13.05.2012 Kapital-Verbrechen an Rhein und Ruhr „Kapital-Verbrechen“
überschreibt das Neue Deutschland einen Auszug aus dem Buch
„Von Arisierung bis Zwangsarbeit – Verbrechen der
Wirtschaft an Rhein und Ruhr 1933-1945“. Das
ND druckt dazu eine Faksimile über die „Adolf Hitler Spende
der Deutschen Wirtschaft“ ab. Ein weiteres Bild wurde uns aus
Oberhausen gesendet. Es zeigt: Die Defizite in der
Geschichtsdarstellung über die Zeit von 1933 bis 1945 sind
erheblich und sie wachsen noch an. Während im Oktober 1988 die
Gedenkhalle im Oberhausener Schloss noch mit einem großen
Wandgemälde von Walter Kurowski, die Widerstandskämpferinnen
und –kämpfer sowie die Täter aus der Wirtschaft
darstellend, eröffnet wurde, ist diese Darstellung seit einem Jahr
verschwunden. Der Zeitgeist sieht die Anklage gegen das Kapital und die
Würdigung der Widerstandskämpfer nicht mehr vor. (Foto:
Kuro/Privat). Dem wirkt das neue Buch entgegen. Kapital-Verbrechen Eine
Tafel vor jener Villa am Stadtwaldgürtel in Köln, wo Hitler,
von Papen sowie Banken- und Industrievertreter am 4. Januar 1933 alles
für die Machtübertragung an die größte und
furchtbarste Verbrecherbande der Weltgeschichte perfekt machten, gab
uns die Anregung zu unserer Aktion und diesem Buch... Wir
meinten, so wie die Opfer' im Stadtbild unserer Städte und
Gemeinden mit Stolpersteinen sichtbar gemacht werden, so sollte
andererseits vor den Tätern mit Mahntafeln gewarnt werden... Heute
gehört dazu, vor allem die Allmacht der großen Konzerne und
Banken anzugreifen und zu überwinden, darunter diejenigen, die an
Rüstung und Krieg verdienten. Und
immer noch verdienen. Damit würde ein wichtiger Beitrag geleistet
werden, um Unterdrückung und Krieg zu überwinden. Schließlich
möchten wir mit unserem Buch einen Beitrag zur Freiheit der
historischen Wissenschaft leisten, indem wir konkrete Belege vorweisen.
Denn den Zusammenhang von Kapitalherrschaft und NS-Regime aufzuzeigen,
führt bisweilen zu Diffamierungen z.B. durch Einträge in die
Verfassungsschutzberichte. Kapitalismus
muss nicht zum Faschismus führen. Es ist aber bei uns so
geschehen, und die Sozialisierungsartikel im Grundgesetz, in der
hessischen und nordrhein-westfälischen Landesverfassung zeugen
noch heute davon, dass daraus nach 1945 die Lehren gezogen wurden.
Allerdings waren diese Lehren bald vergessen. Indem wir daran erinnern,
erkämpfen wir Grundfreiheiten und schützen die Verfassung. Aus
dem Vorwort von Ulrich Sander zu seinem Buch »Von Arisierung bis
Zwangsarbeit. Verbrechen der Wirtschaft an Rhein und Ruhr 1933 bis
1945« (PapyRossa. 347 S., br., 16,90 €). Bei
einer Buchpräsentation der VVN-NBdA-Geschichtskommission am 8. Mai
in der Buchhandlung BiBaBuze in Düsseldorf führte Ulrich
Sander u.a. aus: Das Gedenken an die Opfer von Faschismus und
Krieg ist seit 1945 ein wichtiger und wirkungsvoller Bestandteil des
Kampfes gegen das Vergessen und für die Errichtung einer gerechten
friedlichen Ordnung in Europa. Seit
einigen Jahren gibt es Bestrebungen, das Gedenken zu verändern.
