23.07.2012 Otto Köhler über „Von Arisierung bis Zwangsarbeit“ Rezension in „Ossietzky“ erschienen Aus
der Feder von Otto Köhler, bekannt durch seine
Enthüllungsbücher über die IG Farben, über
Augstein, die Nachkriegsgeschichte des Nazijournalismus und andere,
stammt eine ausführliche Rezension des Buches von Ulrich Sander
(Hg.): »Von Arisierung bis Zwangsarbeit. Verbrechen der
Wirtschaft an Rhein und Ruhr«, PapyRossa Verlag, 348 Seiten,
16,90 €. Sie ist jetzt in der Zweiwochenzeitschrift fü
Politik, Kultur und Wirtschaft „Ossietzky“ Nr. 15/16 vom
21. Juli 2012 erschienen, die in der Tradition von Ossietzkys
„Weltbühne“ steht. Das besprochene Buch erschien im
Rahmen der Spurensuche der VVN-BdA-Rallye „Verbrechen der
Wirtschaft“ (siehe http://www.verbrechen-der-wirtschaft.de/). Otto Köhler Krupps Aborte unter Verfassungsschutz Hannelore
Kraft – demoskopiebeliebt wie Angela Merkel – steht
unzweifelhaft auf dem vom Verfassungsschutz gesicherten Boden der
Verfassung. Sie weiß unternehmerische Leistung zu schätzen,
dort wo andere sie in den Schmutz ziehen. Darum freut sie sich
über den »Mythos Krupp«, den schon mancher vor ihr zu
würdigen wußte: »Zum 125jährigen Jubiläum
der Firma Krupp, des Deutschen Reiches Waffenschmiede, sende ich meine
aufrichtigsten Glückwünsche«, telegraphierte Adolf
Hitler im Jahr 1937. Was den »Mythos Krupp« am Leben
erhalten habe, das ist, so grüßt 2012 gut sozialdemokratisch
zum 200. Jubiläum ebendieser Waffenschmiede die
sozialdemokratische Ministerpräsidentin, »die große
Tradition der unternehmerischen Verantwortung für die
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und für die Gesellschaft«.
Krupp stehe, weiß Kraft, für diese »besondere
Verbindung aus Zukunftsorientierung und Tradition«. Tradition
war, daß Krupp die Aborte seiner Mitarbeiter
regelmäßig auf die politische Korrektheit der dort
verrichteten Geschäfte inspizierte. War das Zeitungsmaterial, das
dort als Klopapier diente, sozialdemokratisch, durfte der Mitarbeiter
fortan kein Mitarbeiter mehr sein. (Mich erinnert das –
Fortschritt der Geschichte – an mein Studium an einer
Westberliner Hochschule: Dort stand auf dem weißen
Toilettenpapier, Blatt für Blatt »Freie
Universität«. Und man wurde nicht relegiert, wenn man das so
aufgewertete Papier für sein Geschäft benutzte.) Zwangsarbeiter
bei Krupp hatten nicht die Chance, entlassen zu werden. Die waren
hinter Stacheldraht in alten Schulen zusammengepreßt. Am
Krämerplatz in Essen standen für 1.200
»Ostarbeiter« zehn Kinderklosetts zur Verfügung,
fünfzehn waren es für 400 bis 500 an der Dechenschule.
»Exkremente verseuchten den Fußboden dieser Toiletten. Die
Waschgelegenheiten waren auch äußerst beschränkt ... In
der Dechenschule hatten ungefähr 2,5 Prozent der Ostarbeiter
offene Tbc.« Französische Krupp-Mitarbeiter wurden
»für fast ein halbes Jahr in Hundehütten, Pissoiren und
alten Backöfen untergebracht. Die Hundehütten waren 1 m hoch,
3 m lang und 2 m breit. Fünf Mann schliefen in einer jeden
Hütte.« Das war Luxus im Vergleich zu abzustrafenden
Krupp-Mitarbeitern: »Bei Krupp in Essen hatte man sich zur
Bestrafung mißliebiger Arbeitssklaven, einen spindähnlichen
eisernen Schrank angeschafft, in dem die Opfer oft stundenlang, ja
tagelang eingesperrt wurden, ohne Bewegungsmöglichkeit, fast ohne
Luft. Zur Strafverschärfung goß man im Winter durch ein Loch
an der Oberseite kaltes Wasser auf die Wehrlosen. Es ist bezeugt,
daß selbst schwangere Frauen von dieser Tortur nicht verschont
blieben.« Die Zitate sind eidesstattlichen Erklärungen
entnommen, die man in einem zum Krupp-Jubeljahr erschienenen Buch
über die Verbrechen der Wirtschaft an Rhein und Ruhr findet,
herausgegeben von Ulrich Sander. Ein Band, der nicht nur von Krupp,
sondern auch von den Verbrechen der IG Farben, Flick, Henkel und vieler
anderer Wirtschaftsführer handelt. Und von ihrer Zusammenarbeit
mit Hitler. Dieses Buch ist verfassungswidrig. Der Herausgeber
gesteht im Vorwort: »Dieses Buch entstand auf merkwürdige
Weise. Es wurde geschaffen in den Aktionen von sehr engagierten
Antifaschistinnen und Antifaschisten.« Der »sog.
