25.03.2012 Deutsche Bundesregierungen und die
NS-Vergangenheit Stellungnahme
von Ulrich Sander zur Behauptung von Bundespräsident Joachim
Gauck, der Ungeist der Nazis wäre im Nachkriegsdeutschland
nicht wirksam gewesen. „Nachwirkungen
nationalsozialistischer Gedanken wurden keine gestaltende
Kraft“ in der BRD (Bundestagsrede am 23. März 2012),
behauptete Joachim Gauck in seiner ersten Rede als
Bundespräsident. Dazu nimmt VVN-BdA-Bundessprecher Ulrich
Sander in einem Zeitungsartikel Stellung: Nicht nur
Beate Klarsfeld hat Nazis entlarvt, die in der Bundesrepublik zu
höchsten Ämtern kamen und deren Untaten unbestraft
blieben. Immer wieder hat die VVN-BdA dazu Dokumente vorgelegt. Um
wirkungsvoll Tatsachen ans Licht zu bringen, ohrfeigte Beate Klarsfeld
1968 den Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger (CDU, vorher NSDAP, Chef im
Auslandsrundfunk der Goebbels-Propaganda). Sie schrieb:
„Kiesinger war kein kleiner Mitläufer, er war
eingeweiht in die geheimsten Nazipläne.“ Und weiter
in einem französischen Blatt: „Herr
Kiesinger hat sich einen ebenso guten Ruf in den Reihen der Braunhemden
verschafft wie in denen der CDU.” Das kostete sie den Job
beim Deutsch-Französischen Jugendwerk. Bis heute hat sich die
Aufregung der Springerpresse und der CDU/CSU über
Klarsfelds Enthüllungen nicht gelegt. Die
VVN-BdA schildert derzeit die Situation in der ehemaligen BRD in einer
Ausstellung: „Viele ehemalige Nazis und Mitläufer
haben nach 1945 in Westdeutschland die Möglichkeit gehabt,
wichtige Positionen in Staat und Gesellschaft wieder zu besetzen. Ein
konsequenter Bruch mit den Inhalten und Werten des NS-Regimes wurde
trotz des demokratischen Gegenentwurfs
„Grundgesetz“ versäumt. In diesem Klima
der Akzeptanz konnten sich auch offen neofaschistische Organisationen
neu etablieren. Personell, inhaltlich und organisatorisch lassen sich
die heutigen neofaschistischen und militaristischen Strukturen in der
Geschichte der BRD zurückverfolgen. Das neuere Engagement des
Staates in der Auseinandersetzung mit Neofaschisten lässt
diese Tabus unberührt.“ Die
personellen Kontinuitäten bestanden in dem Einsatz von Nazis
wie Reinhard Gehlen (Auslandsgeheimdienstchef vor und nach 1945),
Hubert Schrübbers (NS-Richter und später
Verfassungsschutzchef), Hans Globke (juristischer Propagandist und
Texter von Gesetzen zur Judenverfolgung, später
Staatssekretär unter Bundeskanzler Adenauer), von
NS-Parteigängern an der Spitze von Bundesministerien, in der
Wahl von Bundespräsidenten mit Naziparteibuch,
Übernahme von Nazis in den hohen und höchsten
Beamtenstatus. Vor allem: Nazigeneräle durften eine neue
Wehrmacht, die Bundeswehr, aufbauen und befehligen. Die
inhaltlichen Kontinuitäten bestanden u.a. auf diesen Gebieten:
Die Macht der wirtschaftlichen Eliten wurde wieder hergestellt,
Kriegsverbrecher wurden nicht konsequent verfolgt, Nazis durften sich
neu organisieren, Kommunisten und andere Oppositionelle wurden verfolgt
und eingesperrt, die Ergebnisse des Zweiten Weltkrieges wurden in Frage
gestellt und an militaristischen Traditionen wurde festgehalten. Der
neue Bundespräsident Joachim Gauck sagte:
„Nachwirkungen nationalsozialistischer Gedanken wurden keine
gestaltende Kraft“ in der BRD (Bundestagsrede am 23.
März 2012). Doch die Wirkungen des
NS-Regimes zeigten und zeigen sich besonders darin, dass die Losung
„Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus“
aufgegeben wurde und es heute heißt „Nie wieder
Auschwitz und Antisemitismus“. Und so führt
Deutschland wieder Kriege in aller Welt, und die Militarisierung von
Schulen, Hochschulen, der Wirtschaft und der ganzen Gesellschaft
schreitet voran. Der Massenmörder aus der Bundeswehr, der am
Kundus in Afghanistan 142 Frauen, Kinder und andere Zivilsten umbringen
ließ, blieb unbestraft. Zur Elitetruppe zählen die
Gebirgsjäger, die sich Jahr für Jahr auch mit
Kriegsverbrechern in Mittenwald treffen. Nur per Gerichtsbeschluss
konnte sich die VVN-BdA das Recht erkämpfen zu schreiben,
„dass der Kameradenkreis Gebirgstruppe nicht nur die
Kriegsverbrechen der NS-Gebirgstruppe verharmlost und die
Täter schützt, er ist nun auch dazu
übergegangen, die juristische Nichtverfolgung der Untaten als
erforderlich für die heutige Kriegsführung der
Bundeswehr und der NATO-Alliierten zu bewerten.“ Ulrich
Sander |