13.03.2012
Der Naziterror wurde als „Antwort auf die Linken“ verharmlost Die Drohliste „Einblick“ als Grundmuster faschistischen Terrors VVN-BdA
Bundessprecher Ulrich Sander sprach am 6. März auf einer
Veranstaltung seiner Organisation in Regensburg über seine
Erfahrungen in der Auseinandersetzung mit Nazis und Neonazis in
Nordrhein-Westfalen. Vor dem Hintergrund dessen, was wir seit dem 4.
November 2011, dem Tag des Selbstmords von Zweien aus dem
NSU-Terror-Trio von Zwickau, wissen stellte er diese Fragen und
versuchte einige Antworten darauf: - Warum werden ausgesprochene Verbote nicht konsequent von den Behörden umgesetzt? -
Welche Rolle spielt das Bundesverfassungsgericht, das mit seinen
Urteilen zugunsten der Nazipropaganda zur Enthemmung der Faschisten
beiträgt? - Warum wird das Phänomen der Märtyrerselbstmorde bei Nazis nicht untersucht, das so sehr zu Enthemmung beiträgt? -
Ist nicht das Ausbleiben von Bekennerschreiben bei Naziuntaten in den
Schwarzen Listen zu suchen, die als Gesamtbekennerschreiben fungieren? -
Welche Rollen spielen Bundeswehr, Reservistenverbände und
Schützenbünde bei der Waffenbeschaffung, der Waffenkunde und
der Vorbereitung von Verbrechen der Rechten? - Was
sind die Wirkungen von Schriften a la „Deutschland schafft sich
ab“ auf Neonazis, die ebenfalls das Aussterben der Weißen
Rasse bekämpfen, allerdings dann mit Waffen und Terror? - Welche Rolle spielen die V-Leute wirklich bei der Vorbereitung und Durchführung von Verbrechen? Dies
ist der Bericht eines Mitbürgers, der – ebenso wie seine
Umgebung - seit 25 Jahren von Nazis bedroht wird und der sich damit als
VVN-BdA-Aktivist und Journalist in der gesamten Zeit auseinandergesetzt
hat. Er fand heraus: Das Grundmuster des Nazi-Terrors, über den
seit Bekanntwerden des Zwickauer Trios Anfang November 2011
überall zu lesen ist, wird bereits in der Schwarzen Liste
„Einblick“ von führenden Neonazis empfohlen. Sie ist
1992/1993 erschienen und wurde vom Staats- und Verfassungsschutz als
Ausdruck des „Hochschaukelns von rechten und linken
Extremisten“ verharmlost. Über die Mitschuld der
„Sicherheitsbehörden“ am heutigen Naziterror wird
derzeit viel geschrieben. Unser Autor tat es schon vor längerer
Zeit. (Literatur: bei DISS unter Martin Dietzsch und unter Wikipedia
unter „Anti-Antifa“) Und er stellt Fragen, die sonst
zumeist unterbleiben: - Warum werden ausgesprochene Verbote nicht konsequent von den Behörden umgesetzt?
- Welche
Rolle spielt das Bundesverfassungsgericht, das mit seinen Urteilen
zugunsten der Nazipropaganda zur Enthemmung der Faschisten
beiträgt?
- Warum wird das Phänomen der Märtyrerselbstmorde bei Nazis nicht untersucht, das so sehr zu Enthemmung beiträgt?
- Ist
nicht das Ausbleiben von Bekennerschreiben bei Naziuntaten in den
Schwarzen Listen zu suchen, die als Gesamtbekennerschreiben fungieren?
- Welche
Rollen spielen Bundeswehr, Reservistenverbände und
Schützenbünde bei der Waffenbeschaffung, der Waffenkunde und
der Vorbereitung von Verbrechen der Rechten?
- Was sind die
Wirkungen von Schriften a la „Deutschland schafft sich ab“
auf Neonazis, die ebenfalls das Aussterben der Weißen Rasse
bekämpfen, allerdings dann mit Waffen und Terror?