›Antifaschismus‹« aber steht »auf der Basis
des klassisch kommunistischen Faschismusverständnisses, das einen
untrennbaren Zusammenhang zwischen Faschismus und Kapitalismus
herstellt«. Das hat der Verfassungsschutz
Baden-Württemberg in seinem Verfassungsschutzbericht erkannt, den
der sozialdemokratische Innenminister Reinhold Gall am 22. Mai einer
leider nur mäßig an der Verbreitung dieser Ausarbeitung
interessierten Presse vorstellte. Der deutsche Verfassungsschutz,
diese hocheffektive Schutzstaffel der NSU, zu deren Leitung es
besonderer Qualifikationen bedarf – »Es war dunkel,
außerdem war ich betrunken«, erläuterte Helmut Roewer
seine Ernennung zum thüringischen
Verfassungsschutzpräsidenten (1994–2000) vor dem
NSU-Untersuchungsausschuß –, dieser Verfassungsschutz ist
auch in Baden-Württemberg ähnlichen Prinzipien unterworfen,
wie der vom Innenminister vorgelegte Verfassungsschutzbericht beweist. Und
so erscheint auch Ossietzky-Mitarbeiter und Geschichts-Professor Kurt
Pätzold im baden-württembergischen Verfassungsschutzbericht,
weil er in einem Vortrag erklärt habe, Faschismus bezeichne
»eine Organisation, Bewegung oder Partei, eine Ideologie und eine
Staatsform, die faschistische Diktatur genannt wird. Und diese Diktatur
ist eine der denkbaren, möglichen und verwirklichten
Ausprägungen bürgerlicher Herrschaft.« Auch
Ossietzky-Mitarbeiter Ulrich Sander, der Herausgeber des Buches
über die Verbrechen der Wirtschaft, ist schon deshalb
verfassungswidrig, weil er Anstoß nahm an der deutschen Klage vor
dem Internationalen Gerichtshof gegen die Angehörigen von Opfern
der Wehrmachtsmassaker, die vor italienischen Gerichten Anspruch auf
Entschädigungszahlungen erstritten hatten. Da die
Berlusconi-Regierung die deutsche Regierung gegen die Opfer
unterstützte, habe Ulrich Sander als Sprecher der VVN dies
unzulässigerweise als Wiedergeburt der »Achse
Berlin-Rom« von 1939 bezeichnet, als »Hitler-Deutschland
und Mussolini-Italien (...) die Vertiefung ihrer mörderischen
Zusammenarbeit« vereinbarten. »Rechtzeitig zum
Jahrestag«, so Sander, gebe es nun in Den Haag eine Neuauflage
als »Merkel-Deutschland und Berlusconi-Italien gegen die Opfer
der Achse Berlin-Rom«. Wer so was sagt, verläßt die
Freiheitlichdemokratischegrundordnung. Jetzt aber schnell
in die Buchhandlung, bevor SPD-Innenminister Gall aufgrund seiner
VS-Erkenntnisse über den verfassungswidrigen Antifaschismus seine
für den Verlagsort Köln zuständige Parteifreundin
Hannelore Kraft bittet, das auch ihrem eigenen Krupp-Wissen
widersprechende Buch beschlagnahmen zu lassen. Ulrich
Sander (Hg.): »Von Arisierung bis Zwangsarbeit. Verbrechen der
Wirtschaft an Rhein und Ruhr«, PapyRossa Verlag, 348 Seiten,
16,90 € |