19.06.2012 Oberbürgermeister Sierau sichert
sorgfältigen Umgang mit den Adresse Jugendlicher zu
– Nach Protest wegen Weitergabe von Adressen an die
Bundeswehr zwecks Rekrutenwerbung „Im
Grundsatz teile ich Ihre Sorge und schätze Ihren Einsatz zum
Schutze der Jugendlichen vor den Folgen eines möglichen
militärischen Einsatzes.“ Das schrieb Dortmunds
Oberbürgermeister Ulrich Sierau (SPD) an den Bundessprecher
der VVN-BdA Ulrich Sander. Dieser hatte sich dagegen ausgesprochen,
dass den Jugendlichen Werbeschriften der Bundeswehr zugeleitet werden,
nachdem die Behörden der Wehrverwaltung die Adressen der
Jugendlichen zur Verfügung gestellt haben. In vielen
Fällen erhalten die Jugendlichen bundesweit auch dann die
Bundeswehrreklame – Sander: Das ist Werben fürs
Töten und Sterben –, wenn sie von ihrem Recht
gebrauch gemacht haben, der Bundeswehr ihre Adressen zu verweigern.
Sierau gab zu verstehen, dass dies in Dortmund nicht mehr vorkommen
soll. Das Recht, die eigenen Daten vor der Bundeswehr zu
schützen, soll den Jugendlichen erhalten bleiben. Deshalb
klärt die Stadt die Jugendlichen auch per Pressemitteilungen
über ihre Rechte auf. Sander stellte dazu fest, dass die
Medien derartige Informationen oft nicht veröffentlichten; er
sprach sich dafür aus, dass die Stadt die Jugendlichen direkt
über ihre Rechte aufklärt. Wortlaut
des Briefwechsels: Ulrich Sander Postfach
321, 44388 Dortmund, Herr Ulrich Sierau Oberbürgermeister Dortmund
Rathaus Friedensplatz 30.
5. 12 Kein Werben
fürs Sterben – auch nicht mit Hilfe des Rathauses Sehr
geehrter Herr Oberbürgermeister, Auf der
Internetseite des Meldeamtes der Stadt Dortmund www.domap.de
finden alle jene, die in einem Alter sind, das man bis zum 1. Juli 2011
„Wehrpflichtigenalter“ nannte, unter dem Stichwort
'Wehrdienst' oder auch 'Widerspruch' eine wichtige Information nebst
anhängendem Vordruck. Wichtig, denn gleich ob
männliche oder weibliche Jugendliche, sie werden von der
Bundeswehr mit Hilfe der Stadt beworben, wenn sie nicht dem Meldeamt
die Weitergabe ihrer persönlichen Daten untersagen. Leider
wissen jene, die 18 Jahre alt werden oder es gerade geworden sind,
wenig über ihre Rechte. Wer schaut z.B. stets in die
Dortmunder Bekanntmachungen oder auf die WWW-Seite der Stadt? Meine
Bitte, die Medien zur Darstellung der Rechte der Jugendlichen
aufzufordern, blieb leider erfolglos. Ich habe meinen
beiden Enkeltöchtern (17 und 18 Jahre alt) geholfen, den
folgenden Brief aufzusetzen: An
die Stadt Dortmund, Bürgerdienste, Meldestelle 44122 Dortmund,
Südwall - Betr.
Widerspruchsrecht nach § 18 Abs. 7 des
Melderechtsrahmengesetzes gegenüber dem Bundesamt für
Wehrverwaltung. Ich
bitte Sie darum, eine Auskunftserteilung an das Bundesamt
für Wehverwaltung für meine Person
zu unterlassen und mir dies schriftlich zu bestätigen. Ich
möchte kein Werbematerial fürs Militär
erhalten und möchte auch sichergehen, dass die Bundeswehr
nicht in den Besitz meiner Daten gerät. (Unterschrieben von
Hannah und Carla Z.) Die Stadt Dortmund antwortete
höchst merkwürdig und entgegen der Zusicherung
unter www.domap.de: Betreff: Auskunftserteilung an
das Bundesamt für Wehrverwaltung Sehr geehrte Frau Z., anbei
erhalten Sie Ihr Schreiben zurück. Wir als
Meldebehörde sind für die Austragung Ihrer Dateien
nicht zuständig. Unsererseits werden keine Daten an das
Bundesamt für Wehrverwaltung weitergeleitet. Ich bitte Sie,
sich selbst an die Bundeswehr zu wenden. Mit freundlichen
Grüßen – im Auftrag vvv
Verwaltungsangestellte“ Az. war 33/2-2 vom 22.11.2011
Dreier. Ich richtete die Frage an die Stadt:
Heißt das, dass Sie die Daten bereits ohne Zustimmung und
ohne die Zustimmung abzuwarten, an die Bundeswehr weitergegeben haben?
Die Auskunft an C. und H. Z. widerspricht völlig dem, was mir
u.a. von Herrn Willeke (Bürgerdienste) mitgeteilt worden war.
So darf man mit den Rechten Jugendlicher nicht umgehen. Inzwischen
hat Herr Willeke mitgeteilt, dass man sich künftig daran
halten will, öffentlich mitzuteilen, dass die Jugendlichen
gegen die Weitergabe ihrer Daten an die Bundeswehr Einspruch erheben
können. Wir nahmen an, mit dem Versprechen von Herrn Willeke
sei die Sache nun geklärt und die Mädchen
wären vor Nachstellungen der Truppenwerber sicher. Wie
sehr waren wir überrascht und befremdet, als wir dann ein
Schreiben des Kreiswehrersatzamtes Dortmund lasen, das bereits am
8.11.2011 herausging. Mit dem Schreiben wird Hannah Z. zum
„Freiwilligen Wehrdienst“ aufgefordert oder zum
Soldatentum „auf Zeit“. Es werden Verwendungen mit
guter Bezahlung versprochen. Es wird an die staatsbürgerliche
Verantwortung appelliert, - Verantwortung sich totschießen zu
lassen oder andere totzuschießen? Die Angriffskriege, an
denen Deutschland entgegen dem Grundgesetz Art. 26 teilnimmt, werden
als „internationale Missionen“ dargestellt. Hannah
soll bereit sein, an solchen Auslandseinsätzen teilzunehmen.
