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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

13.06.2012

Brief an die Bundestagsfraktionen und den Landtag

Alle Feiertage vor Missbrauch durch Nazis schützen

Die Vereinigung der Verfolgten des Nazirehgimes-Bund der Antifaschisten hat mit Blick auf den Antikriegstag 1. September die nordrhein-westfälischen Bundestagsabgeordneten aufgefordert, eine Initiative zum Schutz aller Gedenktage vor Missbrauch durch Nazis zu ergreifen. Am 1. September wollen die Nazis wieder in Dortmund einen provokatorischen „nationalen Antikriegstag“ begehen. Regelmäßige Slogans bei der Gelegenheit: "Nieder wieder Krieg … nach unserem Sieg."

Die Landesvereinigung der VVN-BdA betonten in ihrem Brief, die ständig zunehmenden Versuche der Neofaschisten, sowohl christliche Feiertage als auch historisch besetzte Tage wie den Arbeiterkampftag 1. Mai, den Antikriegstag 1. September,  den 30. Januar (Machtübertragung an Hitler) und den 9. November (Reichspogromnacht) für ihre Provokationen zu missbrauchen, verlangen eine Antwort. Daher richtete die VVN-BdA NRW an die Bundestagsfraktionen die dringende Aufforderung, diese Feiertage ähnlich wie den 27. Januar – Tag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz – zu schützen und an diesen Tagen jegliche Naziaufmärsche zu verbieten. Der 27. Januar war auch vom Bundesverfassungsgericht geschützt worden, d.h. es hat an diesem Tag alle Naziaufmärsche verboten. Eine eben solche Regelung steht für die Feiertage wie die genannten noch aus.

Hier gäbe es dringend Handlungsbedarf. Vor allem die Gewerkschaften sollten „ihre Tage“ 1. Mai und 1. September verteidigen, meinten die VVN-BdA-Landessprecher in einem Brief. Auch die Landesregierung und der Landtag werden aufgefordert, dazu beizutragen, dass der Naziaufmarsch am 1. September in Dortmund verhindert wird.

Das durch das Bundesverfassungsgericht bestätigte Verbotsurteil des Oberverwaltungsgerichts Münster gegen eine Kundgebung der „Nationalen Sozialisten“ am 9.11.2011 mit der Begründung, dies sei ein Datum „dem ein….eindeutiger Sinngehalt mit gewichtiger Symbolkraft zukommt“ wird von der VVN-BdA als beispielhaft genannt: „Es geht doch!“

Der Brief hat diesen Wortlaut:

An die Mitglieder des Deutschen Bundestages
Platz der Republik 1
11011 Berlin

Wuppertal, 30. April 2012

Betreff: Schutz von Gedenk- und Feiertagen

Sehr geehrte Damen und Herren Bundestagsabgeordnete,

die ständig zunehmenden Versuche der Neofaschisten, sowohl christliche Feiertage (Heiligabend, gehabt in Bielefeld 2011), als auch historisch besetzte Tage wie den ersten Mai (gehabt in Dortmund 2010 und 2011, aktuell in Bonn), den 8. Mai (Jahrestag der Befreiung), den 1. September (Beginn des 2. Weltkriegs), den 30. Januar (Machtübertragung an Hitler), den 9. November (Reichspogromnacht, gehabt 2011 in Bochum), für ihre Provokationen zu missbrauchen, verlangen eine Antwort.

