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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

31.07.2012

Verweigerte Witwenrente für Hinterbliebene eines Holocaustüberlebenden

Die VVN-BdA-Bundesorganisation schreibt der NRW-Ministerpräsidentin einen geharnischten Protestbrief

Die VVN-BdA schrieb Flogendes zur bekanntgewordenen Diskriminierung aus der Opfergruppe der Roma und Sinti.

Ministerpräsidentin des Landes
Nordrhein-Westfalen
Frau Hannelore Kraft
40190 Düsseldorf

27.07.2012

Witwenrente für Frau Eva B.

Sehr geehrte Frau Kraft,

mit Entsetzen haben wir aus der Presse vom Fall der verweigerten Witwenrente für die Frau des Holocaust-Überlebenden Herrn Anton B. erfahren.

Leider ist es uns aus jahrzehntelanger Erfahrung im Kampf um die Entschädigung der Opfer des NS-Terrors nicht neu, dass Behördenwillkür, Bürokratismus und ein weit verbreiteter vollständiger Mangel an Empathie für die Betroffenen immer wieder zu skandalösen Entscheidungen führen. Dieser Fall erscheint uns aber als besonders schäbig.

Sicher ist Ihnen bekannt, dass Sinti und Roma mehr als alle anderen Verfolgtengruppen darum kämpfen mussten als Opfer des NS-Regimes anerkannt zu werden. Die Diskriminierung der Sinti und Roma war nämlich 1945 nicht zu Ende:

  • Bereits 1948 gab das LKA Baden Württemberg einen „Leitfaden zur Bekämpfung des Zigeunerunwesens“ heraus.
  • Die ehemalige Berliner „Reichszentrale zur Bekämpfung des Zigeunerunwesens“ wurde wieder nach München verlagert.
  • Der BGH bestätigte noch 1956, dass es sich bei der Deportation der Sinti und Roma nicht um eine Verfolgung aus rassistischen Gründen, sondern um eine „kriminalpräventive Maßnahme“ gehandelt habe.
  • Täter wurden grundsätzlich nicht verfolgt, sondern wurden teilweise als Gutachter in Entschädigungsverfahren bestellt, die grundsätzlich negativ endeten.
  • Vielen in Entschädigungsverfahren von Sinti und Roma geschlossenen Vergleichen liegen diskriminierende Annahmen zugrunde.
  • Erst 1982 wurde die Ermordung von geschätzten 500.000 Sinti und Roma durch das faschistische Terror-Regime als Holocaust anerkannt.

Auch der Auschwitz-Überlebende Anton B. musste 12 Jahre darauf warten, dass seine ruinierte Gesundheit als Folge der Verfolgung anerkannt wurde.

Wenn nun angesichts all' dieser bekannten Umstände heute  behauptet wird, es habe sich dabei um eine „Falschanerkenntnis“ gehandelt, so macht das sprachlos und wütend zugleich und erfüllt uns mit Scham gegenüber Frau B. und der gesamten Minderheit der Sinti und Roma. Wie geht es Ihnen damit?

Sehr geehrte Frau Kraft,

wir bitten Sie mit allem Nachdruck darauf hinzuwirken, dass diese schreckliche Situation beendet wird und dass Frau B. ihre Witwenrente erhält.

Mit freundlichen Grüßen

VVN - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Prof. Dr. Heinrich Fink, Vorsitzender
Cornelia Kerth, Vorsitzende