Es handelt sich dabei um Krieg! (Die Worte Krieg oder Frieden kommen
bezeichnender Weise nicht vor.) Sehr geehrter Herr
Oberbürgermeister, warum lassen sie es zu, dass die
Behörden der Stadt Dortmund an einer solchen Werbung
für den Krieg und Anwerbung von Soldatinnen und Soldaten
teilnimmt? Geben Sie bitte öffentlich bekannt, dass sich die
Jugendlichen eine solche Werbung nicht gefallen zu lassen brauchen.
Verhindern Sie, dass sich die Behörden wider das Gesetz
verhalten und die Daten der Jugendlichen in unbefugte,
militärische Hände gelangen? Erwähnen
möchte ich noch, dass die Enkeltochter H. erst 16 Jahre alt
war, als unser Briefwechsel begann. Wo bleibt das das Elternrecht und
wo die Kindercharta, die das Werben fürs Sterben verbietet? Wo
bleiben Hinweise wie sonst in der Werbung: „Das Produkt kann
tödlich sein. - Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen
sie…“? Mit freundlichen
Grüßen Ulrich Sander Antwort Oberbürgermeister Sierau Herrn Ulrich
Sander Dortmund 12.
06.2012 Sehr geehrter Herr Sander, für
Ihre o.g. Zuschrift, die ich mit großem Interesse zur
Kenntnis genommen habe, danke ich. Diesbezüglich
habe ich die zuständigen Bürgerdienste um eine
Stellungnahme gebeten und kann Ihr Schreiben nun wie folgt beantworten: Im
Grundsatz teile ich Ihre Sorge und schätze Ihren Einsatz zum
Schutze der Jugendlichen vor den Folgen eines möglichen
militärischen Einsatzes. Die Abwägung gegen die
Notwendigkeit militärischen Personals ist von so hoher
moralischer und globalpolitischer Bedeutung, dass für die
Gewichtung ein Beschlusses des Bundestages erforderlich ist. Die
Wehrpflicht ist mit Neufassung des Wehrpflichtgesetzes (WPflG)
ausgesetzt worden. Im gleichen Zuge wurde dem Bundesamt für
Wehrverwaltung das Recht eingeräumt, über
Infor¬mationsmaterial Werbung für einen freiwilligen
Einsatz bei der Bundeswehr zu betreiben. Mit § 58 dieses
Gesetzes werden die Gemeinden - also auch die Stadt Dortmund - dazu
verpflichtet, dem Bundesamt für Wehrverwaltung alle Deutschen
mit Namen, Vornamen und der aktu¬ellen Adresse, die im
Folgejahr das 18. Lebensjahr vollenden, jeweils zum 31. März
mitzutei¬len. Eine Übermittlung unterbleibt, wenn die
betroffenen Personen von ihrem Widerspruchsrecht
gemäß § 8 Melderechtsrahmengesetz (MRRG)
Gebrauch machen. Auf dieses Recht ist per Gesetz bei der
einwohnermelderechtlichen Anmeldung sowie einmal jährlich
durch öffent¬liche Bekanntmachung hinzuweisen. Dieser
Informationspflicht kommt die Stadt Dortmund nicht nur nach, sondern
nutzt zusätzlich die Möglichkeiten der
örtlichen Medien. Hierzu wird den Medien zweimal im Jahr eine
Pressemitteilung übergeben, die genau auf die
unterschiedlichen Widerspruchsrechte und
Einwilligungsmöglichkeiten hinweist. Ihr Hinweis, dass die
Medien nicht genutzt werden, trifft inso¬fern nicht zu.
Darüber hinaus kann die Information - wie Sie selber schreiben
- jederzeit aus dem Internetauftritt der Stadt Dortmund heruntergeladen
werden. Die Übermittlung der Daten ist
jedoch nicht von einer Einwilligung der Betroffenen abhängig.
Das Gesetz schreibt hier ausdrücklich die Möglichkeit
des Widerspruchs vor. Ich bedaure, dass Ihre
Enkeltochter Hannah Z. trotz aller Bemühungen dennoch das
Informationsmaterial des Bundesamtes für Wehrverwaltung
erhalten hat. Wie mir die Bürgerdienste versichert haben,
handelte es sich bei dem von Ihnen geschilderten Schriftwechsel
zwi¬schen Ihnen und den Bürgerdiensten um einen
Sachbearbeitungsfehler, der im Anschluss - also ab Dezember 2011 -
über eine konkretisierende Regelung für die Zukunft
ausgeschlossen wur¬de. Die Übermittlung der Daten
hatte zu dem Zeitpunkt bereits lange stattgefunden. Der hierzu bereits
ausgesprochenen Entschuldigung der Bürgerdienste
schließe ich mich ausdrücklich an. Ihre
Anregungen zur Gestaltung des Informationsmateriales des Bundesamtes
für Wehrverwaltung sind bei mir als Oberbürgermeister
der Stadt Dortmund leider nicht richtig adressiert, da ich dort keinen
Einfluss nehmen kann. Abschließend
versichere ich Ihnen, Herr Sander, dass die Stadt Dortmund und ich als
Oberbür¬germeister sehr sensibel mit den Rechten
unserer Jugendlichen umgehen. Mit freundlichen
Grüßen Ullrich Sierau |