af.mil/shared/media/document /AFD-081024-073.pdf] Friedensbewegung gegen
automatischen Krieg Schon 2004 sagte der damalige
Chef der internationalen Atomenergie-Agentur M. Baradei, ein
„Atomkrieg rückt näher, wenn wir uns nicht
auf ein neues ... Kontrollsystem besinnen“ [Spiegel-online v.
24.01.2004, Zugriff 16.2.13, 22:30]. Die Gefahr von damals wird durch
die neuen Entwicklungen immer existenzieller und schneller gesteigert,
ja übertroffen. Man kann Wasser eine überschaubare
Zeit jeden Tag um ein Grad C. erwärmen, ohne dass viel
geschieht. Dann aber kommt ein Tag, an dem der Zustand am Siedepunkt in
eine neue Qualität umschlägt und ungeheure
Kräfte zur Wirkung kommen. Das Ostermarschkomitee
strebt Demonstrationen wie einst in den Zeiten der Anti-AKW-Bewegung
auch in Kalkar an, denn dort baut die Nato seit Jahren ein
„Air Power Centre of Excellence“ auf, um die
Handlungsfähigkeit der „Allianz“ in den
Bereichen „air, space, land and maritime air power
operations“ zu verbessern.
[nato.int/cps/en/SID-747688C3-CE70DDA1/natolive/news_21416.htm] Es
wäre eine Tragödie, wenn die Umweltbewegung ein
Atomkraftwerk in Kalkar einst verhindert hätte, und dann vor
Ort ein Kriegslogistik-Zentrum einzöge. |