10.03.2012 VVN-BdA will die Thyssenstraße in
Mülheim nach Widerstandskämpferin benennen Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
(VVN-BdA) will es nicht hinnehmen, dass weiter eine Straße in
Mülheim nach Fritz Thyssen benannt ist, dem
Großunternehmer, der Hitler zur Macht verhalf (sein Buch:
„I paid Hitler“). Stattdessen soll sie nach der
Widerstandskämpferin Martha Hadinsky benannt werden, die von
den Nazis und von der Justiz unter Adenauer verfolgt wurde, die sie
schließlich in den Tod trieb. Am 20. März wird sich
die zuständige Bezirksvertretung mit einem entsprechenden
Antrag der LINKEN und der VVN-BdA befassen. Mit dem Antrag setzt die
VVN-BdA ihre Aktion Spurensuche und Rallye „Verbrechen der
Wirtschaft an Rhein und Ruhr 1933-1945“ fort. Die
Spurensuche, verbunden mit der Forderung nach Mahntafeln, fand bisher
in 30 Städten Nordrhein-Westfalens statt. Zu der Aktion
erscheint bei papy rossa in Köln demnächst das
Buch „Von Arisierung bis Zwangsarbeit“,
das die Rolle der Wirtschaft in der Nazizeit beleuchtet. Wir
dokumentieren einen Bericht von derwesten.de. Die
Geschichte weist den Weg Mülheim.
Linke und Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes möchten
Fritz-Thyssen-Straße in Martha-Hadinsky-Straße
umbenennen. Wenn es nach dem Willen der Linken und
der Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes (VVN) geht, soll die
Dümptener Fritz-Thyssen-Straße in
Martha-Hadinsky-Straße umbenannt werden. Ein entsprechender
Antrag liegt für die nächste Sitzung der
Bezirksvertretung 2 am 20. März vor. Die vor
45 Jahren nach dem Großindustriellen benannte
Straße ist schon länger ein Politikum. Der 1873 in
Mülheim geborene und 1951 in Argentinien verstorbene
Unternehmer war eine tragische Figur. Vom Förderer zum
Gegner Hitlers Der
Sohn August Thyssen wandelte sich vom Förderer zum Gegner
Hitlers, der 1943 im Konzentrationslager landete und im
Rückblick von sich selbst sagte: „I paid Hitler/Ich
bezahlte Hitler.“ So lautete der Titel eines Buches, das
Thyssen 1940 in Südfrankreich dem amerikanischen Journalisten
Emery Reeves diktierte. Nach dem Kriegsende wurde Thyssen von den
Alliierten inhaftiert, aber 1948 als
„minderbelastet“ wieder entlassen. „Es
würde eine nach einem Unterstützer der Nazis benannte
Straße aus unserer Stadt verschwinden“,
begründen Helmut Hermann, Michael Doetsch und Doris Doetsch
vom VVN-Vorstand in einem offenen Brief ihr Eintreten für
einen neuen Straßennamen. Zur Widerstandskämpferin
Martha Hadinsky schreiben sie: „Sie hat sich in der Zeit von
1933 bis 1945 mit vielen anderen für Frieden und Freiheit
eingesetzt.“ "Sie
war eine normale Frau" „Sie war eine
normale Frau aus dem Volk, die sich in schwerer Zeit durchgebissen und
im Rahmen ihrer Möglichkeiten Widerstand geleistet hat. Ihr
Lebensbeispiel zeigt uns, dass wir auch heute die Augen aufmachen und
gegen Unrecht aufstehen müssen“, sagt
Verdi-Geschäftsführerin Henrike Greven. Die
Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft hat ihren Sitzungsraum im
Gewerkschaftshaus an der Friedrichstraße bereits vor drei
Jahren nach Hadinsky benannt. Deshalb würde Greven auch eine
Martha-Hadinsky-Straße begrüßen. Wer
war diese Frau, die zur Namensgeberin einer Straße werden
soll? Sie wurde 1911 in Heißen geboren, besuchte die
Volksschule und arbeitete danach als Verkäuferin in einem
jüdischen Kaufhaus. Ab 1931 wurde sie im kommunistischen
Jugendverband aktiv und blieb ihrer Partei auch nach der
nationalsozialistischen Machtübernahme treu. Da
sie nach 1933 maßgeblich am Aufbau einer illegalen Partei-
und Jugendorganisation mitarbeitete, wurde sie 1936 verhaftet und zu
acht Jahren Zuchthaus verurteilt. Weil sie während der Haft an
Tuberkulose erkrankte, wurde Hadinsky 1943 aus der Haft entlassen, aber
schon bald als Hilfsarbeiterin in der Rüstungsindustrie
zwangsverpflichtet. Aus der Haft entlassen, besuchte sie politische
Gefangene, die regelmäßig bei der
Bombenentschärfung eingesetzt wurden. Als Schwerbeschädigte
nur eine kleine Rente Nach dem Krieg bekam die
ehemalige Verkäuferin, die sich um ihre alte Mutter und ihren
kranken Bruder kümmerte, als Schwerbeschädigte eine
kleine Rente. Später beantragte sie eine Wiedergutmachung
für ihre Haft in der NS-Zeit, die ihr 1957 gewährt
wurde. Doch wie vor 1945, so sollte ihr auch nach
1945 ihr politisches Engagement in der KPD zum Verhängnis
werden. Es war die Zeit des Kalten Krieges. Und 1956 wurde die KPD als
verfassungsfeindlich verboten. Weil Hadinsky auch weiterhin
für die KPD arbeitete, wurde sie 1959 zu 14 Monaten
Gefängnis verurteilt und mit dem Entzug ihrer
NS-Opfer-Entschädigung bestraft. Die
Landesrentenbehörde forderte von ihr sogar eine
Rückzahlung ihrer Opferrente in Höhe von 3265 Mark. Ein
Schriftwechsel mit dem damaligen Amt für Wiedergutmachung
belegt Hadinskys verzweifelten und am Ende vergeblichen Versuch, der
Behörde klar zu machen, dass sie die geforderte
Rückzahlung nicht leisten konnte und auf die
Entschädigung finanziell angewiesen war. Die
Widerstandskämpferin hatte aber keine Kraft mehr zu
kämpfen. Kurz vor der geplanten Vollstreckung der
Rentenpfändung nahm sie sich am 26. April 1963 das Leben. Thomas
Emons Bericht mit weiteren Bildern bei derwesten.de. |