19.08.2012 Nazi-Anschlagliste entstand unter den Augen
einer von Rechten durchsetzten Polizei Enthüllung aus
dem Hartmut-Meyer-Archiv Der
VVN-BdA-Bundessprecher Ulrich Sander hat den Zeitungen der WAZ-Gruppe
für Ihre Ausgaben vom Freitag, 17. August mit dem Beitrag
"Gewalt von rechts ist längst Terror" gedankt.
Sander fand im Hartmut Meyer Archiv zum Neonazismus, einer Einrichtung
der VVN-BdA, die leistungsfähiger und -williger zum
Neofaschismus sammelt als staatliche Stellen, folgende
Westfälische-Rundschau-Presseberichte wieder und sandte sie
den WAZ-Redaktionen. Er bemerkte dazu: "Gestern war ich wegen einer
Demo-Anmeldung im Dortmunder Polizeipräsidium und machte
darauf aufmerksam, es gäbe Anzeichen, "dass die Nazis wieder
gezielt Drohungen an die Wände derjenigen
Bürger/innen schreiben, die in Listen wie 'Einblick' stehen.
Man bat mich im Polizeipräsidium um die Kopie des Dortmunder
Teils der Liste und wolle der Sache Aufmerksamkeit schenken. Ich war
erstaunt, die Liste lag im Präsidium nicht (mehr) vor?!"
Frage: Wird denn nun alles geschreddert bei VS- und Staatsschutz, was
älter als fünf Jahre ist - obwohl die
ungeklärten Phänomene sehr viel älter sind.
Zum Beispiel: Wie kamen die Neonazis (nicht nur die alten) in die
staatlichen Stellen, wie viele sind es, die dort unerkannt wirken?
Warum wurden die Todesdrohungen nicht ernst genommen, obwohl z.B. in
den Anti-Antifa-Listen solche Drohungen ausgesprochen werden und seit
Erscheinen der Liste ca. 150 Personen von Rassisten und Nazis ermordet
wurden? Man lese die WR-Meldungen plus eine aus der Gegenwart (unten). Westfälische Rundschau
vom Freitag 10. Dezember 1993 Nazi-Anschlagliste entstand
unter den Augen der Polizei Von Thomas Krummenacker Frankfurt.
(rtr) Die Mainzer Telefonnummer erfreute sich großer
Beliebtheit. Nicht nur die
angesprochenen "Deutschen Kameraden" wählten gerne die Nummer
des von Neonazis betriebenen "Nationalen Infotelefons", um sich neueste
Informationen über Neonazi-Aktivitäten zu holen. Auch
für Verfassungsschutz, Polizei und antifaschistische Gruppen
war der Anrufbeantworter über lange Zeit eine erste Adresse.
Auch Journalisten erhielten im rheinland-pfälzischen
Innenministerium schon mal den Tip, dort anzurufen, wenn sie
Informationen über rechte Aktionen begehrten. Dort
konnten sich Anrufer über Konzerttermine von "national
gesinnten" Skinheadbands informieren oder - so am 7. Juni - Aufrufen
zum Sammeln von Daten über Personen aus dem linken Spektrum
lauschen: "Für die Erstellung einer
Anti-Antifa-Broschüre im Rhein-Main-Gebiet werden alle
Kameraden aus dieser Region gebeten, die Informationen über
Zecken besitzen, diese der Anti-Antifa Mainz zukommen zu lassen." Mit
Zecken bezeichnen Neonazis ihre Gegner. Auch bei
diesem Aufruf zum Sammeln von Autonummern, Fotos und Adressen
missliebiger Personen lauschte der Staatsschutz mit, wie
Oberstaatsanwalt Norbert Weise bestätigte. Zwar sei der als
Infotelefon dienende Anrufbeantworter beschlagnahmt worden. Aber "zwei
Tage später hatten sie einen neuen". Gegen den
20jährigen Betreiber wurde Anklage wegen Volksverhetzung
erhoben. Weil die Ansagen "im Kampfstiel der NSDAP"
(Weise) für den Staatsschutz nichts Unbekanntes waren, wundern
sich Betroffene jetzt über das große Staunen eben
dieser Behörden nach der publizierten Anschlagliste
"Einblick", die via Dänemark in deutsche Neonazikreise
gelangte (die WR berichtete darüber). "Daß
Neonazis jetzt eine erste systematische Anschlagliste zur
Verfügung haben, darf niemanden wundern, der das Infotelefon
je gehört hat", sagt ein Antifaschist, der selbst im
"Einblick" genannt wird: "Das Staunen über die Todesliste
verwischt die Tatsache, dass diese eben nicht geheimnisvoll aus dem
Dunkel kam, sondern das Ergebnis langer Propaganda unter den Augen der
Polizei ist." Das meint auch der Pfarrer und
Grünen-Abgeordnete Michael Henke: "Die Liste konnte unter den
Augen der Behörden entstehen, weil die Brisanz des Aufrufes
offensichtlich nicht erkannt worden ist." Der Umfang der "Vernetzung
von Neonazis" werde "total unterschätzt". Westfälische Rundschau
vom Dienstag 13. Juni 1995 Neonazis:
Unauffällig bei Polizei und Bundeswehr einsickern Von
Carsten Hoffmann Erfurt. (dpa) Die rechtsradikale
Szene in Deutschland plant nach den Verboten mehrerer Organisationen
jetzt verstärkt eine neue Strategie: Abtauchen, nicht
auffallen. Einsickern in andere Organisationen und
gezielte Anschläge sind nach Einschätzung von
Verfassungsschützern jetzt Ziele der Neonazis. Das
Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz hat mit
einem internen Rundbrief bei Bund und Ländern Alarm
geschlagen. Das Erfurter Amt zitiert ein Strategiepapier aus dem von
Rechtsextremen betriebenen Computernetzwerk "THULE". Darin empfehlen
Radikale eine "grundsätzliche Verhaltensänderung".
