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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

27.01.2013

Mülheim: Der Streithof, Kirdorf und Adolf Hitler

Mahnende Erinnerung an die Machtübertragung an Hitler am 30. Januar 1933 unter Mithilfe der Ruhrindustrie, insbesondere unter Mitwirkung von Hitlers „väterlichem Freund“ und finanziellem Förderer Emil Kirdorf, der als Industrieller im Mülheimer Streithof residierte.

Vor genau 80 Jahren, am 30. Januar 1933, wurde Adolf Hitler Reichskanzler.

Die GedenkplatteDie Errichtung des Nazi-Regimes begann. Kommunistinnen, Sozialdemokratinnen, christliche Gewerkschafterlnnen, Jüdinnen und Juden wurden auch in Mülheim drangsaliert und verhaftet, republikanisch gesinnte Angestellte und Beamtinnen aus ihren Ämtern entlassen, die SA und SS zur „Hilfs-Polizei” ernannt.

Im Streithof trafen sich vor 80 Jahren am 7. Januar 1933 Emil Kirdorf, Generaldirektor der Gelsenkirchener Bergwerks AG, Adolf Hitler und führende Ruhrindustrielle, um über die Machtübertragung an Hitler weiter zu beraten, die viele Ruhrindustrielle schon seit Jahren unterstützten. Sie profitierten von Krieg, Zwangsarbeit und Antisemitismus. Drei Tage zuvor hatten Hitler, von Papen, von Schröder, Keppler und andere in der Villa Schröder in Köln eine grundlegende Einigung erzielt. Nun musste noch das Geld für die Machtübertragung an Hitler beschafft werden. Hauptsächlich aus diesem Grunde kam es zum Mülheimer Nachfolgetreffen von Adolf Hitler und dem mit den notwendigen finanziellen Mitteln ausgestatteten Ruhr¬Industriellen und frühzeitigen NSDAP-Förderer Emil Kirdorf am 7. Januar 1933 im Mülheimer Streithof. Am selben Datum tagte in der Villa Springorum in Dortmund die industrielle Ruhrlade, um ebenfalls Schritte zur Machtübertragung an Hitler zu beraten, die dann am 30. Januar 1933 - vor genau 80 Jahren - mit Hilfe der Ruhr-Wirtschaft und Ruhr-Industrie schließlich auch erfolgte und zu millionenfachem Leid führte.

Der zur Zeit der Machtübertragung im Mülheimer Streithof lebende Emil Kirdorf hatte bereits 1923 Kontakt zur NSDAP aufgenommen, war seit 1927 Mitglied dieser Partei und empfing in den Folgejahren oft Adolf Hitler. Kirdorf knüpfte schon während der Zeit der Weimarer Republik die Kontakte zwischen Hitler und den rheinisch-westfälischen Industriellen. „Den älteren Mülheimern wird er wohl besonders als persönlicher Bekannter Hitlers in Erinnerung sein, denn zu Kirdorfs Geburtstag kam der „Führer“ immer zu Besuch auf den „Streithof“ im Mülheimer Uhlenhorst“ [Quelle: „1933 bis 1945 - Widerstand und Verfolgung in Mülheim an der Ruhr"" Hrsg. 1987 von der VVN-BdA /Mülheim-Ruhr]. Im Jahre 1937 ernannte Hitler ihn aus Dank für seine Dienste als Industrieller beim finanziellen Aufbau der NSDAP zum Staatsrat. Die VVN-BdA / Kreisvereinigung Mülheim an der Ruhr verweist mit ihrer Aufklärungsaktion vor dem Mülheimer Streithof auch und insbesondere auf die Rolle der Wirtschaft für die Errichtung und Etablierung der faschistischen Herrschaft und die aktive Beteiligung von Wirtschaftsführern und Unternehmen an der Umsetzung der faschistischen Politik in allen ihren Schattierungen, als Stichwortgeber faschistischer Kriegsplanungen, als Akteure und insbesondere als Profiteure.

Die VVN-BdA Mülheim„Der Kreisverband Mülheim der Vereinigung der Verfolgten des Nazi¬Regimes - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) verfolgt mit seiner Aufklärungsaktion vor Kirdorfs ehemaligem Wohnsitz, dem Streithof Mülheim-Uhlenhorst im Speldorfer Wald, nicht zuletzt auch das Ziel, die zeitgenössischen Wirtschaftsunternehmen auf die Rolle der damaligen Ruhrindustrie und diejenige der Wirtschaftführer bei der Machtübertragung an Hitler aufmerksam zu machen“, so Andreas Marquardt als Vorsitzender der Mülheimer VVN-BdA, „denn die Zeit des Nazi-Regimes ist in einigen Firmengeschichten gegenwärtig noch immer recht mangelhaft dargestellt. Hier könnte sicher noch manch ein historisch verankertes Unternehmen einiges an politischer Bildungsarbeit leisten und somit wesentlich dazu beitragen, dass jeglichen faschistischen Tendenzen eine klare Grenze gesetzt wird. Antifaschismus ist nicht nur die Forderung an alle demokratisch verfassten Organisationen, Verbände und Parteien, sondern sicher immer auch eine Aufgabe der Akteure in den Unternehmen und Betrieben selbst - von den Gewerkschaften bis hin zum Management. Der 30. Januar 1933 ist nicht ein singuläres Datum der Geschichte, sondern immer auch eine ständige Mahnung an die Zukunft und an die Entwicklung von gesellschaftlichen Tendenzen. Hier dem Faschismus mit allen Kräften entgegenzuwirken ist eine Forderung, die sich an alle gleichermaßen richtet, unabhängig vom jeweiligen Standpunkt in anderen Fragen: Nie wieder Faschismus - Nie wieder Krieg!“