- Welche Rolle spielen die V-Leute wirklich bei der Vorbereitung und Durchführung von Verbrechen?
usw usw Alle
Welt ist seit Bekanntwerden des Terror-Trios aus Zwickau
„beunruhigt“ und „alarmiert“. Das war ja
„unvorstellbar“! Von wegen! Schon vor genau zehn Jahren
haben wir in Nordrhein-Westfalen das Landesinnenministerium
aufgefordert, die Neonaziaufmärsche in dem besonders vom
Naziterror betroffenen Land NRW zu verbieten und das die Nazis
begünstigende V-Leute-System abzuschalten. Und schon vor 20 Jahren
wiesen wir auf die Bedrohung durch die Anti-Antifa und ihre Drohliste
„Einblick“ hin – sie ist das Grundmuster, nach dem
auch das Zwickauer-Trio handelte. Doch man antwortete uns: Die
bedrohlichen Aussagen der „Rechtsextremisten“ seien nur die
Antworten auf die „Linksextremisten“. Rechts wird so stets
als Spiegelbild der Linken dargestellt, die aber vorher da war. Der
alte Prof. Nolte lässt grüßen: Nazis werden durch
Antinazis verursacht. Wir hatten die Naziaufmärsche im
Ruhrgebiet als Fortsetzung verbotener Organisationen und
Aktivitäten bewertet. Wir bekamen eine Antwort: Die Behörden
forderten uns auf, die Forderung nach Verbot der neonazistischen
Aufmärsche mit gerichtsverwertbaren Informationen zu belegen. Ende
Januar 2002 hat die VVN-BdA NRW solche Belege vorgelegt. Wir
fragten darin: „Hält das Innenministerium etwa
Verfassungsschutzberichte von Bund und Land nicht für
gerichtsverwertbar?“ Wir verwiesen auf die politischen
und kriminellen Biographien etwa der Herren Busse, Worch, Borchardt und
Konsorten, „die früher führend bei jetzt verbotenen
Organisationen tätig waren und jetzt ihre Tätigkeit nur
schwach getarnt in freien Kameradschaften und freien
Nationalisten-Gruppen fortsetzen“ (VS-Originalton). Verwiesen
wurde auch auf eine Veröffentlichung aus der Naziszene, die damals
den Beleg dafür erbrachte, dass der Naziführer Christian
Worch sich als Nachfolger Michael Kühnens versteht, des
verstorbenen Führers der verbotenen Szene. (Informationsdienst
„Blick nach Rechts“ vom 29. November 2001) Den Selbstmordattentätern wird Einzug in Walhalla versprochen Zudem
wurde auf den terroristischen Charakter dieser Leute und ihrer
Vereinigungen hingewiesen. Seit Jahren wurden Bürger von NRW durch
die terroristische AntiAntifa – mitbegründet von Christian
Worch - bedroht, ohne dass die Behörden etwas dagegen unternahmen.
„Das erstaunt und beunruhigt uns um so mehr, als die Neonazis den
Terror eines Bin Laden gegen die USA heftig begrüßt und
schon seit Jahren auf ihren Internetseiten Selbstmordattentate mit
antisemitischen Absichten propagiert haben“, schrieben wir. Die
Neonazigruppen, denen vom Bundesverfassungsgericht das demonstrative
Propagieren ihrer lediglich als „missliebige Meinung“
eingestuften Ideologie zugestanden wurde, hätten zur allgemeinen
Lynchjustiz und zur “endgültigen Ausschaltung der
politischen Gegner” aufgerufen“ (so in der
Anti-Antifa-Drohliste „Einblick“). Weit über hundert
Menschen fielen in Deutschland seit 1990 diesem Terror zum Opfer,
stellten wir schon damals fest. Die rechten Gewalttäter
arbeiten seit vielen Jahren mit der Losung „Sieg oder
Walhalla“. Das heißt, sie rufen zu Attentaten auf, dem
Täter wird Sieg oder der ruhmvolle Einzug in Walhalla per
Selbstmord versprochen. Nach diesem Muster gab es im Jahre 2000 bereits
den dreifachen Polizistenmord von Dortmund durch einen
Selbstmörder, von dem die Naziszene dann später in
Flugblättern sprach: „Er war einer von uns – 3:1
für Deutschland.“ Die Selbstmorde von
Naziterroristen, im November dann wieder der Selbstmord der zwei aus
dem Zwickauer Trio, werden nie von den Untersuchungsbehörden
analysiert. Die Selbstmörder ziehen sich aus der Affäre, ihre
„germanische Weltanschauung“ wird nicht ernst genommen. Im