Neue Aktivisten dürften nicht mehr durch politische
Äußerungen, Haarschnitt oder Kleidung erkennbar
sein, um legal arbeiten zu können. Sie sollten "jede Zuordnung
zum nationalen Spektrum" unmöglich machen. "Junge Kameraden,
die vor der Berufswahl stehen, unbelastet, intelligent und sportlich
sind, sollten eine Ausbildung bei Bundeswehr und Polizei in
Erwägung ziehen, mit dem Ziel, sich in besonders
qualifizierten Spezialeinheiten das nötige Wissen und
Können anzueignen", schreiben die Extremisten. Anschläge
wie in Mölln hätten den Zielen nur geschadet, so die
Rechtsradikalen. Nicht unbekannte Ausländer sollten das Ziel
von "phantasievollen Aktionen" sein, sondern Politiker, Journalisten
und Intellektuelle, die sich antinational und pro-multikulturell
äußern. "Dieser Personenkreis muß das Ziel
des revolutionären Widerstandes sein," schreiben die Neonazis. In
Thüringen wurde bereits ein Polizist bei Übungen mit
der inzwischen verbotenen Wiking-Jugend gefasst, wie in Erfurt bekannt
wurde. Das Innenministerium hat es bisher aber unterlassen, diesen Fall
öffentlich zu machen. Auch die Bundeswehr ist leichtes Ziel,
nachdem das Sicherheitsüberprüfungsgesetz die
Kontrollecbnsuchungsmöglichkeiten (Fehler im Original - US)
bei der Einstellung von Zeitsoldaten deutlich eingeschränkt
hat. "Die zunehmenden Verbotsmaßnahmen
treiben die Neonazis in den Untergrund", hatten schon im Februar Bonner
Sicherheitsexperten befürchtet. Verfassungsschützer
warnen jetzt vor weiteren vorschnellen Organisationsverboten.
Strafrechtlicher Druck habe die Tendenz zum Abtauchen gesteigert,
beschreibt der Erfurter Verfassungsschutzpräsident Helmut
Roever das Dilemma in dem Rundschreiben. Die Verbote drohten, so auch
der jüngste nordrhein-westfälische
Verfassungsschutzbericht, "einen Beitrag zur Überwindung der
Zersplitterung (zu) leisten." Welt online 16. August 2012 Die Amadeu-Antonio-Stiftung
wirft den deutschen Sicherheitsorganen eine "systematische
Verharmlosung" rechter Gewalttaten vor. Allzu
häufig werde Rassismus als Tatmotiv gänzlich
ausgeblendet, kritisierte die Vorsitzende Anetta Kahane bei der
Vorstellung des Reports "Kartell der Verharmloser". Die
Stiftung widmet sich seit 15 Jahren dem Kampf gegen rechts. In der
Studie werden Fälle vermeintlich staatlichen Versagens bei
rassistischen Übergriffen in acht Bundesländern
aufgezeigt. Trotz Bekanntwerdens der NSU-Mordserie habe sich am
unzulänglichen Verhalten der zuständigen
Behörden nichts geändert, kritisierte Kahane. Rechte
Gewalt werde regelmäßig bagatellisiert, die
Gefährlichkeit der Täter negiert. "Die ganze
Bundesregierung ist hier mit einem konzeptionellen und vernetzten
Handeln und mit einem Fokus auf die Perspektive potenzieller Opfer von
rechter Gewalt gefragt", forderte sie. Studienautorin
Marion Kraske sagte, in vielen Städten herrsche eine Kultur
des Wegschauens. Wer das Nazi-Problem offen anspreche, treffe auf
Abwehr, werde gar als "Nestbeschmutzer" diffamiert.
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