Unter Rückgriff auf die Totalitarismusdoktrin, auf die These, dass
Faschismus und Kommunismus gleichzusetzen seien, drängen
politisch einflußreiche Kräfte – unter ihnen der neue
Bundespräsident Joachim Gauck - besonders in den neuen
EU-Mitgliedstaaten Osteuropas darauf, den 23. August 1939, den Tag des
deutsch-sowjetischen Nichtangriffsvertrages, als zentralen Gedenktag
EU-weit einzuführen. Dagegen regt sich Widerstand. Es wird
vermutet, die Geschichte des 20. Jahrhunderts soll
"umgeschrieben", vornehmlich die gesicherten Erkenntnisse über
Ursachen, Triebkräfte, Nutznießer und Folgen des Zweiten
Weltkrieges revidiert werden. Mit unserem Buch „Von
Arisierung bis Zwangsarbeit - Verbrechen der Wirtschaft an Rhein und
Ruhr 1933 – 1945“ und mit der dazu gehörenden Kampagne
der VVN-BdA wollen wir gesicherte Erkenntnisse über die Rolle der
ökonomischen Eliten im vergangenen Jahrhundert festhalten und noch
sicherer machen. Es fügt sich gut, dass unsere
Buchvorstellung am 8. Mai, dem Tag der Befreiung von Krieg und
Faschismus stattfindet. Heinrich Hannover schrieb: „In
der Stunde Null des Jahres 1945, als sich die Deutschen in dem Ruf
»Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus!« einig zu sein
schienen, war es unvorstellbar, daß sie sich noch einmal der
Herrschaft des Großkapitals unterwerfen würden, dessen
Verantwortlichkeit für den Krieg, die 50 Millionen Toten und die
zerstörten Städte damals im öffentlichen
Bewußtsein war, was sich in Sozialisierungsartikeln einiger
Länderverfassungen und sogar im Ahlener arteiprogramm der CDU
niederschlug. Aber die Entfernung des Nazipersonals aus
einflußreichen Stellen in Politik, Justiz und Wirtschaft blieb
ebenso wie die Einsetzung überlebender Antifaschisten in
Regierungsämter und Verwaltungsfunktionen nur Episode. Nur zu bald
entdeckten die nur oberflächlich entnazifizierten Deutschen,
daß es sich mit amerikanischer Kapitalunterstützung ganz gut
leben ließ und daß ihr aus Hitlers Tagen überkommener
Antikommunismus durchaus die Sympathien der amerikanischen
Besatzungsmacht hatte. Ja, es stellte sich heraus, daß nicht nur
die im Kampf gegen die »bolschewistische Gefahr«
bewährten Geheimdienstler, sondern auch Hitlers
Wehrmachtsoffiziere und Generäle, die eben erst wegen
Kriegsverbrechen von alliierten Militärgerichten zu
hohenFreiheitsstrafen verurteilt worden waren, wieder gebraucht wurden,
um neue Kriege vorzubereiten.“ (Ossietzky, Nr. 22/2004) Zum Umgang mit den Verbrechern aus der Wirtschaft bietet sich diese Formel an: http://www.nrw.vvn-bda.de/texte/0874_liste_zwangsarbeit_fonds.htm Liste der Firmen, die mit Sicherheit Zwangsarbeiter ausgebeutet haben. http://www.verbrechen-der-wirtschaft.de/texte/0050_liste_zwangsarbeiter.htm Liste der Firmen, die einen Beitrag zur Zwangsarbeiterentschädigung eingezahlt haben. Firmen, die in der oberen, nicht aber der unteren Liste genannt werden, haben sich um die Zahlung herumgedrückt. Sander,
Ulrich (Hg.): Von Arisierung bis Zwangsarbeit. Verbrechen der
Wirtschaft an Rhein und Ruhr 1933 bis 1945, Köln: PapyRossa Verlag
2012, 347 S., 18 s/w-Abb., ISBN 978-3-89438-489-0, 16,90 Euro. Zu beziehen bei nrw@vvn-bda.de. Die VVN-BdA NRW schrieb im Oktober 2011 an die Occupy-Bewegung: Die
VVN-BdA begrüßt und unterstützt die
Anti-Banken-Proteste. Heute bewahrheitet sich erneut, dass die
Forderungen der weltweiten antifaschistischen Bewegungen von 1945
hinsichtlich der notwendigen Entmachtung der ökonomischen Eliten
der NS-Zeit berechtigt waren – und sind. Diese Forderungen gilt
es heute zu verwirklichen, da z.B. die Deutsche Bank wieder eine
verhängnisvolle Rolle in Politik und Wirtschaft spielt. Die
VVN-BdA bekräftigt die Erklärung der Internationalen
Föderation des Widerstandes FIR von Anfang Oktober 2011, im Sinne
des »Protestes der Völker gegen die Abwälzung der
Lasten der internationalen kapitalistischen Krise auf ihre
Schultern«. Maßnahmen wie die »Einschränkung von
sozialen Rechten und der Rechte der Arbeiter und ihrer
Organisationen«, sowie »Entwicklungen in verschiedenen
europäischen Ländern, die die Grundlagen von Demokratie und
Freiheit der Menschen gefährden«, haben in den 30er Jahren
den Faschismus begünstigt. Die VVN-BdA NRW erinnert daran, dass sie bereits am 30. Januar 2010 diesen Antrag gestellt hat: »An
den Rat der Stadt Bonn (betr. Hermann-Josef Abs): Es wird beantragt: Am
Gebäude der Deutschen Bank in Bonn wird eine Mahntafel angebracht
mit einem Text, der darauf hinweist, dass an der Spitze dieser Bank der
Bonner Bürger Hermann Josef Abs tätig war, der eine
führende Rolle in der Wirtschaft der NS-Zeit spielte. Über
Abs und die Deutsche Bank berichtete im März 1947 der Omgus-Report
(Report einer US-amerikanischen Regierungsorganisation): »Es wird
empfohlen«, »dass die Deutsche Bank liquidiert wird.«
Die Vorstandsmitglieder der Deutschen Bank sollten »angeklagt und
als Kriegsverbrecher vor Gericht gestellt werden, die leitenden
Mitarbeiter der Deutschen Bank von der Übernahme wichtiger oder
verantwortlicher Positionen im wirtschaftlichen und politischen Leben
Deutschlands ausgeschlossen werden«. Die Tafel soll auf die
verhängnisvolle Rolle von Wirtschaftskreisen in der NS-Zeit
hinweisen. Sie soll der Mahnung dienen, solche Verbrechen nie wieder
zuzulassen.« |