Jahr 2005 wurde - wieder in Dortmund - ein antifaschistischer Punk von
einem Nazifan erstochen, und die Naziszene gab bekannt: Es wurde die
Machtfrage gestellt und von unserem Kameraden beantwortet. Man werde
jeden bestrafen, der sich den freien Kameradschaften in den Weg stelle. Verbote wurden ausgesprochen und nie durchgesetzt Während
Justiz und Sicherheitsbehörden angeblich keine Handhabe hatten,
gegen die Neonazis vorzugehen, ist es den Behörden stets leicht
gefallen, gegen linke Antifaschisten einzuschreiten. Wir schrieben:
„Als die KPD verboten wurde und rund 10.000 Menschen wegen ihrer
kommunistischen Gesinnung eingesperrt wurden, da waren auch Mitglieder
unserer Organisation unter den Opfern dieser Verfolgungen. Ihnen wurde
die Wahrnehmung ihrer Grundrechte – so die Kandidatur für
den Bundestag und NRW-Landtag als Einzelpersonen und die Herausgabe
einer kleinen Zeitung - als Fortsetzung der KPD-Tätigkeit
ausgelegt, und sie wurden wiederum eingesperrt. Leute wie sie mussten
sogar ihre Entschädigungsleistungen, die sie wegen der Leiden als
NS-Verfolgter erhalten hatten, zurückzahlen. Die Kader sind schon lange auch im Untergrund tätig Gegen
ein NPD-Verbot wird noch heute argumentiert, dies treibe die Kader in
den Untergrund. Das Argument sollte doch wohl mit dem
„Nationalsozialistischen Untergrund“ von Sachsen und
Thüringen als erledigt gelten! Die NPD ist im Untergrund und in
der Öffentlichkeit tätig. Wenigstens als legaler Arm der
Terrorszene sollte sich abgeschafft werden, meinen wir. (Oder
hätte man sich vorstellen können, ein legaler Arm der RAF
hätte seine Meinung verbreiten dürfen, wenn es ihn gegeben
hätte?) Es wird gesagt, es würden
Nachfolgeorganisationen der NPD geschaffen, dagegen sei kein Kraut
gewachsen. Das gilt aber nur, wenn die Schaffung von
Nachfolgeorganisationen nicht verfolgt wird, wie es beispielsweise im
Falle der FAP (Freiheitliche Arbeiterpartei) der Fall war, die verboten
wurde, während ihre Kader munter unter leicht veränderten
Namen weitermachten. Wie gesagt: Das Verbot von Nachfolgeorganisationen
der Linken, der KPD und FDJ wurde hierzulande streng durchgesetzt, das
von Rechten soll da nicht durchzusetzen sein? Zur
V-Mann-Affäre des Verfassungsschutzes von NRW wurde schon damals
in der VVN-BdA-Erklärung festgestellt: „Da fällt uns
manches ein: z.B. die Zeugen vom Hörensagen, die gegen Kommunisten
in Prozessen zu Zeiten des Kalten Krieges, eingesetzt wurden. Das waren
doch auch V-Leute, aber ihr Wort galt in den Prozessen. Sie haben mit
ihren Lügen, gegen die sich niemand wehren konnte, Tausende
Menschen ins Unglück gestoßen. Jetzt aber erhalten die Nazis
Schutz, weil es ihnen gelang, so viele V-Männer in ihren Reihen zu
haben.“ Verbote sind nicht alles – aber alles ist nichts ohne Verbote Wir
appellierten an den Innenminister: „Tun sie Ihre Pflicht: Helfen
Sie, die NPD zu verbieten und die bereits ausgesprochenen
Organisationsverbote gegen Nazigruppen nachhaltig durchzuführen.
Verbieten Sie die Naziaufmärsche.“ „Mit
Verboten ist der NPD nicht beizukommen, und den ‚Freien
Kameradschaften’ und ‚autonomen Nationalisten’ schon
gar nicht.“ So heißt es. Nun wird zu recht darauf
hingewiesen, dass mit Verboten zumindest der Geldstrom aus
Steuertöpfen in den NPD-Kassen gestoppt würde, der ja weiter
fließt z. B. in die „Heimatfront“ von Thüringen
und von da in den NS-„Untergrund“, wie jetzt nachgewiesen
wurde. Aber der Arm eines Parteiverbots erreicht nicht die
„freien Kräfte“, wird argumentiert. Dieses Argument
fand ich zuerst nicht in Texten der Nazis, sondern in den ersten
Stellungnahmen aus dem staatlichen Bereich zu den neuen
Organisationsformen der Nazis. Die kamen aus dem Bereich der Ämter
für Verfassungsschutz – und waren schon da, bevor die Nazis
überhaupt ihre „freien“ Kameradschaften etablierten.
