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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

04.02.2012

Eine landesweite Mahnbewegung erinnert an die Verbrechen der Wirtschaft

Buch zum Thema erscheint im April 2012 - Vorbestellung schon jetzt möglich

Unter den in Medien bekanntgegebenen Jahrestagen, die im neuen Jahr begangen werden, suchen wir vergeblich den 26. Januar. Antifaschisten haben ihn in Düsseldorf begangen. Es ist der 80. Jahrestag des Treffens Hitlers mit der Industrie im Industrieclub, der sich noch heute im Steigenberger Park-Hotel befindet. Die 500-köpfige Spitze der Industrie-Gesellschaft, eingeladen vom Henkel- und Thyssenkonzern, war anwesend. Darunter war auch der Oberbürgermeister von Düsseldorf, Dr. Robert Lehr, der später bei Adenauer Innenminister wurde und das KPD-Verbot durchsetzte. Hitler sprach davon, dass der Marxismus ausgerottet werden solle, er wolle die Gewerkschaften zerschlagen, das Parteiwesen, das „Parteiunwesen“ beseitigen, also die Demokratie abschaffen; die Reichswehr solle aufgerüstet und kriegsfähig werden, und er wolle Lebensraum im Osten gewinnen. Im Grunde genommen hat Hitler das ganze Programm dargelegt, das dann zur Nazi-Diktatur und in die Katastrophe geführt hat. Im Verlaufe des Vortrages zeigte sich mehr und mehr Zustimmung und die Zeitungen schrieben am nächsten Tag, dass lang anhaltender Beifall Hitler für seine Ausführungen belohnt hat. Bei Mahnwachen zum 26. Januar am Park-Hotel wurde von der VVN-BdA wiederholt verlangt: Es müsste hier eine Tafel mit der Aufschrift angebracht werden: «1932 – Hier bekam Hitler von der Industrie Beifall und Geld. Hier wurden die Weichen zum Krieg gestellt.«

Ulrich Sander: Von Arisierung bis Zwangsarbeit - Verbrechen der Wirtschaft an Rhein und Ruhr 1933 bis 1945In anderen Städten wurden inzwischen Mahntafeln aufgestellt, oder ihre Planung wurde beschlossen. So am Stadtwaldgürtel in Köln, wo Anfang 1933 Hitler und der Bankier von Schröder zusammen mit von Papen (Zentrum) die Weichen zur Machtübertragung am 30. Januar stellten. So in Dortmund und Gelsenkirchen, wo Mahntafeln das Wirken der Thyssen und Kirdorf, der sehr frühen Hitlerfinanziers schildern sollen. An die I.G. Farben erinnert nahe dem Bayer-Werk in Leverkusen eine Tafel, die aus privater Initiativ aufgestellt wurde. Bezeichnenderweise ist diese immer wieder Zielpunkt für Angriffe der ach so antikapitalistischen Neonazis.

Mit Anträgen und Aktionen zur Schaffung solcher Mahntafeln setzt die VVN-BdA von Nordrhein-Westfalen ihre Rallye „Verbrechen der Wirtschaft 1933-1945“ fort, in deren Rahmen mit örtlichen Mahnwachen, Publikationen und Bürgeranträgen zur Aufklärung über die Verbrechen der Wirtschaft 1933-1945 aufgefordert wird. Sie wurde von der VVN-BdA und anderen Antifaschistinnen und Antifaschisten veranstaltet in: Bielefeld (Oetker), Herten (Zwangsarbeit im Bergbau),  Dortmund-Mitte (Ex-Springorum-Villa), Dortmund-Hörde (Zwangsarbeit in der Stahlindustrie), Essen (Krupp), Mülheim (Thyssen), Kreuztal (Flick) und Siegen (Zwangsarbeit in Südwestfalen).  Weitere Anträge liegen in Bonn (Abs), Marl (Degus-sa/Degesch) und Hagen (Quandt) vor oder es werden Aktionen in mehreren Städten vorbereitet. Eine erste Bilanz – und zugleich eine Anregungen zur Nachahmung auch außerhalb Nordrhein-Westfalens – soll in einem Buch „Von Arisierung bis Zwangsarbeit“ gegeben werden, das in einigen Wochen erscheint und die Verbrechen der Wirtschaft an Rhein und Ruhr von 1933 bis 1945 zum Thema hat.

Zusammengenommen werden die Tafeln wie auch die Dokumentationen eine Art virtuelle Gedenkstätte werden. Ihre bisherigen Standorte sind schon jetzt unter http://www.verbrechen-der-wirtschaft.de/ einzusehen. Die Initiatoren sind sich bewusst, dass die Erinnerung an die Schuld der ökonomischen Eliten an Krieg und Faschismus nicht dem Trend der Zeit entspricht. Aus Gedenkstätten in Ostdeutschland wurde die Erinnerung an die Täter im Nadelstreifen getilgt. Das 200jährige Firmenjubiläum Krupps in Essen ging mit Hochglanzbroschüren über die Bühne. Sklavenarbeiter? Die wurden Krupp doch zugewiesen! Es war der verstorbene Ignaz Bubis, Zentralrat der Juden in Deutschland, der in Kreuztal im Flick-Gymnasium mit den Anstoß zur Namensumbenennung gab. Er wies darauf hin, dass nunmehr fast alle Berufsgruppen ihre NS-Geschichte aufgearbeitet haben, nur nicht die der Unternehmer. Bubis, der einst selbst als KZ-Häftling in einem Flick-Betrieb arbeiten musste, zeigte sich betroffen über die Begründungen – Flick der große Mäzen -, die gegen eine Namensänderung vorgetragen wurden. Doch seine Anregung setzte sich durch.

Ulrich Sander

Ulrich Sander: Von Arisierung bis Zwangsarbeit - Verbrechen der Wirtschaft an Rhein und Ruhr 1933 bis 1945
Neue Kleine Bibliothek 178, 367 Seiten, 18 s/w Abbildungen
EUR ca. 16,90 [D]
ISBN 978-3-89438-489-0
Erscheinungstermin: April 2012
PapyRossa Verlag

Über das Buch

Zum Beispiel Krupp. Der Konzern habe sich stets um einen humanen Kapitalismus bemüht, berichtete das Fernsehen zum 200jährigen Firmenjubiläum. Ob da auch an die zwölf Jahre nach 1933 gedacht war? Das letzte Tabu sei gebrochen, hatte es mit Blick auf die verdienstvolle Ausstellung »Verbrechen der Wehrmacht« geheißen. Aber »blinde Flecken« blieben trotzdem. So in einem Bereich, der weniger lautstark diskutiert wird, jedoch mindestens ebenso wichtig war für die Funktionsweise der faschistischen Herrschaft in Deutschland wie die Wehrmacht: Die Rolle von Wirtschaftsführern und Unternehmen bei faschistischen Planungen für Krieg und Massenmord, als Akteure und insbesondere als Profiteure. Das Buch stützt sich auf selbstrecherchiertes Material von Geschichtswerkstätten und VVN-BdA, um an Verbrechen der wirtschaftlichen Eliten an Rhein und Ruhr zu erinnern: Von Abs bis Zangen, von Flick bis Quandt, von IG Farben bis Oetker-Pudding, von Arisierung bis Zwangsarbeit. Und auch Krupp wird nicht vergessen.

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VVN-BdA Landesverband NRW
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