23.04.2012 Keine Unterstützung bei Nazi-Jagd Wiesenthal-Zentrum sucht
Massenmörder - Bundesregierung ist das »nicht
bekannt« Sieben
Jahrzehnte nach dem Holocaust könnten noch Hunderte
NS-Verbrecher zur Rechenschaft gezogen werden. Die Möglichkeit
dazu zeigt das Urteil gegen den inzwischen verstorbenen Iwan Demjanjuk.
Der war Aufseher im Vernichtungslager Sobibor und im Mai 2011 vom
Münchner Landgericht wegen Beihilfe zum Mord an 28 060
Menschen zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. »Das
Urteil hat gezeigt, dass man jemandem, der Wärter in einem
Todeslager war, nicht mehr eine konkrete Tat mit einem konkreten Opfer
nachweisen muss«, sagte Efraim Zuroff, Direktor des Simon
Wiesenthal Centers in Jerusalem. im Dezember. Wer in einem solchen
Lager oder in einer Einsatzgruppe der SS diente, ist - so legt das
Münchner Urteil nahe - automatisch schuldig geworden. Allein
in den Todeslagern waren rund 4000 Wachleute
»tätig«. Zuroffs Erfahrung besagt, dass es
vermutlich noch 40 verhandlungsfähige Täter gibt, die
sich vor einem Richter verantworten müssten. Mitte Januar
wollte die Linksfraktion im Bundestag wissen, was die Regierung
unternimmt, um die »Operation Last Chance II« zu
unterstützen. Die nun gegebene Antwort ist
ernüchternd: »Das ›Projekt Operation Last
Chance II‹ des Simon-Wiesenthal-Zentrums war der
Bundesregierung bislang nicht bekannt. Planungen zur
Unterstützung des Projektes seitens der Bundesregierung gab
und gibt es daher nicht.« Auch mit den Ländern,
deren Staatsanwaltschaften für Strafverfolgung
zuständig sind, seien entsprechende Vereinbarungen weder
getroffen noch beabsichtigt. Falls jedoch Staatsanwaltschaften
Unterlagen der Bundesregierung benötigen, »kann eine
Herausgabe nach Maßgabe der einschlägigen
rechtlichen Regelungen erfolgen«. Daran
darf gezweifelt werden, wie das Verhalten der Regierung bei der
Herausgabe von Akten über die Zusammenarbeit deutscher
Geheimdienste mit Nazi-Massenmördern belegt. Die
Bundesregierung verteidigt ihre Untätigkeit mit dem Hinweis,
das Simon-Wiesenthal-Zentrum habe »in dieser Angelegenheit
bisher keinen Kontakt mit der Bundesregierung aufgenommen«.
Offenbar hat man noch immer nicht begriffen, dass es eine vornehmliche
Verantwortung der deutschen Regierung und ihrer Behörden ist,
zur Aufdeckung der Nazi-Verbrechen und Ergreifung der Täter
beizutragen. Die innenpolitische Sprecherin der
Linksfraktion, Ulla Jelpke, erwartet von Bund und Ländern
»nicht nur angesichts ihres Versagens bei der NSU-Mordserie
mehr Engagement«. Ulrich Sander, Bundessprecher der
Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten
(VVN-BdA), erinnert daran, dass die Regierung sich sogar vor im Ausland
bereits verurteilte Nazi-Verbrecher stellt und Opferklagen abweisen
lässt. Beim Gedenken für die Opfer
des rechtsextremistischen Neonazi-Terrors im Februar sagte
Bundeskanzlerin Angela Merkel: »Wir vergessen zu schnell, wir
verdrängen zu schnell. Gleichgültigkeit hat eine
verheerende Wirkung.« Mit freundlicher
Genehmigung des Neuen Deutschland. |