Es waren ganz einfach Tipps, wie Neonazis nach Verboten ihrer
Organisationen weitermachen können, ja sogar die mörderische
Anti-Antifa legal arbeiten könne. Der Verfassungsschutz gab Tipps, wie die Nazis legal operieren können So
hieß es etwa im nordrhein-westfälischen
Verfassungsschutzbericht für das Jahr 1993 zum Thema
„Entwicklung im Extremismus 1993“, in dem der Extremismus
als eine Einheit dargestellt wird, innerhalb derer es
„Aufschaukelungstendenzen“ von Antifaschisten und
Faschisten gäbe: Die Praxis der Linksextremisten bei der
Veröffentlichung von Fakten über Neonazis sei
„inzwischen von den Neonazis aufgegriffen (!) und gegen linke
Gegner“ angewendet worden. Das Resultat seien die
„Anti-Antifa“ und die Drohliste „Einblick“. In
dem NRW-93er-Bericht wird zur Schwarzen Liste „Einblick“
und zu den behördlich empfohlenen Organisationsformen amtlich
argumentiert: „Organisatorisch ungebundene Aktivitäten sind
mit Verbotsmaßnahmen kaum angreifbar“, deshalb stehe der
Schritt „von der Partei wieder zur Bewegung“ ins Haus. Die
örtlichen Staatsschutzbehörden bekamen seinerzeit vom
Bundeskriminalamt den Hinweis, den “Einblick” und die
„Kameradschaften“ nicht so ernst zu nehmen: Dies sei die
verständliche Antwort der Nazis auf die Anarchisten und Roten.
„Pack schlägt sich, Pack verträgt sich“, so
dachte man im BKA. So hat man den Nazis Freibriefe ausgestellt!
Und ihr Terror wurde verharmlost als Antwort auf linke Aktionen,
– doch nur die Rechten haben rund 180 Menschen umgebracht, die
sogenannten „Linken“ keinen. Empfehlungen für Nazis in VS-Berichten Und
so wurden den Neonazis Ratschläge zuteil: Wer keiner Organisation
angehört, kann auch keiner kriminellen oder anderweitig
verbotswürdigen Organisation angehören. Die konspirativen
Organisationen, die dem Bundes- wie Landesverfassungsschutz gut bekannt
sind, werden in den Verfassungsschutzberichten damals wie heute nicht
analysiert. Und den Nazis wurde und wird auch kein Haar
gekrümmt. Wie andere Bürger unseres Bundeslandes
werden auch Mitglieder der VVN-BdA schon seit der mit behördlichem
Segen erfolgten Gründung der „Kameradschaften“
des Christian Worch von diesem und seiner terroristischen Anti-Antifa
bedroht. Dutzende Tote in NRW (die Fälle Lemke und Berger, die
jedoch von Polizei und Justiz verharmlost wurden, der Mord am Punk
Thomas „Schmuddel“ Schulz in Dortmund sowie die Morde des
Köln-Overather Dreifachmörders belegen es) sind seit Beginn
dieser AntiAntifa zu beklagen. Der braune Terror war seit Jahren
vorhanden, wurde aber bis zum Bekanntwerden des Zwickauer Trios nicht
in den ansonsten sehr weit ausgelegten Begriff vom Terrorismus mit
einbezogen. Es wird per Anti-Antifa zur allgemeinen Lynchjustiz, zur
“endgültigen Ausschaltung der politischen Gegner”
aufgerufen: “Jeder von uns muss selbst wissen, wie er mit den ihm
hier zugänglich gemachten Daten umgeht. Wir hoffen nur, ihr geht
damit um!” Das schrieben Worch und seine Leute 1993 im
„Einblick“ zu ihren Drohlisten – und sollte Worch
abstreiten, der Autor zu sein, so sei erinnert: Zumindest stimmte Worch
dem im Fernsehen zu. Dem Aufruf „geht damit um“ fielen zehn Menschen zum Opfer. Seit
jener Zeit verfolgen die Nazis in Deutschland das Ziel, mit Terror das
Land zu destabilisieren und zur Erhebung für die “deutsche
nationale Identität” zu führen, um es “national
zu befreien”. Ausländer und
„Ausländerfreunde” sollen aus dem Land getrieben oder
“ausgeschaltet” werden. Nie aufgegeben wurde das Ziel der
Schaffung “national befreiter Zonen”. Dies auch mit
vorübergehend „national befreiten Straßen“, die
per Naziaufmarsch „frei“ werden von Juden, Linken und
