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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

28.01.2013

Appell zum 27. Januar

Man schreibt der VVN-BdA: "Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde, bei meinem Vortrag im Bremer Evangelischen Bildungswerk über das Bürger-Engagement für vergessene NS-Opfer wurde ein "Bremer Appell zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar 2013" verabschiedet und der Presse zur Kenntnis gegeben. Auch Abgeordneten der Regierungsfraktion, die bis heute statt Entschädigungsleistungen sogar als "humanitäre Gesten" bezeichnete Zuwendungen ablehnen, wird dieses Schreiben zugeleitet. Die Verbreitung des "Bremer Appells" ist im Interesse aller ehemaligen sowjetischen Kriegsgefangenen. Mit herzlichen Grüßen. Eberhard Radczuweit, KONTAKTE-KOHTAKTbI e.V.". Hier die Bremer Erklärung.

Bremer Appell zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar 2013

Am Jahrestag der Befreiung von Auschwitz wird aller NS-Opfer gedacht, auch der 900 als erste in Auschwitz mit Giftgas ermordeten sowjetischen Kriegsgefangenen. Sie zählen neben den europäischen Juden zur größten NS-Opfergruppe. In den ersten 10 Monaten des Vernichtungskrieges gegen die Sowjetunion starben zwei Drittel der sowjetischen Kriegsgefangenen in Lagern der Wehrmacht. Diese „Russenlager“ waren Sterbelager. Die Gefangenen verhungerten, starben wegen mangelnder Hygiene an Seuchen, wurden ermordet. Trotz der Notwendigkeit, als Zwangsarbeiter verwertete sowjetische Kriegsgefangen zu ernähren, dauerte das Massensterben bis Kriegsende an. Von 5,7 Millionen sowjetischen Kriegsgefangenen kamen bis zu 3.3 Millionen zu Tode. Sie waren Opfer rassenideologisch motivierter NS-Gewaltherrschaft.

Sie hatten die härteste Zwangsarbeit zu verrichten und gelten trotzdem der Bundesrepublik Deutschland als „nicht leistungsberechtigt“. Nur wenige Überlebende, die in KZ-Haft waren, erhielten die Zwangsarbeiterentschädigung. Als Begründung galt dem Bundesverfassungsgericht „die besondere NS-ideologisch motivierten Diskriminierungen und Misshandlungen“ und weil „die Haft in einem Konzentrationslager nicht als allgemeines Kriegsschicksal angesehen werden kann.“ In einer offiziellen Liste von 3800 anderen Haftstätten, die der KZ-Haft vergleichbar sind, hätten auch die „Russenlager“ aufgeführt werden müssen. Die Haftbedingungen waren zeitweise grausamer als in Konzentrationslagern. Warum wurde dies ignoriert? Ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes im Bundestag könnte jedem Politiker nahe bringen, dass dort die Gefangenen nicht unter „allgemeinem Kriegsschicksal“ litten. Sie wurden unter dem Diktat der NS-Ideologen als „Untermenschen“ misshandelt.

Warum verweigert die Bundesregierung bis heute den wenigen noch lebenden ehemaligen sowjetischen Kriegsgefangenen eine humanitäre Geste der Anerkennung dieses Unrechts?

Vor den ehemaligen „Russenlagern“ liegen Hunderttausende in anonymen Massengräbern. Ihre Namen werden ermittelt durch deutsch-russische Archivsuche. Wir fordern die Bundesregierung dazu auf, dem Gesetz* nach zu handeln: Die Grabstätten müssen in würdiger Form mit den Namen der Toten gekennzeichnet werden!

Ehemalige sowjetische Kriegsgefangene erinnern sich an Gesten der Solidarität und des Mitleids. Menschlichkeit gab es selbst in Zeiten des Terrors. An ein heimlich zugestecktes Stück Brot denken sie bis zum Lebensende mit Dankbarkeit. Unserem Bürger-Engagement verdanken bisher über 7000 ehemalige sowjetische Kriegsgefangene Geldspenden, die als Geste der Anerkennung von Unrecht gereicht wurden.

Schülergruppen gestalten aus Tontafeln an Massengräbern Namensschilder. Der Bundesregierung werden also Beispiele zum Handeln geboten. Das Gedenken der Toten und die Verantwortung für die Überlebenden des Naziterrors sind unteilbar.

Die Bundesregierung wird aufgefordert, ehemalige sowjetische Kriegsgefangene nicht weiterhin zu missachten und eine Geste der Anerkennung zu beschließen!

Der Vorstand des Vereins KONTAKTE-KOHTAKTbI e.V. und die Gäste einer Veranstaltung des Bremer Evangelischen Bildungswerks zum Bürger-Engagement für vergessene NS-Opfer: Prof. Dr. Karl Marten Barfuß, Eckart Behm-Blüthgen, Ingeburg Bertzbach, Jörg Bismark, Steffen Breyer, Anke Buchow, Uta-Maria Cau du Buisson, Hartmut Drewes, Klaus von Freyhold, Richard Grassick, Gunther-Cornelius Hagel, Eike Hemmer, Uwe Henrion, Dorothea Hoffmann, Dr. Hans-Gerhard Klatt, Corinna Kuprin, Behina Magull, Barbara Matuschewski, Prof. Dr. Friedrich Ortmann, Prof. Dr. Hedwig Ortmann, Siegrid Petrahn, Karin Pfeiffer, Ursula Prahm, Reinhard Prail, Eberhard Radczuweit, Petra Redert, Frauke Scheller, Wolfgang Schwanebeck, Julia Schwarzmann, Sabine Springorum, Kerstin True-Biletski, Eva Wertheim, Beatrix Wuppermann, Edgar Zimmer, Marlen Zimmer

*Bundesgesetz zur Erhaltung von Gräbern der Opfer von Krieg u. Gewaltherrschaft

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