06.02.2012 Nach dem Urteil von Den Haag Brief an Thomas
Gottschalk VVN-BdA-Bundessprecher
Ulrich Sander hat die Verweigerung jeder Entschädigung
für NS-Opfer in Griechenland und Italien und ein
entsprechendes Urteil aus Den Haag verurteilt. Er schrieb dies in einem
Brief an Thomas Gottschalk – bedauernd, dass zur
Zeit „Wetten dass“ nicht mehr gesendet wird.
„Meine Wette hätte nun gelautet: Wetten dass die
Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigt, wie sie straflos Tausenden
Hinterbliebenen von Mordopfern die Entschädigung rauben und
Millionen Arbeitern den Lohn verweigern kann. Der Beweis wurde am 3.
Februar in Den Haag mit dem Urteil des Internationalen Gerichtshofes
(IGH) in der Klage Deutschland gegen Italien angetreten.“ Das
sei ein Rekord an Betrug. Gottschalk wurde aufgefordert, für
eine Entschädigung der Zwangsarbeiter zu sorgen, die im Krieg
z.B. bei Haribo/Dr. Hiller arbeiten mussten. Für Haribo macht
Gottschalk profitabel Werbung. Der Brief hat folgenden Wortlaut: Lieber
Thomas Gottschalk, Schade,
dass Sie nicht mehr „Wetten dass“ machen. Dies
Bedauern werden Sie sicher sehr oft vernehmen. Ich hätte Ihnen
eine Wette angeboten, die wirklich ungewöhnlich ist. Frau
Merkel könnte damit ins Guinness-Buch der Rekorde gelangen, so
wie Sie bereits darin stehen. Da Sie seit 1991 für
„Haribo“ werben und damit „Kinder
froh“ machen, gerieten Sie ins Rekordebuch, weil Sie die
längste Beziehung zu einem Werbung treibenden Unternehmen
unterhalten. Meine Wette hätte nun gelautet:
Wetten dass die Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigt, wie sie straflos
Tausenden Hinterbliebenen von Mordopfern die Entschädigung
rauben und Millionen Arbeitern den Lohn verweigern kann. Der Beweis
wurde am 3. Februar in Den Haag mit dem Urteil des Internationalen
Gerichtshofes (IGH) in der Klage Deutschland gegen Italien
angetreten.Vielen Tausend Hinterbliebenen und ehemaligen
Zwangsarbeitern aus Griechenland und Italien wurde das Recht
abgesprochen, sich ihre Entschädigung einzuklagen. Frau Merkel
sicherte damit den deutschen Unternehmern und dem deutschen Fiskus
Unsummen, die den Naziopfern nach den Urteilen höchster
italienischer und griechischer Gerichte zustehen. Es sind
rekordverdächtige Zahlen. Das ist ein Rekord an Betrug. Das
Gericht in Den Haag lehnte das Klagerecht einzelner
Bürgerinnen und Bürger gegen einen Staat ab, der
„Immunität“ gegen solches
Vorgehen genieße. Es betonte aber auch, dass es
eine moralische Verantwortung Deutschlands sehe, den NS-Opfern auch
ohne Gerichtsspruch zu helfen. Aus moralischen
Gründen bezahlen jedoch die deutsche Wirtschaft und der
deutsche Staat gar nichts. Das lehrt die Erfahrung. Staat und
Wirtschaft hätten – so errechneten es Experten - 50
Milliarden Euro für die Zwangsarbeiterentschädigung
zu zahlen gehabt, haben aber nur fünf Milliarden aufgebracht,
und auch das nur unter dem Druck drohender Gerichtsurteile aus den USA.
Somit gingen die sowjetischen Kriegsgefangenen und die italienischen
Militärinternierten leer aus, - für sie, die
schwerste Sklavenarbeit in der deutschen Rüstungsindustrie
leisten mussten, war nichts mehr übrig. Wir alle sind
in der Schuld dieser Menschen. Denn die heutige Wirtschaftskraft
Deutschlands beruht auch darauf, dass dieses Land zwar den Krieg
verloren, aber am Krieg gewonnen hat. Das Wirtschaftswunder wurde nur
möglich, weil die deutschen Konzerne reicher aus dem Krieg
herausgingen als sie hineingegangen waren. Hunderttausende
Menschenleben waren der „Vernichtung durch Arbeit“
anheimgefallen und die Wirtschaft boomte sowohl vor wie nach 1945. Das
gilt übrigens auch für Haribo. Hat Ihnen, Herr
Gottschalk, eigentlich nie jemand in der langen Zeit Ihrer innigen
Zusammenarbeit mit dem Gummibärchen- und Lakritzproduzenten
erzählt, dass Haribo einerseits im Krieg Zwangsarbeiter
ausgebeutet hat, andererseits zu den wohl 90 Prozent deutschen
Unternehmen gehörte, die keinen Pfennig in die
Zwangsarbeiter-Entschädigungsstiftung eingezahlt haben, so
dass das nötige Geld nicht zusammen kam? Die
Firma Haribo stritt dies seinerzeit ab; sie hatte, so schrieb sie
nachfragenden Historikern, mit dem Einsatz von Zwangsarbeitern
»nichts tun«. Dabei wird verschwiegen, dass der
Süßwarenhersteller die ehemaligen Dr. Hillers Werke
in Solingen übernommen hat und zwar als
»Rechtsnachfolger«, - und bei Dr. Hillers kam es
zur profitablen Zwangsarbeit. Lieber Thomas
Gottschalk, Sie haben ja nun etwas weniger Aufregung und etwas weniger
Arbeit. Vielleicht finden Sie die Muße, über das,
was ich hier schrieb, nachzudenken – und mitzuhelfen, das
Unrecht aus der Welt zu schaffen. Gern nenne ich Ihnen auch ein Konto,
auf das Sie, vor allem aber die Firmen mit Schulden gegenüber
Zwangsarbeitern, Geld für die leer ausgehenden Opfer einzahlen
können, die unter bitterster Armut leiden. Und gern informiere
ich Sie auch darüber, wie deutsche Behörden nicht nur
die Entschädigung der Opfer verweigern, sondern auch die
Bestrafung der Täter. In Italien
rechtskräftig verurteilte Kriegsverbrecher werden nicht
ausgeliefert, aber auch nicht von der zuständigen Stuttgarter
Staatsanwaltschaft angeklagt. Es
grüßt Sie Ulrich Sander
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