Ausländern. Mit Terror soll Deutschland „national befreit“ werden Neonazis
unterliegen nicht den Antiterrorgesetzen. Sie dürfen sich trotz
ihrer Tätigkeit für den Anti-Antifa-Terror und trotz der
Fortsetzung der verbotenen Organisationen mittels
„Kameradschaften“ weitgehend ungehindert entfalten. Im
November 2001 gab es dafür einen weiteren Beleg, dass diese Leute
verbotene Organisationen fortsetzen. Der Informationsdienst
„Blick nach Rechts“ (29.11.01) berichtete über einen
internen Streit, bei dem sich Neonazis gegen den Führungsanspruch
von Christian Worch auflehnten. Worch antwortete seinen Kumpanen:
„Am Anfang war Michael Kühnen“; dessen politische
Konzepte bilden noch „heute die Grundzüge“, denen die
„Freien Nationalisten“, die Kameradschaften also, folgen,
„auch wenn vielen das nicht immer bewusst“ sei. Kühnens
Banden waren verboten – also müssen auch die Nachfolger
verboten werden, meinen wir. Doch viele dieser Nachfolger sind V-Leute
gewesen und geworden. Bis heute wirken sie unkontrolliert. Die
V-Leute sorgen für die Strafbefreiung bei Naziverbrechen. Der von
dem verstorbenen VVN-Landessprecher Jupp Angenfort durch eine
Strafanzeige ausgelöste Prozess gegen die Nazi-Band
Oydoxie/Weiße Wölfe aus Dortmund-Brechten wurde dreimal
vertagt und dann schließlich eingestellt, u. a. weil die V-Leute
nicht aussagen durften. Die Mitschuld des Innenministeriums von NRW an
der rechtsterroristischen Entwicklung im Ruhrgebiet liegt auf der Hand.
Wer sich den Nazis als „Störer“ in den Weg stellte,
wurde von Minister Ingo Wolf (FDP) und von NRW-Staatsanwaltschaften
kriminalisiert und mit Haft bedroht. Und auch der neue
SPD-Innenminister Jäger hat nicht zu erkennen gegeben, dass er von
dieser Praxis absieht. Er hat wie sein Vorgänger ein
Broschüre „Andy“ in die Schulen gegeben, mit der die
Losung „Faschismus ist keine Meinung, Faschismus ist ein
Verbrecher“, die bei der Jugend sehr beliebt ist, verboten wird. Auf den rechten Auge blind? Wir
sind nicht einverstanden, ja empört, wenn Nazis und kommunistische
Naziopfer im Zeichen des Antitotalitarismus hierzulande gleichgestellt
werden. Vielfach wird davon gesprochen, die Behörden seien auf dem
rechten Auge blind. Das Bild fordert die Gleichbehandlung von Rechten
und Linken ein. Das ist abzulehnen. Ich meine aber, dass dieses Bild
anschaulich macht: Hierzulande greift der Staat gegen Links durch und
hilft damit den Rechten. Wenn es gegen links und gegen Antifaschisten
geht, dann fallen den Staatsschutzbehörden noch immer
Maßnahmen ein und seien sie noch so grausam und ungerecht. Dann
war man immer schnell mit Verboten dabei. Herr Professor
Hans-Jürgen Papier, langjähriger
Ex-Verfassungsgerichtspräsident und als solcher an zahllosen
Genehmigungen von faschistischen Aufmärschen beteiligt, hat nun
die Latte für ein NPD-Verbot noch einmal höher gehängt.
Er sagte, die NPD könne nur verboten werden, wenn nachzuweisen
ist, dass sie insgesamt mit Terrorbanden wie jener in Zwickau
zusammenhängt und nicht nur über einzelne Mitglieder damit
verbunden ist. Dann waren also all die Forderungen, die V-Leute
abzuschalten und dann könne ein NPD-Verbot gelingen, nur leeres
Gerede? Die NPD muss ansatzweise beim Holocaust weitermachen – ja
dann? Denkt man sich das nun so? Bisher dachten wir, dass das
Strafgesetz gegen Mörder anzuwenden ist. Zu Parteiverboten braucht
es die Verfassung. Und die Verfassungswidrigkeit liegt vor. Die Drohungen ernst nehmen Die
Nazis haben uns in ihre Drohlisten aufgenommen, malen Galgen an die
Häuser, in denen wir wohnen und sie drohen „Wir kriegen Euch
alle“; per Internet teilen sie uns mit: „Kommt Zeit kommt
Rat kommt Attentat“ und hängen Fotos aus Buchenwald daran.
