18.09.2012 Denunziation mit
„wissenschaftlichen“ Methoden gegen Antifaschisten Streit um verbotenes
Antifacamp von Dortmund Zur
Rechtfertigung der eigenen Entscheidung, das Antifacamp in Dortmund in
der Woche vor dem geplanten Naziaufmarsch zum Antikriegstag 1. 9. 12
nicht zu genehmigen, wurde auf der Seite der Stadt Dortmund von
Oberbürgermeister Ullrich Sierau ein Text des Wissenschaftlers
Dr. Dierk Borstel veröffentlicht. Borstel
behauptet:“…zur antifaschistischen Szene
gehören jedoch auch gewaltbereite
‚Reisekader’…”. Durch die
stete Wiederholung einer Behauptung wird sie bekanntlich nicht wahrer
und eine Vermutung ist noch lange keine belegbare fundierte Aussage,
stellten Politiker der Grünen zu der unwissenschaftlichen
bezahlten Auftragsarbeit fest. VVN-BdA-Bundessprecher Ulrich Sander aus
Dortmund nahm ebenfalls Stellung. Hier die Zusammenfassung des Textes
in der Westfälischen Rundschau und die Antwort aus der
VVN-BdA. Warum
das Nein zum Antifa-Camp Sinn macht Politikwissenschaftler
kommentiert städtische Entscheidung - Irrtümlich als
OB-Auftrag angekündigt Von Antje Mosebach Im
Westen. „Bitte stellen Sie das mal ins Netz“ - so
oder so ähnlich muss der Auftrag des
Oberbürgermeisters gelautet haben. Aber wie das im Leben so
ist, setzt der Stille-Post-Faktor schneller ein als gedacht, und so kam
der Kommentar des Wissenschaftlers Dr. Dierk Börstel (Uni
Bielefeld) „Update Dortmund - Braucht es ein Antifacamp in
Dorstfeld?“ auf die Dortmunder Internetseite mit. dem Zusatz:
verfasst auf Wunsch von OB Ullrich Sierau. Ein kleiner Aufreger, der
gestern zu einigen Debatten im Netz sorgte. Börstel
beschäftigt sich wissenschaftlich mit dem Rechtsextremismus,
berät u.a. den Runden Tisch in Dortmund, Eltern, deren Kinder
in die rechte Szene abgerutscht sind und ist Mitverfasser der Studie
„Rechtsextreme Strukturen in Dortmund“. Die Debatte
um die Durchführung eines Antifacamps in Dorstfeld (wir
berichteten) veranlasste Börstel, in einem Kommentar Stellung
zu nehmen. Hintergrund: Damit „die demokratische Gegenwehr
vor Ort trotz aller Provokationen wirksam bleibt“. Das, was
Stadt und Bürger bisher gemeinsam gegen Rechts geleistet
haben, zeige nach Börstel Wirkung. Die rechtsextreme Szene
stagniere, „es gab sogar symbolische Niederlagen“.
Trotzdem: Der Rechtsextremismus „wird sich neu
aufstellen“, wie und wo bleibe völlig offen. Umso
wichtiger, dass „künstliche Fragen“ wie
die nach dem Umgang mit der Antifa den „entwickelten
Konsens“ nicht zerbrächen. Das nutzt nur zwei
Gruppen: den Rechtsextremen und den radikalen Linken, zu denen
Börstel nur einen kleinen Teil der Antifa zählt,
„gewaltbereite Reisekader“ - sie waren der Grund,
warum die Stadt letztlich Nein zum Antifacamp gesagt hat,
„eine kurzfristigen Provokation“. Ein Camp
hätte da wohl vom Ziel der Aktion abgelenkt. So appelliert
Börstel sowohl an Stadt und Antifaschisten, nachhaltig und
sinnvoll einen Weg gegen den Rechtsextremismus zu beschreiten, mit
ihren jeweiligen Erfahrungen. Die Antifaschisten müssten sich
ernsthaft die Frage beantworten, ob sie die Rechtsextremen oder lieber
den Staat bekämpfen wollen; die Stadt hingegen solle gerade
den jungen Menschen, „die sich engagieren wollen und dies mit
Gesellschaftskritik verbinden“ weiterhin die Hand reichen. Im
Revier-Blog „Ruhrbarone“ zog die vermeintliche
Auftragsarbeit Kritik nach sich. Grünen-Ratsfrau Ulrike
Märkel wirft Börstel darin
„unwissenschaftliches“ Arbeiten vor, der Stadt, den
Wissenschaftler zu benutzen, um eine
„Gesprächs-Pattsituaition in eine positive Richtung
zu lenken“. Schnell wurde darauf die Einleitung zum Kommentar
auf dortmund.de abgeändert: „nicht auf Veranlassung
der Stadt oder auf Wunsch des OB“. Leider kommentarlos. Dazu erschien dieser Leserbrief: Leserbrief zur
Westfälischen Rundschau vom 7. 9. 2012 "Unsere Stadtteile /
Warum das Nein zum Antifa.Camp Sinn macht" Das Nein
zum Antifa-Camp macht nur Sinn, wenn die Stadt Dortmund nun dazu
übergehen will, linke Antifaschisten mit Nazis auf eine Stufe
zu stellen, und zwar nach dem Anti-Extremismusprogramm der
Bundesregierung. Diese zahlt nur Fördermittel, wenn sich die
geförderten Projekte sowohl gegen links wie gegen rechts
wenden. Erklärt dies das Angebot, ein Aussteigerprogramm
für Linke zu begründen, ausgesprochen am 1. 9. auf
dem Wilhelmplatz? Und Dr. Borstel von „Exit“ macht
dann gleich mit dabei – als Experte? Bisher nannte man so
etwas Radikalenerlass. Ich hatte gehofft, dass diese Zeiten vorbei
sind. Mit dem erstmaligen Verbot der Naziaufmärsche zum 1. 9.,
hat das Bundesverfassungsgericht endlich seine Position aufgegeben, die
Meinungsfreiheit der Nazis zu garantieren und die der Dortmunder in
Frage zu stellen. Soll nun den Linken die Meinungsfreiheit genommen
werden, zunächst denen, die als
„Reisekader“ kommen, wie das neue Schimpfwort
für Auswärtige heißt? Wir sagen:
Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen. Ulrich
Sander Dortmund |