20.12.2012 Versammlungsfreiheit für Nazis ja
– aber nicht vor Politikerhäusern? Zur Ankündigung von Neonazis um die
sogenannte Partei „Die Rechte“, am Sonntag vor den
Wohnungen von SPD- und Grünen-Politikern in Dortmund
aufzumarschieren und zum Echo auf diese Provokation erklärte
Ulrich Sander (VVN-BdA) seien Solidarität mit den Bedrohten.
Weiter: Es sei zu begrüßen, dass die Medien nun
umfangreich aus dem Versammlungsrecht zitieren. „Was fehlt,
ist das Zitieren aus wichtigen Entscheidungen höchster
Gerichte dazu. Mit dem Bundesverfassungsrichter Papier fing es an. Er
sorgte dafür, dass antinazistische Gerichtsurteile
höchster Landesverwaltungsgerichte missachtet werden, die wie
das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in
einer umfangreichen Rechtssprechung festgestellt hatten,
„dass sich eine rechtsextremistische Ideologie auch nicht mit
Mitteln des Demonstrationsrechts legitimieren läßt
(vergleiche insbesondere: Beschluss des OVG NRW vom 30. 04. 2001, AZ: 5
B 585/01).“ Das Oberste
NRW-Verwaltungsgericht in Münster hatte erklärt:
„Rechte Aufmärsche, die von einem Bekenntnis zum
Nationalsozialismus geprägt sind, müssen verboten
werden; eine rechtsextremistische Ideologie sei vom Grundgesetz von
vornherein ausgeschlossen. (...)“ Die
VVN-BdA schloss daraus schon vor über zehn Jahren: Sie
„hält einen Präsidenten des
Bundesverfassungsgerichtes Papier für untragbar, der zugunsten
der Neonazis, die mit ihrem Terror wie mit ihren Aufmärschen
die Menschen im Lande ängstigen, das
Grundgesetz beugt.“ Prof. Papier habe nicht nur die
NPD, sondern auch die „freien Kameradschaften”
gewähren lassen, in denen zahlreiche Funktionäre der
verbotenen FAP ein neues Betätigungsfeld gefunden haben.
Dagegen gelte nach wie vor die Feststellung: ‚Der Faschismus
ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen.’“ Da
ich presserechtlich für diese Erklärung
verantwortlich war, trug sie mir dicke Einträge in
Verfassungsschutzberichte des Bundes und der Länder ein, so im
Bundes-„Verfassungsschutzbericht 2002“. So wurde
ganz einfach die Kritik am Verfassungsgericht für
verfassungswidrig erklärt und die freie
Meinungsäußerung in Sachen Richterwahl ebenso. Von
Nazis bedroht – ähnlich wie jetzt die SPD- und
Grünen Politiker/innen, mit denen ich solidarisch bin
– wurden meine Familie und ich ebenfalls. Dass nun der Rat
der Stadt Dortmund sich damit befasst, finde ich sehr richtig. Aber:
Warum nur in den aktuellen drei Fällen? Warum ließen
die Politiker es immer wieder zu, dass Kritiker am
Bundesverfassungsgericht eingeschüchtert wurden? Warum hat der
Landtag, den wir in Petitionen aufforderten, sich die Haltung des
höchsten NRW-Gerichts zueigen zu machen, sich immer wieder auf
die Seite des Herrn Papier geschlagen? Im VS-Bericht
zu 2002 hieß es z.B. „In ihrem
‚antifaschistischen Kampf’ lehnt die VVN-BdA
rechtsstaatliche Grundsätze wie die Unabhängigkeit
der Justiz ab. Anlässlich der Neubestellung des
Präsidenten des Bundesverfassungsgerichtes forderte sie die
Ministerpräsidenten der Bundesländer auf, die
Ernennung zu verhindern. Die Ministerpräsidenten
hätten ‚eine gute Gelegenheit, etwas Wirksames gegen
den Neonazismus im Lande zu unternehmen’, wenn sie auf der
Bundesratssitzung am 1. März (2002) gegen die Ernennung
stimmten.“ |