Dann steht plötzlich an dem Wohnhaus eines betroffenen Freundes:
„Buchenwald vergisst nicht.“ Wir nehmen die Drohungen ernst
und wenden uns an die zuständigen Behörden: Handeln Sie
endlich – aber lassen Sie sich nicht von jenen fahrlässigen
Redensarten des Ex-Verfassungsrichters Papier beeindrucken, der gegen
rechts nichts, aber auch gar nichts zustande gebracht hat. Und der es
offenbar – genau wie andere höchste Behördenvertreter -
auch nie vorhatte. Warum eigentlich? Was haben die mit uns vor, die den
Neonazismus begünstigen? Das Bundesverfassungsgericht darf nicht außer Kritik gestellt werden Zu Herrn Papier noch etwas aus eigenem Erleben. Über
ihn und das Bundesverfassungsgericht hatte ich mich als Bundessprecher
der VVN-BdA im Jahre 2002 so geäußert: „Die
Ministerpräsidenten der deutschen Bundesländer haben eine
gute Gelegenheit, etwas Wirksames gegen den Neonazismus im Lande zu
unternehmen: Sie können auf der nächsten Bundesratssitzung
dagegen stimmen, dass Prof. Hans-Jürgen Papier zum
Präsidenten des Bundesverfassungsgerichtes ernannt wird.“
Ich schrieb, Papier habe mit seinen einstweiligen Verfügungen
zugunsten der Neonazis immer wieder Neonaziaufmärsche in unseren
Städten und Gemeinden ermöglicht. „Er bescheinigte den
Rechtsextremisten, ihre Parolen stellten lediglich ‚missliebige
Meinungen’ dar, die zu dulden seien. Papier habe zugelassen, dass
antinazistische Gerichtsurteile höchster Landesverwaltungsgerichte
missachtet werden, die wie das Oberverwaltungsgericht für das Land
Nordrhein-Westfalen in einer umfangreichen Rechtssprechung festgestellt
hatten, dass sich eine rechtsextremistische Ideologie auch nicht mit
Mitteln des Demonstrationsrechts legitimieren läßt
(vergleiche insbesondere: Beschluss des OVG NRW vom 30. 04. 2001, AZ: 5
B 585/01). Das Oberste NRW-Verwaltungsgericht in Münster hatte
erklärt: Rechte Aufmärsche, die von einem Bekenntnis zum
Nationalsozialismus geprägt sind, müssen verboten werden;
eine rechtsextremistische Ideologie sei vom Grundgesetz von vornherein
ausgeschlossen. (...)“ Ich schloß: „Die
VVN-BdA hält einen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichtes
für untragbar, der zugunsten der Neonazis, die mit ihrem
Terror wie mit ihren Aufmärschen die Menschen im Lande
ängstigen, das Grundgesetz beugt.“ Prof. Papier habe
nicht nur die NPD, sondern auch die ”freien
Kameradschaften” gewähren lassen, in denen zahlreiche
Funktionäre der verbotenen FAP ein neues Betätigungsfeld
gefunden haben. Dagegen gelte nach wie vor die Feststellung: ‚Der
Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen.’“ Diese
meine Erklärung trug der VVN-BdA und mir persönlich einen
dicken Eintrag im Bundes-„Verfassungsschutzbericht 2002“
ein. Da hieß es: „In ihrem ‚antifaschistischen
Kampf’ lehnt die VVN-BdA rechtsstaatliche Grundsätze wie die
Unabhängigkeit der Justiz ab. Anlässlich der Neubestellung
des Präsidenten des Bundesverfassungsgerichtes forderte sie die
Ministerpräsidenten der Bundesländer auf, die Ernennung zu
verhindern. Die Ministerpräsidenten hätten ‚eine gute
Gelegenheit, etwas Wirksames gegen den Neonazismus im Lande zu
unternehmen’, wenn sie auf der Bundesratssitzung am 1. März
gegen die Ernennung stimmten.“ So wird ganz einfach die Kritik am
Verfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt. Wo bekommen die Nazis Waffen und Waffenkunde her? Schon
vor sieben Jahren erhielt ich einen Brief aus dem Innenministerium in
Berlin. Ich hatte auf den Aufruf der Neonazis zum verdeckten Eintritt
in Polizei und Bundeswehr, aber auch Schützenvereine hingewiesen,
auf dass sie dort Waffen und Ausbildung an Waffen erlangten. Aufgerufen
hatten auch solche braune Herren, die hier in NRW sich immer wieder auf
den Straßen zeigen und demonstrieren dürfen. Der