  • Es ist eine unhaltbare Situation, dass diese Aufmärsche und Provokationen ständig mit großen Polizei-Aufgeboten unter Berufung auf Artikel 8/Absatz 1 (Versammlungsgesetz), Artikel 5/Absatz 1(freie Meinungsäußerung), Grundgesetz, gegen den erklärten Willen der Bevölkerungsmehrheit gewaltsam durchgesetzt werden.
  • Es ist eine unhaltbare Situation, dass – anstatt gegen Neofaschisten wegen faschistischer Propaganda zu ermitteln – gegen Antifaschist_innen ermittelt wird.
  • Es ist ein unglaublicher Skandal, dass der 1. Senat des Bundesverfassungsgerichts am 8.12.2010 ein Publikationsverbot für die „Verbreitung rechtsextremistischen oder nationalsozialistischen Gedankenguts“ als Verletzung des Grundrechtes auf Meinungsfreiheit deklarierte.
  • Es dient nicht der Formierung des demokratischen Widerstandes gegen Rechts sondern seiner Spaltung, wenn in der Broschüre ANDI 3 des NRW-Innenmi-nisteriums die Losung der VVN-BdA „Faschismus ist keine Meinung sondern ein Verbrechen!“ als Aufforderung zum Gesetzesbruch diffamiert wird, weil mit dieser Losung „Linksextremisten“ ihrem „politischen Gegner“ demokratische Rechte absprechen würden.

Zu klären ist, ob es in Deutschland ein verfassungsmäßig verbrieftes Recht auf neofaschistische Propaganda gibt, die auf unseren Straßen und Plätzen fast täglich stattfindet.

Am 3. September 2011 schützten mehr als 4000 Polizisten den Aufmarsch von 700 Faschisten zu ihrem „Nazionalen Antikriegstag“ in Dortmund und versetzten Dortmund in bürgerkriegsähnliche Zustände. NRW-Innenminister Jäger hatte erklärt, die Polizei schütze das Versammlungsrecht und nicht die Nazipropaganda.

Der Vorsitzende der GdP (Gewerkschaft der Polizei) hatte angesichts der Dortmunder Ereignisse festgestellt: „Dann sollte man besser politisch die Handhabe dafür schaffen, dass Neonazi-Demos untersagt werden!“

Das ist eine klare Aufforderung an die Politik, endlich Maßnahmen zu ergreifen, dass Polizisten nicht ständig gegen Demokrat_innen vorgehen müssen, um Neofaschisten ihr vom BVG garantiertes „Recht“ auf freie Verbreitung faschistischer Hetzparolen zu ermöglichen.

Solange die Bundesregierung sich aber sperrt, endlich diesem Treiben ein Ende zu machen, wäre angeraten, zumindest politisch/historisch/religiös eindeutig besetzte Gedenk- und Feiertage für neofaschistische Aufmärsche zu tabuisieren.

Es wäre ein ganz kleiner erster Schritt, den 30. Januar (Machtübertragung an Hitler), den 8. Mai (Tag der Befreiung), den 1. Mai (Tag der Arbeit), den 1. September (Beginn des 2. Weltkrieges), den 9. November (Reichspogromnacht) und weitere historische Termine und selbstverständlich alle christlichen, jüdischen und muslimischen Feiertage für Nazi-Aufmärsche zu sperren.

Dass dies möglich ist, zeigten das Verbot von Nazi-Aufmärschen durch das BVG am Tag der Befreiung des KZ-Auschwitz durch die Sowjetarmee am 27. Januar sowie das durch das BVG bestätigte Verbotsurteil des OVG Münster einer Kundgebung der „Nationalen Sozialisten“ am 9.11.2011 mit der Begründung, dies sei ein Datum „dem ein….eindeutiger Sinngehalt mit gewichtiger Symbolkraft zukommt“.

Wir bitten Sie als Bundestagsabgeordnete/Bundestagsabgeordneten sich für eine solche Anti-Nazi-Gedenktag-Regelung einzusetzen.

Die Unterstützung demokratischer, gewerkschaftlicher, christlicher, jüdischer, muslimischer Kräfte wäre Ihnen bei einer solchen Initiative gewiss. Und sicherlich auch der Polizei, der freie Wochenende zu gönnen sind.

VVN-BdA Landesverband NRW

Ulrike Düwel   Falk Mikosch   Jochen Vogler (Landessprecher_innen)

i. A. Jürgen Schuh (Landesgeschäftsführer)