Logo VVN/BdA NRW

Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

24.03.2012

Die NATO plant den Krieg von deutschem Boden aus

Kalkar als Zentrum des militärischen Verfassungsbruchs

Ulrich Sander, Bundessprecher der VVN-BdA unterstrich in einem Beitrag für die Zeitschrift Ossietzky die Notwendigkeit, „das ungehemmte Vorgehen der NATO auf deutschem Boden gegen das Völkerrecht und gegen die weltweite Friedensordnung entschieden zurückzuweisen. NATO Kriegseinsätze werden auch von NRW aus gesteuert, so durch das der NATO unterstellte Luftwaffen-Führungshauptquartier in Kalkar, so heißt es in dem Beitrag.

Hunderttausendfacher Protest hat einst in Kalkar am Niederrhein dafür gesorgt, dass dort keine atomare Wiederaufbereitungsanlage entstand. Die Baureste für den Schnellen Brüter bieten jetzt einem „Wunderland“-Freizeitpark Platz. Doch es gibt Gründ, wieder in großer Zahl dort zu protestieren.

Bundeswehrführung und NATO haben dort – ohne viel Aufsehen zu erregen - das Hauptquartier für Luftkriegsoperationen aufgebaut, das weltweit verlegt werden kann. Eingreiftruppen in aller Welt können von diesem Jahr 2012 an von der von-Seydlitz-Kaserne aus kommandiert werden.  Vom Schnellen Brüter zur Schnelle Eingreiftruppe mit 9000 Soldaten. Sie können in kurzer Zeit in den Krieg geschickt werden – sollte die Nato mit dem Krieg wieder mal ernst meinen. Und das kann schnell geschehen. Und es wäre ein Krieg von deutschem Boden aus.

Die Ostermarschierer vom Rhein und der Ruhr brachten es in ihrem Aufruf auf den Punkt: „Durch das ungehemmte Vorgehen der NATO werden das Völkerrecht und die weltweite Friedensordnung verletzt. Die Gefahr von Kriegen steigt, die Welt wird unsicherer. NATO Kriegseinsätze werden auch von NRW aus gesteuert, so durch das der NATO unterstellte Luftwaffen-Führungshauptquartier in Kalkar.“

Von Kalkar aus wird der Luftraum nördlich der Alpen observiert. Zudem wird das Kommando für den geplanten, höchst umstrittenen Nato-Raketenabwehrschild ebenfalls in Deutschland errichtet. Und zwar auf dem Nato-Stützpunkt im rheinland-pfälzischen Ramstein, 380 Kilometer von Kalkar entfernt. Dann wird die deutsche Truppe von Ramstein aus den Raketenschild gegen neue Mittelstreckenraketen – kommt einem das nicht irgendwie bekannt vor? – kommandieren. Mit Patriotraketen soll die Bundeswehr mitwirken an der Abwehr von Mittelstreckenraketen. Es versteht sich, dass die Wiederholung der Kriegsrhetorik aus der Zeit von Helmut Schmidt und Helmut Kohl vor 30 Jahren keine beruhigende Sprache für Russland ist. Kalkar und später Ramstein werden sich im Fadenkreuz der „uns bedrohenden Mittelstreckenraketen“ befinden.

Zunächst wird aber in Kalkar geübt. Mit rund 400 echten Soldaten koordinierte General Naskrent im vorigen Herbst von Kalkar aus 9000 virtuelle. Für den Standort galt es zu beweisen, dass die Kerntruppe von 60 Soldaten mit Hunderten weiteren aus ganz Deutschland und von sechs Nato-Partnern zusammengezogenen Männern und Frauen der Aufgabe gewachsen ist, erklärt Bundeswehrsprecher Oberstleutnant Alexander Feja.

Dabei ist der Einsatz, den ein Nato-Team im norwegischen Stavanger entworfen hat und von dort aus auch überwacht und bewertet, „so nah dran an der Realität wie möglich". Im virtuellen Einsatz können nicht nur bloß Flugzeuge kaputt gehen oder Terroristen eine Cessna kapern. Ein Blick auf die Landkarte mit Fantasieländern wie „Tytan", „Petraceros", „Stellaria" und „Kamon" lässt den Betrachter stutzen. Es sieht alles ganz wie Nahost aus.

Die Nato spielt Krieg - und in Kalkar wird er auf dem Reißbrett geplant und gesteuert. Die Neuen Rhein/Ruhrzeitung aus der WAZ-Gruppe berichtete von der Herbstübung: „Auch wenn beim Rund­gang durch das Luftstreitkräfte-Hauptquartier in der von-Seydlitz-Kaserne alle von ‚humanitären Einsätzen’ und ‚Stabilisierung der Region’ reden - als das Pressegespräch mit dem Kommandierenden angesetzt ist, hat es dann in der Computersimulation doch ‚geknallt’. Drei-Sterne-General Dieter Naskrent kommt mit einer halben Stunde Ver­spätung und ernster Miene. ‚Eine gestohlene, mit Sprengstoff beladene Cessna hatte Kurs auf die Hauptstadt ge­nommen’, sagt er. Und kommt nach einigen Erklärungen über ‚Abdrängversuche’ und ‚Warnschüsse’ auf den Punkt. ‚Wir haben sie abgeschossen.’ Schweigen. Dann, auf eine Nachfrage: ‚Ja, letztlich habe ich den Befehl dazu gegeben.’"

Es wäre ein illegale Befehl, ein Verfassungsbruch.

Über solcher Art Übungen urteilt der Verfassungsexperte und ehemalige Bundestagsvizepräsident Burkhard Hirsch: „Die Piloten müssen wissen: Ein Befehl zum Abschuss ist der Befehl zu einem Verbrechen, zum rechtswidrigen Totschlag. Der einem solchen Befehl folgende Pilot wird sich anschließend vor einem Schwurgericht wiederfinden. Wir haben das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ja schließlich nicht aus Jux und Dollerei erfochten.“ Gemeint ist das Grundsatzurteil zum Luftsicherheitsgesetz zum Artikel 1 des Grundgesetzes, zum Recht auf Leben und zum Verbot von Abschüssen von Zivilflugzeugen durch Kampfjets.

Doch zu oft verweigerte die Bundeswehr schon den Gehorsam gegenüber der Verfassung.

Quelle: http://www.sopos.org/aufsaetze/4f771b821cb85/1.phtml