Minister Schily ließ mir mitteilen, dass alles nach dem neuen
Waffengesetz geschehe, das nach dem 11. September und nach dem
schrecklichen Attentat auf das Gutenberg-Gymnasium von Erfurt erlassen
wurde. Dies Gesetz lässt aber das, was die Neonazis mit ihrem
Aufruf bezwecken, durchaus zu. Auch heute: Terror der Rechten Seit
dem 11. September 2001 Jahres wird alles Mögliche vom
Bundesinnenminister zum Terrorismus gezählt, nicht aber der real
existierende Naziterror mit seinen ungezählten Todesopfern. Das
war mit dem 4. November 2011 zu spüren, als alle Welt über
den NSU erschüttert war. Und dennoch scheint die
Erschütterung schon wieder vorbei zu sein. Neonazis verbreiten
ihre Anti-Antifa-Terroraufrufe im Internet wieder verstärkt. So
werden VVN-BdA-Vertreter und andere Nazigegner mit Gewalt, mit
Körperverletzung und indirekt mit Tod bedroht, wie auf
Internetseiten, die via USA hierher gelangen, zu lesen ist. Bedrohlich
sind aber auch militaristische Strukturen. Das Bundesverfassungsgericht
hat zwar bekanntlich verboten, dass die Bundeswehr Flugzeuge
abschießt, von denen die Regierenden annehmen, dass sich darin
neben unschuldigen Passagieren auch Terroristen befinden. Dieser
Entscheid, der sich auch gegen den Einsatz der Bundeswehr im Innern
richtet, ist zu begrüßen, er wird jedoch unterlaufen. Ganz
offen üben Bundeswehrluftwaffendienststellen das Abschießen
von terrorverdächtigen Flugzeugen ein. (siehe NRZ vom 18.11.11
„Wenn die NATO Krieg spielt“ über das
Luftstreitkräftehauptquartier in Kalkar/Niederrhein). Doch
das Verbot des BVG bezieht sich auf unveränderbare Passagen des
Grundgesetzes. Andererseits befindet das Grundgesetz, dass das
Grundgesetz nicht durch Richter, sondern nur durch das Parlament mit
Änderung des Verfassungstextes geändert werden darf und zwar
mit je zweidrittel Mehrheit von Bundesrat und Bundestag. Gegen die illegale Änderung des Grundgesetzes Ein
Bochumer Amtsrichter, Dr. Ralph Feldmann, Verdi-Mitglied, gab
einen mutigen Kommentar zum Verhältnis des BVG zu den Nazis und
Neonazis ab. In einem Leserbrief in der WAZ schilderte er den Weg
des BVG-Präsidenten H.J. Papier vom engen Mitarbeiter des
Ex-Nazis und Grundgesetzkommentators Theodor Maunz (Ratgeber der DVU)
nach Karlsruhe, und Feldmann schrieb: „Wer sich offenbar ohne
Berührungsangst und ohne staatsrechtsgeschichtlichen Ekel in
solche wissenschaftliche Gesellschaft begibt, bietet kaum Gewähr
dafür, dass er die Beschränkung neonazistischer Hetze
verfassungsrechtlich als ein Grundanliegen im Erbe unseres
Grundgesetzes entdeckt.“ Leider handeln nur wenige
Richter und Staatsanwälte so wie das Oberverwaltungsgericht
Münster und wie der Amtsrichter Feldmann aus Bochum. Viele haben
verinnerlicht, was höchste Richter vorschreiben: Freie Bahn
für Neonazis, so auch ausgedrückt durch die Verweigerung der
Behandlung des Verbotsantrages gegen die NPD durch das
Bundesverfassungsgericht. Die Justiz griff auch nicht ein, als die
Neonazis am 3. September 2005 in Dortmund säuselten: "Nie wieder
Krieg...", um denn im Rednertext zu ergänzen: „... nach
unserm Sieg!" Nie wieder Krieg werde es heißen, wenn der
"nationale Sozialismus" (man ändert das Wort Nationalsozialismus
leicht um und schon ist alles ok) weltweit gesiegt habe. Der
antisemitische Hetzredner unter dem Gejohle seiner Anhänger:
"Jedem Volk seine Nation, sein Reich.“ Und weiter: „Da dem
auserwählten aller Völker, nach eigenem Bekunden, das
Himmelreich gehört, brauchen wir uns darüber auch keinen Kopf
(zu) machen." Wir klagen an – wenn es die Justiz unterläßt Ich
habe die Rede des Nazis - ich nenne seinen Namen nicht, das täte
ihm zuviel Ehre an - der Staatsanwaltschaft übergeben, doch diese
bekundete, man könne derlei "noch nicht" als Volksverhetzung
bezeichnen und ahnden. Als ich den Vorgang ins Internet stellte,
begannen die Neonazis auf ihren Websites eine Diskussion darüber,
was gegen mich zu unternehmen sei. Und sie demonstrierten am Tag nach
dem Auschwitzgedenktag dafür, den Volksverhetzungsparagraphen
abzuschaffen; sie wollen freie Bahn für noch mehr Gewalt,
Antisemitismus, Rassismus und Kriegshetze. Stellen wir uns ihnen
in den Weg. Aber üben wir auch demokratischen Ungehorsam gegen
Behörden und Verfassungsrichter, die sich zum Helfer des braunen
Gewaltpotentials machen. Nehmen wir auch nicht hin, dass wir
weiterhin mittels Extremismusbegriff mit den Nazis gleichgesetzt werden
und z.B. der Antikommunismus zur Pflichtübung gemacht wird. Vor
zehn Jahren habe ich in Eschweiler bei Aachen die
Vorläufer-Ausstellung „Neofaschismus in Deutschland“
der VVN-BdA präsentiert. Ein Jahr zuvor war diese
Präsentation im Rathaus durch eine Denunziation des
Verfassungsschutzes verhindert worden. Ich führte aus: „Die
VVN-BdA, die ich hier als Bundessprecher vertrete, wird zumeist aus
einer Position der Informationshoheit seitens des Bundesinnenministers,
sprich Verfassungsschutz, geschildert. Dabei kommt sie nicht gut weg,
mit den bekannten Folgen. Danach ist die VVN eine Organisation mit
kommunistischer Dominanz. Man verlangt, dass wir uns von den
Kommunisten distanzieren. Sich von ihnen zu distanzieren, bedeutet
aber, sich vom deutschen Widerstand zu distanzieren. In ihm spielten
die Arbeiterparteien eine große Rolle, darunter die Kommunisten.
Ihre Verdienste zu schmälern, ist eine empörende
Zumutung.“ Auch mit diesen Worten geriet ich in den Verfassungsschutzbericht (Seite 136, VS-Bericht 2002). Haben
denn die Linken die Mitschuld der „kleinen Leute“ am
Faschismus bisher rundweg abgestritten? Das ist auch so eine
Geschichtsklitterung, die besagt: Die Linke sei selbstgerecht und
sähe die Verantwortung nur bei anderen. Die Kommunisten z.B. in
Deutschland haben nach 1945 nicht einfach behauptet, die Deutschen
seien das Opfer Hitlers gewesen, und nur er und seine
„Bewegung“ seien die Verantwortlichen. Sie haben auch die
Arbeiterschaft nicht freigesprochen. Man gestatte mir, aus dem Aufruf
der Kommunistischen Partei Deutschlands (Deutsche Volkszeitung Nr. 1,
13.6.1945) zu zitieren: "Um so mehr muss in jedem deutschen Menschen
das Bewußtsein und die Scham brennen, dass das deutsche Volk
einen bedeutenden Teil Mitschuld und Mitverantwortung für den
Krieg und seine Folgen trägt.“ Erinnert wird in dieser
Erklärung auch daran, dass unzählige Deutsche den Rassenwahn
unterstützten und sich einen besseren „Mittags- und
Abendbrottisch“ erhofften. Andererseits dürfen wir
nicht hinnehmen, dass mit dem Hinweis auf das gemeine Volk die
Hauptschuld der Eliten am Faschismus verdeckt wird. Der bayerische
Verfassungsschutz stellt die VVN so dar, als vertrete sie einen
verbotenen antikapitalistischen Antifaschismus. Dem widersetzen wir
uns. Es gilt das Grundgesetz mit seinen antifaschistischen und
Sozialisierungsaussagen. Für Rückbesinnung auf das Grundgesetz Wie
wäre es, wenn man hierzulande endlich zum Artikel 139
zurückkehrte, der noch immer im Grundgesetz steht und die 1945/46
völkerrechtlich ausgesprochenen Verbote des Nationalsozialismus
und Militarismus auch für die Gegenwart als verbindlich
erklärt? Dazu sollte man sich nun durchringen. Oder wollen wir
warten, bis alles zu spät ist? Ob es zum NPD-Verbot kommt oder nicht, zwei Dinge sind ohnehin notwendig: - Die Einbeziehung der Naziaufmärsche in den grundsätzliche Verbotsdiskussion und
- die
Abschaltung der V-Leute, die Geheimdienste in den Naziorganisationen
unterhalten und die diese Organisationen in den Geheimdiensten
platziert haben.
Ulrich Sander, Bundessprecher der VVN-BdA |